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  BFH-Urteil vom 16.12.1997 (VIII R 32/90) BStBl. 1998 II S. 480

1. Der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist aufgrund eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses Mitunternehmer der aus Familienangehörigen bestehenden GmbH & Co. KG, wenn er gewinnabhängige Bezüge erhält, in erheblichem Umfang Entnahmen und Einlagen bei der KG tätigt und die mit der KG abgeschlossenen Austauschverträge ganz oder teilweise tatsächlich nicht durchgeführt werden.

2. Bei einem verdeckten Gesellschaftsverhältnis zwischen einer Personenhandelsgesellschaft und einer natürlichen Person ist der Gewerbesteuer- oder Gewerbesteuermeßbescheid unter der Geltung des § 5 Abs. 1 GewStG 1977 nicht an die Innengesellschaft, sondern an die Personenhandelsgesellschaft als Steuerschuldnerin zu adressieren (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 7. April 1987 VIII R 260/84, BFHE 150, 390, BStBl II 1987, 768).

AO 1977 § 157 Abs. 1, § 184 Abs. 1 Satz 2; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; GewStG 1977 § 5 Abs. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin ist die X-GmbH (Beigeladene zu 1; im folgenden: GmbH), einzige Kommanditistin ist Frau M (Beigeladene zu 2).

Am Stammkapital der GmbH von 20.000 DM waren die Beigeladenen zu 2 mit 19.000 DM und ihr Ehemann M, der Beigeladene zu 3, mit 1.000 DM beteiligt. M ist auch Geschäftsführer der GmbH. Am 1. Mai 1970 wurde zwischen M und der Klägerin ein Dienstvertrag abgeschlossen, in dem bestimmt ist, daß die wöchentliche Arbeitszeit des M als Geschäftsführer 42 Stunden und sein Gehalt 800 DM monatlich betragen soll. In einem weiteren Vertrag zwischen M und der Klägerin vom 23. Dezember 1971 wurde vereinbart, daß M für seine Verkaufstätigkeit 5 v. H. des Nettoumsatzes als Provision und 20 v. H. vom steuerlichen Reingewinn als Tantieme erhalten sollte. Die Provision wurde nur 1972 gezahlt; in den folgenden Jahren verzichtete M auf die Provision.

1973 erwarb M ein unbebautes Grundstück und errichtete darauf im Jahr 1974 eine Fertigungshalle. Das Grundstück mit der Halle vermietete er ab Oktober 1974 für jährlich 2.000 DM an die Klägerin. Der Bau der Halle wurde durch ein Darlehen finanziert, das M gemeinsam mit der Beigeladenen zu 2 und der Klägerin aufgenommen hatte.

M tätigte von Anfang an Entnahmen und Einlagen bei der Klägerin. Die daraus resultierenden Forderungen der Klägerin gegen M wurden bis 1975 mit 10 v. H. verzinst; in den folgenden Jahren wurde auf eine Verzinsung verzichtet.

Im Jahr 1978 gewährte M der Klägerin mit 7 v. H. verzinsliche Darlehen in Höhe von insgesamt 165.000 DM. Die Darlehen waren ab 1. Januar 1980 mit 5.000 DM halbjährlich zurückzuzahlen. Im Darlehensvertrag wurde "der jeweilige Material- und Warenbestand als Sicherungsgut vereinbart". Ende 1979 wurde ein Teil der Darlehensforderung des M durch Verrechnung mit einer Forderung der Klägerin gegen M in Höhe von 45.000 DM getilgt.

Die Klägerin erklärte für die Streitjahre Gewinne in Höhe von 4.465 DM (1977), 9.161 DM (1978), 35.245 DM (1979) und 17.684 DM (1980), die sie entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel zu 10 v. H. der GmbH und zu 90 v. H. der Beigeladenen zu 2 zurechnete. Aufgrund ihrer Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre ergab sich für 1977 bis 1979 ein einheitlicher Gewerbesteuermeßbetrag von 0 DM, für 1980 ein einheitlicher Gewerbesteuermeßbetrag von 164 DM.

Im Anschluß an eine Außenprüfung bei der Klägerin, die die Streitjahre 1977 bis 1980 umfaßte, vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) die Ansicht, M sei anstelle der Beigeladenen zu 2 als Mitunternehmer zu beurteilen. Die Vergütung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer, die von der Klägerin bezogenen Darlehenszinsen sowie die Miete für die Fertigungshalle seien ihm als Gewinnanteile zuzurechnen.

Das FA erließ entsprechend geänderte Gewerbesteuermeßbescheide für die Streitjahre, die wie folgt adressiert sind: "Herrn A. M. für Fa. X GmbH & Co. KG". Die geänderten Gewerbesteuermeßbescheide wurden dem M unter der Anschrift der Klägerin bekanntgegeben.

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin sich gegen die Verneinung der Mitunternehmerschaft der Beigeladenen zu 2 und gegen die Hinzurechnung der an M gezahlten Vergütungen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb wandte, hatten keinen Erfolg.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Das Finanzgericht (FG) habe den M zu Unrecht als Mitunternehmer angesehen und der Beigeladenen zu 2 zu Unrecht die Mitunternehmereigenschaft aberkannt.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Gewerbesteuermeßbescheide 1977 bis 1980 dahingehend zu ändern, daß die Zahlungen der Klägerin an den M als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Sie beantragt, die Gewerbesteuermeßbeträge wie folgt festzusetzen:

einheitlicher Meßbetrag

DM

1977

0

1978

0

1979

170

1980

132

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben auf eine Stellungnahme verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet, soweit das Urteil die Gewerbesteuermeßbeträge 1977 bis 1980 betrifft (§ 126 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 FGO).

Das FG hat die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung zutreffend als wirksam und rechtmäßig beurteilt.

1. Die geänderte Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge 1977 bis 1980 ist nicht wegen mangelhafter Bezeichnung des Adressaten unwirksam. Die Änderungsbescheide sind der Klägerin auch wirksam bekanntgegeben worden.

a) Ein Steuerbescheid ist nichtig, wenn er entgegen § 157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen läßt, wer als Steuerschuldner in Anspruch genommen wird (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Juni 1983 I R 55/80, BFHE 139, 291, BStBl II 1984, 63; vom 7. April 1987 VIII R 260/84, BFHE 150, 390, BStBl II 1987, 768; vom 14. September 1989 IV R 85/88, BFH/NV 1990, 591). Das gilt ebenso für einen Bescheid, der Steuermeßbeträge festsetzt; in ihm wird auch über die persönliche Steuerpflicht entschieden (§ 184 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Ein Steuerbescheid oder Steuermeßbescheid ist auch dann grundsätzlich unwirksam, wenn er sich gegen eine Personenvereinigung richtet, die offensichtlich nicht (oder nicht mehr) als Steuerschuldnerin der festzusetzenden Steuer in Betracht kommt (BFH-Beschluß vom 21. Oktober 1985 GrS 4/84, BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230; Urteile vom 12. November 1985 VIII R 364/83, BFHE 146, 408, BStBl II 1986, 311; vom 6. Oktober 1987 VIII R 82/87, BFH/NV 1988, 216; in BFH/NV 1990, 591).

Hat das FA hingegen eine Person oder Personenvereinigung eindeutig als Steuerschuldner bezeichnet und ist diese Person oder Personenvereinigung möglicher Adressat des betreffenden Verwaltungsakts, so ist der Steuerbescheid auch dann rechtswirksam, wenn die angegebene Person tatsächlich nicht der richtige Steuerschuldner sein sollte; der Bescheid ist in diesem Fall zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig (BFH-Beschluß vom 17. November 1987 V B 111/87, BFH/NV 1988, 682; Urteile vom 7. Mai 1993 VI R 93/92, BFH/NV 1994, 2; in BFH/NV 1990, 591 a. E.; Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 157 AO 1977 Rz. 7; a. A. Söhn, ebenda, § 179 AO 1977 Rz. 59; einschränkend: Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 157 AO 1977 Rz. 5 a: rechtsirrtümliche Bezeichnung einer falschen Person als Steuerschuldner führt zur Nichtigkeit, wenn die Rechtsauffassung der Finanzbehörde gänzlich abwegig ist).

b) Im Streitfall konnte das FA die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide gegen die Klägerin richten. Da die Klägerin als Personenhandelsgesellschaft im Rechtsverkehr unter ihrer Firma auftritt (§§ 17, 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches - HGB -), ist sie mit der Angabe ihrer Firma ausreichend als Steuerschuldnerin bezeichnet (§ 5 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -). Für die Wirksamkeit des Sammelberichtigungsbescheides ist es unerheblich, daß das FA in diesem Bescheid auf das Ergebnis der Außenprüfung 1982 Bezug genommen und damit deutlich gemacht hat, daß es als Träger des Gewerbebetriebs der Klägerin die GmbH und M ansah. Ob es bei dieser Rechtsauffassung berechtigt war, der Klägerin die Ergebnisse der von der (verdeckten) Mitunternehmerschaft ausgeübten gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen, ist keine Frage der formellen Wirksamkeit des Bescheides, sondern seiner Rechtmäßigkeit (vgl. dazu im folgenden unter 3.). Für die Wirksamkeit des Bescheides genügt es, daß für seinen Empfänger kein Zweifel daran bestehen konnte, daß das FA die Klägerin als Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer in Anspruch nehmen wollte.

Das Urteil des Senats in BFHE 150, 390, BStBl II 1987, 768 steht diesem Ergebnis nicht entgegen. In dieser Entscheidung, die zu § 5 Abs. 1 GewStG 1974 ergangen ist, hat der Senat bei einem vergleichbaren Sachverhalt den an die Personengesellschaft gerichteten Steuerbescheid als nichtig beurteilt. Nach § 5 Abs. 1 GewStG 1974 waren - abweichend von der im Streitjahr geltenden Fassung der Vorschrift - Schuldner der Gewerbesteuer eines in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft betriebenen Unternehmens die Mitunternehmer. Diese waren deshalb im Gewerbesteuermeßbescheid namentlich zu bezeichnen, wenn die Träger des Unternehmens nicht mit den Gesellschaftern der Personenhandelsgesellschaft identisch waren. Dagegen ist nach § 5 Abs. 1 GewStG 1977 in den Fällen des § 2 Abs. 2 Nr. 1, d. h. bei der Tätigkeit "der offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und anderen Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind", die Gesellschaft als solche Steuerschuldnerin. Durch die Neufassung des § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG sollte es dem Steuergläubiger ermöglicht werden, wegen rückständiger Gewerbesteuerbeträge unmittelbar in das Gesellschaftsvermögen zu vollstrecken (BFH-Urteil in BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311, 316, 317).

Will das FA - wie im Streitfall - erkennbar einer Personenhandelsgesellschaft die Ergebnisse der unter ihrer Firma betriebenen gewerblichen Tätigkeit für die Zwecke der Gewerbesteuer zurechnen, so ist die Gesellschaft mit der Angabe ihrer Firma im Anschriftenfeld hinreichend bestimmt als Steuerschuldner bezeichnet. Die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide sind auch zutreffend dem M als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bekanntgegeben worden (§ 122 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 34 Abs. 1 AO 1977).

2. FA und FG haben im Ergebnis zu Recht angenommen, daß M als Mitunternehmer anzusehen ist und demnach die Gewerbeerträge (§ 7 GewStG) der Klägerin um die an M gezahlten Vergütungen für die Tätigkeit als Geschäftsführer, die Vermietung des Hallengrundstücks und die Überlassung von Darlehen zu erhöhen sind.

Das FA hat zu Recht entschieden, daß M in den Streitjahren auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage Mitunternehmer des Unternehmens der Klägerin war.

a) Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG kann nur sein, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder - in Ausnahmefällen - aufgrund eines wirtschaftlich dem Gesellschaftsverhältnis vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann (Beschlüsse des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 768; vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691). Für die Annahme der Mitunternehmerschaft genügt auch ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis; ob ein solches Gesellschaftsverhältnis vorliegt, ist unabhängig von der formalen Bezeichnung der zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsbeziehungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (st. Rspr., vgl. z. B. BFH-Urteile vom 13. Juli 1993 VIII R 50/92, BFHE 173, 28, BStBl II 1994, 282, m. w. N.; vom 1. August 1996 VIII R 12/94, BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272).

Begriffliche Voraussetzung eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses (§ 705 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) ist, daß sich mehrere Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes vertraglich zusammenschließen und sich gegenseitig verpflichten, diesen durch ihre Beiträge (§ 706 BGB) zu fördern. Eine nach außen nicht in Erscheinung tretende und nicht über Gesamthandsvermögen verfügende Innengesellschaft genügt (BFH-Urteile vom 22. Oktober 1987 IV R 17/84, BFHE 151, 163, BStBl II 1988, 62; Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 1993 II ZR 175/92, Deutsches Steuerrecht 1993, 956). Eine Innengesellschaft ist auch dann gegeben, wenn sich ein Dritter als stiller Gesellschafter am Handelsgewerbe eines anderen, z. B. einer KG, beteiligt. Die Innengesellschaft kann formfrei durch schlüssiges Handeln zustandekommen (Urteil in BFHE 181, 423, 430, BStBl II 1997, 272, m. w. N.).

Dem Wesen eines Gesellschaftsverhältnisses entspricht es, daß die Vertragspartner sich nicht auf den Austausch beiderseitiger Leistungen, z. B. aufgrund eines Dienstvertrages beschränken, sondern in partnerschaftlicher Gleichberechtigung zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, z. B. zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens, zusammenwirken. Dagegen ist für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnend, daß der zur Dienstleistung Verpflichtete in ein auf Dienstleistung gerichtetes persönliches Abhängigkeitsverhältnis tritt, bei dem er den Weisungen des Dienstherrn unterworfen ist (BFH-Urteil vom 5. Juni 1986 IV R 272/84, BFHE 147, 146, BStBl II 1986, 802).

Der Begriff des Mitunternehmers enthält das Erfordernis des gemeinsamen Handelns zu einem gemeinsamen Zweck von einander gleichgeordneten Personen. Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko dürfen danach nicht lediglich auf einzelne Schuldverhältnisse als Austauschverhältnisse zurückzuführen sein. Vielmehr müssen entsprechend der zivilrechtlichen Gestaltung die verschiedenen Vertragsbeziehungen auseinandergehalten und auch steuerrechtlich eigenständig gewürdigt werden. Die bloße Bündelung von Risiken aus Leistungsaustauschverhältnissen bei Vereinbarung leistungsbezogener Entgelte führt für sich allein noch nicht zu einem gesellschaftsrechtlichen Risiko (Urteil in BFHE 173, 28, BStBl II 1994, 282).

Ob der wirkliche Wille der Vertragspartner (§ 133 BGB) auf entgeltliche Dienstleistungen im Rahmen eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses oder einer partnerschaftlichen Gleichberechtigung gerichtet ist, kann nur anhand aller äußerlich erkennbaren Umstände des Einzelfalls unter angemessener Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung beantwortet werden. Die Feststellung eines entsprechenden Verpflichtungswillens obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Dabei deutet die zivilrechtliche Unwirksamkeit eines zwischen nahestehenden Personen abgeschlossenen schuldrechtlichen Austauschvertrages darauf hin, daß den vereinbarten Leistungen nicht ein schuldrechtlicher, sondern ein verdeckter gesellschaftsrechtlicher Anlaß zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 31. Mai 1995 I R 64/94, BFHE 178, 321, BStBl II 1996, 246). Von besonderer Bedeutung für das Vorliegen eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses ist neben der Angemessenheit und Üblichkeit der vereinbarten Leistungsentgelte das tatsächliche Verhalten der Beteiligten. Hat der Geschäftsführer sich nicht wie ein weisungsgebundener Arbeitnehmer verhalten, sondern die Befugnisse eines Gesellschafters in Anspruch genommen, spricht dies dafür, daß die in den Austauschverträgen vereinbarten Leistungen als Beiträge zur Erreichung eines gemeinsamen Gesellschaftszwecks erbracht werden sollen (Urteile vom 21. September 1995 IV R 65/94, BFHE 179, 62, BStBl II 1996, 66; in BFHE 181, 423, 434, BStBl II 1997, 272, m. w. N.).

Entsprechendes gilt, wenn die vertraglichen Vereinbarungen tatsächlich nicht durchgeführt werden. So kann es für eine gesellschaftsrechtliche Teilhabe am Unternehmen sprechen, wenn Darlehenszinsen oder Tätigkeitsvergütungen nicht geltend gemacht werden, falls ein fremder Dritter zu einem solchen Verzicht nicht bereit gewesen wäre (Priester in Festschrift für Ludwig Schmidt, 1993, 331, 350).

b) Das FG ist im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung dieser Umstände ohne Rechtsfehler zu der tatsächlichen und rechtlichen Schlußfolgerung gekommen, daß die verschiedenen Vereinbarungen zwischen M und der Klägerin nicht als Austauschverträge, sondern als Abreden zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, nämlich des gemeinsamen Betriebs eines gewerblichen Unternehmens, zu beurteilen sind. Dabei kann offenbleiben, ob das verdeckte Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und M als atypisch stille Gesellschaft oder als Innengesellschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu beurteilen ist. Die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide erweisen sich bei jeder dieser Alternativen als rechtmäßig.

Das FG hat zu Recht einen wesentlichen Anhaltspunkt für ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis in dem tatsächlichen Verhalten des M gesehen. Es konnte bei der ihm obliegenden Beweiswürdigung insbesondere berücksichtigen, daß M in allen Jahren wie ein Gesellschafter Entnahmen und Einlagen in einer Höhe getätigt hat, die über seine vertraglichen Tätigkeitsvergütungen hinausgingen. Dieses Verhalten ist mit dem eines angestellten Geschäftsführers unvereinbar. Der Einwand der Revision, die getätigten Entnahmen könnten nicht als Indiz für ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis herangezogen werden, weil ihnen Darlehensverträge mit der Klägerin zugrunde gelegen hätten, greift nicht durch. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die die Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat und die den Senat binden (§ 118 Abs. 2 FGO), wurden die aus den Entnahmen des M herrührenden Forderungen der Klägerin nur bis zum Jahre 1975 verzinst. In den folgenden Jahren wurde auf eine Verzinsung verzichtet. Dieses Verhalten ist unter Fremden unüblich und nur durch eine gesellschaftsrechtliche Teilnahme des M am Gewerbebetrieb der Klägerin zu erklären.

Das gilt auch für den Verzicht des M auf die vereinbarte Verkaufsprovision in Höhe von 5 v. H. des Umsatzes. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, M habe auf die Verkaufsprovision verzichtet, weil ihm anderenfalls nahezu der gesamte Gewinn des Unternehmens zugeflossen wäre, ist ihr entgegenzuhalten, daß ein fremder Arbeitnehmer sich zu einem derartigen Verzicht nicht bereiterklärt hätte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die vereinbarten Vergütungen für die Tätigkeit des M als Geschäftsführer unangemessen hoch waren.

Da schon das tatsächliche Verhalten des M die Schlußfolgerung rechtfertigt, daß er für die Klägerin auf der Grundlage eines (konkludent zustandegekommenen) Gesellschaftsvertrages tätig war, kann unentschieden bleiben, ob der Mietvertrag zwischen M und der Klägerin wegen Verstoßes gegen das Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB) unwirksam war und ob in der jahrelangen Durchführung dieses Vertrages eine konkludente Genehmigung durch die Beigeladene zu 2 zu sehen ist. Offenbleiben kann ferner, ob der mit der Klägerin abgeschlossene Darlehensvertrag einem Fremdvergleich standhält.

c) Das FG hat auch zutreffend angenommen, daß die Rechtsstellung des M im Unternehmen der Klägerin den Kriterien der Mitunternehmerschaft genügt. M konnte als alleiniger Geschäftsführer der Komplementär-GmbH alle im laufenden Geschäftsbetrieb anfallenden Entscheidungen treffen und insoweit Mitunternehmerinitiative entfalten. Dies ist auf der Grundlage rechtlicher Beziehungen geschehen, die die Beteiligten formal als "Arbeitsvertrag", "Tantiemevertrag", "Mietvertrag" und "Darlehensvertrag" bezeichneten, die aber nach ihrer tatsächlichen Ausgestaltung - wie oben dargelegt - in Wahrheit auf ein Zusammenwirken in partnerschaftlicher Gleichstellung zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, also auf Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses gerichtet waren.

Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder eine dieser wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Mißerfolg eines gewerblichen Unternehmens (BFH-Beschluß in BFHE 141, 405, 441, BStBl II 1984, 751). Im Streitfall hatte M durch die vereinbarte Tantieme Anteil am Gewinn des Unternehmens. Als Gesellschafter der Komplementär-GmbH war er darüber hinaus mittelbar am Erfolg oder Mißerfolg der Klägerin beteiligt. Die fehlende unmittelbare Beteiligung am Verlust steht der Annahme eines Mitunternehmerrisikos nicht entgegen, da auch ein atypisch stiller Gesellschafter nicht notwendig am Verlust des Unternehmens teilhat (§ 231 Abs. 2 HGB). Der Mitunternehmerschaft des M steht auch seine mangelnde Beteiligung am Geschäftswert und an den stillen Reserven nicht entgegen. Zwar erfordert das Mitunternehmerrisiko regelmäßig die Teilnahme an den stillen Reserven und am Geschäftswert des Unternehmens. Ein schwach ausgeprägtes Unternehmerrisiko ist jedoch im Einzelfall kompensierbar durch eine stark ausgebildete Mitunternehmerinitiative, wie sie dem M als alleinigem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zustand (BFH-Urteile vom 21. September 1995 IV R 65/94, BFHE 179, 62, BStBl II 1996, 66; in BFHE 147, 146, BStBl II 1986, 802, und vom 15. Dezember 1992 VIII R 42/90, BFHE 170, 345, BStBl II 1994, 702).

3. Das FA hat die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide zu Recht gegen die Klägerin als Schuldnerin der Gewerbesteuer gerichtet. Wird - wie im Streitfall - ein gewerbliches Unternehmen von einer Mitunternehmerschaft in Form einer Innengesellschaft betrieben, so ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG nicht anwendbar (vgl. BFH-Urteile in BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311; vom 10. November 1993 I R 20/93, BFHE 173, 184, BStBl II 1994, 327; vom 28. Oktober 1993 IV R 66-67/91, BFHE 173, 313, BStBl II 1994, 463; vom 8. Februar 1995 I R 126/93, BFHE 177, 329, BStBl II 1995, 626; vom 7. März 1996 IV R 2/92, BFHE 180, 121, 133, BStBl II 1996, 369; vom 3. Februar 1994 III R 23/89, BFHE 174, 372, BStBl II 1994, 709). Durch die Regelung der subjektiven Steuerpflicht soll zugleich der vollstreckungsrechtliche Zugriff sichergestellt werden (BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 I R 95/76, BFHE 130, 403, 409, BStBl II 1980, 465). Da Innengesellschaften kein Gesamthandsvermögen bilden, das Gegenstand einer Zwangsvollstreckung sein könnte, wäre ein gegen die Innengesellschaft als Steuerschuldnerin gerichteter Steuerbescheid nicht vollstreckbar (Senatsurteil in BFHE 145, 408, 418 f., BStBl II 1986, 311).

Im Streitfall konnte das FG offenlassen, ob es sich bei der hier zu beurteilenden Innengesellschaft um eine GbR (§§ 705 ff. BGB) oder um eine atypisch stille Gesellschaft handelt, da die geänderten Gewerbesteuermeßbescheide in jedem Fall gegen die Klägerin als Steuerschuldnerin zu richten waren.

Ist die Innengesellschaft als atypisch stille Gesellschaft anzusehen, kommt als Steuerschuldner der Gewerbesteuer nur der tätige Gesellschafter, d. h. der Inhaber des Handelsgeschäfts (hier: die Klägerin) in Betracht; der atypisch stille Gesellschafter ist nicht subjektiv gewerbesteuerpflichtig (st. Rspr., vgl. z. B. BFH-Urteile in BFHE 145, 408, 420, BStBl II 1986, 311; in BFHE 173, 184, BStBl II 1994, 327; in BFHE 177, 329, BStBl II 1995, 626).

Ist die verdeckte Mitunternehmerschaft zwischen der Klägerin und M als GbR zu beurteilen, ist ebenfalls nur die nach außen als Gewerbetreibende auftretende Klägerin subjektiv gewerbesteuerpflichtig (ebenso: BFH-Urteil vom 9. Oktober 1986 IV R 235/84, BFHE 148, 42, BStBl II 1987, 124). Für diese Auffassung spricht schon die Überlegung, daß es keine Kriterien gibt, die eine eindeutige und klare Abgrenzung der atypisch stillen Gesellschaft von der als Innengesellschaft betriebenen GbR ermöglichen. Insbesondere ist es für die Annahme einer stillen Beteiligung nicht zwingend erforderlich, daß die Vermögenseinlage des Stillen in Form einer Geld- oder Sachleistung erbracht wird. Die Einlage kann in jedem geldwerten Vorteil, z. B. der Leistung von Diensten, bestehen (Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 29. Aufl., § 230 Rz. 20, m. w. N.).

Darüber hinaus treffen die Erwägungen, die den BFH veranlaßt haben, die subjektive Gewerbesteuerpflicht des atypisch still Beteiligten zu verneinen, auch auf den nicht nach außen in Erscheinung tretenden Gesellschafter einer in Form der GbR betriebenen verdeckten Mitunternehmerschaft zu. Der erkennende Senat ist in seinem Urteil in BFHE 145, 408, 420, BStBl II 1986, 311 aufgrund des Sinnzusammenhanges der Sätze 1 und 3 des § 5 Abs. 1 GewStG und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift zu dem Ergebnis gekommen, daß der atypisch stille Gesellschafter auch unter der Geltung des § 5 Abs. 1 GewStG n. F. subjektiv nicht gewerbesteuerpflichtig ist. Es seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß der Gesetzgeber die erst durch § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG i. d. F. des Steueränderungsgesetztes 1965 eingeführte Angleichung der persönlichen Gewerbesteuerpflicht des Mitunternehmers an den Umfang seiner zivilrechtlichen Haftung für die Verbindlichkeiten des Gewerbebetriebs mit Wirkung ab 1. Januar 1977 für den atypisch stillen Gesellschafter habe beseitigen wollen. Für den nach außen nicht in Erscheinung tretenden Mitunternehmer einer Innengesellschaft in Form der GbR kann nichts anderes gelten. Er kann von den Gläubigern des Unternehmens nicht persönlich für die Verbindlichkeiten des Betriebs in Anspruch genommen werden. Bei einer in Form der GbR betriebenen verdeckten Mitunternehmerschaft kann deshalb ebenso wie bei einer atypisch stillen Gesellschaft nur der nach außen auftretende Gesellschafter als Schuldner der Gewerbesteuer in Anspruch genommen werden.

Die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide sind auch nicht deshalb als rechtswidrig aufzuheben, weil das FA in diesen Bescheiden auf die Ergebnisse der Außenprüfung Bezug genommen und damit deutlich gemacht hat, daß es als Mitunternehmer des Betriebs der Klägerin die GmbH und M ansah. Insoweit handelt es sich lediglich um einen Mangel in der Begründung der Meßbescheide, der ihre Aufhebung nicht rechtfertigt (BFH-Urteil vom 10. Mai 1990 V R 136/85, BFH/NV 1991, 420).