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  BFH-Urteil vom 23.9.1999 (IV R 4/98) BStBl. 2000 II S. 5

1. Die für einen reinen Forstbetrieb mögliche Umstellung eines mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahrs auf das Wirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis 30. September des Folgejahrs (sog. Forstwirtschaftsjahr) ist nur im Einvernehmen mit dem FA zulässig.

2. Die Versagung der Zustimmung für die Umstellung des Wirtschaftsjahrs auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum ist eine Ermessensentscheidung, die das FA durch einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt ausspricht; dieser ist Grundlagenbescheid für das Veranlagungsverfahren i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977.

EStG § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. EStDV § 8c; EStG § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. EStDV § 8b; AO 1977 § 171 Abs. 10; FGO § 74.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1998, 354)

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 1995 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und ermittelte seine forstwirtschaftlichen Einkünfte durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das Kalenderjahr. Mit Vertrag vom 27. Dezember 1995 veräußerte der Kläger 3,2886 ha Wald und 0,1769 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen für insgesamt 30.000 DM.

Bei der Veranlagung für das Streitjahr erhöhte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die von den Klägern erklärten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um 14.216 DM auf 43.737 DM. Der Gewinnerhöhung lag das Waldwertgutachten der Amtlichen Forstwirtschaftlichen Sachverständigen vom 7. Juni 1996 zugrunde, das von einem Teilwert der veräußerten Waldflächen von 55.179 DM ausging, der zu 48 v.H. auf den Waldboden und zu 52 v.H. auf den Waldbestand entfiel.

Einspruch und Klage, mit der die Kläger erstmals beantragten, die forstwirtschaftlichen Einkünfte für das Wirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis 30. September zugrunde zu legen, blieben ohne Erfolg. Im Klageverfahren legten die Kläger Gewinnermittlungen für die Wirtschaftsjahre 1994/95 (Verlust in Höhe von 178 DM) und 1995/96 (Gewinn in Höhe von 36.706 DM) vor, so dass sich für das Streitjahr 1995 Einkünfte in Höhe von 9.043 DM ergaben. Das Finanzgericht (FG) führte in seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 354 veröffentlichten Entscheidung im wesentlichen aus: Im Klageverfahren könne das Wirtschaftsjahr nicht mehr vom Kalenderjahr auf den Zeitraum vom 1. Oktober bis 30. September umgestellt werden. Eine derartige Umstellung sei zwar grundsätzlich zulässig; das Wahlrecht müsse aber vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das bisherige Wirtschaftsjahr ende, ausgeübt werden (so Urteil des FG Münster vom 9. März 1976 VI 191/75 F, EFG 1976, 379; a. A. Weber-Grellet in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 4a Rdnr. B 75). Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung lasse eine rückwirkende Wahlrechtsausübung nicht zu.

Die Kläger rügen mit ihrer vom FG zugelassenen Revision die Verletzung materiellen Rechts. Sie sind der Auffassung, die Umstellung des Gewinnermittlungszeitraums vom Kalenderjahr auf ein davon abweichendes Wirtschaftsjahr sei noch bis zur Bestandskraft der Einkommensteuerveranlagung zulässig, weil § 8c Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) eine Sonderregelung zu § 8c Abs. 1 EStDV sei.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht befugt war, den Gewinnermittlungszeitraum im Klageverfahren zu ändern, anstelle des Kalenderjahrs das Forstwirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis 30. September zu wählen und der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr nachträglich Einnahmen-Überschussrechnungen für die Wirtschaftsjahre 1994/95 und 1995/96 zugrunde zu legen.

a) Wie das FA zutreffend ausgeführt hat, steht dem Forstwirt, ungeachtet der von ihm gewählten Gewinnermittlungsart, ein dreifaches Wahlrecht zur Bestimmung des Gewinnermittlungszeitraums zu. Als Land- und Forstwirt ist für ihn nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG das Normal-Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni maßgebend. Für einen Betrieb mit reiner Forstwirtschaft kann nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 8c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder § 8c Abs. 2 Satz 1 EStDV aber auch der Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 30. September oder das Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr bestimmt werden.

b) Wie diese Wahlrechte erstmalig auszuüben sind und wie die einmal getroffene Entscheidung zum Wirtschaftsjahr geändert werden kann, haben Gesetz- und Verordnungsgeber nur lückenhaft geregelt. So sieht etwa § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG i.V.m. § 8b Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStDV bei einem buchführenden Steuerpflichtigen vor, dass er sein mit dem Kalenderjahr übereinstimmendes Wirtschaftsjahr nur im Einvernehmen mit dem FA auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr umstellen kann; dies gilt auch für die Umstellung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs auf ein anderes vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, nicht aber für die Umstellung auf das Kalenderjahr als Gewinnermittlungszeitraum. Ebenso wird in § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG das finanzamtliche Einvernehmen vorausgesetzt, wenn ein Gewerbetreibender, dessen Firma in das Handelsregister eingetragen ist, sein Wirtschaftsjahr auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum umstellt.

c) Soweit § 8c Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 EStDV in Ausfüllung der Ermächtigung in § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG es zulässt, dass einzelne Gruppen von Land- und Forstwirten, namentlich auch der Forstwirt, ein vom Normal-Wirtschaftsjahr der Landwirte abweichendes Wirtschaftsjahr bestimmen können, betrifft dies nach Auffassung des Senats nur die erstmalige Bestimmung des Wirtschaftsjahrs bei Eröffnung oder Erwerb eines entsprechenden Betriebs. Dies folgt zum einen daraus, dass die Umstellung des Wirtschaftsjahrs in § 8b EStDV geregelt ist, zum anderen sieht § 8c Abs. 2 Satz 2 EStDV eine Sonderregelung für die Umstellung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs auf das Kalenderjahr vor. Damit aber fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung zur Umstellung eines mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahrs auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr für nichtbuchführende Land- und Forstwirte.

2. a) Nach Auffassung des erkennenden Senats erfordert die dargelegte lückenhafte Regelung zur Umstellung von Wirtschaftsjahren für den nichtbuchführenden Forstwirt die analoge Anwendung bestehender Vorschriften. Aus der buchführende Steuerpflichtige betreffenden Regelung des § 8b Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStDV ergibt sich, dass die Umstellung des mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahrs auf ein davon abweichendes Wirtschaftsjahr nur im Einvernehmen mit dem FA zulässig ist. Die gleiche Rechtsfolge sehen auch § 4a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 EStG für die Gewerbetreibenden vor, die allein zu einer Umstellung des Wirtschaftsjahrs befugt sind, weil ihre Firma in das Handelsregister eingetragen ist oder weil sie gleichzeitig buchführende Land- und Forstwirte sind. In all diesen Fällen ist die Umstellung auf ein mit dem Kalenderjahr übereinstimmendes Wirtschaftsjahr jederzeit ohne Beteiligung der Finanzbehörde zulässig, die im umgekehrten Fall aber ihr Einvernehmen erteilen muss. Gehen Gesetz- und Verordnungsgeber daher offenkundig davon aus, dass die mit dem einkommensteuerrechtlichen Jahresprinzip des § 2 Abs. 7 EStG nicht übereinstimmende Wahl des Gewinnermittlungszeitraums finanzbehördlichen Einvernehmens bedarf, weil die Zurechnung der Gewinne besonderen und unterschiedlichen Regeln folgt und dadurch auch - wie im Streitfall beabsichtigt - Gewinnverlagerungen ermöglicht, so gelten diese Erwägungen in gleicher Weise für den nichtbuchführenden Landwirt. Nach Auffassung des Senats kann der Land- und Forstwirt mit Einnahmen-Überschussrechnung oder Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bei der Umstellung des Wirtschaftsjahrs nicht anders behandelt werden als der Land- und Forstwirt, der regelmäßig Abschlüsse macht. Dies folgt nicht zuletzt aus der Regelung, wonach die den Gewinnermittlungszeitraum betreffenden Wahlrechte den Land- und Forstwirten unabhängig von der jeweiligen Gewinnermittlungsart zustehen (s. o. 1. a).

b) Im Streitfall liegt das danach erforderliche Einvernehmen mit der Umstellung des mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahrs auf das Forst-Wirtschaftsjahr nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Versagung der Zustimmung für die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum eine Ermessensentscheidung, die das FA durch einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt ausspricht (vgl. z.B. Senatsurteil vom 24. Januar 1963 IV 46/62 S, BFHE 76, 385, BStBl III 1963, 142, und BFH-Urteil vom 15. Juni 1983 I R 76/82, BFHE 139, 146, BStBl II 1983, 672, m.w.N.), der Grundlagenbescheid für das Veranlagungsverfahren i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO 1977) ist (Senatsurteil vom 18. März 1964 IV 284/63 U, BFHE 79, 197, BStBl III 1964, 304, 306; Bauer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 4a EStG Anm. 68). Die danach fehlende Entscheidung über den Grundlagenbescheid, der das Einvernehmen mit der Umstellung des Wirtschaftsjahrs zum Gegenstand hat, führt im Streitfall allerdings nicht zur Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO. Der Kläger hat im finanzgerichtlichen Verfahren weder beachtliche betriebswirtschaftliche Gründe für die begehrte Umstellung vorgebracht, noch hat er einen formellen Antrag auf Umstellung des Wirtschaftsjahrs gestellt und das dazu erforderliche Rumpf-Wirtschaftsjahr vom 1. Januar bis zum 30. September 1994 gebildet.

c) Nach alledem kommt es im Streitfall weder auf die Frage an, ob das Wahlrecht nur befristet, noch auch rückwirkend ausgeübt werden kann.

3. Die Kläger haben allerdings vorgetragen, das Regel-Wirtschaftsjahr für Forstwirte sei der Zeitraum vom 1. Oktober bis 30. September des Folgejahrs. Die Umstellung auf dieses Regel-Wirtschaftsjahr müsse jederzeit und ohne finanzbehördliches Einvernehmen zulässig sein, wie dies für Gewerbetreibende gelte, die zustimmungsfrei auf das mit dem Kalenderjahr übereinstimmende Wirtschaftsjahr übergehen könnten. Dem kann der Senat nicht folgen. Ist es schon zweifelhaft, ob das Gesetz von einem Regel-Wirtschaftsjahr für Gewerbetreibende ausgeht, deren Firma in das Handelsregister eingetragen ist, so stehen jedenfalls für den Forstwirt Kalenderjahr und Forst-Wirtschaftsjahr nicht in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zueinander. Auch für den Forstwirt ist grundsätzlich das Normal- Wirtschaftsjahr der Land- und Forstwirte gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG maßgebend; das besondere Forst- Wirtschaftsjahr oder das mit dem Kalenderjahr übereinstimmende Wirtschaftsjahr werden auch dem Forstwirt erst durch § 8c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 EStDV wahlweise eingeräumt. Ein Regel-Ausnahmeverhältnis, das den Verzicht auf das Zustimmungserfordernis rechtfertigen könnte, besteht daher allenfalls zwischen dem Normal- Wirtschaftsjahr der Land- und Forstwirte einerseits und dem Regel-Wirtschaftsjahr der Forstwirte oder dem Kalenderjahr andererseits.