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  BFH-Urteil vom 19.6.1997 (III R 111/95) BStBl. 1998 II S. 72

1. Die fristgerechte Anschaffung eines Wirtschaftsguts i. S. von § 3 Satz 3 InvZulG 1991 setzt dessen Übergabe an den Investor oder einen seiner Betriebsangehörigen und außerdem die Betriebsbereitschaft voraus. Die Übergabe kann nicht durch Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses i. S. von § 868 BGB ersetzt werden (Festhalten an den Grundsätzen des Senatsurteils vom 7. Dezember 1990 III R 171/86, BFHE 163, 285, BStBl II 1991, 377).

2. Stehen am Stichtag nur noch unwesentliche Maßnahmen zur Herstellung der vollständigen Einsatzbereitschaft aus, die im allgemeinen innerhalb kurzer Zeit unschwer nachgeholt werden können (hier: Erteilung des amtlichen Kennzeichens bei einem Lkw), ist die Betriebsbereitschaft gleichwohl zu bejahen, sofern von dem Wirtschaftsgut bereits Umsatz- oder Beschäftigungsimpulse für den Betrieb des Investors ausgehen können.

InvZulG 1991 § 3 Satz 3.

Vorinstanz: FG Mecklenburg Vorpommern (EFG 1996, 111)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erwarb 1992 (Streitjahr) für ihre Spedition in A drei Sattelauflieger und sechs Sattelzugmaschinen einschließlich der jeweiligen Zusatzeinbauten und beantragte hierfür (Listennummern 7, 9, 11, 15, 18, 27, 29, 32, 34 der Anlage zum Investitionszulageantrag vom 8. Februar 1993) sowie für andere Investitionen eine Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1991 in Höhe von insgesamt 362.982 DM. Für die fraglichen Fahrzeuge machte sie dabei einen erhöhten Zulagensatz von 12 v. H. geltend. Die Fahrzeuge sind erst nach dem 1. Juli 1992 erstmals zum öffentlichen Straßenverkehr zugelassen worden, und zwar in der Zeit vom 2. Juli 1992 bis zum 2. November 1992.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte die Investitionszulage mit Bescheid vom 29. März 1993 auf ... DM fest, wobei er für die erwähnten Transportmittel nur eine Zulage in Höhe von 8 v. H. gewährte, da die Investitionen erst mit der Straßenverkehrszulassung abgeschlossen seien. Der Einspruch blieb im Streitpunkt ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die gegen die Versagung der erhöhten Zulage gerichtete Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 111 veröffentlichten Urteil ab. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Maßgeblich für die Gewährung der erhöhten Zulage sei nach § 3 Satz 3 InvZulG 1991 der Zeitpunkt der Beendigung eines Anschaffungs- oder Herstellungsvorgangs. Mangels einer eigenen Definition im Investitionszulagenrecht sei der dem Einkommensteuerrecht entnommene Begriff der Anschaffung im Investitionszulagenrecht nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen auszulegen (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. November 1985 III R 110/80, BFHE 145, 482, BStBl II 1986, 367). Der Begriff der Anschaffung werde im Einkommensteuerrecht nicht einheitlich bestimmt (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 13. Januar 1993 X R 53/91, BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346, und vom 11. März 1992 X R 113/89, BFHE 167, 396, BStBl II 1992, 886). Für die ertragsteuerliche Definition sei auf § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) zurückzugreifen, der die Aufwendungen mitumfasse, die geleistet würden, um einen Vermögensgegenstand in betriebsbereiten Zustand zu versetzen.

Im Hinblick auf den Sinn und Zweck des InvZulG komme es für den Abschluß des Anschaffungsvorgangs darauf an, daß das erworbene Wirtschaftsgut betriebsbereit eingesetzt werden könne. Dies folge aus der besonderen Zielsetzung des Investitionszulagenrechts, die in der Förderung der Wirtschaftstätigkeit und dem Abbau der Arbeitslosigkeit liege (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 22. Juli 1988 III R 44/84, BFHE 154, 301, BStBl II 1988, 903; vom 2. September 1988 III R 53/84, BFHE 154, 413, BStBl II 1988, 1009, und vom 7. Dezember 1990 III R 171/86, BFHE 163, 285, BStBl II 1991, 377). Das InvZulG 1991 bezwecke insbesondere die Förderung der investierenden Unternehmen. Das ergebe sich u. a. daraus, daß die Wirtschaftsgüter mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören müßten (§ 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1991). Die Investitionszulage werde auch für Wirtschaftsgüter gewährt, die aus dem Ausland importiert worden seien und von deren Produktion die inländische Wirtschaft nicht profitiere. Die Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit in den Unternehmen der Anspruchsberechtigten werde daher nicht bereits durch die Anschaffung eines Wirtschaftsguts erreicht, sondern erst durch den Einsatz des angeschafften Gegenstands im Betrieb. Der Investor müsse in der Lage sein, das Wirtschaftsgut für den Betrieb nutzbringend einsetzen zu können. Bei Kraftfahrzeugen, die einer Zulassung zum öffentlichen Straßenverkehr bedürften, sei der Anschaffungsvorgang erst abgeschlossen, wenn sie tatsächlich zugelassen seien.

Es könne dahingestellt bleiben, ob die Fahrzeuge jederzeit kurzfristig hätten zugelassen werden können, wie die Klägerin vortrage. Die Zulassung sei nicht mit einer sog. Bagatellmontage vergleichbar, da sie nicht wie diese ausschließlich von dem Willen und von der Handlung des Investors abhänge, sondern ein behördliches Verfahren voraussetze. Sie stelle auch nicht lediglich einen einer unwesentlichen Montagearbeit vergleichbaren Vorgang dar, denn die Zulassung bilde als rechtliche Voraussetzung der Nutzung der Fahrzeuge eine wesentliche Grundlage für deren Einsatzfähigkeit. Zudem sei zumindest zweifelhaft, ob tatsächlich alle Fahrzeuge vor dem 1. Juli 1992 hätten angemeldet werden können, da die Begutachtung in technischer Hinsicht durch einen Sachverständigen des regional zuständigen Technischen Überwachungsvereins (TÜV) teilweise erst erheblich nach dem 30. Juni 1992 erfolgt sei.

Mit ihrer Revision, mit der die Klägerin die Versagung der erhöhten Zulage nicht mehr hinsichtlich des Sattelaufliegers mit der Listennummer 18 geltend macht, rügt die Klägerin eine Verletzung des § 3 Satz 3 InvZulG 1991 und führt dazu insbesondere aus: Das InvZulG 1991 verwende in seiner Terminologie Begriffe des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Folglich sei eine kongruente Auslegung der in diesen Gesetzen verwendeten Begriffe auch im Rahmen des InvZulG 1991 geboten. Nach § 9a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) komme es für den Zeitpunkt einer Anschaffung auf den Tag der Lieferung an. Nach § 3 Abs. 1 UStG sei eine Lieferung erfolgt, wenn dem Empfänger einer Leistung die Verfügungsmacht über den Vermögensgegenstand verschafft worden sei. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht werde zivilrechtlich gesehen regelmäßig mit der Lieferung gemäß § 446 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch den Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber erlangt. Aus § 255 HGB ergebe sich keine andere Schlußfolgerung, da dort nicht der Zeitpunkt der Anschaffung, sondern nur der Umfang der Anschaffungskosten definiert werde.

Im Streitfall sei daher maßgeblich, daß sie, die Klägerin, schon vor dem 1. Juli 1992 das wirtschaftliche Eigentum an allen Transportmitteln erlangt habe, für die im Revisionsverfahren die erhöhte Investitionszulage beansprucht werde.

Die beiden Sattelauflieger mit den Nrn. 7 und 9 seien ihr, der Klägerin, bereits am 25. Mai bzw. 19. Juni 1992 übergeben worden.

Die sechs Sattelzugmaschinen mit den Nrn. 11, 15, 27, 29, 32 und 34 seien im Mai und Juni 1992 beim Herstellerwerk von B in C einem Spediteur übergeben und von diesem bis zum 30. Juni 1992 zur Fa. D nach E gebracht worden, wo sie noch am 30. Juni 1992 u. a. mit Hydraulikanlagen und Sattelkupplungen ausgestattet worden seien. Es seien mit dem Spediteur Besitzmittlungsverhältnisse zugunsten von ihr, der Klägerin, vereinbart worden, so daß sie schon mit der Übergabe der Fahrzeuge an den Spediteur Eigenbesitzerin geworden sei. Die Verkäuferin habe gleichzeitig jegliche Art von Besitz an den Fahrzeugen verloren. Die Lkw hätten fortan von ihr, der Klägerin, bei der Annahme neuer Transportaufträge als einsatzbereite Betriebsmittel berücksichtigt werden können. Dies müsse für die Gewährung der erhöhten Zulage genügen. Bei einer anderen Gesetzesauslegung käme man zu dem wirtschaftlich widersinnigen Ergebnis, daß der Investor oder einer seiner Betriebsangehörigen "gezwungen" wäre, das Fahrzeug persönlich beim Verkäufer abzuholen.

Für alle Sattelzugmaschinen habe ausweislich der Kfz-Briefe schon vor dem 1. Juli 1992 eine sog. Hersteller-Betriebserlaubnis nach § 20 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vorgelegen. Bei den durch die Fa. D ausgeführten Arbeiten habe es sich um den Einbau von Sonderausstattungen gehandelt, die für die individuelle betriebliche Nutzungsmöglichkeit der Fahrzeuge nicht zwingend erforderlich gewesen seien. Wie sich aus den dem Gericht vorliegenden Rechnungen ergebe, sei die Begutachtung dieser Änderungen durch den amtlichen Sachverständigen nach § 21 StVZO ebenfalls schon vor dem 1. Juli 1992 geschehen. Aus allem ergebe sich, daß die Fahrzeuge auch in technischer Hinsicht ab dem 1. Juli 1992 schon einsatzbereit gewesen seien.

Ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Straßenverkehrszulassung wäre mit der Intention des Gesetzes nicht vereinbar, die Wirtschaftskraft der Unternehmen zu stärken, da die Investoren hier möglicherweise zu einer Zeit mit Kosten belastet würden, zu der dies betriebswirtschaftlich nicht vertretbar sei. Im übrigen wären die Zulassungen aufgrund der vorliegenden amtlichen Betriebserlaubnisse jederzeit kurzfristig möglich gewesen und seien von ihr, der Klägerin, nur wegen der Auftragseinbrüche in den Monaten Mai bis Juli 1992 um einige Wochen verschoben worden.

Nach dem BFH-Urteil vom 30. September 1960 VI 137/59 U (BFHE 71, 643, BStBl III 1960, 489) gehörten Wirtschaftsgüter, die vor dem Beginn der betrieblichen Tätigkeit angeschafft oder hergestellt würden, vom Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung an zum Anlagevermögen, wenn sie bei ihrer Lieferung oder Fertigstellung dazu bestimmt seien, dem Betrieb dauernd zu dienen. Die Förderung hänge also nicht von einem konkreten Verwendungszeitpunkt ab. Es gebe nur einen einheitlich zu bestimmenden Anschaffungszeitpunkt, für den die straßenverkehrsrechtliche Zulassung bedeutungslos sei.

Wenn der Gesetzgeber einen gegenüber der steuerlichen Terminologie einschränkenden Förderzeitpunkt für erforderlich gehalten hätte, hätte er ihn definiert. Der vom FG dem Gesetzgeber unterstellte Wille wäre nur dann beachtlich, wenn er zumindest andeutungsweise im Gesetz selbst seinen Ausdruck gefunden hätte. Schließlich seien Vorschriften, die der Wirtschaftsförderung dienten, weit auszulegen (Hinweis auf BFH-Urteile vom 29. Juli 1966 VI 55/65, BFHE 87, 313, BStBl III 1967, 125, und VI 302/65, BFHE 87, 310, BStBl III 1967, 151).

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG und unter Abänderung des Bescheids des FA vom 29. März 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 1993 die Investitionszulage auf ... DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung der erhöhten Zulage lediglich im Hinblick auf das Fehlen der straßenverkehrsrechtlichen Zulassung verneint. Andererseits genügen die Feststellungen des FG nicht für eine abschließende Entscheidung der Frage, ob die Voraussetzungen im einzelnen für die Gewährung der erhöhten Zulage gegeben sind.

1. Nach § 5 Nr. 1 i. V. m. § 3 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1991 wird die erhöhte Investitionszulage von 12 v. H. nur für Investitionen gewährt, die vor dem 1. Juli 1992 abgeschlossen wurden. § 3 Satz 3 InvZulG 1991 fordert hierfür die Anschaffung der fraglichen Wirtschaftsgüter vor diesem Zeitpunkt. Nach den Senatsurteilen in BFHE 154, 413, BStBl II 1988, 1009, und in BFHE 163, 285, BStBl II 1991, 377 ist ein Wirtschaftsgut investitionszulagenrechtlich in dem Zeitpunkt geliefert oder angeschafft (die Begriffe haben gemäß § 9a EStDV ertragsteuerlich die gleiche Bedeutung), in dem der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien darüber wirtschaftlich verfügen kann und in dem das Wirtschaftsgut zusätzlich betriebsbereit ist.

2. Das Erfordernis der Betriebsbereitschaft soll sicherstellen, daß von dem Wirtschaftsgut bereits Umsatz- oder Beschäftigungsimpulse im Betrieb des Investors ausgehen können (vgl. dazu bereits ausführlich Senatsurteil vom 25. September 1996 III R 112/95, BFHE 182, 226, ebenfalls zum InvZulG 1991). Deshalb ist nicht entscheidend darauf abzustellen, ob das Wirtschaftsgut schon in jeder Hinsicht unmittelbar einsatzbereit ist. Wenn am Stichtag nur noch unwesentliche Maßnahmen zur Herstellung der vollständigen Einsatzbereitschaft ausstehen, die innerhalb kurzer Zeit nachgeholt werden können, können von diesem Wirtschaftsgut gleichwohl schon Umsatz- oder Beschäftigungsimpulse im Betrieb des Investors ausgehen. Die Betriebsbereitschaft eines Wirtschaftsguts, dessen tatsächliche Inbetriebnahme eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis oder Genehmigung voraussetzt, kann danach bereits vor Erteilung der Erlaubnis oder Genehmigung bejaht werden, wenn diese bei entsprechender Antragstellung von der zuständigen Behörde sofort erlangt werden kann. Die Behörde wird die Erlaubnis oder Genehmigung aber nur dann sofort erteilen können, wenn das betreffende Wirtschaftsgut in technischer Hinsicht schon vollständig einsatzbereit ist. Diese Voraussetzung muß daher für die Gewährung der Investitionszulage nach § 5 Nr. 1 i. V. m. § 3 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1991 schon am Stichtag uneingeschränkt erfüllt sein. Die objektive Feststellungslast dafür, daß von einem Wirtschaftsgut schon vor vollständiger Herstellung der Einsatzbereitschaft im Ganzen Umsatz- oder Beschäftigungsimpulse ausgehen können, liegt beim Investor als dem durch die investitionszulagenrechtliche Regelung Begünstigten.

3. Im Streitfall ist bei den Sattelzugmaschinen (Nrn. 11, 15, 27, 29, 32 und 34) zunächst unklar, welche Maßnahmen zur Erlangung der technischen Einsatzmöglichkeit nach ihrer Übergabe an den Spediteur noch erforderlich waren (z. B. Einbau von Sattelkupplungen) und ob diese bis zum Stichtag, dem 30. Juni 1992, abgeschlossen worden sind. Die hierzu notwendigen tatsächlichen Feststellungen sind vom FG noch nachzuholen.

Sollten zum Stichtag alle erforderlichen technischen Maßnahmen durchgeführt worden sein (was bei den beiden Sattelaufliegern unstreitig der Fall ist), hätte für die Einsatzmöglichkeit der Transportmittel im öffentlichen Straßenverkehr noch die behördliche Zulassung gemäß § 18 Abs. 1 StVZO gefehlt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels einer wirksam erhobenen Verfahrensrüge eines Beteiligten gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, stand am Stichtag 1. Juli 1992 bei einigen Fahrzeugen darüber hinaus auch noch die Begutachtung durch den amtlichen Sachverständigen nach § 21 StVZO aus. Diese geht der behördlichen Zulassung nach § 18 Abs. 2 StVZO voraus.

Eine Einzelbegutachtung nach § 21 StVZO im Hinblick darauf, ob ein Fahrzeug im Kfz-Brief richtig beschrieben ist und den geltenden Vorschriften entspricht, wird nur durchgeführt, wenn das Kfz in seiner konkreten Beschaffenheit keiner für den entsprechenden Serientyp dem Autohersteller erteilten sog. Allgemeinen Betriebserlaubnis (vgl. § 20 StVZO) entspricht (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 33. Aufl., § 21 StVZO Rz. 4). Meist wird diese Serienabweichung nicht nur ein einzelnes Fahrzeugteil betreffen, für das nach § 22 StVZO eine spezielle Betriebserlaubnis für Fahrzeugteile beantragt werden könnte. Die Erstellung eines dann nach § 21 StVZO benötigten Gutachtens erfordert eine Untersuchung durch den amtlichen Sachverständigen, was geraume Zeit beanspruchen kann. Dies kann dazu führen, daß die behördliche Zulassung des betreffenden Fahrzeugs nach § 18 Abs. 1 StVZO nicht, wie für die Bejahung seiner Betriebsbereitschaft gefordert, innerhalb kurzer Zeit erlangt werden kann. Ferner ist zu bedenken, daß dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen nach § 21 StVZO noch die Erteilung der Betriebserlaubnis und die Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens nach § 18 Abs. 1 StVZO nachfolgen muß und daß die Durchführung der beiden hoheitlichen Maßnahmen zusammen im Regelfall nicht wie gefordert sofort, d. h. längstens innerhalb eines Arbeitstages, erreicht werden kann. Daher muß für das Erfordernis der Betriebsbereitschaft am Stichtag zumindest das Gutachten nach § 21 StVZO oder eine diesem Gutachten als Zulassungsvoraussetzung rechtlich gleichgestellte Allgemeine Betriebserlaubnis nach § 20 StVZO vorliegen.

4. Sofern das FG daher im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß bestimmte Fahrzeuge am Stichtag technisch vollständig einsatzbereit gewesen sind und die Gutachten nach § 21 StVZO vorlagen, wäre ihre Betriebsbereitschaft im Sinne der Senatsrechtsprechung insgesamt zu bejahen. Denn dann konnten die erworbenen und noch nicht zugelassenen Transportmittel, sofern sie außerdem bis zum Stichtag schon an die Klägerin selbst oder einen ihrer Betriebsangehörigen übergeben worden waren (s. hierzu näheres unter 5.), bereits bei der Annahme von Fuhraufträgen und dem Aufstellen der Einsatzpläne der Fahrer berücksichtigt werden, so daß von ihnen schon umsatz- oder beschäftigungsfördernde Impulse für den Betrieb der Klägerin ausgehen konnten. Die fehlende Straßenverkehrszulassung nach § 18 Abs. 1 StVZO stünde dann der Gewährung einer Investitionszulage nicht entgegen. Wegen der Begründung wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen im Abschnitt 4 der Entscheidungsgründe des Senatsurteils in BFHE 182, 226 verwiesen.

5. Die Gewährung der erhöhten Investitionszulage hängt nach den o. g. Senatsurteilen in BFHE 154, 413, BStBl II 1988, 1009, und in BFHE 163, 285, BStBl II 1991, 377 ferner davon ab, ob die Klägerin als Investorin zum Stichtag bereits die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die fraglichen Transportmittel erlangt hatte. Wirtschaftliche Verfügungsmacht hat der Erwerber in der Regel, wenn Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen (BFH-Urteil vom 28. April 1977 IV R 163/75, BFHE 122, 121, BStBl II 1977, 553, Abschn. 1. b, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; so u. a. auch Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 6 Rz. 82).

Ein Besitzmittlungsverhältnis reicht für die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht in diesem Sinne nicht aus. Zwar führt auch die Begründung eines Besitzkonstituts i. S. von § 868 BGB zu Eigenbesitz des mittelbaren Besitzers i. S. von § 872 BGB (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. September 1985 IX ZR 88/84, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankenrecht 1985, 1434; Joost in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., § 872 Rz. 2) mit der bilanzsteuerlichen Folge, daß das betreffende Wirtschaftsgut in das Vermögen des mittelbaren Besitzers übergeht und von diesem zu aktivieren ist (vgl. BFH-Urteil vom 3. August 1988 I R 157/84, BFHE 154, 321, BStBl II 1989, 21). Im - vom Sachverhalt her - insoweit vergleichbaren Senatsurteil in BFHE 163, 285, BStBl II 1991, 377 wurde aber für das Investitionszulagenrecht zur Bejahung einer "Lieferung", die in § 9a EStDV der "Anschaffung" gleichgesetzt wird, ein Realakt gefordert, damit objektiv erkennbar wird, daß nunmehr dem Käufer anstelle des Verkäufers die Verfügungsmöglichkeit über die Sache zusteht und die beabsichtigten wirtschaftsfördernden Impulse fristgerecht auch vom Betrieb des Investors ausgehen können. Dieser notwendige Realakt besteht in der körperlichen Übergabe des Wirtschaftsguts an den Investor selbst oder einen seiner Betriebsangehörigen. Ein Besitzmittlungsverhältnis reicht hierfür nicht aus. An diesem Grundsatz hält der Senat auch für die Auslegung des InvZulG 1991 fest.

Dementsprechend kommt ein Anspruch auf Gewährung der erhöhten Investitionszulage nur in Betracht, soweit die Fahrzeuge noch vor dem 1. Juli 1992 der Klägerin oder einem ihrer Betriebsangehörigen übergeben worden sind. Auch die hierzu notwendigen tatsächlichen Feststellungen sind vom FG nachzuholen.