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BFH-Beschluss vom 16.8.2001 (V B 51/01)
BStBl. 2001 II S. 767 1. Eine Änderung des Rubrums einer Klageschrift ist auch dann möglich, wenn eine Klage gegen einen an den Ehemann gerichteten Steuerbescheid nach dem Wortlaut der Klageschrift im Namen der Eheleute erhoben wurde, es aber von Anfang an klar erkennbar war, dass die Ehefrau nur versehentlich im Rubrum der Klageschrift mitaufgeführt war. 2. Eine Zurückverweisung der Sache an das FG gemäß § 116 Abs. 6 FGO erübrigt sich, wenn der Verfahrensmangel durch Aufhebung des angegriffenen Urteils beseitigt werden kann. Das Revisionsgericht kann in solchen Fällen abschließend entscheiden. FGO a.F. § 115 Abs. 2 Nr. 3; FGO § 65 Abs. 1, § 116 Abs. 6. Vorinstanz: FG des Landes Sachsen-Anhalt Sachverhalt I. Die Beschwerdeführerin ist mit einem Dachdecker verheiratet, der für das Streitjahr 1994 zur Umsatzsteuer veranlagt worden war. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Prozessbevollmächtigte im Namen "der Eheleute" Klage gegen die "Einspruchsentscheidung der Beklagten vom 6. Febr. 1997 und den Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 7. Mai 1996". Mit Schreiben vom 4. Februar 1999 machte der Berichterstatter die Prozessbevollmächtigte darauf aufmerksam, dass die Klage der Ehefrau (Beschwerdeführerin) unzulässig sein dürfte. Die Prozessbevollmächtigte führte daraufhin im Schriftsatz vom 26. Juli 1999 nur noch den Ehemann der Beschwerdeführerin als Kläger auf. In der mündlichen Verhandlung am 11. August 1999 erklärte sie, dass die Beschwerdeführerin aufgrund eines Büroversehens in der Klageschrift aufgeführt sei. Der Anregung des Vorsitzenden, die Klage zurückzunehmen, kam sie nicht nach. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab. Es war der Auffassung, dass eine Richtigstellung nur aufgrund einer Klagerücknahme möglich gewesen sei. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit der vorliegenden Beschwerde; sie rügt - Verletzung der richterlichen Rechtspflicht zur Berichtigung eines Klagerubrums auf Antrag, - Verletzung der richterlichen Aufklärungs-, Belehrungs- und Prozessleitungspflicht, - Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör. Der Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) ist der Revision entgegengetreten. Entscheidungsgründe II. Die Beschwerde führt zur ersatzlosen Aufhebung der Vorentscheidung. Die Zulässigkeit der Beschwerde richtet sich gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze - 2. FGOÄndG - (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567) nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, da die Vorentscheidung am 20. September 2000 verkündet worden ist. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO a.F.) ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil des FG bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F.). Das Urteil beruht auf einem von der Beschwerdeführerin gerügten Verfahrensmangel. Nach § 65 Abs. 1 FGO muss die Klageschrift zwar den (richtigen) Kläger bezeichnen. Die Klageschrift ist jedoch eine Prozesshandlung, für die grundsätzlich die Auslegungsregel der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, vor § 33 Anm. 14). Es ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Deshalb ist eine Änderung des Rubrums einer Klageschrift möglich, sofern für Gericht und Gegner von Anfang an klar erkennbar ist, wer durch die (unrichtige) Parteibezeichnung als Partei angesprochen werden sollte (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. November 1975 I ZR 93/74, Versicherungsrecht 1976, 286). Aufgrund der Adressierung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids und der Einspruchsentscheidung war für das FG und das FA von Anfang an klar, dass nur der Ehemann der Beschwerdeführerin als Kläger in Betracht kam; für das FG galt dies jedenfalls seit dem Erhalt der Steuerakten. Bei verständiger Würdigung lag auf der Hand, dass die Ehefrau nur versehentlich im Rubrum der Klageschrift mitaufgeführt war. Das FG hätte deshalb die Berichtigung des Rubrums durch die Prozessbevollmächtigte akzeptieren müssen. Die Aufhebung der Vorentscheidung beruht auf § 116 Abs. 6 FGO i.d.F. des 2. FGOÄndG. Art. 4 2. FGOÄndG steht dem nicht entgegen, da diese Vorschrift nur die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine vor dem 1. Januar 2001 verkündete Entscheidung betrifft, die weitere Behandlung dieses Rechtsbehelfs aber grundsätzlich nach neuem Recht erfolgt. Die Vorschrift des § 116 Abs. 6 FGO ermächtigt den Bundesfinanzhof zwar nur dazu, den Rechtsstreit nach Aufhebung des angefochtenen Urteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Eine solche Zurückverweisung erübrigt sich jedoch, wenn der Verfahrensmangel durch Aufhebung des angegriffenen Urteils beseitigt werden kann und es daher einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG nicht bedarf. Unter derartigen Umständen steht einer abschließenden Entscheidung durch das Revisionsgericht nichts entgegen (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 1999 7 B 281/98, Die Öffentliche Verwaltung 1999, 836).
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