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  BFH-Urteil vom 18.12.1996 (I R 139/94) BStBl. 1997 II S. 301

1. Zur Begründung des "Nahestehens" reicht jede Beziehung eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu einer anderen Person aus, die den Schluß zuläßt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an die andere Person beeinflußt. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch tatsächlicher Art sein.

2. Nahestehende Personen aufgrund familienrechtlicher Beziehungen können nicht nur Angehörige i. S. des § 15 AO 1977 sein.

3. Eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in Form der Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine einem Gesellschafter der Kapitalgesellschaft nahestehende Person setzt nicht voraus, daß die Zuwendung einen Vorteil für den Gesellschafter selbst zur Folge hat (Änderung der Rechtsprechung).

4. Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Vermögensvorteil in Form einer Pensionszahlung einer einem Gesellschafter nahestehenden Person zugewandt worden ist, kommt es - wie bei Pensionszahlungen an einen Gesellschafter - grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage an.

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2, § 27 Abs. 3 Satz 2; AO 1977 § 15.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Gesellschafter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - einer 1953 gegründeten GmbH - waren ursprünglich A und dessen zweite Ehefrau, Frau A. Mit dem Tode des A im April 1959 wurde Frau A Alleingesellschafterin der Klägerin. Im Unternehmen der Klägerin war bis zu seinem Tod im Juni 1967 S tätig, der Sohn des A und Stiefsohn der Frau A. Am 30. Oktober 1967 sagte die Klägerin dessen Witwe (W) in Anerkennung der Verdienste ihres verstorbenen Ehemannes als langjähriger Betriebsleiter der Klägerin eine Pension von 600 DM pro Monat zu. Im Zeitpunkt der Zusage war Frau A Mehrheitsgesellschafterin der Klägerin und ihre Tochter aus erster Ehe (T) Minderheitsgesellschafterin. In den Folgejahren erhöhte die Klägerin die Pension entsprechend den Tariflöhnen. Im Jahr 1983 (Streitjahr) betrugen die Pensionszahlungen an W insgesamt 20.737 DM, die die Klägerin bei der Ermittlung ihres Einkommens gewinnmindernd berücksichtigte. Alleingesellschafter der Klägerin war im Streitjahr E, der Sohn des S und der W.

Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, die Pensionszahlungen an W seien verdeckte Gewinnausschüttungen, da die Pensionszusage einer der beherrschenden Gesellschafterin Frau A nahestehenden Person erteilt worden sei und die Klägerin der Witwe eines familienfremden Arbeitnehmers die Pensionszusage nicht erteilt hätte. Das FA erließ am 2. Januar 1989 einen Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es die Pensionszahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen erfaßte und für sie die Ausschüttungsbelastung herstellte. Einspruch und Klage waren erfolglos.

Die Klägerin stützt die Revision auf Verletzung des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG.

Sie beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides vom 2. Januar 1989 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. April 1990 die Körperschaftsteuer neu festzusetzen und dabei die Pensionszahlungen nicht mehr als verdeckte Gewinnausschüttungen und andere Ausschüttungen zu beurteilen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision war als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). FA und FG haben zu Recht die Pensionszahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1981 und andere Ausschüttungen i. S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1981 beurteilt.

A. Eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden (= offenen) Ausschüttung steht (vgl. Senatsurteile vom 22. Februar 1989 I R 9/85, BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631; vom 5. Oktober 1994 I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549, m. w. N.).

1. Im Regelfall ist eine Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, wenn die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (s. Senatsurteile vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795; vom 19. Mai 1993 I R 83/92, BFH/NV 1994, 124; in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549).

a) Der unmittelbaren Zuwendung an einen Gesellschafter steht die an einen Dritten gleich, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist. Falls der Dritte eine einem Gesellschafter nahestehende Person ist, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (s. Urteil in BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631; s. a. Senatsurteile vom 6. Dezember 1967 I 98/65, BFHE 91, 239, BStBl II 1968, 322; vom 27. Januar 1972 I R 28/69, BFHE 104, 353, BStBl II 1972, 320; vom 27. November 1974 I R 250/72, BFHE 114, 236, BStBl II 1975, 306; vom 6. April 1977 I R 86/75, BFHE 122, 98; vom 13. April 1988 I R 284/82, BFH/NV 1989, 395). Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte.

Da das "Nahestehen" lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zur Begründung des "Nahestehens" jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluß zuläßt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflußt. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (h. M., s. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Oktober 1963 I 325/61 S, BFHE 78, 46, BStBl III 1964, 17; in BFHE 91, 239, BStBl II 1968, 322; vom 23. Oktober 1985 I R 247/81, BFHE 145, 165, BStBl II 1986, 195; vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348; vom 2. März 1988 I R 103/86, BFHE 153, 313, BStBl II 1988, 786; vom 1. Oktober 1986 I R 54/83, BFHE 149, 33, BStBl II 1987, 459; vom 14. Oktober 1992 I R 69/88, BFH/NV 1993, 269; Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl., 1990, S. 46 bis 53; Streck, Körperschaftsteuergesetz, 4. Aufl., 1995, § 8 Anm. 72 f.; Achenbach in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 8 KStG Tz. 61, 66, 67; Blümich/Freericks, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 15. Aufl., § 8 KStG Rz. 97 bis 102; Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Anhang verdeckte Gewinnausschüttungen zu § 8 Anm. 46 f.; Mössner/Seeger/Lange, Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rdnr. 126 f.; Staiger in Lademann, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 8 Anm. 188; Abschn. 31 Abs. 7 Satz 3 der Körperschaftsteuer-Richtlinien - KStR - 1995). Zu ihnen gehören z. B. enge persönliche Freundschaften (s. Urteil in BFHE 78, 46, BStBl III 1964, 17), eheähnliche Lebensgemeinschaften und - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch familienrechtliche Beziehungen zu Personen, die keine Angehörigen i. S. des § 15 der Abgabenordnung (AO 1977) sind.

b) Im Urteil in BFHE 104, 353, BStBl II 1972, 320 hat der erkennende Senat die Auffassung vertreten, eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form der Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahestehende Person setze voraus, daß die Zuwendung einen Vorteil für den Gesellschafter selbst zur Folge habe (ebenso z. B. Senatsentscheidungen vom 31. Juli 1974 I R 238/72, BFHE 113, 434, BStBl II 1975, 48; vom 1. Dezember 1982 I R 69-70/80, BFHE 137, 62, BStBl II 1983, 152; in BFHE 145, 165, BStBl II 1986, 195; vom 23. April 1986 I S 2/86, BFH/NV 1987, 811; zustimmend z. B.: Mössner/Seeger/Lange, a. a. O., § 8 KStG Rdnr. 126, 129; Lange/Reiss, Lehrbuch der Körperschaftsteuer, 7. Aufl., 1994, Rdnr. 211; Staiger, a. a. O., § 8 KStG Anm. 188; Abschn. 31 Abs. 7 Sätze 1 und 9 KStR 1995; s. a. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., 1995, § 20 EStG Rz. 74; a. A. Wassermeyer in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 20 Rdnr. C 58). Der erkennende Senat hält an dieser Rechtsansicht aus folgenden Gründen nicht mehr fest:

Ist die Zuwendung an eine einem Gesellschafter nahestehende Person für den betreffenden Gesellschafter selbst vorteilhaft - wie z. B. in Fällen, in denen die Zuwendung ihn von einer Schuld befreit oder ihm eigene Aufwendungen erspart -, so erhöht dies zwar die Indizwirkung des Nahestehens. Ein mit der Zuwendung verbundener Vorteil für den Gesellschafter ist aber nicht notwendige Voraussetzung der indiziellen Wirkung des Nahestehens. Auch Zuwendungen, die - wie z. B. Geschenke - ausschließlich für die nahestehende Person vorteilhaft oder gar für den Gesellschafter nachteilig sind, können durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt sein. Das kann z. B. der Fall sein, wenn die Kapitalgesellschaft einer einem Gesellschafter nahestehenden Person beim Kauf eines Wirtschaftsguts einen Preisnachlaß gewährt, den sie anderen Kunden nicht einräumt, und der Gesellschafter kein eigenes vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat.

Die verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG setzt bei einer Kapitalgesellschaft nicht voraus, daß die Vermögensminderung bei der Gesellschaft zum Zufluß eines entsprechenden Vermögensvorteils beim Gesellschafter führt (Senatsurteil in BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631; Döllerer, a. a. O., S. 125/126, Streck, a. a. O., § 8 KStG Anm. 76; Achenbach, a. a. O., § 8 KStG Tz. 56; Blümich/Freericks, a. a. O., § 8 KStG Rz. 96). Die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG tritt somit auch dann ein, wenn der Vermögensminderung bei der Gesellschaft eine Vermögensmehrung beim Gesellschafter von 0 DM entspricht. Für eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte Vermögensminderung aufgrund einer Zuwendung an eine nahestehende Person kann nichts anderes gelten.

Ob eine verdeckte Gewinnausschüttung, die einer einem Gesellschafter nahestehenden Person zufließt, dem Gesellschafter nur dann steuerrechtlich zugerechnet werden darf, wenn er selbst durch sie einen Vermögensvorteil erlangt, ist in dem die Besteuerung des Gesellschafters betreffenden Verfahren zu entscheiden und kann daher im Streitfall offenbleiben (s. zu dieser Streitfrage Döllerer, Betriebs-Berater - BB - 1989, 1175; Wassermeyer, Finanz-Rundschau - FR - 1989, 218, 221; Seeger, FR 1989, 466; Streck, a. a. O., § 8 KStG Anm. 105, 106; s. a. BFH- Urteile vom 6. November 1991 XI R 12/87, BFHE 166, 206, BStBl II 1992, 415; vom 29. September 1981 VIII R 8/77, BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248 - zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen aufgrund einer mittelbaren verdeckten Gewinnausschüttung, wenn unmittelbarer Empfänger der verdeckten Gewinnausschüttung ein nahestehender Mitgesellschafter ist -; vom 24. Juli 1990 VIII R 304/84, BFH/NV 1991, 90; vom 24. Juli 1990 VIII R 290/84, BFH/NV 1991, 191; Bundesverfassungsgericht - BVerfG - Beschluß vom 8. Dezember 1992 1 BvR 326/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1993, 201).

c) Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Vermögensvorteil in Form einer Pensionszahlung einer einem Gesellschafter nahestehenden Person zugewandt worden ist, kommt es - wie bei Pensionszahlungen an einen Gesellschafter (vgl. Senatsurteile vom 10. November 1993 I R 36/93, BFH/NV 1994, 827, m. w. N.; vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198) - grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage an. Pensionszahlungen, die auf einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten Pensionszusage beruhen, sind somit auch dann verdeckte Gewinnausschüttungen, wenn der dem Pensionsberechtigten nahestehende Gesellschafter im Zeitpunkt der Zahlung nicht mehr Gesellschafter ist (a. A. Wichmann, Der Betrieb - DB - 1994, 2101).

2. Zu den Voraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt: Die Pensionszahlungen an W minderten im Streitjahr in Höhe von 20.737 DM das Vermögen der Klägerin und auch ihren Gewinn laut Steuerbilanz. Sie hingen nicht mit offenen Ausschüttungen zusammen. Rechtsgrund der Zahlungen war eine Pensionszusage, die die Klägerin im Jahr 1967 der W erteilt hatte. W war die Witwe des Stiefsohns der Frau A, die 1967 Mehrheitsgesellschafterin der Klägerin war.

Daraus folgt, daß W der Gesellschafterin Frau A nahestand. Die familienrechtliche Beziehung eines Ehegatten zur Stiefmutter des anderen Ehegatten ist eine solche, die den Schluß zuläßt, sie habe Vorteilszuwendungen einer von der Stiefmutter beherrschten Kapitalgesellschaft an den Ehegatten des verstorbenen Stiefkindes beeinflußt. Dies ist wie oben (II. A. 1. a) ausgeführt, ein Indiz dafür, daß die in der Zusage der Pension und den Pensionszahlungen liegende Zuwendung von Vermögensvorteilen an W durch das Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und Frau A veranlaßt war.

Die von der Klägerin zur Entkräftung der Indizwirkung vorgetragenen Umstände hat das FG nicht als ausreichend angesehen. Den Vortrag, die Pensionszusage sei ein betrieblich veranlaßter Ausgleich dafür gewesen, daß S als sog. Meistersohn keine zur eigenen Absicherung und zur Absicherung seiner Ehefrau ausreichenden Sozialversicherungsansprüche habe erwerben können und die Klägerin über längere Zeit keine Sozialversicherungsbeiträge für S habe zahlen müssen, hat das FG nicht als überzeugend angesehen. Es hat dies damit begründet, daß S ein gutes Gehalt von der Klägerin bezogen habe, die Zusage erst nach seinem Tod erteilt worden sei und in ihr kein Hinweis auf den behaupteten betrieblichen Anlaß enthalten sei. Auch dem Einwand der Klägerin, Frau A und die Minderheitsgesellschafterin T hätten keine in ihrer Person liegenden Gründe gehabt, W durch eine Pensionszusage der Klägerin abzusichern, ist das FG nicht gefolgt. Es hat die Pensionszahlungen als einen privat veranlaßten Ausgleich dafür angesehen, daß A seinen Sohn S erbrechtlich zugunsten der Frau A und des Enkels E übergangen habe und S keinen Pflichtteilsanspruch habe geltend machen dürfen, wenn er das Nacherbenrecht seines Sohnes E nicht habe in Frage stellen wollen.

Diese im tatsächlichen Bereich liegenden Schlußfolgerungen des FG sind möglich. Sie verstoßen weder gegen Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze und sind daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn unterstellt wird, der Pflichtteilsanspruch des S gegen Frau A sei im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage schon wegen Ablaufs der dreijährigen Verjährungsfrist des § 2332 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verjährt gewesen, stünde dies nicht der Annahme entgegen, die Pensionszusage sei als Ausgleich für den von S nicht rechtzeitig geltend gemachten Pflichtteilsanspruch erteilt worden. Ob es für Frau A einen Vermögensvorteil darstellte, daß W wegen der Pensionszahlungen den möglicherweise nach dem Tode des S ganz oder teilweise auf sie übergegangenen verjährten Pflichtteilsanspruch nicht geltend machte, ist aus den oben (II. A. 1. b) angeführten Gründen unerheblich.

B. Eine zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung führende andere Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte und nicht mit einer offenen Ausschüttung zusammenhängende Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die sich durch einen tatsächlichen Mittelabfluß bzw. die Nichtrealisierung der Vermögensmehrung konkretisiert hat (Senatsurteile vom 31. Oktober 1990 I R 47/88, BFHE 162, 546, BStBl II 1991, 255, m. w. N.; vom 23. Juni 1993 I R 72/92, BFHE 172, 51, BStBl II 1993, 801; BFH-Beschluß vom 25. Juni 1993 III B 225/92, BFH/NV 1994, 3). Ein Zufluß beim Anteilseigner ist nicht Voraussetzung (Senatsurteil in BFHE 162, 546, BStBl II 1991, 255, m. w. N.; ebenso Abschn. 77 Abs. 6 und Abschn. 80 Abs. 1 KStR 1995). Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Pensionszahlungen an W im Streitjahr tatsächlich abgeflossen und auch die übrigen Voraussetzungen der anderen Ausschüttung erfüllt sind.

Ob es rechtmäßig ist, daß das FA die Pensionszahlungen dem E als Alleingesellschafter der Klägerin im Streitjahr und nicht den Rechtsnachfolgern der 1971 gestorbenen Frau A als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechnet hat, ist in dem die Körperschaftsteuer der Klägerin betreffenden Rechtstreit nicht zu entscheiden.