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  BFH-Urteil vom 27.11.1996 (X R 92/92) BStBl. 1998 II S. 97

1. Errichtet der Steuerpflichtige auf eigene Kosten auf einem fremden Grundstück mit Zustimmung des Eigentümers ein Haus für eigene Wohnzwecke und steht ihm aufgrund eindeutiger, vor Bebauung getroffener Vereinbarung ein Nutzungsrecht für die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes zu, kann er als dessen wirtschaftlicher Eigentümer (§ 39 AO 1977) zur Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 10e Abs. 1 EStG berechtigt sein (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 21. Mai 1992 X R 61/91, BFHE 168, 261, BStBl II 1992, 944).

2. Dementsprechend ist wirtschaftliches Miteigentum am Wohnobjekt gegeben, wenn die Alleineigentümerin eines unbebauten Grundstücks dort mit ihrem späteren Ehemann nach Einräumung eines dauernden Mitnutzungsrechts ein Einfamilienhaus errichten läßt, dessen Herstellungskosten beide je zur Hälfte tragen.

AO 1977 § 39, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 10e Abs. 1 und 7.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1993, 434)

Sachverhalt

Die seit dem 3. August 1990 mit dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) verheiratete Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb mit Vertrag vom 20. Mai 1988 ein unbebautes Grundstück. Gemeinsam beauftragten die Kläger am 25. Mai 1988 einen Bauunternehmer mit der schlüsselfertigen Erstellung eines Einfamilienhauses, das sie seit dem 21. Dezember 1988 selbst nutzen. Die für die Finanzierung des Bauvorhabens und des Erwerbs von Grund und Boden benötigten Darlehen hatten die Kläger gemeinsam aufgenommen.

Mit privatschriftlicher Vereinbarung vom 25. Mai 1988, dem Tag des Abschlusses des Bauvertrages, räumte die Klägerin dem Kläger ein dauerndes Nutzungsrecht an Haus und Grundstück für die Lebensdauer des Hauses, mindestens aber für 50 Jahre ein; dies mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, daß sie zwar Alleineigentümerin des Grundstücks sei, der Bauvertrag für das Gebäude jedoch von beiden Vertragsbeteiligten abgeschlossen worden sei und beide Vertragspartner sich verpflichtet hätten, die gesamten Finanzierungs-, Grundstücks- und Hauskosten sowie sämtliche Verbrauchskosten jeweils zur Hälfte zu tragen. Das Nutzungsrecht begann mit der Fertigstellung des Hauses und sollte durch den Tod des Nutzungsberechtigten nicht enden, sondern nur durch Zeitablauf bzw. Ablauf der "Lebensdauer" des Gebäudes. Das Nutzungsrecht war "so ausgestaltet, daß die Nutzung durch die Vertragsbeteiligten gemeinsam erfolgt und ihnen das Recht je hälftig zusteht, entsprechend ihren hälftigen Verpflichtungen". Eine vorzeitige einseitige Aufhebung der Vereinbarung war ausgeschlossen. Die Klägerin verpflichtete sich, auf Verlangen des Klägers das vereinbarte Nutzungsrecht an rangbereiter Stelle dinglich abzusichern. Vereinbarungsgemäß sahen die Beteiligten aus Kostengründen zunächst von der Eintragung einer dinglichen Sicherung ab. Am 15. November 1989 veranlaßte die Klägerin zugunsten des Klägers die Eintragung eines "lebenslänglichen Wohnrechts unter Einschluß des Eigentümers", das zur Mitbenutzung auch des Grundstücks berechtigte.

Die Kläger beantragten mit der Begründung, sie seien wirtschaftlich Miteigentümer des Gebäudes, einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von insgesamt 9.420 DM für das Streitjahr 1989 gesondert und einheitlich festzustellen sowie in Höhe von 5.006 DM auf die Klägerin und in Höhe von 4.414 DM auf den Kläger zu verteilen. Bei der Ermittlung des Abzugsbetrages rechneten die Kläger die Anschaffungskosten des Grund und Bodens der Klägerin zu, und zwar nur zur Hälfte entsprechend ihrem wirtschaftlichen Miteigentumsanteil. Diesen Anteil der Anschaffungskosten bezogen sie zur Hälfte in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag der Klägerin ein.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die Durchführung einer einheitlichen und gesonderten Feststellung mit der Begründung ab, der Kläger sei weder bürgerlich-rechtlicher noch wirtschaftlicher (Mit-)Eigentümer des Grundstücks.

Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 434 abgedruckt.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 10e Abs. 1 EStG und § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977).

Nach ständiger Rechtsprechung werde jemand allein deshalb, weil er die Bauaufwendungen für ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden getragen habe, nicht dessen wirtschaftlicher Eigentümer. Daran ändere die schuldrechtliche Vereinbarung vom 25. Mai 1988 nichts. Durch sie sei die Klägerin in keiner Weise in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt. Gegen den Herausgabeanspruch eines Erwerbers des bebauten Grundstücks nach § 985 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) könne sich der Kläger nicht wehren. Dem entspreche, daß der Kläger seine Stellung aus der Nutzungsvereinbarung weder übertragen noch belasten könne.

Wirtschaftliches Eigentum könne der Kläger deshalb allenfalls nach Erwerb einer dinglichen Rechtsstellung (Eintragung der Dienstbarkeit am 10. Januar 1990) erworben haben. Dem Kläger sei keine dem Dauerwohnrecht i. S. des § 31 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) vergleichbare Rechtsposition eingeräumt worden. Aus der Behandlung des Dauerwohnrechts nach § 31 WEG (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 31. Dezember 1994, BStBl I 1994, 887 Tz. 6) lasse sich für den Streitfall nichts herleiten. Im übrigen sei schon zweifelhaft, ob rechtlich wirksam ein Dauermietwohnrecht bestellt werden könne. Hinzu komme, daß dem Kläger - abweichend von der schuldrechtlichen Vereinbarung - nur auf Lebenszeit das Recht zur gemeinsamen Nutzung mit der Eigentümerin eingeräumt worden sei. Eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit begründe jedoch, wie die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Vorbehaltsnießbrauch zeige (z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Dezember 1983 IV R 20/82, BFHE 139, 556, BStBl II 1984, 202, m. w. N.), kein wirtschaftliches Eigentum.

Selbst wenn man davon ausgehe, der Kläger habe mit der dinglichen Absicherung seines Nutzungsrechts wirtschaftliches Miteigentum erworben, stehe ihm gleichwohl ein Abzugsbetrag nicht zu, denn ausweislich der Bestellungsurkunde habe die Klägerin das Nutzungsrecht unentgeltlich eingeräumt. Dies könne nur so verstanden werden, daß der Kläger nicht auf seinen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Grundstückseigentümerin, die Klägerin, habe verzichten wollen. Dann fehle es jedoch an Anschaffungskosten für den Erwerb des wirtschaftlichen Miteigentums.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise den Anteil des Klägers auf 0 DM festzustellen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Das BMF ist dem Verfahren beigetreten.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das FG das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gesonderte und einheitliche Feststellung des Abzugsbetrages nach § 10e Abs. 7 EStG bejaht. Die Kläger sind entgegen der Auffassung des FA schon im Feststellungszeitraum je zur Hälfte wirtschaftlicher Miteigentümer der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung gewesen.

1. Die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG steht Steuerpflichtigen zu, die eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine eigene Eigentumswohnung hergestellt oder angeschafft haben. Bei einem Anteil an der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung kann der Steuerpflichtige den entsprechenden Teil der Abzugsbeträge nach Satz 1 wie Sonderausgaben abziehen (§ 10e Abs. 1 Satz 5 EStG 1987 = § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG i. d. F. ab 1990).

Sind mehrere Steuerpflichtige Eigentümer einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung, können die Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 und 2 EStG gesondert und einheitlich festgestellt werden (§ 10e Abs. 7 EStG). Die für die gesonderte Feststellung von Einkünften nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

2. Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Abzugsbetrages nach § 10e Abs. 1 EStG ist, daß der Steuerpflichtige Eigentümer bzw. in den Fällen des § 10e Abs. 1 Satz 5 EStG Miteigentümer des von ihm (mit-)errichteten Objekts ist. Wegen des auch im Bereich der Förderung des Wohneigentums geltenden Vorranges des wirtschaftlichen vor dem zivilrechtlichen Eigentum (§ 39 AO 1977) ist in Fällen, in denen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum nicht übereinstimmen, der wirtschaftliche Eigentümer zur Inanspruchnahme der Abzugsbeträge befugt (Senatsurteil vom 21. Mai 1992 X R 61/91, BFHE 168, 261, BStBl II 1992, 944, m. w. N.).

3. Im Streitfall ist die Klägerin als Grundstückseigentümerin zivilrechtlich auch Alleineigentümerin des Gebäudes geworden, weil dieses weder in Ausübung eines dinglichen Rechts noch zu einem vorübergehenden Zweck (§ 95 BGB) errichtet worden ist (§§ 93, 94, 946 BGB). Den Klägern stand jedoch als wirtschaftlichen Miteigentümern des Gebäudes der dessen Herstellungskosten betreffende Abzugsbetrag entsprechend ihrem Anteil je zur Hälfte zu.

a) Wirtschaftliches Eigentum kann auch in bezug auf ideelle Miteigentumsanteile begründet werden (BFH-Urteile vom 20. Februar 1953 III 9/52 U, BFHE 57, 184, BStBl III 1953, 74; vom 28. August 1974 I R 18/73, BFHE 114, 180, BStBl II 1975, 166; vom 30. November 1984 III R 121/83, BFHE 143, 472, BStBl II 1985, 451; vom 26. Februar 1987 IV R 106/83, BFH/NV 1987, 497; vom 16. Dezember 1992 X R 15/91, BFH/NV 1993, 411; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 39 AO 1977 Rz. 7; Kühn/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., § 39 AO 1977 Anm. 2; vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 39 AO 1977 Tz. 13 und 23). Zutreffend geht das FG auch davon aus, daß einkommensteuerrechtlich Grund und Boden und Gebäude grundsätzlich selbständige Wirtschaftsgüter bilden (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 13. November 1991 I R 58/90, BFHE 166, 530, BStBl II 1992, 517, m. w. N.).

b) Eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zuordnung von Wirtschaftsgütern im Abgabenrecht kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn ein anderer als der rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft ausübt und den nach bürgerlichem Recht Berechtigten (durch vertragliche Vereinbarung oder aus anderen Gründen) für die gewöhnliche Nutzungsdauer wirtschaftlich von der Einwirkung ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977), so daß der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder kein Herausgabeanspruch besteht (vgl. BFH-Urteile vom 21. Dezember 1978 III R 20/77, BFHE 127, 423, BStBl II 1979, 466; vom 27. Februar 1991 XI R 14/87, BFHE 163, 571, BStBl II 1991, 628; vom 12. September 1991 III R 233/90, BFHE 166, 49, BStBl II 1992, 182; in BFHE 168, 261, BStBl II 1992, 944; vom 28. Juli 1993 I R 88/92, BFHE 172, 333, BStBl II 1994, 164; vom 8. Juni 1994 X R 90/92, BFH/NV 1995, 20, jeweils m. w. N.). Die in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 enthaltene Definition des wirtschaftlichen Eigentümers umfaßt eine Mehrzahl ungleichartiger zivilrechtlicher Rechtslagen, die Nichteigentümern eine eigentumsähnliche Rechtsposition verschaffen. Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 erfordert deshalb die Bildung von Fallgruppen und eine wertende Zuordnung (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., § 39 AO 1977 Rz. 39). Entscheidend ist danach, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer eine - auch rechtlich abgesicherte - Position hat, die es ihm ermöglicht, diesen dauerhaft derart von der Einwirkung auf den betreffenden Gegenstand auszuschließen, daß seinem Herausgabeanspruch bei dem für die gewählte Gestaltung typischen Verlauf zumindest tatsächlich keine nennenswerte praktische Bedeutung zukommt.

Bei einander nahestehenden Personen ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich wirtschaftliches Eigentum des Nutzenden nur anzunehmen, wenn ihm aufgrund eindeutiger, d. h. überprüfbarer und im voraus getroffener Abmachungen mit dem zivilrechtlichen Eigentümer eine Stellung eingeräumt wird, aufgrund derer er diesen für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (z. B. Senatsurteil vom 20. September 1989 X R 140/87, BFHE 158, 361, BStBl II 1990, 368; in BFHE 168, 261, 265, BStBl II 1992, 944). Diese Rechtsprechung ist durch die Entscheidung des Großen Senats vom 30. Januar 1995 GrS 4/92 (BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) nicht überholt (vgl. Urteil des Senats vom 20. September 1995 X R 94/92, BFHE 178, 429, BStBl II 1996, 186, Ziff. 2 der Gründe).

c) Errichtet der Steuerpflichtige auf eigene Rechnung und im eigenen Namen auf einem fremden Grundstück ein Gebäude, wird er in der Regel nicht dessen wirtschaftlicher Eigentümer. Zivilrechtliches und zugleich wirtschaftliches Eigentum des Grundstückseigentümers an dem Gebäude ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich anzunehmen, wenn dessen Errichtung dem Interesse sowohl des Bauenden wie auch dem Interesse des Grundstückseigentümers dient, der Wert des Gebäudes sich nicht innerhalb der vereinbarten Nutzungszeit verzehrt und nach Ablauf der Nutzungszeit eine neue Gestaltung der Verhältnisse möglich ist (Senatsurteil in BFHE 158, 361, 364, BStBl II 1990, 368; BFH-Urteile in BFHE 127, 423, BStBl II 1979, 466; vom 26. Juli 1983 VIII R 30/82, BFHE 139, 171, BStBl II 1983, 755). Aus dem bloßen Einverständnis mit dem Bauvorhaben läßt sich nicht ableiten, daß der Besitzer den Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Gebäude ausschließen kann (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1987 III R 188/81, BFHE 152, 125, BStBl II 1988, 493; vom 20. Mai 1988 III R 151/86, BFHE 153, 566, BStBl II 1989, 269). Das Einverständnis des Grundstückseigentümers mit den Baumaßnahmen begründet deshalb in der Regel allenfalls ein (stillschweigend oder ausdrücklich vereinbartes) obligatorisches Nutzungsrecht (vgl. Beschluß des Großen Senats in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 unter C III. 1.).

d) Eine andere Beurteilung ist jedoch geboten, wenn der Bauende aufgrund eindeutiger im voraus getroffener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft - unter dauerndem Ausschluß des bürgerlich-rechtlichen Eigentümers - deswegen innehat, weil ihm allein Substanz und Ertrag des von ihm erstellten Gebäudes für dessen voraussichtliche Nutzungsdauer zusteht (BFH-Urteil vom 26. Januar 1978 V R 137/75, BFHE 124, 259, BStBl II 1978, 280; vgl. auch BFH-Urteil vom 30. Mai 1984 I R 146/81, BFHE 141, 509; BStBl II 1984, 825 unter 4. b; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., § 39 AO 1977 Rz. 86).

Entgegen der Auffassung des FA und des BMF ist die vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zurechnung von Wirtschaftsgütern nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil der Eigentümer die rechtliche Verfügungsbefugnis behält. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 betrifft die Zurechnung von Wirtschaftsgütern abweichend vom Regelfall, der Zurechnung an den Eigentümer (§ 39 Abs. 1 AO 1977). Bereits daraus erhellt, daß einerseits allein die dem Eigentümer verbleibende rechtliche Verfügungsmöglichkeit die Annahme hiervon abweichenden wirtschaftlichen Eigentums nicht ausschließt und andererseits die steuerrechtliche Zuordnung eines Wirtschaftsgutes nicht dessen freie bürgerlich-rechtliche Übertragbarkeit fordert, sondern nur den wirtschaftlichen Ausschluß des Eigentümers von der Einwirkung auf die Sache. Dementsprechend ist nach der Rechtsprechung des BFH (BFHE 141, 509, BStBl II 1984, 825), der sich im übrigen auch die Finanzverwaltung angeschlossen hat (vgl. z. B. BMF-Schreiben vom 23. Dezember 1991, BStBl I 1992, 13, Tz. 10) dem Nutzungsberechtigten (Leasing-Nehmer) ein Gebäude dann zuzurechnen, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer und die Dauer des vereinbarten Nutzungsrechts sich annähernd decken.

e) Zutreffend hat das FG den Kläger von Anfang an als wirtschaftlichen Miteigentümer angesehen.

Im Unterschied zu den bisher von der Rechtsprechung des BFH entschiedenen Fällen haben die Kläger vor Errichtung des Gebäudes vereinbart, daß der Kläger das Gebäude wie ein Miteigentümer für dessen voraussichtliche Nutzungsdauer nutzen darf. Aufgrund dieser - auch vererblich gestellten - Nutzungsvereinbarung stand der Klägerin als bürgerlich-rechtlicher Eigentümerin bis zum wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes kein Herausgabeanspruch gegenüber dem Mitnutzungsberechtigten zu (§ 986 BGB). Die Verfügungsbefugnis der Eigentümerin wird dadurch zwar nicht rechtlich, aber tatsächlich (wirtschaftlich) eingeschränkt, weil sie im Falle eines Verkaufs dem Kläger schadenersatzpflichtig würde. Ab 1990 konnte außerdem der Nutzungsberechtigte aufgrund der dinglichen Sicherung die Herausgabe des Grundstücks auch gegenüber einem Erwerber des Grundstücks verweigern. Ist nach der allein für die Beurteilung wirtschaftlichen Eigentums maßgebenden voraussichtlichen Dauer des Nutzungsverhältnisses bei normalem, der gewählten Gestaltung entsprechenden Verlauf der Dinge (z. B. BFH in BFHE 124, 259, BStBl II 1978, 280; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., § 39 AO 1977 Rz. 52, m. w. Rechtsprechungsnachweisen; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. November 1995 II ZR 164/94, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1996, 458, 459) das Gebäude wirtschaftlich verbraucht, stehen Substanz und Ertrag des Gebäudes dem Nutzenden zu und der Eigentümer ist auf eine nur formale Eigentümerstellung beschränkt. Der Herausgabeanspruch des Eigentümers nach Ablauf der vereinbarten Nutzungszeit hat unter diesen Umständen keine wirtschaftliche Bedeutung mehr (im Ergebnis wie hier FG München, Urteil vom 27. September 1994 16 K 386/93, EFG 1995, 250; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10e EStG Rz. 30 und 41; vgl. auch FG Saarland, Urteil vom 25. Juni 1993 1 K 244/92, EFG 1994, 31, und FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Januar 1992 2 K 1481/91, EFG 1992, 520). An der im Urteil in BFHE 168, 261, 264, BStBl II 1992, 944 vertretenen - nicht entscheidungserheblichen - Auffassung, wirtschaftliches Eigentum sei auch dann zu verneinen, wenn das vereinbarte Nutzungsrecht die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes umfaßt und der Ausgleichsanspruch des Bauenden nicht ausgeschlossen ist, hält der Senat nicht mehr fest.

4. Aus den vorstehenden Gründen kann auch der Hilfsantrag keinen Erfolg haben. Steht dem Kläger die Wohneigentumsförderung nach § 10e Abs. 1 EStG als wirtschaftlichem Miteigentümer zur Hälfte schon deshalb zu, weil er die Herstellungskosten des Einfamilienhauses mitgetragen hat und es kraft rechtlich gesicherter Position auf Dauer mitnutzen darf, so entfällt von vornherein eine Erlangung wirtschaftlichen Miteigentums aufgrund einer späteren Anschaffung.