| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Beschluß vom 16.7.1997 (II B 99/96) BStBl. 1997 II S. 625

Die Frage, ob die Steuerermäßigung gemäß § 27 ErbStG 1974 für den mehrfachen Erwerb desselben Vermögens auch beim Erwerb durch Schenkung zu gewähren ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung, da § 27 Abs. 1 ErbStG 1974 nach seinem klaren Wortlaut offensichtlich nur den Letzterwerb von Todes wegen begünstigt.

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; ErbStG 1974 § 27.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

I.

Der im Februar 1988 verstorbene Vater des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) wurde allein von seiner Ehefrau, der Mutter des Klägers, beerbt. Für diesen Erwerb setzte das damals zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt Erbschaftsteuer fest. Der Kläger führte ab 1. Januar 1989 den Betrieb seines Vaters fort. Mit Vertrag vom 24. April 1989 übergab die Mutter ihrem Sohn, dem Kläger, das gesamte Betriebsvermögen und auch die bisher in ihrem Alleineigentum stehenden Grundstücke.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) setzte für den Erwerb des Klägers zuletzt durch Einspruchsentscheidung vom 21. November 1995 Schenkungsteuer endgültig fest. Entgegen dem Antrag des Klägers ermäßigte das FA dabei nicht gemäß § 27 des Erbschaftsteuergesetzes in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung (ErbStG 1974) die Schenkungsteuer für das Vermögen, das seine Mutter im Wege der Erbfolge von seinem Vater erworben und auf ihn übertragen hatte.

Mit der hiergegen gerichteten Klage beantragte der Kläger eine Ermäßigung der Schenkungsteuer um 50 v. H., hilfsweise um 45 v. H. nach Maßgabe des § 27 ErbStG 1974, da gemäß § 1 Abs. 2 ErbStG 1974 abweichend vom Gesetzeswortlaut § 27 ErbStG 1974 auch auf Schenkungen anzuwenden sei.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertritt in seinem Urteil die Auffassung, daß das FA es zu Recht abgelehnt habe, die Schenkungsteuer auf den Erwerb des Klägers von seiner Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ebenso zu ermäßigen, wie es § 27 ErbStG 1974 nach seinem Wortlaut für den Vermögensanfall von Todes wegen vorsieht.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Denn die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Steuerermäßigung gemäß § 27 ErbStG 1974 für den mehrfachen Erwerb desselben Vermögens auch beim Erwerb durch Schenkung zu gewähren ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), da - wovon das FG in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgeht - § 27 Abs. 1 ErbStG 1974 nach seinem klaren Wortlaut offensichtlich nur den Letzterwerb von Todes wegen begünstigt.

Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die Erbschaftssteuer, wenn "Personen der Steuerklasse I oder II von Todes wegen Vermögen" anfällt, das in den letzten 10 Jahren vor dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklassen erworben worden ist und für das nach dem ErbStG 1974 eine Steuer zu erheben war, um bestimmte, zeitlich gestaffelte Prozentsätze. Danach greift die Steuerermäßigung nur bei einem Letzterwerb von Todes wegen und nicht bei Schenkungen unter Lebenden. Dies entspricht auch der in der Literatur vertretenen herrschenden Auffassung (vgl. Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 27 ErbStG Rz. 3; Mönch, Erbschafts- und Schenkungsteuer, Kommentar, § 27 ErbStG Rz. 3; Biergans/Sigloch, Der Betrieb 1975, 758; Steiger, Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau 1984, 147, 148; Gebel, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1992, 177, 181; kritisch Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 27 ErbStG Rz. 4).

Dieser Auslegung steht auch § 1 Abs. 2 ErbStG 1974 nicht entgegen, wonach die Vorschriften des Gesetzes über die Erwerbe von Todes wegen auch für Schenkungen gelten. Denn dies gilt nach § 1 Abs. 2 ErbStG 1974 nur, soweit nichts anderes bestimmt ist. Der Gesetzgeber hat aber bei der Fassung des § 27 ErbStG 1974 die Steuerermäßigung bewußt auf den Erwerb von Todes wegen beschränkt. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte des § 27 ErbStG 1974. Diese Vorschrift löste ab 1. Januar 1974 § 21 ErbStG 1959 ab, der ganz allgemein davon ausging, daß Personen der Steuerklasse I und II Vermögen anfällt und die Einschränkung "von Todes wegen" nicht enthielt. Demgegenüber wird - worauf die Vorinstanz zutreffend hingewiesen hat - durch die Gesetzesbegründung bestätigt, daß "die Ermäßigung künftig nur noch für Erwerbe von Todes wegen gelten" soll (s. BTDrucks. VI/3418, S. 74, BRDrucks. 140/72, S. 74). Dadurch soll verhindert werden, daß die Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG 1974 bewußt durch Schenkungen unter Lebenden zum Zwecke der Steuerersparnis eingesetzt werden kann (s. Mönch, a. a. O., § 27 ErbStG Rz. 3; vgl. ferner Kapp/Ebeling, a. a. O., § 27 ErbStG Rz. 3.1). Aus den vorgenannten Gründen vermag der Senat der von Troll (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 27 ErbStG Anm. 2) vertretenen Auffassung, wonach es zum Ausschluß des § 1 Abs. 2 ErbStG 1974 einer eigenen Vorschrift bedurft hätte, nicht zu folgen.

Diese Auslegung deckt sich mit der bisherigen Senatsrechtsprechung zu der insoweit vergleichbaren Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG 1974, die die Erbschaftsteuerfreiheit des Rückerwerbs der von Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen geschenkten Vermögensgegenstände nur vorsieht, wenn die Vermögensgegenstände an die Eltern oder Voreltern "von Todes wegen zurückfallen"; bei Rückschenkungen ist dagegen die Steuerfreiheit zu versagen (s. Senatsurteil vom 16. April 1986 II R 135/83, BFHE 146, 561, BStBl II 1986, 622).