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BFH-Urteil vom
18.6.1997 (III R 84/96) BStBl. 1997 II S. 805 1. Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung, die einem Ehepaar zu einem gemeinsamen Kind verhelfen soll, das wegen Empfängnisunfähigkeit der Ehefrau sonst von ihrem Ehemann nicht gezeugt werden könnte (homologe künstliche Befruchtung), können außergewöhnliche Belastungen sein. 2. Vor einer steuerlichen Geltendmachung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung muß der Steuerpflichtige anderweitige Ersatzmöglichkeiten ausschöpfen; er muß sich ggf. nachprüfbare Unterlagen über die ablehnende Haltung seiner Krankenkasse besorgen. Gegen einen Ablehnungsbescheid der Krankenkasse Widerspruch einzulegen, ist ihm jedenfalls dann zumutbar, wenn dieser keine Begründung enthält. EStG § 33. Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1996, 924) Sachverhalt I. Die miteinander verheirateten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) machen Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung (hier: In-vitro-Fertilisation) als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Klägerin leidet an organisch bedingter Sterilität. Für die Befruchtung - einschließlich der Spermakonservierung - sind den Klägern Kosten von 6.825 DM entstanden. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte dies nicht an. Der hiergegen erhobenen Klage hat das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 924 veröffentlichten Urteil des Berichterstatters (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) stattgegeben. Zur Begründung der vom FG zugelassenen Revision wird vom FA im wesentlichen vorgetragen: Das Urteil des FG verletze § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Durch die bei der Klägerin vorgenommene In-vitro-Fertilisation werde deren Sterilität, die unstreitig eine Krankheit sei, nicht geheilt. Eine Heilbehandlung im Sinne eines gezielten therapeutischen Eingriffs liege nicht vor. Die Ansicht, ein im Wege der künstlichen Befruchtung gezeugtes Kind könne zur Beseitigung durch die Kinderlosigkeit ausgelöster seelischer Störungen eingesetzt werden, widerspreche der medizinischen Erkenntnis. Zum Begriff der Heilbehandlung gehöre, daß der Mediziner korrigierend in den Behandlungsprozeß eingreifen könne, wenn sich Komplikationen einstellten. Eine erfolgreiche In-vitro-Fertilisation lasse sich aber wegen des Strafschutzes nach §§ 218 ff. des Strafgesetzbuchs nur unter erheblichen Schwierigkeiten "rückgängig" machen. Schließlich bestehe für die Kläger keine objektive Notwendigkeit, ein Kind zu haben. Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe II. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). 1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Krankheitskosten erwachsen einem Steuerpflichtigen i. S. dieser Vorschrift regelmäßig zwangsläufig, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Krankheitskosten sind Aufwendungen, die entweder der Heilung einer Krankheit dienen oder den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglich zu machen und ihre Folgen zu lindern (vgl. u. a. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom 2. März 1984 VI R 158/80, BFHE 140, 556, BStBl II 1984, 484; vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596; vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427, und vom 19. November 1990 III S 6/90, BFH/NV 1991, 459). Der Begriff der Heilbehandlung in dem hierbei maßgeblichen Sinn umfaßt alle Eingriffe und anderen Behandlungen, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu dem Zweck angezeigt sind und vorgenommen werden, Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern. Auf diese Definition hat der erkennende Senat bereits in dem Urteil in BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596 abgestellt; sie entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum privaten Krankenversicherungsrecht und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu dem sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff, an den der Senat in seinem Urteil in BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427 angeknüpft hat und den er für die Anwendung des § 33 EStG übernommen hat (vgl. Senatsentscheidungen in BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427; vom 18. April 1990 III R 38/86, BFH/NV 1991, 27; in BFH/NV 1991, 459, sowie vom 14. August 1997 III R 67/96, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Aufwendungen für eine Heilbehandlung in diesem Sinne sind von dem erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden, ohne daß im Einzelfall die grundsätzlich nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG gebotene Prüfung der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach durchzuführen ist (vgl. u. a. das Senatsurteil vom 10. Oktober 1996 III R 118/95, BFH/NV 1995, 337). 2. Eine künstliche Befruchtung, die einem Ehepaar zu einem gemeinsamen Kind verhelfen soll, das wegen Empfängnisunfähigkeit der Ehefrau sonst von ihrem Ehemann nicht gezeugt werden könnte (sog. homologe Befruchtung), erfüllt die Merkmale einer Heilbehandlung. Aufwendungen für eine solche Maßnahme sind daher, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 33 EStG vorliegen, außergewöhnliche Belastungen. a) Empfängnisunfähigkeit einer verheirateten Frau ist eine Krankheit in dem hier maßgeblichen Sinne (ebenso BGH-Urteil vom 17. Dezember 1986 IVa ZR 78/85, BGHZ 99, 228, sowie BSG-Urteile vom 28. April 1967 3 RK 12/65, BSGE 26, 240; vom 13. Februar 1975 3 RK 68/73, BSGE 39, 167; vom 12. November 1985 3 RK 48/83, BSGE 59, 119, und vom 8. März 1990 3 RK 24/89, BSGE 66, 248; offen lassend Verwaltungsgerichtshof Wien, Beschluß vom 17. Oktober 1989 89/14/0124, Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes, 1989, Finanzrechtlicher Teil Nr. 6447 (F)). Der erkennende Senat konnte in seiner bisherigen Rechtsprechung auf eine nähere Eingrenzung des für die Anwendung des § 33 EStG maßgeblichen Begriffs einer Krankheit verzichten. Es bedarf auch in dieser Entscheidung einer abschließenden Erörterung der damit zusammenhängenden Fragen ebensowenig wie einer umfassenden Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Begriffsdefinitionen, die hierzu gegeben werde und die sich insbesondere in verschiedenen Rechtsgebieten nicht notwendigerweise gleichen müssen (vgl. näher Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Sozialgesetzbuch V, 19. Aufl., § 27 Rdnr. 30 ff.). In der Rechtsprechung des BGH und des BSG, der sich der Senat auch insoweit anschließt, besteht jedenfalls weitgehend Einigkeit, daß der Begriff der Krankheit einen anomalen, regelwidrigen (körperlichen, geistigen oder seelischen) Zustand voraussetzt. Der Begriff der Krankheit erschöpft sich darin jedoch nicht. Wesentlich für das Vorliegen einer Krankheit ist vielmehr auch die Auffassung der Gesellschaft und der jeweiligen Rechtskultur, die regelwidrige körperliche (geistige, seelische) Zustände oder Erscheinungen in einer unter Umständen dem geschichtlichen Wandel unterworfenen Weise unterschiedlich bewertet. Entscheidend für die Annahme einer Krankheit ist, ob es sich um einen allenfalls als mißliebig anzusehenden Zustand handelt (vgl. dazu z. B. Senatsurteile in BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427 zur Trunksucht; vom 26. Juni 1992 III R 8/91, BFHE 169, 37, BStBl II 1993, 278 zur Legasthenie; Beschluß des Senats vom 12. September 1996 III B 70/96, BFH/NV 1997, 291 zur Beseitigung einer "Fettschürze") oder um einen anomalen Zustand, der Störungen oder Behinderungen in der Ausübung normaler psychischer oder körperlicher Funktionen von solchem Gewicht zur Folge hat, daß er nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf (vgl. zum krankenversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff Schmidt, a. a. O., Rdnr. 62 und passim; Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 25. Aufl. 1992, MBKK § 1 Anm. 1 C), was unter Umständen von der persönlichen Lage des Betroffenen, z. B. seinem Alter oder seinem Beruf, abhängen kann. Ein krankhafter Zustand ist dabei (einkommensteuerrechtlich) um so eher anzunehmen, je stärker die freie Entfaltung der Persönlichkeit in ihrem wesentlichen Kernbereich betroffen ist. b) So ist es nach Auffassung des erkennenden Senats bei der Empfängnisunfähigkeit (jedenfalls) einer verheirateten Frau; sie stellt einen Defekt dar, den hinzunehmen oder im Bereich der steuerrechtlich irrelevanten, rein privaten Einkommensverwendung zu bewältigen, das Einkommensteuerrecht dem Steuerpflichtigen nicht abverlangt. Denn eine an Empfängnisunfähigkeit leidende verheiratete Frau ist normaler biologischer Funktionen beraubt und dadurch an der Entfaltung ihrer Persönlichkeit in der Ehe in einem Umfang gehindert, der nach den in der Rechtsgemeinschaft bestehenden, durch gesetzliche Wertentscheidungen geprägten Überzeugungen in der eben schon gekennzeichneten Weise nicht als bloße, wenn auch negative, Normabweichung anzusehen ist, sondern für die Betroffene einen krankhaften Zustand darstellt. Sie befindet sich in einer tatsächlichen Zwangslage, welche bei Berücksichtigung steuerrechtlicher und verfassungsrechtlicher Bewertungen (vgl. Urteil des Senats vom 6. Mai 1994 III R 27/92, BFHE 175, 332, 341, BStBl II 1995, 104) die Anwendung des § 33 EStG nicht nur für etwaige gynäkologische Maßnahmen, die ihre Empfängnisfähigkeit wiederherstellen, sondern auch für eine künstliche Befruchtung rechtfertigt. Denn das Recht, Nachkommen zu gebären, gehört zum Kernbereich des Grundrechts der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -; vgl. Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 22. Dezember 1993 1 P. 741/1990, Europäische Grundrechte Zeitschrift - EuGRZ - 1994, 223, 228; Starck, Gutachten für den 56. Deutschen Juristentag 1986, Verhandlungen des 56. Deutschen Juristentages Band I, A 28). Es wird herkömmlich in erster Linie im Rahmen der Ehe verwirklicht, die durch Art. 6 Abs. 1 GG dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung unterstellt ist. Mit diesem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz der Ehe, zu deren überkommenen, in dem verfassungsrechtlichen Leitbild eingeschlossenen Zielen es gehört, gemeinsame Kinder aufzuziehen, wäre eine steuerrechtliche Wertung unvereinbar, welche der Empfängnisunfähigkeit einer verheirateten Frau, die an der Verwirklichung jenes Zieles ihrer Ehe gehindert ist, die Anerkennung als einer "Krankheit" in dem hier maßgeblichen Sinne verweigert. Die Gesetze lassen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung - vorbehaltlich des Verbots der Einpflanzung fremder befruchteter Eizellen durch das Embryonenschutzgesetz (ESchG) vom 13. Dezember 1990 (BGBl I 1990, 2746) - allerdings auch sonst, außerhalb des Schutzbereiches des Art. 6 Abs. 1 GG grundsätzlich zu. Ob daraus zu folgern ist, daß auch eine empfängnisunfähige Frau, die unverheiratet ist oder die mit dem Samen eines fremden Mannes künstlich befruchtet werden möchte (heterologe Befruchtung), sich in der vorgenannten Zwangslage sehen und sich bei Durchführung einer Befruchtung auf ihr bei der einkommensteuerrechtlichen Bewertung zu berücksichtigende Persönlichkeitsrecht berufen kann, braucht im Streitfall nicht erörtert und entschieden zu werden. c) Die homologe künstliche Befruchtung einer empfängnisunfähigen Frau erfüllt auch die Merkmale einer Heilbehandlung. aa) Durch die künstliche Befruchtung von Eizellen einer Frau, die biologisch unfähig ist, auf natürlichem Wege ein Kind zu empfangen, wird dieser die ihr sonst infolge Krankheit verschlossene Möglichkeit der Empfängnis (wieder-)eröffnet, indem der Arzt in einen Teil eines an sich natürlichen Vorgangs eingreift (Urteil des BGH in BGHZ 99, 228). Die künstliche Befruchtung der Eizellen der Frau mit dem Sperma ihres Ehemannes vermag in diesem Fall einem Ehepaar zu einem (genetisch) gemeinsamen Kind zu verhelfen und damit die Folgen eines anomalen körperlichen Zustandes der Frau - nämlich ihre Unfähigkeit, durch einen Zeugungsakt von ihrem Ehemann Kinder zu empfangen - zu überwinden. Es ist nicht Merkmal des Begriffs der Heilbehandlung, daß eine Krankheit dauerhaft geheilt bzw. daß ein anomaler körperlicher Zustand endgültig beseitigt und der natürliche biologische Zustand hergestellt wird. Deshalb ist entgegen der Ansicht des FA ohne Belang, daß die künstliche Befruchtung nicht die Empfängnisunfähigkeit der Frau "heilt" (beseitigt), sondern lediglich unbeschadet fortbestehender Empfängnisunfähigkeit eine Schwangerschaft mittels ärztlicher Kunst herbeiführt. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt für eine Heilbehandlung ein Tun, das auf Abschwächung, partielles oder völliges Unterbinden oder Beseitigen von Krankheitsfolgen oder Bereitstellung einer Ersatzfunktion für ein ausgefallenes Organ gerichtet ist. bb) Für die Erfüllung der Merkmale des Begriffs einer Heilbehandlung ist auch nicht von Bedeutung, daß eine durch künstliche Befruchtung herbeigeführte Schwangerschaft (ebenso wie eine auf natürlichem Wege eingeleitete Schwangerschaft) nicht vom Arzt beherrscht und, wie das FA für die Anerkennung der künstlichen Befruchtung als Heilbehandlung verlangen zu wollen scheint, beendet werden kann. Die Betrachtungsweise des FA beruht insoweit offenbar auf dem Mißverständnis, die Erzeugung eines Kindes komme als Heilbehandlung in Betracht. Heilbehandlung ist indes nicht dies, sondern die Überwindung der Empfängnisunfähigkeit der Frau durch künstliche Einleitung einer Schwangerschaft. cc) Die Beurteilung einer homologen künstlichen Befruchtung als Heilbehandlung und ihrer Kosten als außergewöhnliche Belastungen ist schließlich auch unabhängig von der vom FA formulierten Fragestellung, ob es für eine Frau wie die Klägerin "eine objektive Notwendigkeit, ein Kind zu haben", gibt. Denn der Begriff der Krankheit wird nicht nur durch anomale Zustände erfüllt, deren Beseitigung in der vom FA verlangten Weise "notwendig" ist, etwa um mit ihnen verbundene Schmerzen zu unterbinden, lebensnotwendige Körperfunktionen zu erhalten oder sonstigen für jedermann ohne weiteres schlechthin zwingenden Gründen Rechnung zu tragen. Die Rechtsprechung des BFH anerkennt bei einem kranken Steuerpflichtigen eine tatsächliche Zwangslage, ohne in den in einem solchen Fall berührten innersten Bereich privater Lebensentscheidungen einzudringen und im Einzelfall die Notwendigkeit und Angemessenheit einer Behandlung zu überprüfen, welcher sich der Steuerpflichtige zur Wiederherstellung seiner Gesundheit oder zur Linderung der Folgen eines Leidens unterzogen hat. Die Rechtsprechung des BFH unterstellt, wie dargelegt, bei einer Heilbehandlung in typisierender Betrachtung eine i. S. des § 33 EStG hinreichende "Notwendigkeit", d. h. die Zwangsläufigkeit von Maßnahmen, die der Wiedererlangung der Gesundheit als eines Rechtsgutes von herausragender Bedeutung oder der Linderung von Krankheitsfolgen gelten. Im übrigen erinnert der erkennende Senat an den vom BGH in dem Urteil in BGHZ 99, 228 ausgesprochenen zutreffenden Rechtsgedanken, der Entschluß von Ehegatten, ein gemeinsames Kind zu haben, entziehe sich der rechtlichen Nachprüfung. dd) Der erkennende Senat wird in der Auffassung, daß eine künstliche Befruchtung unter Verwendung von Ei- bzw. Samenzellen miteinander verheirateter Ehepartner (homologe Befruchtung) als steuerlich zu berücksichtigende Heilbehandlung anzusehen ist, zusätzlich dadurch bestärkt, daß der Gesetzgeber die künstliche Befruchtung im sog. homologen System inzwischen als Krankenbehandlung in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen hat (vgl. § 27a des Sozialgesetzbuchs V - SGB V - i. d. F. gemäß Art. 2 Nr. 2 des KOV-Anpassungsgesetzes 1990, BGBl I, 1211, 1214). Nachdem der Gesetzgeber damit die homologe künstliche Befruchtung ausdrücklich als eine Maßnahme anerkennt, für welche die Solidargemeinschaft der Versicherten wie für sonstige medizinisch notwendige Maßnahmen i. S. des § 27 SGB V einzustehen hat, kann bei einer solchen Maßnahme, wenn der Sozialversicherungsschutz im Einzelfall nicht gegeben ist, schwerlich einkommensteuerrechtlich das Merkmal der Zwangsläufigkeit verneint und die künstliche Befruchtung damit auf eine Stufe mit Arten privater Einkommensverwendung gestellt werden, die im freien Belieben des Steuerpflichtigen stehen und deshalb keine vom Staat bei gerechter Besteuerung des Einzelnen zu berücksichtigende Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit zur Folge haben. d) Sind die Kosten einer homologen künstlichen Befruchtung danach Kosten der Behandlung der Empfängnisunfähigkeit der Frau als einer Krankheit, stellt sich von vornherein nicht die in den Entscheidungen des Senats zur Berücksichtigung von Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastungen verneinte Frage, ob ein Kind als Mittel zur Behandlung einer psychischen Erkrankung seiner Eltern angesehen werden darf und ob Eheleute einander rechtlich oder sittlich verpflichtet sind, Kinder zu haben (vgl. dazu Senatsentscheidungen in BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596, und vom 5. Januar 1990 III B 53/89, BFH/NV 1990, 430). 3. Das Urteil des FG entspricht im Ergebnis diesen Rechtsgrundsätzen. Das FG hat zwar keine ausdrücklichen tatsächlichen Feststellungen i. S. von § 118 Abs. 2 FGO dazu getroffen, ob im Streitfall die vorgenannten tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen, ob also für die bei der Klägerin durchgeführte künstliche Befruchtung Samen ihres Ehemannes, des Klägers, verwendet worden ist, es sich mithin um eine homologe Befruchtung handelt, von der die heterologe Befruchtung einer Frau mit Samen eines Spenders, mit dem diese nicht verheiratet ist, wegen der bei einer solchen Maßnahme zu berücksichtigenden andersartigen Rechtsfragen zu unterscheiden ist. Der Senat kann jedoch davon ausgehen, daß im Streitfall eine homologe künstliche Befruchtung vorgenommen worden ist, nachdem das FG sein Urteil maßgeblich auf das vorgenannte Urteil des BGH in BGHZ 99, 228 gestützt hat, dieses Urteil im Falle einer homologen Befruchtung ergangen ist und seine Rechtssätze, wie der BGH besonders hervorgehoben hat, auf eine heterologe Befruchtung nicht ohne weiteres übertragen werden können. Auch die Kläger haben sich schon im Einspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 11. September 1995 auf dieses Urteil bezogen, was offenkundig sinnwidrig wäre, wenn eine heterologe Befruchtung - von der die Kläger freilich gelegentlich gesprochen haben - vorläge. Sollte sich allerdings bei der aus den nachfolgenden Gründen erforderlichen erneuten Prüfung der Streitsache durch das FG im zweiten Rechtsgang die Unrichtigkeit dieses tatsächlichen Ausgangspunktes des FG herausstellen und in Wahrheit eine künstliche Befruchtung der empfängnisunfähigen Klägerin mit Spendersamen eines Dritten vorgenommen, mithin ein Kind hervorgebracht worden sein, das genetisch nicht das gemeinsame Kind eines Ehepaares ist, erforderte die steuerrechtliche Beurteilung dieses Falles weitere rechtliche Überlegungen, von denen der Senat nach Sachlage jedoch absehen kann. 4. Die Sache ist nicht spruchreif. Nach dem Senatsurteil vom 20. September 1991 III R 91/89 (BFHE 165, 525, BStBl II 1992, 137) sind Aufwendungen grundsätzlich nicht zwangsläufig, wenn sie durch die zumutbare Inanspruchnahme anderweitiger Ersatzmöglichkeiten abgewendet werden können. Das FG hat bisher nicht geprüft, ob die Klägerin eine anderweitige Ersatzmöglichkeit für die von den Klägern als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Kosten hatte, deren Wahrnehmung und Durchsetzung ihr möglich und zumutbar war. Zu einer dahin gehenden Prüfung bestand jedoch Anlaß, weil eine Eintrittspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung, der die Klägerin angehört, in Betracht kommt. Denn nach § 27a SGB V umfassen die Leistungen der Krankenbehandlung, wie erwähnt, unter näheren Voraussetzungen, denen das FG nachzugehen haben wird, auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind, also eine homologe Befruchtung vorgenommen wird. Im Hinblick auf die diesbezüglich vom FG nachzuholende Prüfung weist der Senat auf folgendes hin: Nach dem vorgenannten Urteil des Senats kommt die Annahme einer außergewöhnlichen Belastung nach § 33 EStG nur in Betracht, wenn die Kläger für die Finanzbehörde und das FG nachprüfbare Unterlagen vorlegen können, aus denen hervorgeht, warum der oder die in Betracht zu ziehenden Versicherungsträger eine Kostenübernahme abgelehnt haben. Von dem Steuerpflichtigen wird erwartete, daß er seine Ansprüche in nachhaltiger und überprüfbarer Weise geltend macht und bei der Anspruchsanmeldung gegenüber den Versicherungsträgern zum Ausdruck bringt, daß er bei einer evtl. Ablehnung seines Antrags eine schriftliche Begründung erwartet. Sollte die Klägerin diesen Anforderungen genügt haben, wie es nach den Akten des FA im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid der DAK den Anschein haben kann, und ihre Ansprüche unter Vorlage aller erforderlichen Unterlagen bei ihrer Krankenkasse nachdrücklich geltend gemacht haben, wird sich das FG mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob von der Klägerin nach den Umständen verlangt werden konnte, daß sie gegen den eben genannten Bescheid Widerspruch einlegt und ggf. Klage zum Sozialgericht erhebt oder jedenfalls die Rechtslage anderweit prüfen läßt. Der Senat hat in dem Urteil in BFHE 165, 525, BStBl II 1992, 137 zwar offengelassen, ob und unter welchen Umständen es einem Steuerpflichtigen zumutbar ist, gegen seine Krankenversicherung gerichtlich vorzugehen. Er hat aber verlangt, daß sich der Steuerpflichtige vor einer steuerlichen Geltendmachung seiner Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nachprüfbare Unterlagen über die ablehnende Haltung auch einer öffentlich-rechtlichen Krankenversicherung besorgt. Er hält daran auch dann fest, wenn dies den Steuerpflichtigen dazu zwingen sollte, gegen einen förmlichen Bescheid seiner Krankenkasse Widerspruch einzulegen. Denn dies ist zumal wegen der Kostenfreiheit des Widerspruchsverfahrens gemäß § 64 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs X zumutbar und auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Steuerpflichtige auf die Richtigkeit der Entscheidung einer an Gesetz und Recht gebundenen öffentlich-rechtlichen Körperschaft gleichsam unbesehen vertrauen dürfte. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie offenbar im Streitfall - der Bescheid keinerlei Begründung enthält. Der Streitfall verlangt keine Stellungnahme zu der weiteren Frage, ob dem Steuerpflichtigen darüber hinaus zuzumuten ist, vor steuerlicher Geltendmachung seiner Aufwendungen den Bescheid der Krankenkasse zumindest daraufhin zu prüfen, ob seine Gründe nachvollziehbar sind, und bei einer offensichtlich unhaltbaren Begründung seine Ansprüche im Rechtsbehelfsverfahren weiterzuverfolgen. Ob wegen der Besonderheiten des Streitfalls, insbesondere der schwierigen Rechtslage, wegen der seinerzeit noch nicht lange zurückliegenden Änderung des SGB V und der deshalb möglicherweise für die Klägerin nicht überschaubaren sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche der Ablehnungsbescheid der Krankenkasse im Streitfall ausnahmsweise ohne weiteres hingenommen werden durfte und deshalb selbst bei etwaigem Vorliegen der Voraussetzungen des § 27a SGB V eine außergewöhnliche Belastung anerkannt werden könnte, kann der tatrichterlichen Würdigung des FG überlassen bleiben. |