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  BFH-Urteil vom 19.5.1998 (I R 86/97) BStBl. 1998 II S. 715

1. Auskehrungen nach Abschluß der Liquidation einer Zwischengesellschaft sind keine Gewinnanteile i. S. des § 11 Abs. 1 AStG.

2. Zur Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung sind sie wie Veräußerungsgewinne i. S. des § 11 Abs. 3 AStG zu behandeln (Bestätigung des Schreibens des BMF vom 2. Dezember 1994 IV C 7 - S 1340 - 20/94, BStBl I 1995 Sondernummer 1, Tz. 11.1.2).

AStG § 11.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war seit 1984 Alleingesellschafterin der X-AG (Zug/Schweiz), die ausschließlich passive Einkünfte aus Vermögensverwaltung erzielte. Sie hielt die Anteile im Privatvermögen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erließ gegenüber der Klägerin ab dem Feststellungsjahr 1985 Feststellungsbescheide nach § 18 des Außensteuergesetzes (AStG), die, bis einschließlich 1988, bestandskräftig wurden. Ausweislich dieser Bescheide schüttete die X-AG in diesem Zeitraum keine Gewinne aus, so daß der Gewinnvortrag der X-AG zum 31. Dezember 1988 1.210.052 sfr betrug.

Im Streitjahr 1989 wurde die X-AG liquidiert. Nach der Liquidationsschlußbilanz ergab sich zum 30. November 1989 ein Gewinnvortrag in Höhe von 1.407.686 sfr. Der Liquidationsüberschuß betrug 1.457.685 sfr, wovon 50.000 sfr "gesetzliche Reserve" waren.

In der Schweiz wurde der bezeichnete Liquidationsüberschuß als Dividende behandelt und der Verrechnungssteuer unterworfen, wobei nach Durchführung eines Erstattungsverfahrens 15 % des Bruttobetrages mit Schweizer Steuer belastet blieb.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung vertrat das FA - abweichend von seiner bisherigen Handhabung - die Auffassung, daß der für den Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis 30. November 1989 ermittelte Liquidationsüberschuß um eine Verzinsung des Aktionärsverrechnungskontos auf 1.899.027 DM zu erhöhen sei, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, und daß nach Tz. 11.1.2 des Anwendungserlasses zum AStG (vgl. BStBl I 1995, Sonder-Nr. 1) der Liquidationsüberschuß nicht als Ausschüttung i. S. des § 11 Abs. 1 AStG , sondern wie ein Veräußerungsgewinn nach § 11 Abs. 3 AStG zu behandeln und dementsprechend ein Erstattungsverfahren nach § 11 Abs. 2 AStG durchzuführen sei.

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin Anwendung des § 11 Abs. 1 AStG mit der Begründung begehrte, daß § 11 Abs. 3 AStG nur den Fall der Veräußerung erfasse, hatten keinen Erfolg.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision Verletzung des § 11 AStG und beantragt, das angefochtene Urteil und den Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1989 vom 20. März 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. August 1995 aufzuheben, den Hinzurechnungsbetrag des Jahres 1989 in Höhe von 661.704 DM um die im Jahr 1989 von der X-AG bezogenen Gewinnanteile auf 0 DM zu kürzen und, soweit die Gewinnanteile den Hinzurechnungsbetrag übersteigen, den Ausschüttungsüberschuß in Höhe von 1.237.323 DM zur Durchführung des Erstattungsverfahrens i. S. des § 11 Abs. 2 AStG festzustellen und dem Kalenderjahr 1985 mit 340.159 DM, 1986 mit 371.914 DM und 1987 mit 321.103 DM zuzuordnen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Anträge der Klägerin, den Hinzurechnungsbetrag 1989 in Höhe von 661.704 DM um Gewinnanteile auf 0 DM zu kürzen und, soweit die Gewinnanteile den Hinzurechnungsbetrag übersteigen, den Ausschüttungsüberschuß in Höhe von 1.237.323 DM zur Durchführung des Erstattungsverfahrens festzustellen und den Kalenderjahren 1985, 1986 und 1987 zuzuordnen, sind schon deswegen unbegründet, da weder der Hinzurechnungsbetrag noch der Überschuß Gegenstand des Feststellungsbescheides sind. Der in den Anträgen der Klägerin sinngemäß enthaltene Antrag, den ausgekehrten Liquidationsgewinn als Gewinnanteil festzustellen, ist ebenfalls unbegründet. Die Vorentscheidung ist gleichwohl aufzuheben, da noch Feststellungen zur Höhe der festgestellten Zwischeneinkünfte zu treffen sind.

1. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AStG sind die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 14 AStG gesondert festzustellen. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Senats sind als Besteuerungsgrundlagen in diesem Sinne anzusehen die nach § 7 Abs. 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte, die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG abziehbaren Steuern, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b AStG vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmenden Gewinnanteile und die nach § 11 Abs. 1 AStG den Hinzurechnungsbetrag kürzenden Gewinnanteile (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. November 1992 I R 38/92, BFHE 169, 376, BStBl II 1993, 177, m. w. N.). Nicht Gegenstand der Feststellung ist demgegenüber der Hinzurechnungsbetrag i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juli 1985 I R 104/82, BFHE 144, 539, BStBl II 1986, 129; vom 15. März 1995 I R 14/94, BFHE 177, 263, BStBl II 1995, 502). Da somit der Hinzurechnungsbetrag als solcher nicht Gegenstand der Feststellung ist, können im Feststellungsbescheid nach § 18 AStG auch keine Feststellungen zur Kürzung des Hinzurechnungsbetrages und zur Höhe des den Hinzurechnungsbetrag übersteigenden Gewinnanteils getroffen werden (vgl. auch zum Ausschüttungsüberschuß BFH-Urteil in BFHE 144, 539, BStBl II 1986, 129; Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuerrecht, § 18 AStG Rdnr. 12 a).

2. Das Finanzgericht (FG) hat zu Recht entschieden, daß die Besteuerung des der Klägerin zugeflossenen Liquidationsüberschusses nicht zu einer Kürzung des Hinzurechnungsbetrages nach § 11 Abs. 1 AStG führen, sondern nur im Rahmen eines Erstattungsverfahrens nach § 11 Abs. 3 AStG berücksichtigt werden kann:

a) Die Frage, ob Liquidationsgewinne unter das Tatbestandsmerkmal "Gewinnanteil" des § 11 Abs. 1 AStG zu subsumieren sind, ist streitig (vgl. z. B. Flick/Wassermeyer/Becker, a. a. O., § 8 AStG Rdnr. 96 b, § 11 AStG Rdnr. 11, § 19 AStG Rdnrn. 43 a, 45; Burmester, Recht der Internationalen Wirtschaft/Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters - RIW/AWD - 1987, 298, m. w. N.; Menck in Blümich, Einkommensteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, § 11 AStG Rdnr. 7; Krabbe in Lademann, Einkommensteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 11 AStG Rdnr. 19; vgl. z. B. auch Kommentar zum OECD-Musterabkommen, Art. 13 Tz. 31; Piltz, Deutsches Steuerrecht 1989, 133). Nach Überzeugung des erkennenden Senats können die Liquidationsauskehrungen nicht als Gewinnanteile i. S. des § 11 Abs. 1 AStG angesehen werden.

Der Ausdruck "Gewinnanteil" des § 11 Abs. 1 AStG entspricht dem "Gewinnanteil" des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Danach sind "Gewinnanteile" einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich nur die Dividenden und ggf. sonstige Bezüge aus Aktien u. ä., wozu auch die verdeckten Gewinnausschüttungen gehören (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 1997 I R 32/95, BFHE 183, 496, BStBl II 1998, 176). Nicht zu den Gewinnanteilen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören nach der Systematik des § 20 Abs. 1 EStG die in § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG genannten Bezüge wie beispielsweise die nach Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft anfallenden Liquidationsauskehrungen. Diese sieht das Gesetz daher grundsätzlich nicht als Gewinnanteile i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG an. Zwar werden Liquidationsraten im Ergebnis wie Gewinnanteile als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert. Dies gilt aber nach der ausdrücklichen und der Systematik des Anrechnungsverfahrens entsprechenden Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG nur für die Auskehrungen nach Liquidation einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft. Diese Voraussetzung kann eine Zwischengesellschaft nach § 7 AStG per se nicht erfüllen. Dieser Rückgriff auf die einkommensteuerlichen Vorschriften entspricht der Systematik der Hinzurechnungsbesteuerung, die den Hinzurechnungsbetrag zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG rechnet (§ 10 Abs. 2 AStG). Das Gesetz geht mithin im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung von fiktiven Ausschüttungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus. Nur Ausschüttungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG werden folglich in den Grenzen des § 11 Abs. 1 und 2 AStG - zur Vermeidung einer doppelten steuerlichen Erfassung - rückgängig gemacht.

b) Die Auskehrung des Liquidationsüberschusses ist nach steuerrechtlichem Begriffsverständnis aber auch keine Veräußerung, so daß sie begrifflich nicht unter § 11 Abs. 3 AStG zu subsumieren ist. Dies folgt aus § 16 Abs. 3 und § 17 Abs. 4 EStG. So mußte in § 16 Abs. 3 EStG im Wege einer Fiktion die einer Liquidation vergleichbare Aufgabe des Gewerbebetriebs der Veräußerung ausdrücklich gleichgestellt werden. In ähnlicher Weise ordnet § 17 Abs. 4 EStG an, die Vorschriften über die Veräußerung wesentlicher Anteile an Kapitalgesellschaften entsprechend anzuwenden, wenn die Gesellschaft aufgelöst wird. Eine vergleichbare Regelung enthält § 11 Abs. 3 AStG für die Liquidation nicht.

c) Fallen damit Liquidationsraten tatbestandsmäßig weder unter § 11 Abs. 1 noch § 11 Abs. 3 AStG, so besteht eine Gesetzeslücke, die planwidrig ist. Dies folgt aus Sinn und Zweck sowie Systematik der Hinzurechnungsbesteuerung.

Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG wird der Hinzurechnungsbetrag wie Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG behandelt und gilt unmittelbar nach Ablauf des maßgebenden Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft als zugeflossen. Werden die dem Hinzurechnungsbetrag zugrundeliegenden Einkünfte tatsächlich ausgeschüttet oder erhält der Gesellschafter aufgrund einer Veräußerung seiner Anteile mittelbar die bisher nicht ausgeschütteten Einkünfte über den Kaufpreis, so muß zur Vermeidung einer vom AStG nicht beabsichtigten doppelten Erfassung der Einkünfte ein Ausgleich stattfinden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 496, BStBl II 1998, 176, m. w. N.).

d) Diese planwidrige Gesetzeslücke des § 11 AStG ist nach einhelliger Auffassung durch Analogie zu schließen. Streitig ist indessen die Form ihrer Berücksichtigung: Während die Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 2. Dezember 1994 IV C 7 - S 1340 - 20/94, BStBl I 1995 Sondernummer 1, Tz. 11.1.2) und ein Teil des Schrifttums (Blümich/Menck, a. a. O., § 11 AStG Anm. 7) insoweit lediglich die Erstattung der durch die Hinzurechnung ausgelösten Steuer nach Maßgabe des § 11 Abs. 3 AStG zulassen wollen, befürworten andere für den Fall der Liquidation eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 1 und 2 AStG (Burmester, RIW/AWD 1987, 298; Krabbe in Lademann, a. a. O., § 11 AStG Rdnr. 19; Telkamp, Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft im Ausland?, 1975, Rdnr. 370/1; nicht eindeutig Flick/Wassermeyer/Becker, a. a. O., § 11 AStG Anm. 11 einerseits und Anm. 50 a andererseits). Der Senat schließt sich insoweit der erstgenannten Auffassung an, da sie besser als die Gegenansicht dem Gesetzeszweck und der Gesetzessystematik des § 11 AStG entspricht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 496, BStBl II 1998, 176, m. w. N.; vgl. auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., 381; Tipke, Steuerrechtsordnung, 1303 ff., m. w. N.).

aa) Die Hinzurechnungsbesteuerung des AStG beruht konzeptionell darauf, daß - wie dargestellt - in den von ihr betroffenen Fällen gegenüber dem inländischen Gesellschafter einer ausländischen Gesellschaft die vollständige Ausschüttung der von der Gesellschaft erzielten Gewinne fingiert wird. Auf diese Weise soll verhindert werden, daß diese Gewinne bei der (niedrig besteuerten) ausländischen Gesellschaft angesammelt (thesauriert) und so auf unbestimmte Zeit der deutschen Besteuerung entzogen werden (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks VI/2883, 27 ff.). Hiermit sollte es nach dem Willen des Gesetzgebers aber auch sein Bewenden haben; insbesondere war nicht beabsichtigt, über die Beseitigung unberechtigter Steuervorteile hinaus den Gesellschafter einer Zwischengesellschaft einer Besteuerung zu unterwerfen, die diejenige bei rein inländischen Beteiligungen übersteigt (vgl. Nr. 32 des Regierungsentwurfs bei Flick/Wassermeyer/Becker, a. a. O., Gesetzesmaterialien zu § 7 AStG).

bb) Die in § 11 Abs. 1 und 2 AStG getroffenen Regelungen zielen daher inhaltlich darauf ab, eine doppelte steuerliche Berücksichtigung ein und desselben Ertrags zu verhindern. Diese Doppelbesteuerung wird durch § 11 Abs. 1 und 2 AStG neutralisiert, indem die durch die Hinzurechnung ausgelöste Steuer gleichsam auf die ausschüttungsbedingte Steuer angerechnet wird (vgl. im einzelnen Flick/Wassermeyer/Becker, a. a. O., § 11 AStG Anm. 4). Im wirtschaftlichen Ergebnis bewirken § 11 Abs. 1 und 2 AStG mithin, daß die zunächst erfolgte Hinzurechnungsbesteuerung durch die Ausschüttungsbesteuerung ersetzt wird ("Vorrang der normalen Besteuerung": Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehungen, 2. Aufl., Tz. 1051).

cc) Für den Fall der Veräußerung der Gesellschaftsanteile sieht das Gesetz zwar auch einen Ausgleich zur Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung vor. Dieser ist jedoch in der Weise begrenzt, daß die Anrechnung nur bis zu dem Betrag erfolgen kann, der auf der anderen Seite als Steuer auf den Veräußerungsgewinn anfällt. Dahinter steht erkennbar der Gedanke, daß die steuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns zwar nicht zu einer doppelten Besteuerung, andererseits aber auch nicht zu einer steuerlichen Entlastung des Gesellschafters gegenüber der ursprünglichen Hinzurechnungsbesteuerung soll führen können. Würde nämlich auch in Veräußerungsfällen eine Regelung nach Art des § 11 Abs. 1 und 2 AStG gelten, so würde diese bewirken, daß die zur tariflichen Besteuerung führende Hinzurechnung durch die begünstigte (§ 17 Abs. 3 und § 34 EStG) Besteuerung des Veräußerungsgewinns ersetzt würde. Hierdurch würde es zu einem teilweise ersatzlosen Wegfall der Hinzurechnungssteuer führen, da diese durch die niedrigere Steuer auf den Veräußerungsgewinn nicht vollständig ausgeglichen würde. Ein solches Ergebnis hat der Gesetzgeber durch die in § 11 Abs. 3 AStG angeordnete Begrenzung der Erstattung vermeiden wollen. Diese Zielrichtung kommt zwar in den Gesetzesmaterialien nicht unmittelbar zum Ausdruck; doch läßt sich anders die unterschiedliche Behandlung von Gewinnanteilen (§ 11 Abs. 1 und 2 AStG) einerseits und Veräußerungsgewinnen (§ 11 Abs. 3 AStG) andererseits nicht erklären.

dd) Ist aber die in § 11 Abs. 3 AStG getroffene Regelung auf diese Weise mit der einkommensteuerrechtlichen Begünstigung von Veräußerungsgewinnen verknüpft, so muß sie in bezug auf Liquidationsgewinne entsprechend gelten. Denn diese stehen einkommensteuerrechtlich den Veräußerungsgewinnen gleich (§ 17 Abs. 4 EStG) und werden insbesondere ebenso wie jene einer begünstigten Besteuerung unterworfen. Etwas anderes gilt nur insoweit, als die Kapitalrückzahlung im Rahmen einer Liquidation als Gewinnanteil (Dividende) gilt (§ 17 Abs. 4 Satz 3 EStG), was aber die unbeschränkte Steuerpflicht der liquidierten Gesellschaft voraussetzt (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Im Ergebnis unterliegen deshalb Gewinne aus der Liquidation einer Zwischengesellschaft aus der Sicht des Einkommensteuerrechts derselben ermäßigten Besteuerung wie Veräußerungsgewinne, was nach der Systematik des § 11 AStG und den dahinter stehenden Wertungen des Gesetzgebers dafür spricht, sie ebenfalls der Regelung des § 11 Abs. 3 AStG zu unterstellen.

ee) Hinzu kommt, daß es anderenfalls in Liquidationsfällen zu einer Anrechnung auf den Hinzurechnungsbetrag selbst dann kommen könnte, wenn die Liquidation selbst überhaupt nicht zu einer Steuerbelastung des Anteilseigners führt. Diese Situation würde insbesondere dann eintreten, wenn der einzelne Anteilseigner selbst nicht wesentlich i. S. des § 17 EStG beteiligt ist, alle unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter zusammen aber mehr als 50 v. H. der Anteile an der Zwischengesellschaft halten. In diesem Fall würde - bei Beteiligungen im Privatvermögen - die Realisierung eines Liquidationsgewinns nicht zu einer einkommensteuerlichen Belastung der Gesellschafter führen. Könnte gleichwohl der Liquidationsgewinn uneingeschränkt mit früheren Hinzurechnungen verrechnet werden, so wäre die Folge, daß die durch die Hinzurechnungen ausgelöste Steuer ersatzlos entfiele. Eine solche Handhabung würde weit über das Ziel der Vermeidung einer Doppelbesteuerung hinausschießen und wäre mit der Systematik des Gesetzes, die allein auf dieses Ziel hin ausgelegt ist, nicht vereinbar.

ff) Zu einer abweichenden Beurteilung führt nicht der Umstand, daß es sich bei § 11 Abs. 3 AStG um eine Sonderregelung für die Behandlung von Veräußerungsgewinnen handelt, die zudem erst in einem späten Stadium Eingang in das Gesetzgebungsverfahren gefunden hat (vgl. Flick/Wassermeyer/Becker, a. a. O., § 11 AStG "Gesetzgebungsverfahren"). Denn es ist zwar richtig, daß die Einfügung der Vorschrift in das Gesetz vor allem deshalb erforderlich war, weil der Veräußerungsgewinn aus einer Leistung des Anteilserwerbers resultiert und schon aus diesem Grunde nicht unter den Begriff "Gewinnanteile" i. S. des § 11 Abs. 1 und 2 AStG subsumiert werden kann (Flick/Wassermeyer/Becker, a. a. O., § 11 AStG Anm. 47). Auch wenn dies der Grund für die Einfügung einer Sonderregelung zu Veräußerungsgewinnen gewesen sein mag, hat bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Regelung jedoch erkennbar der Gesichtspunkt der Vermeidung einer "Überkompensation" den Ausschlag gegeben: Der Gesetzgeber wollte die "Wohltat" der uneingeschränkten Verrechnung zwischen Hinzurechnungsbeträgen und Gewinnanteilen nur dort gewähren, wo letztere der vollen Besteuerung unterliegen und hierdurch die Besteuerung der verrechneten Hinzurechnungsbeträge ausgeglichen wird; einen teilweisen Fortfall der Hinzurechnungsbesteuerung wollte er offenbar nicht in Kauf nehmen. Anderenfalls hätte er für Veräußerungsfälle die Regelungen in § 11 Abs. 1 und 2 AStG übernehmen oder für entsprechend anwendbar erklären können, was er indessen gerade nicht getan hat.

3. Mit Urteil vom 21. Januar 1998 I R 3/96 (BFHE 185, 262) hat der Senat entschieden, daß eine nur eigenes Vermögen verwaltende Zwischengesellschaft jedenfalls dann ihre Einkünfte nach §§ 8, 9 EStG zu ermitteln hat, wenn die an ihr Beteiligten die Beteiligung im Privatvermögen halten. Das ist hier der Fall. Da das FG von der noch im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegenden Rechtsprechung des Senats, die mittlerweile aufgegeben wurde, ausgegangen ist, muß es nunmehr Feststellungen zur Höhe der Zwischeneinkünfte nach den Grundsätzen der §§ 8, 9 EStG treffen.

4. Über Billigkeitsmaßnahmen kann aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht entschieden werden (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 8. September 1993 I R 30/93, BFHE 172, 304, BStBl II 1994, 81, m. w. N.).