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  BFH-Urteil vom 12.6.1997 (I R 44/96) BStBl. 1998 II S. 207

1. Für eine Klage gegen die Anmeldung von Kirchenlohnsteuer durch den Arbeitgeber besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr, wenn gegenüber dem Arbeitnehmerehegatten Kircheneinkommensteuerbescheide ergangen sind und wegen Gesetzesänderung auch kein Feststellungsinteresse mehr besteht.

2. Wird vom Lohn eines in konfessionsverschiedener Ehe lebenden Arbeitnehmers Kirchenlohnsteuer (hier: 8 % der Lohnsteuer) einbehalten und wird der einbehaltene Betrag je zur Hälfte als Kirchensteuer des Arbeitnehmers bzw. dessen Ehegatten angemeldet, so ist die Anmeldung von Kirchensteuer für den Ehegatten keine - unzulässige - Kirchensteuerfestsetzung gegenüber dem Arbeitnehmerehegatten.

FGO § 100 Abs. 1 Satz 4; KiStG BY Art. 13.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Mitglied der römisch-katholischen Kirche, seine Ehefrau Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern. Der Arbeitgeber des Klägers (Beigeladener zu 3.) behielt von seinem Gehalt 8 % Kirchenlohnsteuer ein, wovon er eine Hälfte als römisch-katholische und die andere Hälfte als evangelische Kirchensteuer anmeldete.

Der Kläger beantragte beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) Änderung der Kirchensteueranmeldungen für Januar bis Mai 1994 und legte gegen die Ablehnung dieses Antrags sowie gegen die Lohnsteueranmeldung für Juni 1994 Einspruch im wesentlichen unter Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. Mai 1991 I R 26/86 (BFHE 164, 573) und vom 29. Juni 1994 I R 132/93 (BFHE 175, 189, BStBl II 1995, 510) ein. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung der Art. 2, 6, 13 des Bayerischen Kirchensteuergesetzes (KiStG Bay) und beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) und die Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 1995 aufzuheben und das FA zu verurteilen, die Kirchenlohnsteueranmeldungen des Beigeladenen zu 3. für die Monate Januar bis Mai 1994 zu ändern und die Kirchenlohnsteuer für Januar 1994 um 47,60 DM, für Februar 1994 um 46,99 DM, für März 1994 um 46,99 DM, für April 1994 um 46,99 DM und für Mai 1994 um 46,99 DM herabzusetzen und die Kirchenlohnsteueranmeldung des Beigeladenen zu 3. für Juni 1994 zu ändern und die Kirchenlohnsteuer um 46,99 DM herabzusetzen.

Während des Revisionsverfahrens ergingen gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau Kircheneinkommensteuerbescheide.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unzulässig. Mit dem Ergehen eines Bescheids über römisch-katholische Kirchensteuer ist das Rechtsschutzinteresse des Klägers an einer Entscheidung im Kirchenlohnsteuerabzugsverfahren entfallen.

Mit Beschluß vom 3. Juli 1995 GrS 3/93 (BFHE 178, 11, BStBl II 1995, 730) hat der Große Senat des BFH entschieden, daß ein Einkommensteuervorauszahlungsbescheid erledigt ist, sobald ein Einkommensteuerbescheid ergangen ist. Entsprechendes gilt für eine Lohnsteueranmeldung (BFH-Urteil vom 12. Oktober 1995 I R 39/95, BFHE 179, 91, BStBl II 1996, 87). Dabei macht es von Rechts wegen keinen Unterschied, ob es sich um die Anmeldung von Lohnsteuer oder - wie im Streitfall - von Kirchenlohnsteuer handelt.

Gegenteiliges läßt sich auch nicht daraus ableiten, daß dem Kläger gegenüber kein Bescheid über evangelische Kircheneinkommensteuer ergangen ist, Rechtsgrundlage für den Einbehalt evangelischer Kirchenlohnsteuer mithin nur die Voranmeldung sein könnte. Im Kirchenlohnsteueranmeldeverfahren wird der Arbeitnehmer nicht unzulässigerweise (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 15. März 1995 I R 85/94, BFHE 177, 303, BStBl II 1995, 547, m. w. N.) als Nichtmitglied der Religionsgemeinschaft seines Ehegatten in Anspruch genommen. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 KiStG Bay wird die Kirchenlohnsteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben. Sie beträgt in Bayern 8 % der Lohnsteuer (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 KiStG Bay i. V. m. den entsprechenden Beschlüssen der umlageerhebenden Gemeinschaften). Art. 13 Abs. 3 Satz 1 KiStG Bay, wonach bei konfessionsverschiedenen Ehen die Kirchenlohnsteuer für jede der beteiligten Gemeinschaften aus der Hälfte der nach Art. 8 Abs. 2 KiStG Bay gekürzten Lohnsteuer erhoben wird, beruht auf dem Übereinkommen der kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaften, wonach die Gemeinschaft, der der Arbeitnehmer angehört, jeweils zugunsten der Religionsgemeinschaft des Ehegatten des Arbeitnehmers im Hinblick auf die zu erwartende Zusammenveranlagung auf ihre nach Art. 8 Abs. 1 KiStG Bay bestehenden individuellen Kirchenlohnsteueransprüche zur Hälfte verzichtet (vgl. Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 28. August 1980 8 A 27/79, KirchE 18, 245, m. w. N.). Damit wird keine Kirchensteuerpflicht des Arbeitnehmers gegenüber der Religionsgemeinschaft seines Ehegatten begründet. Der Kirchensteuereinbehalt in Höhe von 8 % der Lohnsteuer beruht ausschließlich auf der Kirchenmitgliedschaft des Arbeitnehmerehegatten.

Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt es am berechtigten Interesse des Klägers i. S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO), da sich die Rechtslage ab dem 1. Januar 1995 zugunsten einer Individualbesteuerung im Kirchenlohnsteuerabzugsverfahren geändert hat (s. KiStG Bay i. d. F. der Bekanntmachung vom 21. November 1994, Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1994, 1026).