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  BFH-Urteil vom 24.3.1998 (I R 79/97) BStBl. 1998 II S. 578

1. Über die Frage, ob eine Komplementär-GmbH verdeckt Gewinne ausgeschüttet hat, ist im Rahmen des einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahrens der KG zu entscheiden.

2. Über die Frage, ob der im Feststellungsverfahren als vGA beurteilte Vorgang eine andere Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 KStG ist, ist selbständig im Veranlagungsverfahren der Komplementär-GmbH zu entscheiden.

KStG § 8 Abs. 3, § 27 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein (EFG 1997, 1263)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren tatsächlicher Geschäftsbetrieb sich in der Geschäftsführung einer KG, erschöpft, an der sie als Komplementärin beteiligt ist.

Gesellschafter der Klägerin waren bis Anfang 1982 Frau K. und deren Söhne W. und R. Seither sind die Herren W., R. und H. Gesellschafter der Klägerin. Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war seit Gründung und bis einschließlich 1996 Herr K., der Ehemann von Frau K. und Vater der jetzigen Gesellschafter.

In den Jahren 1980/1981 fand bei der KG eine Steuerfahndungsprüfung für die Jahre 1974 bis 1978 statt. Diese stellte fest, daß "schwarz" vereinnahmte Beträge vom Geschäftsführer der Klägerin bzw. dessen Söhnen privat vereinnahmt worden waren. Unter Abzug nachweislich mit diesen Mitteln getätigter Betriebsausgaben und nach Verrechnung mit Verbindlichkeiten der KG verblieb ein entnommener Betrag in Höhe von 294.953,29 DM. In dieser Höhe wurde eine Forderung der KG gegenüber dem Geschäftsführer der Klägerin aktiviert, wobei es der KG überlassen blieb, diese Forderung auch auf die Söhne des Geschäftsführers zu verteilen. Der entsprechende Gewinnfeststellungsbescheid 1978 wurde nach Einspruchsrücknahme im Juni 1990 bestandskräftig. Die Forderung der KG wurde zuletzt im Jahresabschluß der KG zum 31. Dezember 1988 ausgewiesen.

Im Rahmen von Betriebsprüfungen für die Jahre 1986 bis 1988 bei der KG und der Klägerin wurde die Forderung in Höhe von 294.953,29 DM mangels Werthaltigkeit in der Prüferbilanz zum 31. Dezember 1986 mit 0 DM bewertet. Die Forderungsabschreibung erhöhte den Verlust der KG für 1986 auf ./. 411.444 DM. Diesen Verlust hatte die Klägerin nach dem Gesellschaftsvertrag der KG in voller Höhe zu tragen. Die gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1986 erhobene Klage wurde im März 1995 zurückgenommen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) legte der Körperschaftsteuerfestsetzung der Klägerin für 1986 den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid der KG für 1986 zugrunde. Dabei berücksichtigte er den festgestellten Verlustanteil voll, setzte aber in Höhe der ausgebuchten Forderung eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) einkommenserhöhend an und sah hierin zugleich eine andere Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1986, die das Finanzgericht abwies (Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 1263).

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung der §§ 8 und 27 KStG und beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Körperschaftsteuerbescheid 1986 zu ändern und die Körperschaftsteuer auf 0 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet.

1. Über die Frage, ob die Abschreibung der Forderung im Streitjahr oder möglicherweise bereits die Entnahme der "schwarz" eingenommenen Betriebseinnahmen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. November 1996 I R 126/95, BFHE 182, 358) in den Jahren bis 1978 eine vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG war, ist gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung (AO 1977) im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der KG für die betreffenden Jahre zu entscheiden, da die bezeichneten Vorgänge den Gewinn der KG und damit den festzustellenden Gewinnanteil der Klägerin berühren (vgl. BFH-Urteile vom 6. August 1985 VIII R 280/81, BFHE 144, 386, BStBl II 1986, 17; vom 12. März 1980 I R 186/76, BFHE 130, 296, BStBl II 1980, 531; vom 15. November 1967 IV R 139/67, BFHE 90, 399, BStBl II 1968, 152; vom 9. Juni 1994 IV R 47 - 48/92, BFH/NV 1995, 103). Der festgestellte Gewinnanteil ist in festgestellter Höhe bei der Veranlagung der Komplementär-GmbH anzusetzen (§ 182 Abs. 1 AO 1977). Für eine nochmalige Prüfung und Hinzurechnung einer vGA ist aus systematischen Gründen kein Raum mehr.

2. Ausschließlich dem Verfahren über den Körperschaftsteuerbescheid bleibt hingegen die Beantwortung der Frage vorbehalten, ob sich im Streitjahr die Körperschaftsteuer nach § 27 KStG aufgrund einer anderen Ausschüttung erhöht oder vermindert. Über diese allein körperschaftsteuerlich relevante Frage kann im Feststellungsverfahren nicht entschieden werden, da dieses sich auf die Feststellung der einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Einkünfte beschränkt (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977). Zwar ist im Regelfall eine abgeflossene vGA eine andere Ausschüttung (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 I R 26/95, BFHE 182, 190). Da aber die andere Ausschüttung i. S. des § 27 KStG nicht notwendigerweise eine vGA voraussetzt, muß die Prüfung, ob eine andere Ausschüttung vorliegt, dem Verfahren über die Körperschaftsteuerveranlagung vorbehalten bleiben.

3. Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 1 KStG ist eine Leistung einer Kapitalgesellschaft an ihren Anteilseigner in Erfüllung eines Gewinnverteilungsbeschlusses oder im Vollzug einer anderen Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 KStG. Eine andere Ausschüttung liegt vor, wenn die Leistung der Kapitalgesellschaft nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß beruht, jedoch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist und bei der Kapitalgesellschaft abgeflossen ist (vgl. BFH- Urteil vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198, m. w. N.). Auf den Streitfall bezogen folgt hieraus:

Sollte die Vereinnahmung der "schwarzen Gelder" durch die Gesellschafter der Klägerin in den Jahren 1977 und 1978 Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 KStG sein, so wären diese 1977 und 1978 bei der Klägerin abgeflossen. Für die Annahme eines Abflusses im Streitjahr 1986 besteht kein Raum. Die seinerzeitige Forderungsaktivierung wäre eine Einlage, weil sie der Rückgängigmachung einer vGA gedient hätte. Der Verzicht auf eine solche Einlageforderung im Streitjahr, sollte er überhaupt vorliegen, könnte nicht noch einmal zu einer anderen Ausschüttung führen (vgl. BFH in BFHE 182, 358).