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  BFH-Beschluß vom 29.7.1999 (VII E 6/99) BStBl. 1999 II S. 756

Der Streitwert bei Rechtsstreitigkeiten, welche die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses einschließlich der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Verfahren nach § 284 AO 1977 betreffen, ist im Regelfall auf 50% der rückständigen Steuerbeträge, aus denen vollstreckt wird, anzunehmen (Bestätigung der Rechtsprechung). Der Streitwert darf jedoch den Höchstbetrag von 1 Mio. DM nicht übersteigen (Änderung der Rechtsprechung).

AO 1977 § 284; BRAGO § 57 Abs. 2 Nr. 4, § 58 Abs. 3 Nr. 11; GKG § 5 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 und Abs. 3, § 14 Abs. 1 und Abs. 3, § 25 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz.

Sachverhalt

Durch Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. März 1998 VII B 280/97 wurde die vom Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs kostenpflichtig als unzulässig verworfen. Das FG hatte in der angefochtenen Entscheidung die Klage des Kostenschuldners gegen die vom Finanzamt (FA) angeordnete Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) als unbegründet abgewiesen. Mit Kostenrechnung wurde dem Kostenschuldner für das erfolglose Beschwerdeverfahren, ausgehend von einem Streitwert von 50 % der rückständigen Steuerforderungen (= 1,75 Mio. DM), die vorgesehene volle Gebühr für das Verfahren über die Beschwerde vor dem BFH in Höhe von 8.305 DM auferlegt (Nr. 3402 des Kostenverzeichnisses in der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 i. V. m. § 11 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG -).

Hiergegen wendet sich der Kostenschuldner mit der Erinnerung. Es sei nicht erkennbar weshalb ein Streitwert in Höhe der Hälfte des beizutreibenden Betrags zugrunde gelegt worden sei. Da er ohne pfändbare Habe sei und sein in Deutschland bezogenes Gehalt schon zur Zeit der Anhängigkeit des Verfahrens bis auf den Pfändungsfreibetrag gepfändet gewesen sei, habe das FA realistischerweise nicht damit rechnen können, irgendwelche Mittel beizutreiben. Außerdem habe er ein Vermögensverzeichnis bereits unterzeichnet und abgegeben und auch eine gesonderte eidesstattliche Versicherung hierzu. Sein Aufwand hätte somit nur darin bestanden, sich zur zuständigen Behörde zu begeben und dort das Verzeichnis nochmals zu unterschreiben. Dafür seien zwei Stunden angemessen, wofür nach dem Zeugen- und Sachverständigenentschädigungsgesetz ein Geschäftswert von 40 DM anzusetzen sei. Das Oberlandesgericht Karlsruhe bewerte das Abwehrinteresse des Schuldners mit den Kosten der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe. Die dafür entstehenden Kosten beliefen sich, ausgehend von einem Höchststreitwert in Höhe von 3.000 DM gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO), gemäß § 57 Abs. 1, § 58 Abs. 3 Nr. 8 BRAGO auf eine Gebühr in Höhe von 168 DM.

Die bisherige Entscheidungspraxis des BFH trüge jedenfalls im Streitfall die Festsetzung des Streitwerts auf die Hälfte des beizutreibenden Betrags nicht. Im vor liegenden Verfahren betrage der Rückstand 3, 6 Mio. DM während in dem dem Urteil des BFH vom 8. März 1977 VII R 3/76 (BFHE 122, 8, BStBl II 1977, 614) zugrundeliegenden Fall dieser Betrag nur knapp 32.000 DM ausgemacht habe. Nach dem diese Entscheidung bestätigenden Beschluß des BFH vom 20. April 1993 VII E 8/92 (BFH/NV 1994, 118) solle der Ansatz von 50% der rückständigen Steuerbeträge auch lediglich "in der Regel" zum Zuge kommen. Ein solcher Regelfall liege im Streitfall aber nicht vor weil er alles Erforderliche zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung getan habe und lediglich eine "entsprechende Erklärung von (vor?) der zuständigen Behörde" fehlte. Entgegen der für den Regelfall geltenden Annahme, daß vor der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht vorauszusehen sei, ob überhaupt und ggf. in welcher Höhe spätere Vollstreckungsmaßnahmen Aussicht auf Erfolg hätten, sei im Streitfall sehr wohl vorauszusehen gewesen, daß sich aus der eidesstattlichen Versicherung nichts Neues ergeben würde und spätere Vollstreckungsmaßnahmen fruchtlos bleiben würden. Der Streitwertansatz sei daher nicht angemessen. Es sei auch die absolute Höhe des Streitwerts bei der Bemessung zu berücksichtigen. Folge man der Rechtsprechung des BFH, so würden diesseits 5% der rückständigen Beträge als Streitwert für angemessen erachtet.

Der Vertreter der Staatskasse beim BFH ist der Erinnerung entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung hat Erfolg. Die Kostenrechnung für das Rechtsmittelverfahren entspricht im Ergebnis nicht dem Gesetz.

1. Mit der Erinnerung können Einwendungen erhoben werden, die sich unmittelbar gegen den Kostenansatz oder auch nur mittelbar gegen den Kostenansatz richten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GKG), wenn nämlich der dem Kostenansatz vom Kostenbeamten zugrunde gelegte Streitwert beanstandet wird (BFH/NV 1994, 118; s. auch BFH-Beschluß vom 17. Februar 1994 VII E 3/93, BFH/NV 1994, 819, st. Rspr.). Im Streitfall hat nicht der Senat in der zugrundeliegenden gerichtlichen Entscheidung den Streitwert festgesetzt, weil er hierzu nach § 25 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz GKG in der ab 1. Januar 1977 geltenden Fassung des Art. 9 des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 1. November 1996 (BGBl I, 1626, 1630) nicht verpflichtet war, sondern der Kostenbeamte im Zuge der Berechnung der anzusetzenden Gerichtskosten. Die vom Kostenschuldner erhobenen Einwendungen gegen den der Kostenrechnung zugrunde gelegten Streitwert konnten daher richtigerweise mit der Erinnerung geltend gemacht werden.

2. In Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Nur wenn der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG ein Streitwert von 8.000 DM anzunehmen. Im Rechtsmittelverfahren vor dem BFH bestimmt sich der Streitwert in der Regel nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 14 Abs. 1 Satz 1 GKG). Handelt es sich um eine Nichtzulassungsbeschwerde, ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert (§ 14 Abs. 3 GKG). Im Streitfall ist daher zu unterstellen, daß der Kostenschuldner mit seinem Rechtsmittel die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils, das ihn zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, begehrte. Damit entspricht der Streitwert im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde im Streitfall dem Streitwert vor dem FG, bei dem es dem Kostenschuldner bereits um die Aufhebung der ihn zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtenden Verwaltungsentscheidungen ging. Dieser Streitwert ist nach § 13 Abs. 1 GKG zu bestimmen.

Bei dem Festbetrag nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG handelt es sich um einen Auffangwert, der immer nur dann festzusetzen ist, wenn eine individuelle Bemessung nicht möglich ist, weil hinreichende Anhaltspunkte fehlen. Wie der Senat in nunmehr ständiger Rechtsprechung (BFHE 122, 8, BStBl II 1977, 614; BFH/NV 1994, 118) entschieden hat, lassen sich in einem Verfahren wegen Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 284 AO 1977 (bzw. früher § 332 der Reichsabgabenordnung) regelmäßig Anhaltspunkte dafür feststellen, welche Bedeutung die Sache für den Kläger hat. So liegt der Anordnung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ein genau bezifferter Steuerrückstand zugrunde, aus dem vollstreckt wird. Dieser Betrag bildet zumindest einen Anknüpfungspunkt für das finanzielle Interesse, das der Kläger mit dem von ihm betriebenen Verfahren verfolgt. Ist damit die sich für den Kläger ergebende Bedeutung der Sache aus seinem Antrag zu entnehmen, muß der Streitwert nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmt werden (zustimmend Oestreich/Winter/Hellstab, Gerichtskostengesetz, Kommentar, Teil 6.2 "Vermögensverzeichnis").

Der Festbetrag nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG hat gesetzessystematisch hingegen nur subsidiäre Bedeutung, und findet demzufolge in Verfahren nach § 284 AO 1977 regelmäßig keine Anwendung (vgl. Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 10.383/10, 10.479). Nicht zu folgen ist daher der vom FG München (Beschluß vom 31. Juli 1980 VIII (XI) 243/76 AO, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG 1980, 616) und vom FG Bremen (Beschluß vom 14. März 1991 II 209/90 K, EFG 1991, 628) vertretenen gegenteiligen Auffassung (referiert bei Schall, Der Streitwert im Steuerprozeß - Die Rechtsprechung seit 1987 -, Deutsche Steuer-Zeitung 1992, 97, 104). In einem Verfahren, in dem es um die Rechtmäßigkeit des Verlangens des FA auf Vorlage eines Vermögensverzeichnisses geht, aus dem sich ggf. für das FA bisher unentdeckte Vollstreckungsmöglichkeiten ergeben, kommt es nach Auffassung des Senats vielleicht nicht ausschließlich, aber jedenfalls auch auf die Höhe der Rückstände an. Je höher nämlich die Rückstände sind, desto mehr wird der Vollstreckungsschuldner interessiert sein, etwa unentdecktes Vermögen, auf welches dann der Fiskus unweigerlich zugreifen würde, nicht zu offenbaren. Daß der Vollstreckungsschuldner mit seiner Weigerung, dem Verlangen des FA auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nachzukommen, daneben noch andere Absichten verfolgt, etwa seine Kreditwürdigkeit bei Banken nicht zu gefährden oder berufliche oder gesellschaftliche Nachteile zu vermeiden, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Es genügt, daß der rückständige Steuerbetrag zumindest ein tragfähiger Anknüpfungspunkt für das damit zu beziffernde finanzielle Interesse ist, welches der Kläger mit dem von ihm betriebenen Verfahren verfolgt.

3. Soweit aus der Neuregelung in § 58 Abs. 3 Nr. 11 BRAGO (jetzt i.V.m. § 57 Abs. 2 Nr. 4 BRAGO), wonach der Gegenstandswert, d. h. der Honorar- (und damit auch der Gerichtskosten-)streitwert, in Verfahren über den Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 der Zivilprozeßordnung auf den Höchstbetrag von 2.400 DM (jetzt 3.000 DM) beschränkt ist, gefolgert wird, dies müsse als allgemeiner Rechtsgedanke auch für das entsprechende Verfahren nach § 284 AO 1977 gelten (so FG München, EFG 1980, 617), ist dem ebenfalls nicht zu folgen. Die Regelung der BRAGO, die im übrigen in erster Linie auch von dem (ausweislich des Vollstreckungstitels) rückständigen Betrag einschließlich der Nebenforderungen als Gegenstandswert ausgeht, diesen jedoch durch den genannten Höchstbetrag begrenzt, hat keine Auswirkungen auf den Anwendungsbereich des GKG. Dort fehlt eine entsprechende Regelung. Sie wäre vom Gesetzgeber zu erwarten gewesen, hätte er es gewollt daß der ohnehin geringe Auffangstreitwert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in diesem doch recht häufig vorkommenden Fall noch unterschritten wird. Die Regelung der BRAGO kann somit allenfalls die bei der Bestimmung des Streitwerts nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG vorzunehmende Ermessensentscheidung beeinflussen (Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, a. a. O., Tz. 10.383/10).

4. Der beschließende Senat hält auch nach erneuter Überprüfung an seiner Rechtsprechung fest, wonach der Streitwert bei Rechtsstreitigkeiten, die die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im Verfahren gemäß § 284 AO 1977 betreffen, auf einen Bruchteil der Steuerrückstände, aus denen vollstreckt wird, zu bemessen ist. Für die Bestimmung der Höhe des Bruchteils ist zu berücksichtigen, daß vor der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht vorauszusehen ist, ob diese überhaupt zur Aufdeckung weiteren Vermögens des Vollstreckungsschuldners führen wird, in welches die Vollstreckung dann betrieben werden kann. Auch das Ausmaß der möglichen späteren Vollstreckung ist nicht im voraus kalkulierbar. In vielen Fällen wird es auch nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht möglich sein, vollstreckbare Werte ausfindig zu machen. Andererseits ist es nicht auszuschließen, daß es infolge des Verfahrens nach § 284 AO 1977 zu einer teilweisen, im Einzelfall auch zu einer vollständigen Befriedigung der rückständigen Forderungen kommen kann. Daher hält der Senat grundsätzlich an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, den Streitwert in diesen Fällen in der Regel mit 50% der rückständigen Steuerbeträge anzunehmen.

Der Streitfall bietet keinen Anlaß, von diesem Regelsatz abzuweichen. Abweichungen hiervon sind nach Auffassung des Senats beispielsweise denkbar, wenn der Vollstreckungsschuldner auf die Aufforderung des FA, ein Vermögensverzeichnis mit anschließender eidesstattlicher Versicherung abzugeben, dem FA ein ordnungsgemäßes Vermögensverzeichnis vorgelegt hat, das FA daraufhin von der Vollständigkeit und Richtigkeit der darin gemachten Angaben überzeugt ist und von der zweiten Stufe des Verfahrens, das abgegebene Verzeichnis durch eidesstattliche Versicherung zu bekräftigen, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen absieht (§ 284 Abs. 3 AO 1977; s. dazu Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 284 AO Rz. 53f.), es dann aber doch zu einem Rechtsstreit darüber kommt. In einem solchen Fall dürfte die Ermessensentscheidung der Behörde, die zur Folge hat, daß es zunächst nicht zur Eintragung in das Schuldnerverzeichnis kommt, für den Vollstreckungsschuldner in finanzieller Hinsicht mindestens ebenso wichtig sein wie die anfängliche Ermessensentscheidung der Behörde, das Offenbarungsverfahren überhaupt einzuleiten und zunächst die Abgabe eines Vermögensverzeichnisses zu verlangen. In einem solchen Fall wäre es vertretbar, je 25% für jeden der beiden Bestandteile der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 AO 1977 anzusetzen, so daß insgesamt wiederum der Regelsatz von 50% der Rückstände erreicht wäre.

Eine solche Abweichung vom Regelsatz kommt im Streitfall aber nicht in Betracht. Denn nach den Feststellungen des FG ist offengeblieben, ob der Kostenschuldner, wie behauptet, dem Leiter der Vollstreckungsstelle des FA überhaupt ein vollständiges Vermögensverzeichnis mit Richtigkeitserklärung gemäß § 249 Abs. 2, § 95 AO 1977 angeboten hat, dessen Annahme aber vom FA abgelehnt worden sei. Einen entsprechenden Niederschlag in den Akten habe ein solches Angebot, im Gegensatz zu anderen Besprechungsergebnissen jedenfalls nicht gefunden. Erst recht hat das FG nicht feststellen können, daß ein Vermögensverzeichnis beim FA abgegeben worden ist. Das insoweit neue tatsächliche Vorbringen des Klägers kann daher bei der Frage nach dem zutreffenden Streitwert nicht berücksichtigt werden. Schließlich hat der Senat keine Anhaltspunkte in den Akten gefunden, wonach die vom Kostenschuldner behaupteten Vorgänge im Rahmen der ersten Stufe des Verfahrens nach § 284 AO 1977 stattgefunden hätten. Aus der Urteilsbegründung des FG ergibt sich lediglich, daß der Kostenschuldner möglicherweise außerhalb des Verfahrens nach § 284 AO 1977, nämlich bei Verhandlungen vor dem Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ein Vermögensverzeichnis mit Richtigkeitsversicherung nach § 249 Abs. 2, § 95 AO 1977 angeboten hat. Dies reicht für die Annahme eines besonderen Falles, der beim Streitwert eine Abweichung vom Regelsatz rechtfertigen würde, nicht aus.

Ebenso kann der Kostenschuldner für seine Ansicht nicht mit Erfolg geltend machen, es sei im Streitfall sehr wohl vorauszusehen gewesen, daß sich aus der eidesstattlichen Versicherung nichts Neues ergeben würde und spätere Vollstreckungsmaßnahmen fruchtlos bleiben würden. Wäre dies der Fall, hätte das FG der Klage wegen eines Ermessensfehlers des FA stattgeben müssen (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Mai 1989 VII B 205/88, BFH/NV 1990, 79; Müller-Eiselt, a. a. O., § 284 AO Rz. 54). Statt dessen hat das FG ausdrücklich hervorgehoben, daß es aufgrund der bisher in ihrem Bestand, ihrem Umfang und ihrer Werthaltigkeit nach ungeklärten unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungen des Kostenschuldners an ausländischen Unternehmen hinreichende Anhaltspunkte für etwa doch vorhandene weitere Vollstreckungsmöglichkeiten gebe, welche die Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung rechtfertigten.

5. Die Erinnerung ist gleichwohl im Ergebnis begründet. Das Argument, es sei für die Bemessung des Streitwerts nicht lediglich der Bruchteil der Steuerrückstände maßgeblich, sondern auch deren absolute Höhe, führt im Streitfall zum Erfolg.

Die Bemessung des Streitwerts nach dem Bruchteil der Steuerrückstände (hier 50%) wird regelmäßig der Erwartung gerecht, daß mit ansteigender Höhe der Steuerrückstände auch die durch die eidesstattliche Versicherung aufzudeckenden, bisher verborgenen Vermögenswerte in entsprechender Höhe ansteigen werden. Mit anderen Worten: Wer hohe Steuerrückstände hat, von dem ist eher anzunehmen, daß er bislang unbekanntes Vermögen besitzt als derjenige, der nur mit relativ niedrigen Beträgen im Rückstand ist. Insofern ist es gerechtfertigt, daß sich der Vollstreckungsschuldner, der mit einem hohen Betrag im Rückstand ist, höheren Gerichtskosten ausgesetzt sieht, wenn er gegen die Anordnung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch das FA gerichtlich vorgeht, als derjenige Vollstreckungsschuldner, der mit einem niedrigeren Betrag in Rückstand ist. Der Senat kann sich der Auffassung des Kostenschuldners im Streitfall aber nicht verschließen, daß dieses Prinzip irgendwann, wenn die Steuerrückstände zu hoch sind, seine Grenzen findet. Es wird eine Betragsgrenze geben, ab der eine Kongruenz im vorstehenden Sinne nicht mehr gegeben sein wird, bei deren Überschreiten also nicht mehr davon ausgegangen werden kann, daß sich verborgenes Vermögen entsprechend dem höheren Steuerrückstand ausfindig machen lassen wird. Der Senat bemißt diese Grenze nach seinem Ermessen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG) auf 1 Mio. DM. Damit verbleibt es bei der Bemessung des Streitwerts nach dem Regelsatz von 50% der Steuerrückstände; der Streitwert darf jedoch den Höchstbetrag von 1 Mio. DM nicht übersteigen. Insofern ändert der Senat seine bisherige Rechtsprechung.

Zur Begründung kann sich der Senat zunächst auf die vergleichbare Regelung in § 13 Abs. 3 GKG stützen, wonach in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz der Streitwert nicht über 1 Mio. DM angenommen werden darf. Diese Regelung, die vorwiegend im Interesse der öffentlichen Hand für den Fall ihres Unterliegens bei Streitigkeiten über Eigentums- und sonstige Ansprüche im Zusammenhang mit enteignenden und enteignungsgleichen Maßnahmen in der früheren DDR eingeführt worden ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl. 1999, § 13 GKG Rz. 21), soll es den Beteiligten ersichtlich ermöglichen, den Streitwert bei Ansprüchen auf Rückübertragung eines Grundstücks, für die regelmäßig der hohe aktuelle Verkehrswert maßgeblich ist, begrenzt und damit das Prozeßrisiko überschaubar zu halten. Möglicherweise wird der Beteiligte dadurch erst in die Lage versetzt, seine Ansprüche überhaupt erst unter Berücksichtigung seiner finanziellen Möglichkeiten wirtschaftlich vernünftig geltend zu machen, seine Rechte also zu verfolgen. Eine vergleichbare Situation besteht - hinsichtlich seiner Rechtsverteidigung - für den Vollstreckungsschuldner, der mit sehr hohen Steuerrückständen in Verzug ist und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung aufgefordert worden ist. Zwar hat hier der Gesetzgeber eine ähnliche gesetzliche Regelung nicht getroffen. Dies verbietet es aber nicht, den Gedanken der Begrenzung des Prozeßrisikos auch bei der Streitwertbemessung für Verfahren nach § 284 AO 1977 im Rahmen der nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG zu treffenden Ermessensentscheidung nutzbar zu machen. Eine Anwendung dieses unmittelbar in der einschlägigen Vorschrift des § 13 GKG zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedankens auf den Streitfall erscheint dem Senat näherliegender als die vom Kostenschuldner vorgeschlagene Anwendung der BRAGO-Regelung.

Entscheidende Bedeutung kommt jedoch dem Argument zu, welches das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einer kürzlich ergangenen Entscheidung aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem daraus folgenden Verbot, den Zugang zu den Gerichten in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren, abgeleitet und mit der Umschreibung formuliert hat, Gerichtskosten und Streitwert dürften nicht so unangemessen hoch festgesetzt werden, daß es dem Bürger praktisch unmöglich gemacht werde, das Gericht anzurufen (BVerfG, Beschluß vom 31. Oktober 19961 BvR 1074/93, Neue Juristische Wochenschrift 1997, 311). Eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs kann nach Auffassung des BVerfG nicht nur vorliegen, wenn das Kostenrisiko die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des einzelnen übersteigt, sondern auch schon dann, wenn das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten wirtschaftlichen Erfolg derart außer Verhältnis steht, daß die Anrufung der Gerichte nicht mehr sinnvoll erscheint.

Der Senat folgt dieser Rechtsprechung des BVerfG und entscheidet, daß die Festsetzung eines Streitwerts von mehr als 1 Mio. DM für finanzgerichtliche Verfahren wegen Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 AO 1977 mit den vom BVerfG aufgestellten Grundsätzen nicht vereinbar ist. Zwar sind die Gerichtskosten, die aufgrund der erfolglosen Nichtzulassungsbeschwerde des Kostenschuldners beim BFH vom Kostenbeamten nach der bisherigen Rechtsprechung zutreffend bei einem Streitwert von 1,75 Mio. DM mit 8.305 DM angesetzt worden sind, als solche nicht zu hoch und angesichts der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bei separater Betrachtung nicht zu beanstanden. Der Senat hat jedoch auch die im Klageverfahren in erster Instanz vor dem FG angefallenen Gerichtskosten in seine Überlegungen miteinzubeziehen. Dafür hat der Kostenschuldner nach seinem Vortrag eine Kostenrechnung über 29.067,50 DM (bei einem angenommenen Streitwert von 1.752.257 DM) erhalten. In der Zusammenschau der Gerichtskosten vor dem FG und vor dem BFH ergibt sich für den Vollstreckungsschuldner eine Belastung, die der Senat im Hinblick auf den mit dem Verfahren angestrebten Erfolg als unverhältnismäßig ansieht. Sie ist geeignet, die Rechtsverfolgung durch den Kostenschuldner in unzumutbarer Weise zu erschweren und Vollstreckungsschuldner in vergleichbaren Fällen von einer gerichtlichen Anfechtung des Verwaltungsakts sogar abzuhalten. Auch deshalb hält es der Senat für gerechtfertigt und angebracht, den Streitwert in solchen Angelegenheiten auf höchstens 1 Mio. DM zu begrenzen.

6. Da die mit der Erinnerung beanstandete Kostenrechnung hinsichtlich ihres Ausgangspunkts, des zugrunde gelegten Streitwerts, diesen Grundsätzen nicht entspricht, ist sie aufzuheben. Die Sache geht an den Kostenbeamten (Kostenstelle) des BFH zurück, der unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats eine neue Kostenrechnung unter Ansatz eines Höchststreitwerts von 1 Mio. DM zu erstellen haben wird.