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  BFH-Urteil vom 24.2.2000 (IV R 75/98) BStBl. 2000 II S. 314

1. Schuldzinsen, die ein Ehegatte auf seine Darlehensverbindlichkeit zahlt, kann der andere Ehegatte auch dann nicht bei Ermittlung seiner Einkünfte abziehen, wenn die Darlehensbeträge zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern seines Betriebsvermögens verwendet wurden.

2. Schließt ein Dritter im eigenen Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag und leistet er selbst die geschuldeten Zahlungen, so sind die Aufwendungen als solche des Steuerpflichtigen abziehbar, wenn es sich um Geschäfte des täglichen Lebens handelt. Bei Dauerschuldverhältnissen führt eine Abkürzung des Vertragswegs dagegen nicht zu abziehbaren Aufwendungen des Steuerpflichtigen.

EStG § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Abs. 4, § 18.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1998, 270)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine 1989 verstorbene Ehefrau (E), die seit 1982 als selbständige Heilpraktikerin tätig war, wurden im Streitjahr 1982 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Den Gewinn aus selbständiger Arbeit ermittelte E durch Einnahmen-Überschussrechnung. Um die Einrichtung für die Praxis der E zu finanzieren, belieh der Kläger 1982 verschiedene von ihm als Versicherungsnehmer abgeschlossene Lebensversicherungen. Die Versicherer überwiesen die Darlehensbeträge auf das Konto einer GmbH, an der der Kläger beteiligt war; von dort wurden die Rechnungen beglichen, die E von ihren Gläubigern erhalten hatte. Im Streitjahr zahlte der Kläger für die Darlehen Zinsen in Höhe von 6.004 DM. Die GmbH erhielt von E erstmals Ende 1983 in unregelmäßigen Abständen Barzahlungen und Überweisungen, die als "Darlehensrückzahlung" bzw. - in einem Fall - als "Vorauszahlungszinsen" bezeichnet wurden.

In ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr setzte E die vom Kläger gezahlten Schuldzinsen in Höhe von 6.004 DM als Betriebsausgaben ab. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ diese Betriebsausgaben nach einer Betriebsprüfung nicht mehr zum Abzug zu, weil es sich dabei nicht um Aufwendungen der E handele.

Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 270 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG und der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid für 1982 dahin zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 6.004 DM berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zu Recht hat das FG die vom Kläger auf das von ihm aufgenommene Darlehen geleisteten Schuldzinsen nicht zum Abzug als Betriebsausgaben seiner verstorbenen Ehefrau zugelassen.

1. Betriebsausgaben sind die durch den Betrieb veranlassten Aufwendungen (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Dazu gehören auch Schuldzinsen für Darlehen, die zur Anschaffung betrieblicher Wirtschaftsgüter verwendet wurden (Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Juli 1990 GrS 2 - 3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817). Allerdings ist § 4 Abs. 4 EStG insofern unvollständig, als er nicht regelt, wer die Aufwendungen getragen hat. Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich - wie der Große Senat des BFH für den Bereich der Überschusseinkünfte entschieden hat - aus dem Grundsatz der persönlichen Leistungsfähigkeit und dem daraus abgeleiteten Nettoprinzip, wonach der Steuerpflichtige die Aufwendungen i.S. des § 9 Abs. 1 EStG persönlich tragen muss (Beschluss des BFH vom 23. August 1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, 166, BStBl II 1999, 782). Diese Erwägungen gelten auch für die Gewinneinkünfte (Beschluss des BFH vom 23. August 1999 GrS 5/97, BFHE 189, 174, BStBl II 1999, 774), was durch die für die Gewinnermittlung allgemein geltenden Grundsätze bestätigt wird. Danach gilt für die steuerliche Gewinnermittlung der Maßgeblichkeitsgrundsatz. Nach § 242 des Handelsgesetzbuchs (HGB) darf der Kaufmann in seiner Handelsbilanz nur das eigene Vermögen ansetzen. Dieser Grundsatz gilt auch für Besteuerungszwecke. Deshalb muss jede Aufwendung, die in der Gewinn- und Verlustrechnung angesetzt werden soll, das Vermögen des Kaufmanns, d.h. sein Eigenkapital mindern (Wassermeyer, Der Betrieb - DB - 1999, 2488). Diese Voraussetzungen liegen jedoch im Streitfall nicht vor.

a) Nach den Feststellungen des FG erbrachte E im Streitjahr, anders als in den dem Streitjahr folgenden Jahren 1983 und 1984, selbst keine Zinszahlungen, die als Betriebsausgaben bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus selbständiger Arbeit abziehbar wären. Die geltend gemachten Aufwendungen wurden vielmehr vom Kläger in Erfüllung einer eigenen Darlehensverbindlichkeit geleistet. Ob in diesem Fall Drittaufwand vorliegt, kann dahinstehen, weil der Große Senat des BFH in seiner Entscheidung in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 eine Abziehbarkeit von Drittaufwand abgelehnt hat.

b) Im Streitfall sind auch nicht die Voraussetzungen eines abgekürzten Zahlungswegs gegeben, die ausnahmsweise einen Abzug der Aufwendungen ermöglichen würden. Nach der vom Großen Senat (in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 zu C. IV. 1. c, aa) gebilligten Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 26. Januar 1989 IV R 300/84, BFHE 155, 552, BStBl II 1989, 411) wird unter einem abgekürzten Zahlungsweg die Zuwendung eines Geldbetrags an den Steuerpflichtigen in der Weise verstanden, dass der Zuwendende im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld tilgt, statt ihm den Geldbetrag unmittelbar zu überlassen. Der Kläger zahlte die Schuldzinsen jedoch nicht mit dem für § 267 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erforderlichen "Drittleistungswillen" (vgl. Seibert, Juristenzeitung - JZ - 1981, 380, 383), sondern zur Erfüllung einer eigenen Darlehensverbindlichkeit.

2. Zu Unrecht leitet der Kläger eine Abzugsberechtigung seiner Frau unter Hinweis auf die "Abkürzung des Vertragswegs" her.

a) Zwar trifft es zu, dass der Große Senat die Beurteilung von Leistungen im sog. abgekürzten Vertragsweg ausdrücklich offen gelassen hat (in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 zu C. IV. 1. c, bb). In diesem vom abgekürzten Zahlungsweg zu unterscheidenden Fall (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 9 Rz. 71) schließt der Dritte im eigenen Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag und leistet auch selbst die geschuldeten Zahlungen. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann es jedenfalls bei Bargeschäften des täglichen Lebens auf die Unterscheidung zwischen einem abgekürzten Zahlungs- und einem abgekürzten Vertragsweg nicht ankommen (Wassermeyer, DB 1999, 2486). Bei "Geschäften für den, den es angeht," ist dem Vertragspartner die Person des Leistenden ebenso gleichgültig wie beim abgekürzten Zahlungsweg. Es macht daher keinen Unterschied, ob der Dritte gegenüber dem Steuerpflichtigen auf eine Bargeldschenkung verzichtet und für Rechnung des Steuerpflichtigen an dessen Gläubiger leistet (BFH in BFHE 189, 160, 167, BStBl II 1999, 782) oder ob er seinem Vertragspartner vorenthält, dass er im Namen des Steuerpflichtigen, also in fremdem Namen handelt. In beiden Fällen handelt der Dritte nicht für eigene Rechnung, sondern für Rechnung des Steuerpflichtigen.

Bei Dauerschuldverhältnissen sind diese Voraussetzungen jedoch nicht gegeben. Das gilt insbesondere dann, wenn der von dem Dritten abgeschlossene Vertrag auf Nutzungsüberlassung gerichtet ist. So hat der BFH zutreffend den Abzug von Mietzahlungen eines Vaters bei den Aufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung des Sohnes abgelehnt (BFH-Urteil vom 13. März 1996 VI R 103/95, BFHE 180, 139, BStBl II 1996, 375). In diesen Fällen leistet der Dritte stets für eigene Rechnung und wendet dem Steuerpflichtigen nur ein obligatorisches und ungesichertes Nutzungsrecht zu, das nicht wie ein Wirtschaftsgut aktiviert und abgeschrieben werden kann. So liegt es auch im Streitfall, in dem der Kläger der E lediglich die Nutzungsmöglichkeit des Darlehens zugewandt hat. Diese Nutzung führt nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348) zu keiner Einlage und berührt damit nicht die Gewinnermittlung der E (gl. A. Wolff-Diepenbrock, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1999, 1642, 1643).

b) Im Streitfall ist auch zweifelhaft, ob der Kläger tatsächlich den Darlehensvertrag im Interesse der Steuerpflichtigen abschloss. Nach den die Jahre 1983 und 1984 betreffenden Feststellungen des FG, die der Entscheidung des Senats vom 26. November 1998 IV R 66/97 (BFH/NV 1999, 788) zugrunde gelegen haben, leistete E Darlehensrück- und Zinszahlungen an den Kläger. Nach den Angaben des Klägers beruhten diese Leistungen auf einer mündlichen Abrede zwischen ihm und E, wonach er ihr die von den Versicherern gegebenen Darlehen als verzinsliche Darlehen zur Verfügung gestellt habe. Der Kläger kann aber nicht einerseits ein Darlehen für seine Ehefrau aufgenommen und ihr dieses Darlehen zugleich im Rahmen einer neuen Vereinbarung weitergeleitet haben.