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  BFH-Urteil vom 25.4.1996 (III R 47/93) BStBl. 1996 II S. 613

Bürocontainer, die auf festen Fundamenten ruhen, sind bewertungs- und investitionszulagenrechtlich Gebäude (Festhalten an den BFH-Urteilen vom 10. Juni 1988 III R 65/84, BFHE 154, 143, BStBl II 1988, 847, und vom 23. September 1988 III R 9/85, BFH/NV 1989, 484, sowie Klarstellung zum Urteil vom 23. September 1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113).

InvZulVO § 2; BewG § 68 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Leipzig

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) kaufte im zweiten Halbjahr 1990 (Streitjahr) eine Vielzahl von Gewerbecontainern, stellte diese auf dem von der Stadt A (in Ostdeutschland) gemieteten Gelände B- sowie C-Straße auf und vermietete sie an gewerbliche Kunden. Auf dem Gelände B-Straße errichtete die Klägerin vier aus Einzelcontainern zusammengesetzte Containeranlagen mit Nutzflächen von 217 qm bis 550 qm, auf dem Gelände C-Straße eine derartige Anlage mit 600 qm Nutzfläche. Für diese Maßnahmen waren Baugenehmigungen erforderlich; die Anlagen ruhten auf sog. Streifenfundamenten. Diese waren "örtlich" hergestellt worden und hatten jedenfalls bei der Anlage in der B-Straße umfangreiche Gründungsarbeiten erfordert. Die baurechtliche Genehmigung des Objekts B-Straße war bis zum 31. Dezember 1993, die des Objekts C-Straße bis zum 30. Juni 1994 befristet; danach waren die Container zu beseitigen und die Flächen zu rekultivieren. Die Grundstücksmietverträge mit der Stadt A waren ebenfalls befristet. Mieter der Container waren zwei Banken, eine Leasinggesellschaft, eine Versicherung sowie ein Einkaufsmarkt. Die Mietverträge sahen eine Mindestmietzeit vor, deren Verlängerung von der Verlängerung der Grundstücksmietverträge mit der Stadt A abhing.

Im Streitjahr 1990 entstanden der Klägerin im Zusammenhang mit dem Kauf der Container Aufwendungen in Höhe von ... DM. Die Klägerin begehrte hierfür die Gewährung einer Investitionszulage nach der Investitionszulagenverordnung (InvZulVO) vom 4. Juli 1990 (Gesetzblatt der DDR I 1990, 621). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte den Antrag ab, weil nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Juni 1988 III R 65/84 (BFHE 154, 143, BStBl II 1988, 847) ein Bürocontainer, der auf einem gegossenen Betonfundament ruhe, bewertungsrechtlich als Gebäude anzusehen sei. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die anschließend erhobene Klage ab. Es ließ dahinstehen, ob die Container nicht bereits bürgerlich-rechtlich Grundstücksbestandteile seien. Zumindest bewertungsrechtlich seien sie als Gebäude anzusehen. Sie hätten eine Beständigkeit, die der von in Leichtbauweise errichteten Bauwerken, bei denen der BFH im Urteil vom 23. September 1988 III R 67/85 (BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113) die Gebäudeeigenschaft bejaht habe, zumindest gleichwertig sei. Außerdem dienten sie dem Aufenthalt von Menschen, verfügten über die notwendigen sanitären Gegebenheiten, seien erschlossen und an das Versorgungsnetz angebunden. In ihrer jetzigen Zusammensetzung würden sie auf die gesamte Dauer ihrer Existenz, somit dauerhaft genutzt. Angesichts der inneren und äußeren Gestaltung, der Art und Weise der Nutzung und der technischen Konstruktion handele es sich nicht um bewegliche Wirtschaftsgüter, sondern um Gebäude.

Gegen das Urteil des FG richtet sich die Revision der Klägerin, mit der diese eine Verletzung von § 2 InvZulVO rügt. Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus: Die Abgrenzung zwischen beweglichen Wirtschaftsgütern und Gebäuden richte sich nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts, die wiederum auf das Bewertungsrecht zurückzuführen seien. Bewertungsrechtlich sei für das Vorliegen eines Bauwerks u.a. Ortsfestigkeit erforderlich. Dieses Merkmal habe das FG verkannt. Nach der Entscheidung des II. Senats des BFH vom 18. Juni 1986 II R 222/83 (BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787) seien Baustellencontainer, die zur Verwendung auf stets wechselnden Einsatzstellen vorgesehen seien, bewertungsrechtlich keine Gebäude. Zwar habe der III. Senat in der Entscheidung in BFHE 154, 143, BStBl II 1988, 847 allein darauf abgehoben, ob ein Bürocontainer auf einem Fundament ruhe, jedoch sei derselbe Senat hiervon im Urteil in BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113 wieder abgerückt. Er habe in dieser Entscheidung ausgeführt, daß das Vorhandensein eines Fundaments nicht entscheidend sein könne, da es häufig nur von einer unbedeutend anderen Bodenbeschaffenheit abhänge, ob ein Fundament gewählt werde oder ob lose auf dem Boden liegende Schwellen oder Kanthölzer als Auflagefläche dienten.

Ein Container sei demnach nur dann Grundstücksbestandteil, wenn er seiner individuellen Zweckbestimmung nach für eine dauernde Nutzung aufgestellt sei und wenn sich die ihm zugedachte Ortsfestigkeit auch im äußeren Erscheinungsbild manifestiere. Das FG habe dies nicht geprüft. Lediglich im Zusammenhang mit der - auch aus der Sicht des FG nicht entscheidungserheblichen - Frage, ob die Container bürgerlich-rechtlich Grundstücksbestandteil geworden seien, habe das FG Ausführungen zur Zweckbestimmung gemacht. Soweit das FG in diesem Zusammenhang die Ansicht vertreten haben, anhand der abgeschlossenen Verträge sei ein Wille der unbedingt vorübergehenden Nutzung durch die Klägerin nicht feststellbar, liege ein Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze vor (wird näher begründet).

Die nur vorübergehende Nutzung ergebe sich auch daraus, daß die Klägerin die Container wegen der Schwierigkeiten und Verzögerungen im Bauwesen in den neuen Bundesländern lediglich zur Überbrückung vermietet habe; ihre, der Klägerin, eigentliche Tätigkeit seien Immobiliengeschäfte gewesen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und in Abänderung des Zulagenbescheids sowie der Einspruchsentscheidung eine weitere Investitionszulage in Höhe von ... DM zu gewähren.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die Container im Ergebnis zutreffend nicht als bewegliche Wirtschaftsgüter, sondern als Gebäude beurteilt.

1. Nach § 2 Satz 1 InvZulVO ist die Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter bei Vorliegen weiterer, hier nicht streitiger, Voraussetzungen durch Investitionszulage begünstigt.

a) Die Abgrenzung beweglicher Wirtschaftsgüter von Gebäuden richtet sich bei der Anwendung investitionszulagenrechtlicher Vorschriften nach dem Einkommensteuerrecht, das seinerseits auf das bürgerliche Recht und auf das Bewertungsrecht zurückgreift (Senatsurteile in BFHE 154, 143, BStBl II 1988, 847, sowie in BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113, jeweils m. w. N.). Ein Bauwerk ist hiernach ein Gebäude, wenn es Menschen, Tieren oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden ist, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist (BFH-Urteile vom 13. Juni 1969 III 17/65, BFHE 96, 57, BStBl II 1969, 517, und vom 25. März 1977 III R 5/75, BFHE 122, 150, BStBl II 1977, 594; Urteil in BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787).

b) Bürocontainer, die auf "festen" Fundamenten ruhen, sind nach der Senatsrechtsprechung unabhängig von ihrer Zweckbestimmung als Gebäude anzusehen (vgl. Urteil in BFHE 154, 143, BStBl II 1988, 847, sowie Urteil vom 23. September 1988 III R 9/85, BFH/NV 1989, 484). In den genannten Entscheidungen hat der Senat daher im Hinblick auf das im jeweiligen Urteilsfall vorhandene Fundament gar nicht erst geprüft, ob das äußere Erscheinungsbild der Bürocontainer dem eines Gebäudes (im Sinne eines ortsfesten Bauwerks) entsprach. Nur dann, wenn Bürocontainer nicht auf Fundamenten, sondern z.B. auf lose verlegten Kanthölzern ruhen, ist nach dem Senatsurteil in BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113 darauf abzuheben, ob sie ihrer individuellen Zweckbestimmung nach für eine dauernde Nutzung aufgestellt (oder errichtet) sind und sich die ihnen zugedachte Ortsfestigkeit (Beständigkeit) auch im äußeren Erscheinungsbild manifestiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Senat damit seine frühere Rechtsprechung (insbesondere im Urteil in BFHE 154, 143, BStBl II 1988, 847) nicht etwa zugunsten der erleichterten Annahme eines beweglichen Wirtschaftsgutes gelockert; er hat vielmehr die Möglichkeit, die Gebäudeeigenschaften zu bejahen, auch auf Fälle ausgedehnt, in denen ein Bauwerk nicht auf einem "festen" Fundament ruht (s. hierzu auch das Urteil vom selben Tage in BFH/NV 1989, 484).

2. Im Streitfall ruhten die Bürocontainer auf Betonfundamenten, für deren Herstellung zum Teil sogar umfangreiche Gründungsarbeiten erforderlich gewesen waren. Es handelte sich somit nach den vorstehenden Grundsätzen, an denen der Senat festhält, nicht um bewegliche Wirtschaftsgüter, sondern um Gebäude.