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  BFH-Urteil vom 26.10.1995 (IV R 86/93) BStBl. 1996 II S. 579

Die nach § 3 Abs. 2 StÄndG DDR gebildete Rücklage ist auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Personengesellschaft zu berücksichtigen (Anschluß an das BFH-Urteil vom 15. März 1994 XI R 10/93, BFHE 174, 241, BStBl II 1994, 813).

StÄndG DDR § 3 Abs. 2.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg (EFG 1994, 164)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der zwei Gesellschafter je zur Hälfte beteiligt sind. Sie betreibt im Land Brandenburg einen Bauhandwerksbetrieb.

In ihren Einnahmen-Überschuß-Rechnungen für das Streitjahr 1990 ermittelte die Klägerin Gewinne von 132.592 M (1. Halbjahr) und 189.829 DM (2. Halbjahr) und minderte diese anteilig um eine Rücklage gemäß § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung der Rechtsvorschriften über die Einkommen-, Körperschaft- und Vermögensteuer (Steueränderungsgesetz - StÄndG DDR -) vom 6. März 1990 (GBl DDR I 1990, 136) von 50.000 M/DM (20.560 M für das 1. und 29.400 DM für das 2. Halbjahr).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) stellte in dem Feststellungsbescheid 1990 über Besteuerungsgrundlagen die um die Rücklage geminderten Gewinne erklärungsgemäß fest; in dem damit verbundenen Bescheid über Steuern der Personengesellschaften ließ es bei der Festsetzung der Gewerbesteuer für das 2. Halbjahr die anteilige Rücklage unter Hinweis auf Rdnr. 6 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen vom 12. März 1992 IV B 2 - S 2138 - 5/92 (BStBl I 1992, 192) unberücksichtigt.

Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Sprungklage mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 164 veröffentlichten Urteil statt.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG hat zu Recht angenommen, daß die Rücklage den Gewerbeertrag mindert.

1. a) Gemäß § 3 Abs. 2 StÄndG DDR können Steuerpflichtige, die Einkommen bzw. Gewinn aus den in § 1 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 genannten Betrieben bzw. Tätigkeiten erzielen, für Zwecke der Akkumulation eine steuerfreie Rücklage in Höhe von 20 % des jährlichen Einkommens bzw. Gewinns, höchstens 50.000 M/DM (vgl. Art. 2 der Anlage 1 zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990, BGBl II 1990, 537) bilden.

b) Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 15. März 1994 XI R 10/93 (BFHE 174, 241, BStBl II 1994, 813) entschieden, daß die sog. Akkumulationsrücklage bei einem Einzelunternehmer in die Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich eingeht und daher gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG DDR) vom 18. September 1970 (GBl DDR, Sonderdruck Nr. 672) auch bei Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Entscheidung, an der der XI. Senat wiederholt festgehalten hat (Urteile vom 15. September 1994 XI R 20/93, BFHE 176, 130, und XI R 44/93, BFH/NV 1995, 393), Bezug genommen. Der I. Senat ist dem mit der Maßgabe gefolgt, daß die Rücklage auch den durch Einnahmen-Überschuß-Rechnung ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb mindert und für die Berechnung dieser "Gewinnrücklage" außerbetriebliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 StÄndG DDR) unerheblich sind (Urteile vom 16. März 1994 I R 146/93, BFHE 175, 22, BStBl II 1994, 941; vom 26. April 1995 I R 49/94, BFH/NV 1996, 130).

2. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. In der mündlichen Verhandlung haben sich neue rechtliche Gesichtspunkte, die für eine abweichende Beurteilung sprechen, nicht ergeben.

3. Die Akkumulationsrücklage mindert dementsprechend auch bei einer Personengesellschaft den festzustellenden Gewinn und den Gewerbeertrag.

4. Das FG hat danach der Klage zu Recht stattgegeben.

Ob die Rücklage nach dem Wortlaut der Vorschrift ("Steuerpflichtige") von der Personengesellschaft oder, wie das BMF meint, nur von den einzelnen Mitunternehmern gebildet werden darf, kann offenbleiben. Im Streitfall ist die Minderung des Jahresgewinns von 322.421 M/DM um 50.000 M/DM dem Grunde und der Höhe nach jedenfalls nicht zu beanstanden, da entweder die Klägerin eine Rücklage von 50.000 M/DM oder die beiden Mitunternehmer Rücklagen von je 25.000 M/DM bilden durften. Selbst Rücklagen der Mitunternehmer wären - wie bei Einzelunternehmern - ausschließlich vom Gewinn (Gewinnanteil) zu berechnen und könnten deshalb entgegen der Ansicht des BMF durch negative Einkünfte der Mitunternehmer aus Vermietung und Verpachtung nicht gemindert werden. Für positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung kann zumindest dann nichts anderes gelten, wenn die Mitunternehmer keine zusätzlichen Rücklagen gebildet haben oder beide Rücklagen zusammen 50.000 M/DM nicht überschreiten. Hiervon ist auch im Streitfall revisionsrechtlich auszugehen, so daß die Minderung des Gewerbeertrags unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt zu beanstanden ist.