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  BFH-Urteil vom 10.7.1997 (V R 94/96) BStBl. 1997 II S. 707

1. Vereinbart der Grundstückseigentümer mit einem Kaufinteressenten die Zahlung einer "Entschädigung bzw. Optionsgebühr" für den Fall der Ablehnung des Verkaufsangebots durch den Interessenten, kann es sich - unabhängig von der Bezeichnung - um (Bindungs-)Entgelt für die steuerbare und steuerpflichtige Bindungsleistung handeln.

2. Behandelt der Grundstückseigentümer bei seiner Umsatzsteuererklärung den Vorgang - abweichend von der Beurteilung durch den Optionsberechtigten - nicht als steuerpflichtigen Umsatz, kann der Optionsberechtigte die Frage der Umsatzsteuerpflicht dieses Vorgangs im Wege der Feststellungsklage gemäß § 41 FGO klären lassen.

Sein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung ergibt sich mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des BGH (BGHZ 103, 284, und NJW 1989, 302), nach der bei zweifelhafter Rechtslage über das Vorliegen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatzes der Leistungsempfänger die Erteilung einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer nur verlangen kann, wenn die zuständige Finanzbehörde den Vorgang bestandskräftig der Umsatzsteuer unterworfen hat.

3. Die mit der Feststellungsentscheidung gefundene materiell-rechtliche Beurteilung ist für die Steuerschuldverhältnisse des Grundstückseigentümers und des Optionsberechtigten bindend.

4. Hat das für die Besteuerung des Grundstückseigentümers zuständige FA diesem die Nichtsteuerbarkeit des Vorgangs verbindlich zugesichert, kann der Optionsberechtigte gleichwohl zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs gegenüber dem für ihn zuständigen FA vom Grundstückseigentümer die Ausstellung einer Rechnung verlangen, in der die Steuer gesondert ausgewiesen ist.

FGO § 41; UStG 1993 § 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg (EFG 1995, 991)

Sachverhalt

I.

1. Die Revisionsklägerin ist Beigeladene im Klageverfahren der Klägerin gegen den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -).

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 3. August 1992 bot die Revisionsklägerin der Klägerin (einer Immobilien-Gesellschaft) den Abschluß eines Grundstückskaufvertrags an. Die Klägerin war berechtigt, das Angebot bis zum 31. Dezember 1993 anzunehmen. Dazu war vereinbart:

"Für die Abgabe des Angebots zahlt der Käufer an den Verkäufer eine Entschädigung bzw. Optionsgebühr in Höhe von 6 % p. a. (sechs vom Hundert per annum) des zu zahlenden Kaufpreises für die Zeit von heute bis zu dem Tage, an dem der Käufer zur Urkunde eines deutschen Notars die Ablehnung des Angebots erklärt bzw. bis zum Ablauf der Annahmefrist, ohne daß das Angebot angenommen worden ist, je nachdem, welches Ereignis früher eintritt."

Nachdem die Immobilien-Gesellschaft als Optionsberechtigte das Angebot durch Erklärung vom 16. Dezember 1993 zu notarieller Urkunde abgelehnt hatte, vertrat die Grundstückseigentümerin die Ansicht, die "Entschädigung/Optionsgebühr" sei echter Schadensersatz. Der Vorgang sei nicht steuerbar. Sie stellte eine Rechnung über "455 Tage a DM 4.333,33 = DM 1.984.666,66" ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis aus und weigerte sich auch in der Folgezeit, eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer zu erteilen.

Im Juli 1994 sicherte das FA der Grundstückseigentümerin antragsgemäß zu, sie habe insoweit keine umsatzsteuerbare Leistung ausgeführt, der Betrag von 1.984.666,66 DM werde nicht der Umsatzsteuer unterworfen.

Gegen diese Zusage legte die Optionsberechtigte Einspruch ein, über den (nach den Feststellungen des Finanzgerichts - FG -) noch nicht entschieden ist. Allerdings teilte das FA mit Schreiben vom 2. September 1994 der Optionsberechtigten mit, es erachte die Zusage als rechtswidrig, was jedoch "rein materiell-rechtlich" nichts an der Rechtsauffassung ändere, daß die Gebühr nicht steuerbarer Schadensersatz sei.

Die Grundstückseigentümerin erfaßte den Zahlungsvorgang nicht als Entgelt in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 1993. Der bereits eingereichten Jahreserklärung hat das FA noch nicht zugestimmt.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 1994 legte die Optionsberechtigte gegen die Umsatzsteuervoranmeldung der Grundstückseigentümerin für Dezember 1993 Einspruch ein mit dem Antrag, den Betrag von 1.984.666,66 DM bei der Steuerfestsetzung gegen die Grundstückseigentümerin als Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung zu erfassen. Diese bestehe darin, daß die Grundstückseigentümerin sich ihr gegenüber durch das sie bindende Angebot zur Unterlassung von Verfügungen während der Annahmefrist verpflichtet habe. Sie, die Optionsberechtigte, sei in ihren Rechten verletzt, weil sie gehindert sei, den Umsatzsteueranteil der "Entschädigung/Optionsgebühr" als Vorsteuerbetrag gegenüber dem für sie zuständigen FA L geltend zu machen. Die Vorlage einer Rechnung mit Steuerausweis sei Tatbestandserfordernis des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sei die Grundstückseigentümerin aber so lange berechtigt, die Ausstellung einer solchen Rechnung zu verweigern, als die Umsatzsteuerpflicht des Vorgangs "ernstlich zweifelhaft" und der Vorgang nicht "bestandskräftig der Umsatzsteuer unterworfen" sei.

Das FA behandelte den Einspruch der Optionsberechtigten gegen die Umsatzsteuervoranmeldung der Grundstückseigentümerin als zulässig aber unbegründet, weil sie nicht Beteiligte dieses Steuerrechtsverhältnisses und damit nicht tatsächlich beschwert sei. Die Auswirkung der Umsatzsteuervoranmeldung der Grundstückseigentümerin auf den zivilrechtlichen Anspruch der Optionsberechtigten liege nur in "außersteuerlichen Gründen". Die Optionsberechtigte müsse ihren vermeintlichen Anspruch auf Rechnungserteilung gegen die Grundstückseigentümerin auf dem Zivilrechtsweg geltend machen.

2. Das FG gab der anschließenden Klage statt, soweit die Optionsberechtigte hilfsweise beantragt hatte, festzustellen, daß die Zahlung der Optionsgebühr aufgrund eines umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsgeschäfts erfolgt sei. Das Urteil ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 1995, 991, und Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1996, 161, mit Anm. von Weiß, veröffentlicht.

3. Das gegenüber der Klägerin (Optionsberechtigten) ergangene Urteil griff die beigeladene Grundstückseigentümerin als Revisionsklägerin mit der (vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen) Revision an.

Sie rügt Verletzung von § 41 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 2. Fall UStG 1993.

Zum einen ist nach ihrer Ansicht die Feststellungsklage der Optionsberechtigten unzulässig. Die Feststellung des FG greife in unzulässiger Weise in das abgabenrechtliche Verhältnis zwischen ihr, der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin), und dem für sie zuständigen FA ein. Das Interesse der Klägerin (Optionsberechtigten) gehe letztlich auf deren privatrechtliche Beziehung zu ihr, der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin), zurück. Die Klägerin (Optionsberechtigte) begehre die Durchsetzbarkeit des vermeintlichen Anspruchs auf Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer, um den Vorsteuerabzug bei dem für sie zuständigen FA L zu erreichen. Ein unmittelbares eigenes abgabenrechtliches Interesse der Klägerin (Optionsberechtigten) ergebe sich nur im Verhältnis zu dem für den Vorsteuerabzug zuständigen FA L.

Zum anderen sei die Feststellungsklage unbegründet, weil sie, die Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin), keinen steuerbaren Umsatz ausgeführt habe. Sie habe ihr Kaufangebot nicht abgegeben, um die Entschädigung/Optionsgebühr zu erhalten. Bei Annahme des Angebots wäre dieser Entschädigungsanspruch nicht entstanden. Es handle sich nicht um ein übliches Optionsgeschäft (Wertpapier-, Grundstücks-, Commodityoptionen usw.), bei dem ein Entgelt für die Einräumung einer Position oder für ein Stillhalten gezahlt werde, unabhängig davon, ob es zu einem Abschluß komme.

Demgemäß sei die von der Klägerin (Optionsberechtigten) zu zahlende Entschädigung keine Gegenleistung, sondern habe den Charakter einer nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Vertragsstrafe.

Die Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das FG dem Feststellungsantrag stattgab, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

4. Das FA beantragt ebenfalls, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das FG dem Feststellungsantrag stattgab.

Zur Begründung führt es aus, es teile zwar nunmehr die Rechtsauffassung des angefochtenen Urteils zum Vorliegen einer umsatzsteuerbaren und -pflichtigen Leistung. Das Urteil verstoße aber gegen § 41 Abs. 1 FGO.

5. Die Klägerin (Optionsberechtigte) beantragt, die Revision der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat ohne Rechtsverstoß die von der Klägerin (Optionsberechtigten) beantragte Feststellung ausgesprochen, daß die von ihr gezahlte Entschädigung/Optionsgebühr Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) war.

1. Die Revision ist zulässig.

a) Sie ist entgegen dem Vortrag der Klägerin (Optionsberechtigten) im Revisionsverfahren nicht verspätet eingelegt worden. Denn die Revisionsfrist von einem Monat (§ 120 Abs. 1 FGO) begann erst mit der Zustellung des angefochtenen Urteils an die Bevollmächtigten der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) und nicht bereits mit der Zustellung an die Revisionsklägerin selbst. Die Zustellung an die Revisionsklägerin selbst - als Beigeladene im finanzgerichtlichen Verfahren - gegen Empfangsbekenntnis (in vereinfachter Form) war gemäß § 53 Abs. 2 FGO i. V. m. § 5 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) nicht wirksam, weil die Beigeladene nicht zu dem von der Vorschrift umschriebenen Personenkreis gehört (Behörden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberatungsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften), vgl. auch Sadler, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar 1993, § 5 Rn. 15 ff. Den Prozeßbevollmächtigten der (damaligen) Beigeladenen wurde das Urteil antragsgemäß am 29. Dezember 1995 - wieder gegen Empfangsbekenntnis gemäß § 5 Abs. 2 VwZG - zugestellt. Die am 29. Januar 1996 beim FG eingegangene Revision war somit fristgerecht eingelegt.

b) Ebensowenig ist die Revision wegen Verletzung von § 60 Abs. 6 Satz 1 FGO unzulässig. Der Revisionsantrag der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) - als der Beigeladenen im finanzgerichtlichen Verfahren - liegt entgegen dem Vortrag der Klägerin (Optionsberechtigten) "innerhalb der Anträge eines als Kläger oder Beklagter Beteiligten" im Revisionsverfahren. Das FA hat im Revisionsverfahren seinen Klageabweisungsantrag aus dem finanzgerichtlichen Verfahren nicht aufgegeben. Es hat zwar seinen materiell-rechtlichen Standpunkt zur Steuerbarkeit des Optionsvorgangs geändert, aber seinen Antrag nunmehr auf Verletzung von § 41 Abs. 1 FGO gestützt.

Überdies hätte die vom FG notwendig Beigeladene gemäß § 60 Abs. 6 Satz 2 FGO ohnehin abweichende Sachanträge stellen können.

c) Die Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) ist durch die Vorentscheidung beschwert, weil sie befürchten muß, aufgrund des Urteils zur Umsatzsteuer herangezogen zu werden. Ob das FA sich an seine dem entgegenstehende Zusage über Nichtsteuerbarkeit des Optionsvorgangs zu Recht nicht mehr gebunden hält, ist in diesem Zusammenhang nicht zu erörtern.

Die von der Klägerin (Optionsberechtigten) eingewandte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - (Urteil vom 31. Januar 1969 IV C 83.66, BVerwGE 31, 233) steht dem nicht entgegen. Nach ihr ergibt sich die für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels des Beigeladenen erforderliche Beschwer nicht schon daraus, daß die Rechtskraft des Urteils auch den Beigeladenen bindet, sondern daraus, daß zumindest rechtlich geschützte Interessen des Beigeladenen berührt werden. Das ist hier so.

2. Das angefochtene FG-Urteil ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Es geht zutreffend davon aus, die Klägerin (Optionsberechtigte) könne durch eine Feststellungsklage gemäß § 41 Abs. 1, 1. Alternative FGO ihr Ziel erreichen, daß die umstrittene Entschädigungszahlung im Finanzrechtsweg als Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung beurteilt wird und diese Entscheidung auch für die Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) bindend ist.

aa) Nach § 41 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

Diese Klage ist weder fristgebunden (vgl. § 47 FGO) noch von der Durchführung eines Vorverfahrens abhängig (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 41 Rz. 35).

"Rechtsverhältnis" ist regelmäßig ein Steuerschuldverhältnis. Auch die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten, die auf diesem Rechtsverhältnis beruhen, kann begehrt werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Mai 1988 X R 42/81, BFH/NV 1989, 54; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 41 FGO Tz. 2; Gräber/von Groll, a. a. O., § 41 Rz. 14). Daher ist auch die Feststellung des Bestehens/Nichtbestehens der Umsatzsteuerbarkeit und -steuerpflicht eines Vorgangs möglich.

Die Klägerin (Optionsberechtigte) hat im Klageverfahren ihr berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung dargelegt.

Wie der Senat u. a. im Urteil vom 11. April 1991 V R 86/85 (BFHE 164, 219, BStBl II 1991, 729) ausgeführt hat, muß es sich um ein eigenes abgabenrechtliches Interesse handeln. Unzulässig ist ein Feststellungsbegehren, das nicht auf ein abgabenrechtliches Verhältnis zum FA, sondern allein auf privatrechtliche Beziehungen des Klägers zu seinen Vertragspartnern und/oder ausschließlich auf deren abgabenrechtliche Verhältnisse gerichtet ist.

Es handelt sich um kein lediglich privatrechtliches Interesse. Daß für die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs auf Rechnungserteilung mit Steuerausweis der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist (BGH-Urteile vom 10. November 1988 VII ZR 137/87, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1989, 302, UR 1989, 121, m. N., und vom 24. Februar 1988 VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, UR 1988, 183, m. Anm. von Weiß), ändert nichts an der Klärungsbedürftigkeit der (steuerrechtlichen) Vorfragen im Steuerrechtsverhältnis. Denn auch nach der Auffassung des BGH (a. a. O.) ergibt sich das Interesse des Leistungsempfängers an einer solchen Rechnung aus § 15 Abs. 1 UStG 1993, also aus einer abgabenrechtlichen Gestaltung des Steuerschuldverhältnisses des Leistungsempfängers. Die Rechtsprechung des BGH rechtfertigt vielmehr das Feststellungsinteresse des Rechnungsempfängers zur Klärung der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung eines Geschäfts mit dem Rechnungsaussteller mit bindender Wirkung auch für dessen Steuerschuldverhältnis. Verneinte man dieses, würde der Leistungsempfänger ggf. in eine ungeschützte Rechtsposition gedrängt werden.

Wie der BGH in den Urteilen in BGHZ 103, 284 und NJW 1989, 302 ausgeführt hat, kann der Leistungsempfänger bei zweifelhafter Steuerrechtslage - u. a. dazu, ob ein steuerbarer und steuerpflichtiger Umsatz vorliegt - die Erteilung einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer nur verlangen, wenn die zuständige Finanzbehörde den Vorgang bestandskräftig der Umsatzsteuer unterworfen hat. Anderenfalls würde man dem Leistenden das Risiko aufbürden, Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 bzw. Abs. 2 UStG 1993 zu schulden.

Im Ergebnis zutreffend hat das FG ausgeführt, daß die zusprechende rechtskräftige Entscheidung auf einen Feststellungsantrag über das Bestehen eines Rechtsverhältnisses - hier über die Umsatzsteuerbarkeit und Umsatzsteuerpflicht - der bestandskräftigen Unterwerfung unter die Umsatzsteuer im Ergebnis gleichkomme.

Das Feststellungsbegehren der Klägerin (Optionsberechtigten) ist auch nicht auf abgabenrechtliche Verhältnisse ausschließlich eines anderen - hier der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) - gerichtet. Es knüpft zwar an das Steuerschuldverhältnis der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) - deren Umsatzsteuervoranmeldung - zum FA an. Die Frage, ob der streitige Zahlungsvorgang als Entgelt für einen steuerbaren/steuerpflichtigen Umsatz der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) an die Klägerin (Optionsberechtigte) zu erfassen ist, wirkt sich aber gleichfalls auf das eigene Steuerschuldverhältnis der Klägerin (Optionsberechtigten) - nämlich auf deren Recht auf Vorsteuerabzug aus diesem Vorgang - aus.

Die Klägerin (Optionsberechtigte) kann insoweit aber nicht darauf verwiesen werden, die Frage in ihrem Steuerschuldverhältnis gegenüber dem für sie zuständigen FA L klären zu lassen, also durch Beanspruchung des Vorsteuerabzugs aus dem von ihr gezahlten "Entschädigungsbetrag". Denn mangels einer Rechnung der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer scheitert dieser Anspruch gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 bereits von vornherein, ohne Prüfung, ob ein steuerbarer und steuerpflichtiger Umsatz vorliegt.

Damit besteht das Feststellungsinteresse gegenüber der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) und dem beklagten FA, das jedenfalls bei der Veranlagung der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) zu prüfen hat, inwieweit diese steuerbare und steuerpflichtige Umsätze getätigt hat.

Schließlich entfällt ein Feststellungsinteresse der Klägerin (Optionsberechtigten) bezüglich der Umsatzsteuerpflicht des Vorgangs der Entschädigung/Optionsgebühr nicht dadurch, daß die Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) vom FA eine verbindliche Zusage über die Nichtsteuerbarkeit des Vorgangs erhalten hat. Zu der im Revisionsverfahren angeschnittenen Frage des Bestands dieser Zusage braucht hier nicht Stellung genommen zu werden. Eine der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) erteilte verbindliche Zusage des FA kann sich nur in diesem Steuerschuldverhältnis auswirken. Für das Steuerschuldverhältnis der Klägerin (Optionsberechtigten) ergibt sich daraus keine formelle oder materielle Bindung. Diesem ist vielmehr die im vorliegenden Verfahren gewonnene materiell-rechtliche Beurteilung des Vorgangs zugrunde zu legen.

bb) Die Subsidiarität der Feststellungsklage i. S. von § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO hat das FG ebenfalls im Ergebnis zutreffend verneint. Unterstellte man die Möglichkeit der Klägerin (Optionsberechtigten) zur Anfechtung des nicht an sie gerichteten Steuerbescheids als dritte Person, so fehlte es gleichwohl an einer Klagebefugnis, da sich die Klage gegen eine nach ihrer Ansicht zu niedrige Steuerfestsetzung richtete (vgl. BFH-Urteil vom 12. August 1993 V R 26/91, BFH/NV 1994, 747). Auf die insoweit abweichende Begründung des FG braucht der Senat im einzelnen nicht einzugehen.

b) Auch die Beurteilung der "Entschädigung bzw. Optionsgebühr" als Entgelt für eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) ist im Ergebnis zutreffend.

Steuerbare Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993 sind u. a. sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Eine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung gegen Entgelt setzt danach - ebenso wie nach Art. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) - voraus, daß zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (so z. B. das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 3. März 1994 Rs. C-16/93 - J. R. Tolsma, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - UVR - 1994, 152, UR 1994, 226).

Das FG nahm ohne Rechtsverstoß an, daß die Beteiligten einen sog. Optionsvertrag geschlossen hatten, durch den die (beigeladene) Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) der Klägerin (Optionsberechtigten) das Recht eingeräumt hatte, durch einseitige Erklärung - ohne weitere zustimmende Erklärung der Revisionsklägerin (Grundstückseigentümerin) - einen Kaufvertrag über Grundstücke herbeizuführen (vgl. zum Optionsvertrag u. a. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band I, Allgemeiner Teil, 14. Aufl. 1987, 85, 87; Kramer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl. 1993, vor § 145, Rn. 44, jeweils m. N.).

Bestandteil solcher Optionsverträge kann sein, "daß der Optionsberechtigte dem Grundstückseigentümer ein Entgelt dafür zu zahlen hat, daß dieser sich an seine Angebot bindet (Bindungsentgelt)" (Weber, Juristische Schulung 1990, 249, 254). Dieses Bindungsentgelt wird zivilrechtlich als Gegenleistung für die übernommene Bindung beurteilt (vgl. Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 56. Aufl. 1997, Einf. vor § 145 Rn. 23). Umsatzsteuerrechtlich gilt grundsätzlich nichts anderes. Auf die Bezeichnung dieses Bindungsentgelts (z. B. als Entschädigung) kommt es nicht an.

Ob in bestimmten Fällen eine als "Vertragsstrafe" bezeichnete Bindungszahlung (vgl. BGH-Urteil vom 12. Juli 1984 IX ZR 127/83, Versicherungsrecht 1984, 946) Entschädigungscharakter haben und damit in den nicht umsatzsteuerbaren Bereich fallen kann, braucht hier nicht abschließend entschieden werden.

Denn eine Vertragsstrafe soll nach der gesetzlichen Regelung des § 339 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches nur verwirkt sein, wenn der Schuldner in Verzug kommt, also wenn er die Vertragsverletzung "zu vertreten hat". Die Vertragsstrafe wird also vom Gesetz für den Regelfall nicht als Erfolgsgarantie, sondern als Unrechtsfolge angesehen, die nur dann eintritt, wenn ein - obschon typisiertes - Verschulden vorliegt (vgl. Larenz, a. a. O., 377).

Die Vereinbarung im Streitfall enthält keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Zahlung der "Entschädigung bzw. Optionsgebühr" an eine solche Voraussetzung geknüpft sein sollte. Sie ist damit - wie im Regelfall - Entgelt für die vom Grundstückseigentümer eingegangene Bindung an sein Angebot.

Zutreffend hat das FG die Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1993 auf die "Bindungsleistung" verneint. Es handelt sich um keinen unter das Grunderwerbsteuergesetz fallenden Umsatz (vgl. Fischer in Boruttau/Egly/Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz, 13. Aufl. 1992, § 1 Rn. 272).