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  BFH-Urteil vom 9.4.1997 (II R 95/94) BStBl. 1997 II S. 452

1. Die Frage, ob eine mit dem Grund und Boden verbundene Sache als Scheinbestandteil nicht zum Grundvermögen i. S. des § 68 BewG gehört, ist ausschließlich nach bürgerlichem Recht zu entscheiden (§ 95 BGB). Diese Entscheidung erfolgt für Gebäude und für (unmittelbar einem Grundstück eingefügte) Außenanlagen nach denselben Grundsätzen.

2. Fallen rechtliches Eigentum am Grundstück und wirtschaftliches Eigentum am Gebäude nicht auseinander, so ist § 94 Abs. 1 Satz 2 BewG auf Außenanlagen, die sich auf dem Grundstück befinden, nicht anwendbar.

BewG § 68, § 94 Abs. 1 Satz 2; BGB § 95.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eigentümer eines ca. 7.578 qm großen Grundstücks. Mit Vertrag vom 1. März 1989 vermietete die KG eine Teilfläche dieses Grundstücks an eine Aktiengesellschaft (AG) zur Verwendung als Parkplatz. Die ca. 78 m lange und 15 m breite Teilfläche grenzte an eine bereits vorhandene Parkplatzanlage der AG an. Als Ende der Mietzeit wurde der 31. März 1994 vertraglich bestimmt. Wenn das Mietverhältnis nicht mit einer Frist von drei Monaten vor Ablauf dieser Vertragszeit gekündigt worden war, sollte es sich auf unbestimmte Zeit verlängern. Die Mieterin durfte entsprechend der geplanten Nutzung als Parkplatz mit Durchfahrtstraße die erforderlichen Straßen- und Tiefbauarbeiten vornehmen. Für die Beendigung des Mietverhältnisses war folgende Regelung getroffen: "Die Mieterin (braucht) den ursprünglichen Zustand nicht wiederherstellen außer den Flächen von je 15 m Abstand zur südlichen und nördlichen Grenze." Bis Mai 1989 erstellte die Mieterin auf der Teilfläche die vorgesehenen Parkplätze und schuf eine geteerte Durchfahrt zu der bereits bestehenden Parkplatzanlage.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) stellte mit Einheitswertbescheid vom 13. April 1992 durch Nachfeststellung auf den 1. Januar 1990 für das vermietete Grundstück die Grundstücksart unbebautes Grundstück fest und rechnete den Einheitswert in Höhe von 32.700 DM den Klägern je zur Hälfte zu. Bei der Ermittlung des Einheitswerts setzte das FA für das Grundstück einen Bodenwert von 12,50 DM/qm und für die Außenanlagen (Teerdecke) einen Wert von 16 DM/qm an. Der Einspruch der Kläger, die geltend machten, der Wert der Außenanlagen könne nicht dem Wert des Grundstücks zugeschlagen werden, da wirtschaftliche Eigentümerin der Außenanlagen die AG als Mieterin sei, blieb erfolglos.

Die Klage, mit der Herabsetzung des Einheitswerts auf 14.300 DM begehrt wurde, hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ermäßigte den Wert der Außenanlage und setzte den Einheitswert für das Grundstück auf 20.500 DM fest. Zur Begründung führte das FG im wesentlichen aus, daß die Außenanlagen von wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens stets in dem hierfür festgestellten Einheitswert zu erfassen seien. Ausnahmsweise seien Außenanlagen nach § 94 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) nur dann nicht in den Einheitswert von Grund und Boden einzubeziehen, wenn ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden errichtet werde und sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude auch auf die Außenanlagen erstrecke. Die Errichtung von Außenanlagen durch den Mieter eines Grundstücks ohne gleichzeitige Gebäudeerrichtung falle nicht unter § 94 BewG. Die von der AG erstellten Parkplätze stünden auch nicht in deren wirtschaftlichem Eigentum. Die AG könne die Kläger von der Einwirkung auf die Wirtschaftsgüter nicht ausschließen. Die gewöhnliche Lebensdauer für Wege- und Platzbefestigungen liege bei mindestens 10 bis 20 Jahren bzw. 20 bis 50 Jahren, während die Vermieterin bereits nach 5 Jahren das Vertragsverhältnis beenden könne. Im Streitfall sei allerdings zu beachten, daß nach dem Mietvertrag ein Teil der Außenanlagen nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Grundstück eingefügt worden sei und die von der AG geschaffenen Pkw-Parkplätze nicht zu einer erhöhten Einnahme des Vermieters führten. Hierbei gehe das FG, wie sich aus der Einheitsbewertung ergebe, von einer Teilfläche der Teerstraße und der Parkplätze von jeweils 2 x 15 = 30 m Länge aus; denn insoweit müsse die AG nach dem Mietvertrag den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Nach Auffassung des FG bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, daß mit der teilweisen Beseitigung der Parkplätze nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht ernstlich zu rechnen sei. Da der Einheitswert den Verkehrswert (nach den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1964) darstellen solle, sei bei der Wertfindung darauf abzustellen, daß ein Käufer des Grundstücks die wieder zu beseitigenden baulichen Veränderungen weder als solche vergüten, noch für deren Vorhandensein während der Vertragsdauer eine Leistung erbringen würde, weil deren Vorhandensein in der Höhe der Miete nicht zum Ausdruck komme (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Oktober 1965 III 145/62 U, BFHE 84, 12, BStBl III 1966, 5). Soweit die Außenanlagen nach den vertraglichen Regelungen den Klägern als Grundstückseigentümer nach Ablauf des Mietverhältnisses belassen würden, seien sie allerdings - und zwar bereits während der Mietzeit - bei der Ermittlung des Einheitswerts des Grundstücks zu erfassen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ermittelte das FG einen Einheitswert von 20.500 DM.

Mit der Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts geltend. Es beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Einheitswert auf 24.200 DM festzustellen. Das FG gehe zu Unrecht davon aus, daß der Teil der Außenanlagen, der nach Ablauf der Mietzeit wieder vom Mieter entfernt werden müsse, nur zu einem vorübergehenden Zweck i. S. des § 95 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eingefügt worden sei und deshalb beim Einheitswert des Grundstücks nicht erfaßt werde.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist unbegründet. Zutreffend hat das FG der Klage im erkannten Umfang stattgegeben. Der betreffende Teil der Bodenbefestigung ist ein Scheinbestandteil des Grundstücks i. S. von § 95 BGB.

1. In der Revision ist streitig, ob das FG bei der Feststellung des Einheitswerts des (bestandskräftig) den Klägern zugerechneten unbebauten Grundstücks zutreffend den Wert des Teils der Bodenbefestigungen außer Betracht gelassen hat, den die Mieterin bei Beendigung des Mietverhältnisses wieder zu entfernen hat.

Ein unbebautes Grundstück i. S. § 72 BewG ist nach den tatsächlichen Verhältnissen zum maßgebenden Stichtag und den Wertverhältnissen zum 1. Januar 1964 mit dem gemeinen Wert (§ 9 Abs. 1, § 17 Abs. 3 BewG) zu bewerten. Der Umfang des in die Bewertung einzubeziehenden Grundvermögens wird durch § 68 BewG bestimmt. Danach gehören zum Grundvermögen der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG). In das Grundvermögen sind dabei nicht einzubeziehen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Vom Mieter eines Grundstücks vorgenommene Einbauten und Umbauten sind dann in die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens des Vermieters eingegangen, wenn sie weder eine Betriebsvorrichtung i. S. von § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG noch ein Scheinbestandteil i. S. von § 95 BGB sind (BFH-Urteil vom 25. Mai 1984 III R 103/81, BFHE 141, 289, 293, BStBl II 1984, 617). Die im Streitfall von der Mieterin auf dem Grundstück hergestellten Außenanlagen gehören daher nur dann nicht zum Grundvermögen und ist ihr Wert dementsprechend bei der Feststellung des Einheitswerts dann nicht zu berücksichtigen, wenn es sich um Betriebsvorrichtungen oder um Scheinbestandteile handelt.

2. Aus § 94 Abs. 1 Satz 2 BewG ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschrift ist auf die Sachverhaltskonstellation im Streitfall nicht anwendbar. § 94 BewG enthält Zurechnungsregelungen für den Fall, daß rechtliches Eigentum am Grundstück und wirtschaftliches Eigentum an einem Gebäude auf diesem Grundstück auseinanderfallen. Für die Außenanlagen löst die Vorschrift diesen Zurechnungskonflikt dahin, daß diese grundsätzlich in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen sind. Liegt ein Auseinanderfallen von rechtlichem Eigentum am Grundstück und wirtschaftlichem Eigentum am Gebäude nicht vor - wie im Streitfall -, kann diese Zurechnungsregelung für Außenanlagen nicht greifen. Die Regelung des § 94 Abs. 1 Satz 2 BewG ist auf diesen Fall nicht anwendbar.

3. Die betreffenden Außenanlagen sind - wovon das FG wiederum zutreffend ausgeht - auch keine Betriebsvorrichtung. Der Begriff der Betriebsvorrichtung setzt Gegenstände voraus, die in besonderer und unmittelbarer Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb stehen und denen in bezug auf die Ausübung des Gewerbebetriebs eine ähnliche Funktion wie Maschinen zukommt (vgl. BFH-Urteil vom 5. März 1971 III R 90/69, BFHE 102, 107, BStBl II 1971, 455; vom 18. März 1987 II R 222/84, BFHE 150, 62, BStBl II 1987, 551). Außenanlagen wie Wege- und Platzbefestigungen erfüllen diese Voraussetzung regelmäßig nicht. Sie dienen regelmäßig - und auch im Streitfall - der Benutzung des Grundstücks und nicht unmittelbar einem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbe.

4. Der Wert des streitigen Teils der Bodenbefestigungen ist daher nur dann nicht in die Einheitsbewertung für das unbebaute Grundstück einzubeziehen, wenn es sich dabei um Scheinbestandteile i. S. des § 95 BGB handelt. Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören solche Sachen nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden sind.

Die Begriffe "Bestandteile" und "Zubehör" hat das BewG dem bürgerlichen Recht entnommen. Nach ständiger Rechtsprechung ist deshalb die bürgerlich-rechtliche Auslegung dieser Begriffe auch für das Bewertungsrecht maßgebend. Scheinbestandteile eines Grundstücks i. S. des § 95 BGB gehören daher nicht zum Grundvermögen i. S. des § 68 BewG. Auch die Frage, ob ein Scheinbestandteil vorliegt, ist ausschließlich nach bürgerlichem Recht zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1971 III R 10/69, BFHE 102, 298, 300, BStBl II 1971, 618). Diese Entscheidung hat für Gebäude und für (unmittelbar einem Grundstück eingefügte) Außenanlagen nach denselben Grundsätzen zu erfolgen.

Ob eine Sache zu einem vorübergehenden Zweck mit einem Grundstück verbunden ist, beurteilt sich zivilrechtlich in erster Linie nach dem Willen des Herstellers, sofern dieser mit dem nach Außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen ist (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 4. Juli 1984 VIII ZR 270/83, BGHZ 92, 70, 73, m. w. N.). Verbindet ein Mieter, Pächter oder in ähnlicher Weise ein schuldrechtlich Berechtigter Sachen mit dem Grund und Boden, so spricht nach feststehender Rechtsprechung des BGH regelmäßig eine Vermutung dafür, daß dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht (vgl. z. B. BGH-Urteil vom 31. Oktober 1952 V ZR 36/51, BGHZ 8, 1, 5). Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Bauwerks oder bei langer Dauer des Vertrags entkräftet (ständige BGH-Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 22. Dezember 1995 V ZR 334/94, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1996, 916, 917, m. w. N.). Ein vom Mieter oder Pächter eines Grundstücks errichtetes massives Gebäude fällt nicht in das Eigentum des Grundstückseigentümers, wenn der Miet- oder Pachtvertrag bestimmt, daß der Mieter oder Pächter die von ihm errichteten Gebäude nach Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses zu entfernen und den früheren Zustand wiederherzustellen hat (BGH in BGHZ 8, 1, 6) und der tatsächliche Vollzug einer solchen vertraglichen Verpflichtung von den Beteiligten von Anfang an ernstlich gewollt ist. Ob eine bewegliche Sache nach diesen Grundsätzen nur zu vorübergehenden Zwecken mit einem Grundstück verbunden worden ist, ist anhand aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden (BGH-Urteil vom 27. Mai 1959 V ZR 173/57, NJW 1959, 1487, 1488).

Das FG ist ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen zu dem Ergebnis gelangt, daß im Streitfall der betreffende Teil der Außenanlagen nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden worden ist. Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt, an den der Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist, ist dies revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

Aufgrund der Umstände des Streitfalls hat das FG keine Anhaltspunkte dafür festgestellt, daß mit der (teilweisen) Beseitigung der Parkplätze nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht ernstlich zu rechnen ist. Damit hat das FG sinngemäß festgestellt, daß der die Sache mit dem Grundstück verbindende Mieter bei deren Einfügung nicht die positive Absicht hatte, diese bei Beendigung der vorgesehenen Grundstücksbenutzung in das Eigentum des Grundstückseigentümers fallen zu lassen. Dies aber wäre Voraussetzung für die Annahme einer nicht nur vorübergehenden Verbindung (vgl. z. B. BGH-Urteil in NJW 1959, 1487, 1488, und in BGHZ 8, 1, 5).

Die Frage, welche Folge es hat, wenn die Lebensdauer der eingefügten Sachen nicht länger ist als die Zeitspanne, für die sie eingefügt wird (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1970 VI R 157/68, BFHE 101, 5, BStBl II 1971, 165), kann offenbleiben, da diese Sachverhaltskonstellation nach Auffassung des FG nicht vorliegt. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch - entgegen der Auffassung des Beklagten - die Tatsache, daß die Bodenbefestigungen bei einer Entfernung zerstört werden würden. Selbst nach der - in einem obiter dictum vertretenen - Auffassung des VI. Senats des BFH in dem BFH-Urteil in BFHE 101, 5, BStBl II 1971, 165, dürfte dieser Umstand allenfalls im Rahmen der Würdigung der "Gesamtheit aller Umstände" zur Ermittlung des wahren Willens der Beteiligten von Bedeutung sein (vgl. aber in diesem Zusammenhang die BGH-Rechtsprechung, nach der eine massive Bauart des Bauwerks und mithin dessen Zerstörung bei einer Entfernung der Annahme eines Scheinbestandteils regelmäßig nicht entgegensteht, z. B. BGH in BGHZ 8, 1, 5, und in NJW 1996, 916). Im Streitfall ist das FG ohne Rechtsverstoß nach Abwägung aller Umstände zum Ergebnis gelangt, daß ein Wille, den betreffenden Teil der Außenanlagen bei Beendigung des Mietverhältnisses in das Eigentum der Kläger fallen zu lassen, nicht vorlag. Es hat daher zutreffend angenommen, daß im Streitfall der betreffende Teil der Bodenbefestigung nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden ist.

5. Gründe gegen die Richtigkeit der Berechnung des Einheitswerts, die das FG ausgehend von seiner Rechtsauffassung vorgenommen hat, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht. Seine Entscheidung erweist sich daher auch insoweit als rechtlich zutreffend.