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  BFH-Urteil vom 19.6.1997 (IV R 16/95) BStBl. 1997 II S. 808

1. Anschaffungsnebenkosten führen nicht zur Bilanzierung eines im übrigen als schwebendes Geschäft zu behandelnden immateriellen Wirtschaftsguts.

2. Maklerprovisionen, die im Zusammenhang mit dem Abschluß eines Mietvertrags gezahlt worden sind, sind als laufende Betriebsausgaben abzugsfähig.

EStG §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Hamburg (EFG 1995, 610)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die einen Blumeneinzelhandel betreibt, mietete in den Streitjahren Geschäftsräume für 15 Filialen an, die sie anschließend mit erheblichem Kostenaufwand umbaute. Für die Vermittlung der Mietverträge zahlte sie jeweils eine Maklercourtage, und zwar im Jahre 1982 in Höhe von insgesamt 93.724 DM, 1984 in Höhe von 135.047 DM und 1985 in Höhe von 71.011 DM. Im Rahmen ihrer Gewinnermittlung gemäß § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) behandelte die Klägerin die Maklerkosten als Betriebsausgaben.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat nach einer Betriebsprüfung die Auffassung, die Maklercourtagen seien zu aktivieren und auf die Nutzungsdauer von 10 bis 15 Jahren (Grundmietzeit zuzüglich einer einmalig eingeräumten Verlängerungsoption) zu verteilen. Dementsprechend erließ das FA für 1985 einen erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheid und für die Jahre 1982 bis 1984 Änderungsbescheide, mit denen die zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß erfolgten Gewinnfeststellungen geändert wurden. Für den Gewinnfeststellungszeitraum 1983 führte das zu einer Herabsetzung des Gewinns, weil einerseits in diesem Jahr keine Maklerkosten angefallen waren, sich aber andererseits die Abschreibung des im Vorjahr aktivierten Betrags auswirkte.

Das FA erließ außerdem entsprechend geänderte (1. Januar 1983) bzw. erstmalige Bescheide (1. Januar 1985, 1. Januar 1986) zur Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) kam zu dem Ergebnis, die Maklerkosten seien als Nebenkosten der Anschaffung eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts aktivierungspflichtig (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1995, 610).

Mit ihrer vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die angefochtenen Gewinnfeststellungs- und Einheitswertbescheide mit der Maßgabe abzuändern, daß unter Auflösung der entsprechenden Gewerbesteuerrückstellungen die Maklerkosten im Jahr ihrer Verausgabung als Betriebsausgaben behandelt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. In seiner Stellungnahme führt es aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) spreche manches dafür, die Maklerkosten als aktivierungspflichtigen Aufwand für den Erwerb eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts zu behandeln. Dennoch bleibe diese Aktivierung ein ungewöhnlicher Vorgang. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Wirtschaftsguts müßten im Hinblick auf die handelsrechtlichen Folgen sorgfältig geprüft werden.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie zur Änderung der angefochtenen Gewinn- und Einheitswertfeststellungen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

I.

Zu Recht hat das FG die Klage im Hinblick auf alle Streitjahre als zulässig angesehen. Obwohl die Klägerin für das Jahr 1983 die Feststellung eines höheren Gewinns begehrt, fehlt es ihr insoweit nicht an einer Beschwer.

Wie der BFH in seinem Urteil vom 13. Dezember 1984 VIII R 273/81 (BFHE 143, 238, BStBl II 1985, 394) entschieden hat, kann eine Beschwer i. S. des § 40 Abs. 2 FGO auch dann vorliegen, wenn eine zu niedrige Gewinnfeststellung die Folge eines Bilanzansatzes ist, der sich in vorhergehenden Feststellungszeiträumen zuungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat (a. A. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 40 Rz. 90). Im Streitfall ist die gewinnmindernde Abschreibung der Maklerkosten im Jahr 1983 notwendige Folge der von der Klägerin angegriffenen Aktivierung dieser Kosten in der Bilanz auf den 31. Dezember 1982. Eine Beschwer besteht deshalb als Folgewirkung auch in bezug auf die Gewinnfeststellung 1983.

II.

Nach der Auffassung des Senats bilden die strittigen Maklerkosten Betriebsausgaben der mietenden Gesellschaft; sie können von ihr unter keinem Gesichtspunkt aktiviert werden.

1. Die Maklerkosten können nicht als Anschaffungskosten eines selbständigen Wirtschaftsguts "Maklerleistung" behandelt werden. Allerdings ist der Begriff des Wirtschaftsguts weit gespannt. Nach der Rechtsprechung gehören dazu Sachen, Rechte oder tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten läßt, die einer besonderen Bewertung zugänglich sind, in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können (vgl. BFH-Urteile vom 28. Mai 1979 I R 1/76, BFHE 128, 367, BStBl II 1979, 734, 736; vom 6. Dezember 1990 IV R 3/89, BFHE 163, 126, BStBl II 1991, 346; Beschlüsse vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523 532, BStBl II 1988, 348, 352; vom 26. August 1992 I R 24/91, BFHE 169, 163, BStBl II 1992, 977; vom 3. August 1993 VIII R 37/92, BFHE 174, 31, BStBl II 1994, 444).

Die Maklertätigkeit erschöpft sich nach § 652 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Nachweis oder in der Vermittlung des Vertragsabschlusses. Der hieraus erlangte Vorteil bleibt dem Unternehmen nicht erhalten, ist nicht selbständig bewertbar und wird im Rechtsverkehr nicht als eigenständiges Bewertungsobjekt behandelt. Aus den Provisionszahlungen an Makler kann deshalb nicht auf die Existenz eines selbständigen Wirtschaftsguts geschlossen werden; sie sind nicht als Anschaffungskosten eines solchen Wirtschaftsguts zu aktivieren (gl. A. Bordewin, Finanz-Rundschau - FR - 1977, 440; v. Schilling, FR 1978, 423; Doll, Der Betrieb - DB - 1979, 614; Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, 1996, 92; a. A. Hanraths, FR 1978, 316). Aus den gleichen Erwägungen hat der Senat in der Vergangenheit die Aktivierung einer Kreditvermittlungsprovision beim Kreditnehmer abgelehnt (Senatsurteil vom 4. März 1976 IV R 78/72, BFHE 121, 318, BStBl II 1977, 380, 381).

2. Für die aufgewendeten Maklerkosten kann auch kein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden.

Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung (jetzt Abs. 5) sind auf der Aktivseite als Rechnungsabgrenzungsposten nur Ausgaben vor dem Abschlußstichtag anzusetzen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen. Aktivierungspflichtig sind danach nur Vorleistungen für eine noch nicht erbrachte zeitraumbezogene Gegenleistung (BFH-Urteil vom 6. April 1993 VIII R 86/91, BFHE 171, 221, BStBl II 1993, 709, m. w. N.). Eine solche Leistung wird vom Makler nicht erbracht.

3. Schließlich können die Maklerkosten auch nicht als Anschaffungskosten eines von der KG erlangten Nutzungsrechts aktiviert werden.

Nutzungsrechte sind nach der Rechtsprechung des BFH zwar grundsätzlich als Wirtschaftsgüter anzusehen. Auch ein rein schuldrechtliches Nutzungsrecht, wie es durch den Abschluß eines Mietvertrages entsteht, ist danach ein immaterielles Wirtschaftsgut (vgl. BFH-Beschluß vom 20. August 1986 I R 41/82, BFHE 151, 523, 532, BStBl II 1988, 348, 352, m. w. N.). Nach § 5 Abs. 2 EStG (ebenso § 248 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs - HGB -) darf ein immaterielles Wirtschaftsgut in der Steuerbilanz nur aktiviert werden, wenn es entgeltlich erworben wurde. Das Entgelt muß sich auf den abgeleiteten Erwerb des Wirtschaftsguts beziehen und nach der Vorstellung beider Vertragsteile die Gegenleistung für die erlangten Vorteile darstellen (BFH-Urteil in BFHE 174, 31, BStBl II 1994, 444). Das aus einem Mietverhältnis folgende Nutzungsrecht ist in diesem Sinne entgeltlich erworben, denn als Entgelt wird ein laufend zu entrichtender Mietzins gezahlt (vgl. Senatsurteile vom 12. August 1982 IV R 184/79, BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696; vom 20. Januar 1983 IV R 158/80, BFHE 138, 53, 58, BStBl II 1983, 413, 416).

Gleichwohl ist das Nutzungsrecht nicht zu bilanzieren, weil ihm ein schwebendes Geschäft zugrunde liegt, das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht in die Bilanz aufzunehmen ist, solange das bestehende Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten nicht durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände gestört ist (Senatsurteile in BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696, und in BFHE 138, 53, 58, BStBl II 1983, 413, 416). Hiervon sind insbesondere Dauerschuldverhältnisse betroffen, die, wie das Mietverhältnis, auf einen fortwährenden Leistungsaustausch gerichtet sind. Ein auf die Nutzung entfallendes Entgelt kann daher nicht als Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts "Nutzungsrecht" aktiviert werden (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 65/91, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312, m. w. N.). Von diesem Aktivierungsverbot können Aufwendungen, die dem Mieter nicht als Entgelt, gleichwohl aber in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Begründung des Nutzungsrechts entstehen, nicht ausgenommen werden. Sie gehören als Anschaffungsnebenkosten zu den Anschaffungskosten (BFH-Urteil vom 5. Mai 1983 IV R 18/80, BFHE 138, 385, BStBl II 1983, 559, 560; vgl. auch BFH-Beschluß vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620, 625); dies ist nunmehr auch in § 255 Abs. 1 HGB festgelegt. Können Anschaffungs(haupt)kosten nicht aktiviert werden, können auch Anschaffungsnebenkosten nicht aktiviert werden. Bei Maklerkosten handelt es sich aber um Anschaffungsnebenkosten (BFH- Urteil vom 4. Juni 1991 X R 136/87, BFHE 165, 349, BStBl II 1992, 70).

Der erkennende Senat hat schon in der Vergangenheit nicht erwogen, die vom Kreditnehmer gezahlte Vermittlungsprovision als Anschaffungsnebenkosten für ein Kapitalnutzungsrecht zu aktivieren (vgl. Urteil in BFHE 121, 318, BStBl II 1977, 380, 381). Er schließt sich darum der herrschenden Meinung an, die für die Vermittlung eines Mietverhältnisses gezahlte Maklerprovision nicht als Anschaffungskosten eines erworbenen Nutzungsrechts aktivieren will (vgl. FG München, Urteil vom 1. Juli 1960 I 86/60, EFG 1960, 446; Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl. 1997, § 5 Rz. 192 und 270 "Maklergebühren"; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 5 EStG Anm. 1575 "Grundstücksmakler"; Bordewin in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Einkommensteuergesetz, §§ 4 bis 5 Rz. 155 g, und in FR 1977, 440; Hoffmann in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., §§ 4, 5 EStG Rdnr. 837 "Maklergebühr" und "Mietverhältnisse und Pachtverhältnisse"; Meyer-Scharenberg, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1991, 754, 757; unklar Blümich/Schreiber, Einkommensteuergesetz u. a., 15. Aufl., § 5 EStG Rz. 740 "Maklerkosten"; a. A. FG Münster, Urteil vom 11. Oktober 1967 VII b 117 - 119/65, EFG 1968, 204, rkr.; widersprüchlich Plewka in Lademann/Söffing, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 5 Anm. 902 und 933: Bilanzierungspflicht von Nebenkosten bei Nutzungsrechten, Anm. 1100 "Maklergebühren": bei Mietverträgen keine Bilanzierung von Maklergebühren).

Eine abweichende Entscheidung würde dazu führen, daß eine Vielzahl von Dauerschuldverhältnissen mit ihren Vermittlungskosten zu bilanzieren wäre. Damit wird nicht ausgeschlossen, daß Aufwendungen für die Übertragung eines schwebenden Vertrages als Anschaffungskosten aktiviert werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1993 X R 102/92, BFH/NV 1994, 543, m. w. N.).

Die Rechtsprechung hat allerdings Kosten für die Begründung eines Erbbaurechts für aktivierungsfähig gehalten, obwohl es sich beim Erbbaurechtsverhältnis um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Dies erklärt sich aber daraus, daß das dem Austauschverhältnis zugrundeliegende grundstücksgleiche Recht dem materiellen Anlagevermögen zuzuordnen ist (vgl. BFH in BFHE 165, 349, BStBl II 1992, 70). Für die Begründung eines schuldrechtlichen Mietverhältnisses gilt dies nicht.

4. Die Sache ist spruchreif. Für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens ergibt sich eine Reduzierung der Einheitswerte infolge der Verweisung der §§ 95 Abs. 1, 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung.

Die auf anderen Rechtsgrundsätzen beruhende Vorentscheidung ist aufzuheben. Die Gewinnfeststellungsbescheide 1982 bis 1985 und die Bescheide über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983, 1. Januar 1985 und 1. Januar 1986 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen sind mit der Maßgabe abzuändern, daß die Maklerkosten als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt, die darauf vorgenommenen Abschreibungen rückgängig gemacht, die Gewerbesteuerrückstellungen entsprechend herabgesetzt und die Bilanzposten für Maklercourtage gestrichen werden. Der Senat kann im Hinblick auf die von den Beteiligten nicht bezifferte Auswirkung der reduzierten Gewerbesteuerrückstellungen die Gewinne bzw. Einheitswerte nicht ohne weiteres selbst feststellen und macht deshalb von der Befugnis des § 100 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 121 FGO Gebrauch.