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  BFH-Urteil vom 2.7.1997 (I R 32/95) BStBl. 1998 II S. 176

1. Die Einkünfte nach § 7 Abs. 1 AStG und die abziehbaren Steuern nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG werden, sofern die Feststellungsbögen für die gesonderte - und einheitliche - Feststellung nach § 18 AStG - ASt 2 B (80)/ASt 3 B (80) - verwendet werden, unter A IV festgestellt.

2. Ist eine Verteilung der festgestellten Einkünfte und der abziehbaren Steuern notwendig, so genügt die Feststellung der maßgeblichen Beteiligungsquoten der inländischen Beteiligten.

3. VGA sind von dem Hinzurechnungsbetrag abzusetzen, den sie erhöht haben.

AStG §§ 7, 10, 11, 18; AO 1977 §§ 125, 179 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

I.

Die in den Streitjahren 1976 bis 1978 im Inland ansässigen Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) insgesamt zu 100 % an der GR, einer Aktiengesellschaft nach schweizer Recht, beteiligt. Der auf die einzelnen Kläger entfallende Aktienanteil lag jeweils unter 25 % und wurde im Privatvermögen gehalten. Die GR erzielte in den Streitjahren ausschließlich niedrig besteuerte passive Einkünfte i. S. des § 8 des Außensteuergesetzes (AStG).

Die Kläger waren ferner Mitunternehmer der A KG und der B KG. Bei der A KG begann am 16. März 1981 eine Außenprüfung für die Jahre 1976 bis 1978. Mit der Betriebsprüfung war die Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts X vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) beauftragt worden. 1982 wurde die Prüfung auf die steuerlichen Verhältnisse der Kläger ausgedehnt. Die entsprechenden Betriebsprüfungsanordnungen wurden von den jeweiligen Wohnsitz-Finanzämtern erlassen und bestandskräftig. Tatsächlich wurden die Besteuerungsgrundlagen betreffend § 18 AStG von einem Prüfer des Bundesamts für Finanzen (BfF) geprüft, dessen Mitwirkung den Vertretern der A KG bekanntgegeben wurde. Der Prüfer des BfF stellte für die Streitjahre folgendes fest:

Die GR war seit 1. Januar 1976 zu 100 % an der KOL Ltd, Kanada (KOL) und zu 99,75 % an der S SA, Belgien (S SA) beteiligt. Sie verkaufte die Beteiligung an der KOL 1976 und an der S SA 1978 an die B KG, wobei die Verkaufspreise jeweils unter den Verkehrswerten lagen. Der Prüfer behandelte die Differenz zwischen Verkaufspreis und Verkehrswert als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) 1976 bzw. 1978 an die Kläger als Gesellschafter der GR gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Außerdem erhöhte er im Rahmen der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages 1977 das Ergebnis der Hinzurechnungsbilanz 1976 und im Rahmen der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages 1979 das Ergebnis der Hinzurechnungsbilanz 1978 um die vGA. Außerdem kürzte er die Hinzurechnungsbeträge 1976 und 1978 gemäß § 11 Abs. 1 AStG aufgrund der vGA jeweils auf 0 DM. Nach den Berechnungen des FA verblieben auch unter Berücksichtigung des § 11 Abs. 2 AStG Hinzurechnungsbeträge in Höhe von 1.770.955 DM, die nicht mehr verrechnet werden konnten, so daß insoweit unter Berücksichtigung der Versteuerung der vGA nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG eine echte Doppelbesteuerung eintrat.

Das FA erließ im Anschluß an die Außenprüfung am 19. Dezember 1983 entsprechende (Änderungs-)Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 18 AStG. Dabei verwendete es den Vordruck ASt 2 B (80), in dessen Teil A "Berechnungen und Feststellungen" u. a. die nach § 7 Abs. 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte enthalten sind. In Teil C dieses Vordrucks war in Nr. 1 vermerkt, daß die sich aus den Beteiligungen an der Zwischengesellschaft ergebenden Besteuerungsgrundlagen lt. Anlage ASt 2, 3 B-1 (80) festgestellt würden. In dieser Anlage war - neben der Feststellung der Ausschüttung i. S. des § 11 Abs. 1 AStG und der Steuern der Zwischengesellschaft i. S. des § 12 AStG - die Feststellung des Hinzurechnungsbetrages nach § 10 AStG, nicht aber eine gesonderte Feststellung der Zwischeneinkünfte und der abziehbaren Steuern vorgesehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Einspruch und Klage hatten im Ergebnis keinen Erfolg. Allerdings änderte das FG u. a. die Feststellungsbescheide für die Jahre 1976 bis 1978, indem es die nach § 7 Abs. 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte und die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG abziehbaren Steuern im Tenor seiner Entscheidung feststellte.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Nichtigkeit der Feststellungsbescheide 1976 bis 1978 und Verletzung der 3§ 7 ff. AStG und beantragen, das Urteil des FG, soweit es nicht durch Klagerücknahme gegenstandslos geworden ist, aufzuheben und festzustellen, daß die angefochtenen Feststellungsbescheide unwirksam (nichtig) seien, die in den angefochtenen Feststellungsbescheiden unterbliebene Feststellung der nach § 7 Abs. 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte wegen Ablaufs der für die gesonderte Feststellung geltenden Feststellungsfrist nicht in einem Ergänzungsbescheid gemäß § 179 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) nachgeholt werden dürfte und hilfsweise, die angefochtenen Feststellungsbescheide hinsichtlich der den Hinzurechnungsbetrag nach § 11 Abs. 1 AStG kürzenden Gewinnanteile dahingehend zu ändern, daß die insoweit festgestellten Besteuerungsgrundlagen entfielen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Kläger ist begründet. Unter teilweiser Aufhebung der Vorentscheidung ist der Feststellungsbescheid für das Feststellungsjahr 1977 dahingehend zu ändern, daß die zu kürzenden Gewinnanteile mit ... DM festgestellt werden.

1. Die Revision ist insoweit unbegründet, als die Kläger die Feststellung der Nichtigkeit der Feststellungsbescheide 1976 bis 1978 begehren. Die Bescheide sind weder nichtig gemäß § 125 AO 1977, noch sind sie Scheinverwaltungsakte. Sie sind lediglich auslegungsbedürftig.

a) Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Urteil vom 15. März 1995 I R 14/94, BFHE 177, 263, BStBl II 1995, 502) sind im Feststellungsbescheid nach § 18 Abs. 1 AStG die nach § 7 Abs. 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte, die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG abziehbaren bzw. nach § 12 Abs. 1 AStG anrechenbaren Steuern, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b AStG vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmenden Gewinnanteile und die nach § 11 Abs. 1 AStG den Hinzurechnungsbetrag kürzenden Gewinnanteile festzustellen. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß in den angefochtenen Bescheiden sowohl die steuerpflichtigen Einkünfte als auch die abzugsfähigen Steuern festgestellt wurden. Sie sind damit rechtmäßig.

Die Frage, ob die angefochtenen Feststellungsbescheide Verwaltungsakte i. S. des § 118 AO 1977 oder nur unverbindliche Berechnungen sind, ist ebenso wie die Frage nach dem Inhalt eines Verwaltungsakts in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nach dem objektiven Erklärungswert der den Klägern übermittelten "Feststellungsbescheide" zu beantworten (vgl. z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; vom 18. April 1991 IV R 127/89, BFHE 164, 185, BStBl II 1991, 675, m. w. N.). Das FA hat im Streitfall unter Verwendung der Vordrucke ASt 2 B (80) und Anlage ASt 2, 3 B-1 (80) Bescheide erlassen, die die Überschrift "Gesonderte - und einheitliche - Feststellungen nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr ..." tragen. Unter Abschn. A sind "Feststellungen" enthalten. Hieraus läßt sich bereits mit notwendiger Deutlichkeit entnehmen, daß der Vordruck ASt 2 B (80) auch ohne Anlage Feststellungen enthält. Die sich daran anschließende Frage, ob die unter Abschn. A ausgewiesenen Beträge Berechnungen oder Feststellungen sein sollen, läßt sich nur aus der Sicht des Adressaten des Bescheides feststellen. Soweit hier von Interesse, werden unter A 4 - wiederum dickgedruckt - "Einkünfte und Steuern der Zwischengesellschaft", und zwar in einem Gesamtbetrag und in dem Betrag ausgewiesen, der auf inländische Beteiligte entfällt. Der Annahme, daß es sich insoweit um "Berechnungen" handeln könnte, steht entgegen, daß die festgestellten Einkünfte und die abziehbaren Steuern nicht berechnet werden. Berechnet wird in diesem Zusammenhang nur der Hinzurechnungsbetrag. Geht man ferner davon aus, daß im Feststellungsbescheid nach der Rechtsprechung des Senats die Zwischeneinkünfte und die abziehbaren Steuern festzustellen sind und dies nicht in der Anlage nachgeholt wird, so ist davon auszugehen, daß sie auch unter A 4 tatsächlich festgestellt werden (wie die Vorinstanz auch: FG Hamburg, Urteil vom 29. Oktober 1993 VII 185/89, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1994, 335). Im übrigen haben die Kläger vortragen lassen (Schriftsatz vom 30. November 1995 S. 13), daß Teil A VII des Feststellungsbescheides folgenden Zusatz enthält: "Für unbeschränkt Steuerpflichtige sind die weiteren Feststellungen sowie die auf die einzelnen Beteiligten entfallenden Anteile aus der Anlage ASt 2, 3 B-1 ersichtlich. "Daraus folgt, daß die Feststellungen sich keineswegs ausschließlich aus der Anlage ergeben. In diesem Sinn hat auch der Senat bisher die verwandten Vordrucke verstanden und festgestellte Zwischeneinkünfte abgeändert (vgl. z. B. BFHE 177, 263, BStBl II 1995, 502; BFH-Urteil vom 17. Juli 1985 I R 104/82, BFHE 144, 539, BStBl II 1986, 129 a. E.; Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuerrecht, § 18 Rdnr. 9 f.; m. w. N.). Der Behauptung der Kläger, es sei nicht erkennbar, daß die Einkünfte ihnen gegenüber festgestellt wurden, steht entgegen, daß der auf sie entfallende Anteil am Gesamtbetrag der Einkünfte ausdrücklich ausgewiesen wird und die Kläger in der Anlage zu den Bescheiden unter Angabe der Beteiligungsquote namentlich benannt werden.

Diese Entscheidung widerspricht nicht dem Urteil des Senats vom 20. April 1988 I R 41/82 (BFHE 153, 530, BStBl II 1988, 868). Die Frage, ob ein Verwaltungsakt vorliegt und welchen Regelungsgegenstand er hat, ist jeweils im Auslegungsweg für den Einzelfall zu beantworten. Aus dem Tatbestand der bezeichneten Entscheidung ergibt sich, daß es sich dort um als Feststellungsbescheide bezeichnete "Berechnungen" handelte, während im Streitfall im Feststellungsbescheid unter A ausdrücklich auch "Feststellungen" enthalten sind.

Hat somit das FG im Tenor seiner Entscheidung lediglich das Ergebnis seiner Auslegung der Feststellungsbescheide wiedergegeben, so hat es keine eigenständigen erstmaligen Feststellungen zu den steuerpflichtigen Einkünften nach § 7 Abs. 1 EStG und zu den abziehbaren Steuern getroffen. Der an sich zutreffende Hinweis der Kläger, daß Ergänzungsbescheide nach § 179 Abs. 3 AO 1977 vom FA und nicht vom FG zu erlassen sind (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 13. März 1986 IV R 204/84, BFHE 146, 340, BStBl II 1986, 584; vom 9. Dezember 1987 I R 35/86, BFHE 151, 566, BStBl II 1988, 466; BFH-Beschluß vom 24. August 1988 I B 108/86, BFHE 154, 486, BStBl II 1989, 104), geht im Streitfall ins Leere (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 144, 539, BStBl II 1986, 129 unter II. b). Klarstellend ist lediglich noch darauf hinzuweisen, daß - wie der ausdrücklichen Bezugnahme auf den Betriebsprüfungsbericht vom 8. April 1983 in den Feststellungsbescheiden zu entnehmen ist - im Feststellungsbescheid 1976 die Zwischeneinkünfte 1975, im Feststellungsbescheid 1977 die Zwischeneinkünfte 1976 und im Feststellungsbescheid 1978 die Zwischeneinkünfte 1977 festgestellt wurden.

Da das FG selbst keine ergänzenden Feststellungsbescheide erlassen hat, ist die Frage, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Feststellungsfrist abgelaufen war, nicht zu beantworten.

b) Die Feststellungsbescheide sind auch nicht deswegen unwirksam, weil in ihnen nicht ziffernmäßig festgestellt wird, welcher Betrag der Einkünfte und der abziehbaren Steuern auf den einzelnen inländischen Beteiligten entfällt, einer solchen nachträglichen Feststellung nach § 179 Abs. 3 AO 1977 möglicherweise Verjährung entgegensteht und daher die Feststellung des Gesamtbetrags der Einkünfte und der abziehbaren Steuern ins Leere gehen könnte. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AStG ist bei einer einheitlichen Feststellung auch festzustellen, wie sich die Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen inländischen Beteiligten verteilen. Diesen Anforderungen genügt es, wenn im Feststellungsbescheid der Verteilungsschlüssel (vgl.: "wie") festgestellt wird. Dies ist in Spalte 3 der Anlage der Bescheide geschehen. Dieser Schlüssel bezieht sich auch auf die im Mantelbogen festgestellten Einkünfte nach § 7 Abs. 1 AStG und abziehbaren Steuern nach § 10 Abs. 1 AStG. Dies wird vorsorglich im Tenor der Entscheidung klarstellend festgestellt.

2. Die Revision ist aber insoweit begründet, als die streitigen vGA in entsprechender Anwendung des § 11 Abs. 1 AStG in dem Jahr den Hinzurechnungsbetrag mindern, in dem sie die steuerpflichtigen Zwischeneinkünfte erhöht haben.

a) vGA erhöhen die Zwischeneinkünfte.

aa) Einkunftserzielungssubjekt ist die Zwischengesellschaft. Deren Einkünfte sind in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln (§ 10 Abs. 3 Satz 1 AStG). Die von den Klägern unter Hinweis auf Köhler (Recht der Internationalen Wirtschaft/Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters - RIW/AWD - 1989, 466; vgl. auch derselbe RIW/AWD 1988, 979) vertretenen Auffassung, wonach Einkunftserzielungssubjekt die inländischen Steuerpflichtigen sind, teilt der Senat nicht (vgl. BFH-Urteile vom 23. Oktober 1991 I R 40/89, BFHE 166, 323, BStBl II 1992, 1026; vom 10. Juni 1992 I R 105/89, BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029; ebenso z. B. Debatin, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1974/1975, 226, 235; Mössner in Brezing/Krabbe/Lempenau/Mössner/Runge, Außensteuerrecht, 1991, § 10 AStG Rdnr. 41). Dies folgt aus der der Hinzurechnungsbesteuerung immanenten Systematik. Zwar sind die inländischen Gesellschafter und nicht die Zwischengesellschaft im Inland steuerpflichtig (vgl. § 7 Abs. 1 AStG). Von der subjektiven Steuerpflicht ist aber die Frage zu unterscheiden, wer die Einkünfte erzielt. Dies ist zwar im Regelfall der Steuerpflichtige. Es ist dem Gesetzgeber aber nicht verwehrt, unter besonderen Voraussetzungen einem Steuerpflichtigen Einkünfte hinzuzurechnen, die ein Dritter erzielt. Letzteres ist in den §§ 7 ff. AStG geschehen. So liegt der Hinzurechnungsbesteuerung des AStG der Gedanke zugrunde, fiktive Gewinnausschüttungen der ausländischen Gesellschaft den inländischen Beteiligten "hinzuzurechnen" (§ 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AStG). Da - ausschüttbare - Gewinne tatsächlich nur die ausländische Gesellschaft als eigener Rechtsträger erzielt, sind folglich deren Gewinneinkünfte in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln. Dem inländischen Gesellschafter soll lediglich der so ermittelte anteilige Gewinn hinzugerechnet werden. Wäre dieser bereits Einkunftserzielungssubjekt, so wäre für eine "Hinzurechnung" begrifflich kein Raum mehr. Aus § 21 AStG (vormals § 20 AStG), der davon spricht, das AStG "für" die Einkommen-, bzw. Körperschaftsteuer anzuwenden, läßt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Die Vorschrift beschränkt sich darauf, den zeitlichen Anwendungsbereich der Rechtsfolgen des AStG festzulegen. Zur Frage, wer Einkunftserzielungssubjekt ist, sagt sie nichts.

Der - im übrigen für den Senat nicht bindende - Einführungserlaß vom 11. Juli 1974 IV C 1 - S 1340 - 32/74 (BStBl I 1974, 442), wonach offene und vGA der Besteuerung nach allgemeinen Vorschriften unterliegen (Tz. 11.0.1) und die Anwendung anderer Zurechnungsvorschriften von den §§ 7 ff. AStG unberührt bleiben (Tz. 7.0.2), verweist lediglich auf die nach anderen Rechtsvorschriften eintretenden Rechtsfolgen. Daß diese die Rechtsfolgen des AStG ausschließen, wird nicht zum Ausdruck gebracht.

bb) Das FA versteht unter "Einkünfte" i. S. des § 7 Abs. 1 AStG den Hinzurechnungsbilanzgewinn zuzüglich vGA. Auch in der Literatur wird diese Auffassung einhellig geteilt (vgl. Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuerrecht, § 10 AStG Rdnr. 73, 119; Krabbe in Lademann/Söffing, Außensteuergesetz, § 10 Rdnr. 25; Mössner in Brezing u. a., a. a. O., § 10 AStG Rdnr. 41). Der Senat hält diese Gesetzesauslegung für zutreffend (vgl. Urteile vom 18. Mai 1994 I R 84/93, BFHE 174, 435, BStBl II 1994, 713, m. w. N.; vom 29. Juni 1994 I R 137/93, BFHE 175, 347).

b) Diese Gesetzesauslegung führt allerdings bei vGA, die dem inländischen Beteiligten vor dem Feststellungsjahr zugeflossen sind, zu einer planwidrigen Gesetzeslücke, die durch eine teleologische Extension des § 11 Abs. 1 AStG zu schließen ist.

aa) Fließt eine vGA dem inländischen Beteiligten der Zwischengesellschaft im Jahr 01 zu, so ist sie nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Jahr des Zuflusses (01) und gemäß § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 2 AStG im Jahr der Hinzurechnung (02) zu versteuern. Damit würde die vGA systemwidrig doppelt besteuert werden. Der Grund liegt darin, daß § 11 Abs. 1 und 2 AStG die im Jahr vor der Hinzurechnung bei den Gesellschaftern zugeflossene vGA tatbestandsmäßig nicht erfaßt. Nach § 11 Abs. 1 AStG ist der Hinzurechnungsbetrag nur um Gewinnanteile zu kürzen, die der Steuerpflichtige im Hinzurechnungsjahr von der ausländischen Gesellschaft bezieht. Ist die vGA dem inländischen Steuerpflichtigen aber bereits vor dem Feststellungsjahr zugeflossen, ist der Tatbestand des § 11 Abs. 1 AStG nicht erfüllt. Auch § 11 Abs. 2 AStG erlaubt seinem Wortlaut nach keine Korrektur. Diese Vorschrift knüpft an den nach der Verrechnung i. S. des § 11 Abs. 1 AStG verbleibenden "übersteigenden Betrag" an. Da die im Vorjahr zugeflossene vGA systembedingt nicht mit dem Hinzurechnungsbetrag nach § 11 Abs. 1 AStG verrechnet werden kann, liegt auch kein "übersteigender Betrag" i. S. des § 11 Abs. 2 AStG vor (vgl. auch Gesetzesbegründung, BTDrucks VI/2883, S. 108; Mössner in Brezing u. a., a. a. O., § 11 AStG Rdnr. 29).

Der Auffassung des Hessischen FG (Urteil vom 30. März 1987 2 K 454/80, EFG 1987, 601), wonach eine Gesetzeslücke in Anbetracht des klaren Gesetzeswortlauts ausscheidet, vermag der Senat nicht zu folgen. Auch bei einem eindeutigen Gesetzeswortlaut kann eine Gesetzeslücke entstehen (vgl. z. B. Tipke, Steuerrechtsordnung, S. 1299; wie hier s. Flick/Wassermeyer/Becker, a. a. O., § 11 Rdnr. 24 b; Maas, Betriebs-Berater - BB - 1989, 269; Mössner in Brezing u. a., a. a. O., § 11 AStG Rdnr. 23; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 1993, 354).

bb) Diese Doppelbesteuerung ist planwidrig. Das Gesetz ist, gemessen am zugrundeliegenden Plan, lückenhaft geblieben (vgl. z. b. BFH-Urteil vom 22. Dezember 1993 I R 75/93, BFHE 174, 122, BStBl II 1994, 578, m. w. N.). Das der Hinzurechnungsbesteuerung zugrundeliegende Ziel wird in der Gesetzesbegründung deutlich dokumentiert: Demnach sollten nur gegen die unmittelbare inländische Besteuerung "abgeschirmte" Einkünfte erfaßt werden. Nur eine ungerechtfertigte Ausklammerung aus der deutschen Besteuerung sollte vermieden werden. Über die Einebnung ungerechtfertigter Steuervorteile hinaus sollte das Gesetz allerdings zu keiner Steuerverschärfung führen (vgl. hierzu insbesondere die Ausführungen in der Gesetzesbegründung, BTDrucks VI/2883, S. 27, 28, 30, 32; vgl. auch schriftlichen Bericht des Finanzausschusses zu BTDrucks VI/3537). Dieser Gesetzesplan ist in Fällen der vorliegenden Art aufgrund der zu engen Fassung des § 11 Abs. 1 AStG nicht verwirklicht worden.

cc) Eine Gesetzeslücke ist in einer Weise zu schließen, wie sie insbesondere dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik entspricht. Insoweit gelten ähnliche Überlegungen wie bei der Gesetzesauslegung (vgl. z. B. Tipke, a. a. O., S. 1298, 1302). Zur Lückenfüllung stehen verschiedene Maßnahmen, wie z. B. Analogie, teleologische Extension oder Reduktion zur Verfügung (vgl. z. B. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., S. 401).

In der Literatur werden für den Streitfall verschiedene Alternativen erwogen. So schlägt Mössner (a. a. O., § 11 AStG Rdnr. 29) eine analoge Anwendung des § 11 Abs. 2 AStG vor. Flick/Wassermeyer/Becker (a. a. O., § 11 Rdnr. 24 b) erwägen, § 10 Abs. 2 AStG für den Fall der vGA teleologisch mit der Folge zu reduzieren, daß die aus einer vGA resultierenden steuerpflichtigen Teile des Hinzurechnungsbetrags bereits in dem Jahr hinzugerechnet werden, in dem dem inländischen Steuerpflichtigen die vGA zufließt. Schaumburg (a. a. O., 354) schlägt demgegenüber eine sinngemäße Anwendung des § 11 Abs. 1 AStG vor und kürzt den Hinzurechnungsbetrag um die - bereits im Vorjahr zugeflossene - vGA. Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Nach Nr. 107 der Gesetzesbegründung zu § 11 AStG (BTDrucks VI/2883) soll die Zurechnung insoweit gegenstandslos werden, als die ausländische Gesellschaft Einkünfte, für die sie Zwischengesellschaft ist, als Dividenden an die ausländischen Beteiligten ausschüttet. Werden Gewinne tatsächlich ausgeschüttet, so sollen sie nach der § 11 Abs. 1 AStG zugrundeliegenden Systematik den Hinzurechnungsbetrag entsprechend kürzen. Für den Regelfall, daß der Gewinnverteilungsbeschluß dem Wirtschaftsjahr, für das ausgeschüttet wird, unmittelbar folgt, soll der Hinzurechnungsbetrag, in den die tatsächlich ausgeschütteten Gewinne eingegangen sind, wieder gemindert werden. Diesem systematischen Ineinandergreifen von Hinzurechnungsbetrag einerseits und Kürzung um Gewinnanteile andererseits entspricht es, die im Hinzurechnungsbetrag enthaltenen und im Vorjahr zugeflossenen vGA im Wege der teleologischen Extension des § 11 Abs. 1 AStG wieder von dem Hinzurechnungsbetrag abzusetzen, den sie erhöht haben.

Der Senat gibt dieser Lösung den Vorzug vor der von Flick/Wassermeyer/Becker (a. a. O., § 11 Rdnr. 24 b) vertretenen Auffassung, weil dem Gesetz eine Herausrechnung einzelner Teile der Zwischeneinkünfte und deren Verlagerung in ein von § 10 Abs. 2 AStG abweichendes Jahr der Systematik der §§ 7 ff. AStG fremd ist. Sie würde zu dem eigenartigen Ergebnis führen, daß die vGA den festzustellenden steuerpflichtigen Zwischeneinkünften des Vorjahres hinzugerechnet werden müßten. VGA erhöhen aber die Einkünfte des Jahres, in dem Gewinne verdeckt ausgeschüttet wurden. Die Auffassung von Mössner (a. a. O., § 11 AStG Rdnr. 29) erscheint dem Senat unbefriedigend, weil die Steuerpflichtigen auf ein gesondertes Erstattungsverfahren verwiesen werden (BFH-Urteil vom 5. April 1995 I R 81/94, BFHE 177, 437, BStBl II 1995, 629), obgleich es sich hier um eine dem § 11 Abs. 1 AStG immanente Lücke handelt. Da die Ausfüllung von Gesetzeslücken zum Bereich der Gesetzesanwendung gehört, hat die vom FG bejahte Möglichkeit einer Billigkeitsmaßnahme (aus sachlichen Gründen) zurückzutreten. Der Senat kann nicht ausschließen, daß der grundsätzlich für die Steuerpflichtigen vorteilhafte Abzug der vGA, von den Einkünften, die sie erhöht haben, in besonders gelagerten Einzelfällen wegen des in § 11 Abs. 2 AStG festgeschriebenen 4-Jahreszeitraumes zu einer Schlechterstellung führen kann. In einem solchen Fall wäre ggf. über die Verfassungsmäßigkeit des 4-Jahreszeitraumes oder über die Notwendigkeit von Billigkeitsmaßnahmen zu entscheiden. Derartige Überlegungen können aber einer systemgerechten Gesetzesanwendung nicht entgegengehalten werden.

3. Für den Streitfall folgt aus oben Gesagtem:

Im Feststellungsbescheid 1977, betreffend die steuerpflichtigen Zwischeneinkünfte 1976, verbleibt es bei der Erhöhung des Bilanzgewinnes um die vGA 1976. Festzustellen sind aber Gewinnausschüttungen i. S. des § 11 Abs. 1 AStG in derselben Höhe. Darin liegt keine erstmalige Festsetzung einer Besteuerungsgrundlage durch den Senat. Es macht keinen Unterschied, ob das FA die Gewinnanteile mit 0 DM im Feststellungsbescheid angibt, oder ob es die hierfür vorgesehene Spalte - wie im Streitfall - unausgefüllt läßt. Damit scheidet zwar eine teilweise Verrechnung der vGA 1976 mit dem auf der Hinzurechnungsbilanz zum 31. Dezember 1975 beruhenden Hinzurechnungsbetrag 1976 aus. Entsprechendes gilt für die im Feststellungsbescheid 1978 verrechnete vGA 1978. Insoweit steht aber einer Bescheidsänderung durch den Senat das finanzgerichtliche Verböserungsverbot entgegen. Für die Verteilung der Gewinnausschüttungen gilt wiederum der in Spalte 3 der Anlage der Bescheide festgestellte Verteilungsschlüssel.

Da damit der Hinzurechnungsbetrag für sämtliche Streitjahre 0 DM beträgt, die Kläger damit im Ergebnis voll obsiegen, hat das FA nach § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.