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  BFH-Urteil vom 10.7.1996 (I R 132/94) BStBl. 1997 II S. 226

1. Bei der Frage, ob ein Vermieter oder Verpächter einen (Teil-)Betrieb i. S. des § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG vermietet oder verpachtet hat, sind nur die zivilrechtlich von ihm überlassenen Wirtschaftsgüter einzubeziehen.

2. Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter einer Besitzpersonengesellschaft unmittelbar an die Betriebs-GmbH verpachtet, bleiben bei der Frage nach dem Vorliegen einer Betriebsverpachtung durch die Personengesellschaft i. S. von § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG selbst dann außer Betracht, wenn sie steuerrechtlich zum Sonderbetriebsvermögen gehören.

GewStG § 8 Nr. 7 Satz 2.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1994, 1069)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die seit dem 1. Januar 1985 das bis dahin von A betriebene Fuhr- und Abbruchunternehmen fortführte. Alleinige Anteilseigner der Klägerin waren 1984 und auch noch im Erhebungszeitraum 1990 (Streitjahr) A mit 55 v. H. und dessen Sohn B mit 45 v. H. A verpachtete der Klägerin bis zum 31. Dezember 1989 sein gesamtes bewegliches und unbewegliches Anlagevermögen, bestehend u. a. aus

a) Grundstücken mit Bauten,

b) Fuhrpark (u. a. LKW) sowie

c) technischen Anlagen, Maschinen und Betriebsausstattung (u. a. Bagger, Kräne, Radlader).

Zum 1. Januar 1990 veräußerte A die technischen Anlagen, Maschinen und die Betriebsausstattung zu Buchwerten an eine neu gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der er mit 55 v. H. und B mit 45 v. H. beteiligt waren. Ab diesem Zeitpunkt mietete die Klägerin diese Wirtschaftsgüter von der GbR und pachtete das übrige Anlagevermögen sowie die immateriellen Wirtschaftsgüter des Betriebs von A. Die Klägerin war nach dem Pachtvertrag verpflichtet, das bisher von A pachtweise überlassene Einzelunternehmen wie bisher fortzuführen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erteilte vor dieser "Umstrukturierung" A antragsgemäß die verbindliche Auskunft, die Buchwerte der auf die GbR übertragenen Wirtschaftsgüter dürften fortgeführt werden.

Bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags 1990 für den Gewerbebetrieb der Klägerin rechnete das FA gemäß § 8 Nr. 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) sowohl den an die GbR zu zahlenden Mietzins (484.254 DM) als auch den Teil des Pachtzinses, der für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter an A zu entrichten war (404.852 DM), dem Gewinn zur Hälfte wieder hinzu (insgesamt 444.553 DM). Die Klägerin hat diesen Bescheid, der nach Erhebung der Klage gegen den Gewerbesteuermeßbescheid für Zwecke der Vorauszahlungen ab 1990 ergangen ist, in das Klageverfahren übergeleitet.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) nahm, wie das FA, eine Betriebsverpachtung durch die GbR an, weil die von A verpachteten Wirtschaftsgüter zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen gehörten. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 1069 veröffentlicht.

Mit der auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision macht die Klägerin im wesentlichen geltend, die verpachteten Wirtschaftsgüter seien dem Betriebsvermögen des A zuzurechnen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG Münster vom 17. Juni 1994 9 K 4674/91 G aufzuheben und den Gewerbesteuermeßbescheid 1990 vom 3. Dezember 1991 dahin abzuändern, daß die Hinzurechnung in Höhe von 444.553 DM entfällt und die Gewerbesteuerrückstellung entsprechend gemindert wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist teilweise begründet. Das FA hat zu Unrecht die Hälfte der an die GbR gezahlten Mietzinsen hinzugerechnet. Die Revision bleibt insoweit ohne Erfolg, als die Klägerin sich gegen die Hinzurechnung von Pachtzinsen wendet, die sie an A zahlte.

1. Die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 7 GewStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) entfällt nach Satz 2 dieser Vorschrift, soweit die Miet- oder Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind, es sei denn, daß ein Betrieb oder Teilbetrieb vermietet oder verpachtet ist und der Betrag der Miet- oder Pachtzinsen 250.000 DM übersteigt.

Danach verbleibt es bei der Hinzurechnung von an A gezahlten Pachtzinsen, da zivilrechtlich eine Betriebsverpachtung durch A vorlag und die Pachtzinsen für die nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens 250.000 DM überstiegen; die Hinzurechnung der an die GbR gezahlten Mietzinsen entfällt, da die GbR zivilrechtlich keinen (Teil-)Betrieb vermietet hat. Entgegen der Ansicht des FG kann eine Betriebsverpachtung durch die GbR auch dann nicht bejaht werden, wenn die von A unmittelbar an die Klägerin verpachteten Wirtschaftsgüter steuerrechtlich dem Betriebsvermögen der GbR zuzurechnen sein sollten.

2. Die Verpachtung des gesamten Anlagevermögens des A war bis zum Streitjahr aufgrund einer echten Betriebsaufspaltung als Gewerbebetrieb zu beurteilen (zu den Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Januar 1989 IV R 151/86, BFHE 156, 138, BStBl II 1989, 455; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 15 Rdnr. 808 ff., m. w. N.). Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) ist die Übertragung der technischen Anlagen, Maschinen und der Betriebsausstattung aus dem Betriebsvermögen des A in das Gesamthandsvermögen der GbR mit der Folge steuerlich anzuerkennen, daß im Streitjahr sowohl A als auch die GbR mit der Klägerin sachlich und personell im Sinne einer Betriebsaufspaltung verflochten waren. Hiervon geht der Senat mit den Beteiligten aus. Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zumindest eine für dieses wesentliche Betriebsgrundlage überläßt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 24. August 1989 IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014, m. w. N.). Die von A verpachteten Betriebsgrundstücke waren eine wesentliche Betriebsgrundlage in diesem Sinne. Zu dem von der GbR vermieteten Gesamthandsvermögen gehörten bewegliche Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks der Klägerin erforderlich waren und besonderes Gewicht für deren Betriebsführung besaßen; sie können als wesentliche Betriebsgrundlagen angesehen werden, selbst wenn es sich, was das FG offengelassen hat, um Serienfabrikate handelte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014 unter 5. a, m. w. N.).

Demzufolge unterliegt der Mietzins bei der GbR und der Pachtzins entweder - wie die Revision meint - bei A oder - wie das FA und das FG angenommen haben - bei der GbR (als Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters A) der Gewerbesteuer.

3. FA und FG haben zu Unrecht angenommen, daß steuerrechtlich eine Betriebsverpachtung i. S. von § 8 Nr. 7 GewStG durch die GbR vorlag.

a) Die Begriffe Miet- und Pachtzinsen, vermieten und verpachten und somit auch die Begriffe Vermieter und Verpächter werden in § 8 Nr. 7 GewStG im zivilrechtlichen Sinne verwendet (s. BFH-Urteil vom 31. Juli 1985 VIII R 261/81, BFHE 145, 134, BStBl II 1986, 304, m. w. N.). Daraus folgt, daß bei der Prüfung, ob ein Vermieter oder Verpächter einen (Teil-)Betrieb vermietet oder verpachtet hat, nur die von ihm vermieteten oder verpachteten Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen sind.

Die Vermietung oder Verpachtung eines (Teil-)Betriebs i. S. des § 8 Nr. 7 Satz 2 Halbsatz 2 GewStG setzt voraus, daß der Vermieter oder Verpächter die wesentlichen Grundlagen eines (Teil-)Betriebs, d. h. einen - allein lebensfähigen - wirtschaftlichen Organismus, vermietet oder verpachtet (s. Senatsentscheidungen vom 24. April 1991 I R 10/89, BFHE 164, 445, BStBl II 1991, 771, und vom 26. Juli 1995 I B 184/94, BFH/NV 1996, 257, jeweils m. w. N.).

b) Die Vermietung des Gesamthandsvermögens kann nicht als Betriebsvermietung beurteilt werden, da die von der GbR vermieteten Wirtschaftsgüter keinen allein lebensfähigen wirtschaftlichen Organismus bildeten. A hat dagegen den Tatbestand der Betriebsverpachtung erfüllt, weil er den Betrieb nach Beendigung des Pachtvertrages mit den von ihm verpachteten Wirtschaftsgütern hätte fortführen können.

c) FA und FG haben die Annahme einer Betriebsverpachtung durch die GbR auf eine von dieser zivilrechtlichen Betrachtung abweichende steuerrechtliche Beurteilung gestützt. § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG schließt eine solche Beurteilung aus. Dies gilt selbst dann, wenn die verpachteten Wirtschaftsgüter dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen sind, obwohl sie von A unmittelbar der Klägerin zur Nutzung überlassen wurden. Diese Zuordnung hätte zwar zur Folge, daß die Pachtzinsen nicht bei A, sondern bei der GbR der Gewerbesteuer unterlägen. Bei der Prüfung, ob eine Betriebsverpachtung i. S. des § 8 Nr. 7 Satz 2 nur A einen Betrieb verpachtet hat. Da es in jedem Fall nur bei der Hinzurechnung der Pachtzinsen verbleibt und im vorliegenden Verfahren über eine entsprechende Kürzung nach § 9 Nr. 4 GewStG bei A oder bei der GbR nicht zu entscheiden ist, kann offenbleiben, ob die verpachteten Wirtschaftsgüter zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen gehörten.

4. Die Vorinstanz ist von einer abweichenden Rechtsauffassung ausgegangen. Ihr Urteil war deshalb aufzuheben. Der Senat kann durcherkennen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Der angefochtene Bescheid ist dahin zu ändern, daß die Hinzurechnung in Höhe von 242.127 DM (Hälfte der Mietzinsen) entfällt und die Gewerbesteuerrückstellung entsprechend gemindert wird. Dem FA wird aufgegeben, den hiernach festzusetzenden einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag zu errechnen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).