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  BFH-Urteil vom 17.4.1998 (VI R 16/97) BStBl. 1998 II S. 473

Eine Zusammenveranlagung kommt nicht in Betracht, wenn ägyptische Staatsangehörige, von denen einer außerdem die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, im Inland eine Ehe geschlossen haben, die zwar nach dem gemeinsamen Heimatrecht, nicht aber nach deutschem Recht gültig ist.

EStG § 26 Abs. 1 Satz 1, § 26b, § 32a Abs. 5; EGBGB Art. 13 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Hamburg (EFG 1997, 805)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) besitzt sowohl die deutsche als auch die ägyptische Staatsangehörigkeit. Er hat im Jahre 1993 im ägyptischen Generalkonsulat in Hamburg mit einer ägyptischen Staatsangehörigen, die mit ihm in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) zusammenlebt, die Ehe geschlossen.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1993 beantragte der Kläger die Zusammenveranlagung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ging davon aus, daß die Eheschließung nach deutschem Recht unwirksam sei. Er berücksichtigte Unterhaltsaufwendungen für die Ehefrau des Klägers als außergewöhnliche Belastungen und setzte die Einkommensteuer nach der Grundtabelle fest.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der der Kläger weiterhin die Zusammenveranlagung begehrte, als unbegründet ab. Es entschied, eine im Inland geschlossene Ehe zwischen ausländischen Staatsangehörigen könne steuerlich nicht anerkannt werden, wenn einer der Eheschließenden neben der ausländischen zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit besitze und die Eheschließung lediglich nach Maßgabe des gemeinsamen Heimatrechts der Eheschließenden und ohne Beachtung der deutschen Formvorschriften erfolgt sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 805 veröffentlicht.

Der Kläger rügt mit der Revision sinngemäß eine fehlerhafte Auslegung des Begriffs des "Ehegatten" i. S. des § 26 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er trägt vor: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seinem Beschluß vom 30. November 1982 1 BvR 818/78 (BVerfGE 62, 323) entschieden, Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gebiete eine Auslegung des § 1264 der Reichsversicherungsordnung (RVO) dahin, daß Witwen im Sinne dieser Vorschrift auch Hinterbliebene aus sog. "hinkenden Ehen" seien. Dieser Grundsatz sei auf das Steuerrecht zu übertragen, weil die Auslegung der Einzelgesetze die Erweiterung des Begriffs Ehe auf die sog. "hinkende Ehe" zulasse. Eine solche Lebensgemeinschaft sei im Interesse der Allgemeinheit und der direkt Betroffenen genauso schutzbedürftig wie eine nach deutschem Recht geschlossene Ehe (vgl. Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Mai 1993 16 Wx 38/93, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 2755).

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid in der Weise zu ändern, daß eine Zusammenveranlagung durchgeführt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten. Es ist der Meinung, daß Ehegatte i. S. des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nur der Partner einer formgültigen Ehe sei. Für das Einkommensteuerrecht sei die Gleichstellung einer sog. "hinkenden Ehe" mit einer formgültigen Ehe auch unter Berücksichtigung des Schutzgebots des Art. 6 Abs. 1 GG nicht erforderlich.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, daß der Kläger im Streitjahr 1993 die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nach §§ 26 Abs. 1 Satz 1, 26b 32a Abs. 5 EStG nicht erfüllt hat.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr 1993 gültigen Fassung steht die Möglichkeit der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) nur Ehegatten zu, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben oder bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind. Der Kläger ist nicht als "Ehegatte" im Sinne dieser Vorschrift zu beurteilen.

1. Der Senat teilt die - von der Revision auch nicht in Frage gestellte - Ansicht der Vorinstanz, daß der Kläger nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einschließlich derjenigen des deutschen internationalen Privatrechts keine wirksame Ehe geschlossen hat.

a) Nach §§ 11, 13 des Ehegesetzes (EheG) kommt eine Ehe nur zustande, wenn die Eheschließung vor dem Standesbeamten stattgefunden hat. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) kann eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Die Ehe des Klägers ist unstreitig nicht unter Mitwirkung eines Standesbeamten geschlossen worden. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hat er die Ehe in dem ägyptischen Generalkonsulat geschlossen. Das Konsulat eines ausländischen Staates gehört zum Inland und ist nicht etwa mit der Folge als Ausland zu behandeln, daß die Eheschließung dort nach denjenigen Regeln zu beurteilen wäre, die nach deutschem internationalen Privatrecht für die Eheschließung im Ausland gelten. Die Grundsätze der Exterritorialität führen nicht dazu, den Sitz diplomatischer Vertretungen als Ausland anzusehen oder dem Ausland gleichzustellen (vgl. Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 1981 IV b ZB 718/80, BGHZ 82, 34, 43 f.; Schwimann in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch - MünchKomm -, Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Internationales Privatrecht - EGBGB-IPR -, 2. Aufl., Art. 13 Rdnr. 100).

b) Die Ehe des Klägers ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB wirksam. Nach dieser Vorschrift kann im Inland eine Ehe zwischen Verlobten, von denen keiner Deutscher ist, vor einer von der Regierung des Staates, dem einer der Verlobten angehört, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der nach dem Recht dieses Staates vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger auch Deutscher ist. Die deutsche Staatsangehörigkeit des Klägers kann nicht zugunsten seiner ägyptischen Staatsangehörigkeit zurücktreten. Denn Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB bestimmt, daß dann, wenn eine Person auch Deutscher ist, diese Rechtsstellung vorgeht (vgl. auch Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. Dezember 1989 4 RA 70/88, IPRspr. 1989 Nr. 82, S. 181).

2. Der dem Zivilrecht entlehnte Begriff des "Ehegatten" in § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nach zivilrechtlichen Grundsätzen einschließlich der Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts zu beurteilen (Urteile vom 21. Juni 1957 VI 115/55 U, BFHE 65, 172, BStBl III 1957, 300; vom 9. März 1973 VI R 396/70, BFHE 109, 44, BStBl II 1973, 487; vom 6. Dezember 1985 VI R 56/82, BFHE 146, 39, BStBl II 1986, 390).

a) Werden in öffentlich-rechtlichen Normen - wie in § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG - privatrechtliche Begriffe verwendet, so ist in Fällen mit Auslandsbezug vor einer Entscheidung unter Anwendung der Normen des internationalen Privatrechts zu klären, ob der Begriff für den spezifischen öffentlich-rechtlichen Bereich nach zivilrechtlichen Grundsätzen oder "autonom" auszulegen ist. In der Literatur ist der Rechtsprechung vorgehalten worden, daß sie dieses Problem überhaupt nicht erkannt habe: Während insbesondere im Wiedergutmachungs- und Versorgungsrecht die Gerichte wiederholt die Gültigkeit einer Eheschließung autonom beurteilt hätten, sei der BFH umgekehrt mit gleicher Unbeschwertheit verfahren, wenn er trotz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die dieses Rechtsgebiet mit präge, eine autonome Auslegung von vornherein außer Betracht lasse und privatrechtliche Vorfragen mit Auslandsbezug ohne weiteres nach internationalem Privatrecht behandele (vgl. Sonnenberger in MünchKomm, EGBGB-IPR, Einleitung Rdnr. 413).

b) Der Senat hält nach erneuter Überprüfung daran fest, daß die Frage, ob jemand "Ehegatte" i. S. des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG ist, grundsätzlich nach Maßgabe des Zivilrechts einschließlich der Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts zu beurteilen ist. Dafür spricht die Entstehungsgeschichte des § 26 EStG in seiner heutigen Fassung. § 26 EStG ist durch das Steueränderungsgesetz vom 18. Juli 1958 (BGBl I, 473, BStBl I, 412) mit der Folge geändert worden, daß bei Eheleuten die Steuer im sog. Splitting-Verfahren festzusetzen ist (vgl. § 32a Abs. 5 EStG). Diese Gesetzesänderung war notwendig geworden, nachdem das BVerfG § 26 EStG i. d. F. des EStG vom 17. Januar 1952 (BGBl I, 33, BStBl I, 47) für nichtig erklärt hatte (Beschluß vom 17. Januar 1957 1 BvL 4/54, BStBl I 1957, 193), weil diese Vorschrift zu einer Benachteiligung von Verheirateten gegenüber Ledigen geführt hatte. Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung des Splitting-Verfahrens den verfassungswidrigen Zustand endgültig beseitigen (vgl. BTDrucks 3/260, S. 33 f.). Die Gesetzesmaterialien liefern keine Anhaltspunkte dafür und es sind auch sonst keine Gesichtspunkte dafür ersichtlich, daß bei der Einführung des Splitting-Verfahrens die Frage, wer Ehegatte im Sinne des Einkommensteuerrechts ist und damit von dem Schutzbereich der Norm erfaßt werden soll, anders verstanden werden sollte, als das BVerfG sie beurteilt hatte. Das BVerfG aber hatte in seinem Beschluß in BStBl I 1957, 193 ausgeführt, das Gebot des Schutzes von Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG beziehe sich auf jede Ehe und Familie, die den heute in der Bundesrepublik gesetzlich normierten bürgerlich-rechtlichen Instituten Ehe und Familie entspreche (BStBl I 1957, 193, 201, linke Spalte, 2. Absatz).

c) Die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse seit Einführung des Splitting-Verfahrens, nämlich die steigende Zahl sog. nichtehelicher Lebensgemeinschaften, rechtfertigt es nicht, den Grundsatz, daß der Begriff des "Ehegatten" in § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nach zivilrechtlichen Vorschriften auszulegen ist, aufzugeben und eine "autonome" Auslegung vorzunehmen. Es fehlt an praxistauglichen Kriterien dafür, wie eine steuerrechtlich "autonome" Konkretisierung des Begriffs des "Ehegatten" aussehen könnte. Gerade diejenigen Vorschriften des EStG, die den Tarif betreffen, sind bei jeder Veranlagung, also massenweise, anzuwenden. Die für Massenverfahren erforderliche Rechtsklarheit kann grundsätzlich aber nur dadurch gewährleistet werden, daß für die Beurteilung des Begriffs des "Ehegatten" die zivilrechtlichen Vorschriften maßgeblich bleiben.

3. Ob von dem Grundsatz, daß die Zusammenveranlagung eine zivilrechtlich wirksame Ehe voraussetzt, dann Ausnahmen zuzulassen sind, wenn entweder nur Ausländer oder solche Personen betroffen sind, die (auch) EU-Ausländer (vgl. dazu auch § 1a EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995, BGBl I, 1250, BStBl I, 438) sind, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Denn ein solcher Fall liegt nicht vor. Jedenfalls für den im Streitfall verwirklichten Sachverhalt, daß beide Partner der sog. "hinkenden Ehe" ägyptische Staatsangehörige sind und einer von ihnen außerdem auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Ausnahme von dem Erfordernis geboten, daß "Ehegatte" i. S. des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nur ist, wer eine zivilrechtlich wirksame Ehe geschlossen hat.

a) Das BVerfG hat in seiner "Witwenrentenentscheidung" vom 30. November 1982 1 BvR 818/81 (BVerfGE 62, 323) zu dem Fall, daß nach dem für den ausländischen Verlobten maßgebenden Heimatrecht eine rechtsgültige Ehe vorliegt, während für den deutschen Verlobten die Verbindung als "Nichtehe" zu beurteilen ist, ausgeführt, daß grundsätzlich auch eine sog. "hinkende Ehe" dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG unterliege. Voraussetzung sei allerdings, daß die Tatsache der Eheschließung für die Allgemeinheit erkennbar, die Eheschließung selbst unter amtlicher Mitwirkung erfolgt und der Bestand der Ehe amtlich registriert sei. Zwar komme der in § 13 EheG vorgesehenen Mitwirkung eines Standesbeamten als Voraussetzung für eine wirksame Eheschließung nach deutschem Recht als Ordnungselement wesentliche Bedeutung zu. Nicht minder wesentlich sei aber auch die Willensübereinstimmung der Verlobten, miteinander die Ehe eingehen zu wollen. Partner, die bei Abschluß einer "hinkenden Ehe" ihre Verbindung als dauernde Gemeinschaft beabsichtigten und versprächen, hätten insoweit die Voraussetzungen einer Ehe erfüllt. Da ihre lebenslange personale Gemeinschaft zudem durch die für den anderen Verlobten maßgebliche Rechtsordnung anerkannt werde, könne dieser Verbindung der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls dann nicht versagt werden, wenn es sich um den Anspruch auf Versorgung nach dem Tode eines Partners handele.

Der Einbeziehung einer nach deutschem Recht unwirksamen Ehe in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG könne die Besorgnis der Vorentscheidung nicht entgegenstehen, die Außerachtlassung des familienrechtlichen Status der Witwe aus einer nach deutschem Recht nicht wirksamen Verbindung führe bei der Auslegung des § 1246 RVO zu einer nicht zu rechtfertigenden Verwischung der Grenzen zu eheähnlichen Lebensgemeinschaften. Die hinkende Ehe unterscheide sich erkennbar von der eheähnlichen Lebensgemeinschaft dadurch, daß eine nach ausländischem Recht wirksame und damit auch nachweisbare Eheschließung vorliege. Art. 6 Abs. 1 GG verfolge auch das Ziel, den wirtschaftlichen Zusammenhalt der Familie zu fördern. Die Rente sei für viele Witwen von existentieller Bedeutung. § 1264 RVO lasse es nach seinem Wortlaut und Sinne zu, im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auch der Witwe aus einer hinkenden Ehe eine Hinterbliebenenrente zu gewähren. Eine solche Auslegung sei auch geboten.

Zwar könnten einzelne Passagen dieses Urteils dann, wenn sie aus ihrem Kontext herausgelöst würden, dahin verstanden werden, daß sog. "hinkende Ehen", jedenfalls wenn sie amtlich registriert sind, im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG bereits immer dann einer nach deutschem Recht gültigen Ehe gleichzustellen sind, wenn sich die jeweilige Sachnorm für die Partner begünstigend auswirkt. Eine derartige Deutung dieser Entscheidung würde aber nicht hinreichend berücksichtigen, daß das BVerfG seine Ausführungen im Ergebnis wieder eingeschränkt hat, nämlich dadurch, daß es die Einbeziehung bestimmter "hinkender Ehen" in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG "jedenfalls" dann nicht versagen will, wenn es sich um den Anspruch auf Versorgung nach dem Tode eines Partners handelt.

b) Auch unter Berücksichtigung der "Witwenrentenentscheidung" besteht danach kein Anspruch auf Zusammenveranlagung bei einer "hinkenden Ehe" der vorliegenden Art. Denn der Anspruch auf Versorgung nach dem Tode eines Partners, also am Ende der Lebensgemeinschaft, ist mit dem Anspruch auf eine Zusammenveranlagung bei der Einkommensteuer nicht vergleichbar:

Die Zusammenveranlagung wirkt sich anders als die Zuerkennung eines Versorgungsanspruchs für den Betroffenen nicht in jedem Fall günstig aus. Haben die Partner nämlich ein Kind oder mehrere Kinder, so kann sich bei bestimmten Fallkonstellationen der Abzug eines Haushaltsfreibetrags gemäß § 32 Abs. 7 EStG in Verbindung mit der Anwendung der Grundtabelle als vorteilhafter erweisen als die Festsetzung der Steuer nach der Splittingtabelle.

Der bedeutsamere und ausschlaggebende Unterschied ist aber der auch vom BVerfG hervorgehobene Gesichtspunkt, daß sich die Frage, ob jemand als Witwe einen Anspruch auf eine lebenslange Witwenrente hat, typischerweise erst am Ende einer langjährigen Lebensgemeinschaft, einer sog. "gelebten" Ehe stellt. Hier besteht die Besonderheit, daß in diesem Zeitpunkt für den betroffenen Partner nicht mehr die Möglichkeit besteht, eine nach deutschem Recht wirksame Eheschließung nachzuholen. Dagegen stellt sich die Frage, ob eine Zusammenveranlagung vorzunehmen ist, für jedes Kalenderjahr neu. Die Entscheidung, ob jemand Ehegatte i. S. des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG ist, ist zu treffen, sobald die Partner im Inland zusammenleben. Wird die Ehegatteneigenschaft nach den Grundsätzen des deutschen bürgerlichen Rechts für den erstmals zu beurteilenden Veranlagungszeitraum verneint, bleibt es den im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Partnern unbenommen, eine Ehe unter Beachtung derjenigen Formvorschriften zu schließen, die nach deutschem Recht einschließlich der Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts einzuhalten sind.

Gesichtspunkte, die es als unzumutbar erscheinen lassen könnten, die nach deutschem Recht für eine wirksame Eheschließung gültigen Vorschriften beachten müssen, vermag der Senat jedenfalls dann nicht zu erkennen, wenn - wie im Streitfall - einer der Partner auch deutscher Staatsangehöriger ist. Zwar besteht für einen deutschen Staatsangehörigen, wenn er eine rechtsgültige Ehe im Inland schließen will, ein uneingeschränkter Standesamtszwang. Dies erscheint aber als ein zumutbares Formerfordernis.