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BFH-Urteil vom 27.3.2001 (I R 42/00)
BStBl. 2001 II S. 771 Bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung kann der im bisherigen Unternehmen entstandene Geschäftswert auf die neu gegründete Betriebsgesellschaft übergehen. Soweit dies der Fall ist, liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung darin, dass die Betriebs-GmbH dem bisherigen Einzelunternehmer ein angemessenes Entgelt für den übergegangenen Geschäftswert zahlt. KStG § 8 Abs. 3 Satz 2. Vorinstanz: FG des Saarlandes (EFG 2000, 698) Sachverhalt I. Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung ein Geschäftswert entgeltlich übertragen worden ist. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1991 (Streitjahr) gegründet. Von ihrem Stammkapital in Höhe von 50.000 DM hielten im Streitjahr F 25.500 DM und U.M. 24.500 DM, wobei F als Treuhänder für N.M. - den Vater des U.M. - handelte. Zum 2. Januar 1991 erwarb die Klägerin alle beweglichen materiellen Wirtschaftsgüter eines bis dahin von N.M. geführten Einzelunternehmens (Schreinereibetrieb). Das unbewegliche Betriebsvermögen jenes Unternehmens mietete sie von N.M. an. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass hierdurch zwischen N.M. und der Klägerin eine Betriebsaufspaltung begründet wurde. Zugleich mit der Übertragung der materiellen beweglichen Wirtschaftsgüter vereinbarte die Klägerin die Übertragung des Geschäftswerts des Einzelunternehmens. Dessen Wert setzten die Vertragsparteien mit 50.000 DM an. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) sah in dem entgeltlichen Erwerb des Geschäftswerts eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) und erhöhte deshalb im Rahmen der Körperschaftsteuer-Veranlagung für das Streitjahr das von der Klägerin erklärte Einkommen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte im Streitpunkt Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 698 abgedruckt. Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Es beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Körperschaftsteuer in der Weise festzusetzen, dass der streitige Betrag einkommenserhöhend angesetzt wird. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe II. Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen: 1. Das FA ist in dem angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass die Klägerin von N.M. keinen Geschäftswert erworben habe und dass demzufolge die für die Übertragung des Geschäftswerts getroffene Entgeltsvereinbarung zu einer vGA führe. Dem ist das FG nicht gefolgt. Diese Entscheidung des FG ist aus revisionsrechtlicher Sicht im Ergebnis nicht zu beanstanden. a) Nach den Feststellungen des FG erwarb die Klägerin im Streitjahr die beweglichen Wirtschaftsgüter des bis dahin von N.M. betriebenen Einzelunternehmens. Zugleich mietete sie die unbeweglichen Wirtschaftsgüter jenes Unternehmens und führte den bisherigen Geschäftsbetrieb des Einzelunternehmens fort. Der Senat geht - in Übereinstimmung mit den Beteiligten und dem FG - davon aus, dass hierdurch eine Betriebsaufspaltung zwischen N.M. einerseits (Besitzunternehmen) und der Klägerin andererseits (Betriebsgesellschaft) begründet wurde. b) Ob und unter welchen Voraussetzungen bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung der im bisherigen Unternehmen entstandene Geschäftswert auf die Betriebsgesellschaft übertragen wird, wird im Schrifttum unterschiedlich beurteilt (vgl. einerseits Schmidt, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 15 Rz. 878; andererseits Schneeloch, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1991, 804, 805). Die Frage ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zwar wiederholt entschieden, dass eine Betriebsaufspaltung nicht notwendig den Übergang des Geschäftswerts auf das Betriebsunternehmen nach sich zieht (BFH-Urteile vom 28. Juni 1989 I R 25/88, BFHE 158, 97, BStBl II 1989, 982; I R 34/88, BFH/NV 1990, 264; vom 12. Mai 1993 XI R 58, 59/92, BFHE 171, 282, DStR 1993, 1174). Das bedeutet jedoch nicht, dass der Geschäftswert immer und unter allen Umständen beim Besitzunternehmen verbleibt (ebenso Schneeloch, DStR 1991, 804, 805). Die Zuordnung des Geschäftswerts ist in Fällen dieser Art vielmehr von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. aa) Der Geschäftswert ist derjenige Wert, der einem gewerblichen Unternehmen über den Substanzwert (Verkehrswert) der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter hinaus innewohnt (Senatsurteil vom 27. März 1996 I R 60/95, BFHE 180, 548, BStBl II 1996, 576; Weber-Grellet in Schmidt, a.a.O., § 5 Rz. 221, m.w.N.). Er ist Ausdruck der Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit diese nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, sondern durch den Betrieb eines lebenden Unternehmens gewährleistet erscheinen (BFH-Urteil vom 14. Januar 1998 X R 57/93, BFHE 185, 230, DStR 1998, 887, 889). Angesichts dessen ist er unmittelbar mit dem Betrieb als solchem verwoben, so dass er grundsätzlich nicht ohne diesen veräußert oder entnommen werden kann (Senatsurteil vom 24. November 1982 I R 123/78, BFHE 137, 59, BStBl II 1983, 113, 114; BFH in BFHE 185, 230, DStR 1998, 887, 889, m.w.N.). bb) Von der hiernach unzulässigen isolierten Übertragung des Geschäftswerts ist indessen der Fall zu unterscheiden, in dem ein Unternehmen den Betrieb eines anderen ganz oder teilweise übernimmt und hierbei geschäftswertbildende Faktoren von dem übertragenden Unternehmen auf das übernehmende übergehen. In dieser Situation geht der Geschäftswert des übertragenden Unternehmens weder notwendigerweise unter (Senatsurteil in BFHE 180, 548, BStBl II 1996, 576, 577, m.w.N.) noch verbleibt er immer bei dem übertragenden Unternehmen. Vielmehr folgt er denjenigen geschäftswertbildenden Faktoren, die durch ihn verkörpert werden. Das gilt nicht nur im Fall der Übertragung eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils (dazu z.B. BFH-Urteile vom 30. März 1994 I R 52/93, BFHE 175, 33, BStBl II 1994, 903; vom 14. Dezember 1993 VIII R 13/93, BFHE 174, 503, BStBl II 1994, 922, 925, m.w.N.), sondern ebenso im Fall der Realteilung (hierzu BFH-Urteil vom 1. Dezember 1992 VIII R 57/90, BFHE 170, 320, BStBl II 1994, 607, 614) und bei der Aufspaltung und Veräußerung eines für sich lebensfähigen Betriebsteils (Senatsurteil in BFHE 180, 548, BStBl II 1996, 576). cc) Im Fall der Begründung einer Betriebsaufspaltung gelten die vorstehend erläuterten Regeln sinngemäß. Auch hier ist es denkbar, dass geschäftswertbildende Faktoren - z.B. eine besonders qualifizierte Arbeitnehmerschaft oder eine spezielle betriebliche Organisation - nach der Aufspaltung des bislang einheitlichen Betriebs fortan nicht mehr dem fortbestehenden Besitzunternehmen, sondern der neu gegründeten Betriebsgesellschaft zur Verfügung stehen und nur von ihr sinnvoll genutzt werden können. In einer solchen Situation kann der Geschäftswert zumindest dann auf die Betriebsgesellschaft übergehen, wenn diese erstens ihrer Organisation und Struktur nach eigenständig am Wirtschaftsleben teilnehmen kann und zweitens die Nutzungsmöglichkeit der Betriebsgesellschaft auf Dauer angelegt ist und ihr nicht vorzeitig entzogen werden kann. Jedenfalls unter diesen Voraussetzungen kann deshalb der Geschäftswert gegen Entgelt auf die Betriebsgesellschaft übertragen werden. Ob eine solche Gestaltung zwingend ist oder ob in den genannten Fällen gleichermaßen die Möglichkeit besteht, der Betriebsgesellschaft den Geschäftswert (nur) zur Nutzung zu überlassen, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Der Senat geht nicht davon aus, dass im Fall der Betriebsaufspaltung hinsichtlich des Geschäftswerts immer nur eine Nutzungsüberlassung in Betracht kommt. Eine solche Betrachtung mag angezeigt sein, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen an die Betriebsgesellschaft nur verpachtet worden sind (Senatsurteil vom 31. März 1971 I R 111/69, BFHE 102, 73, BStBl II 1971, 536; BFH in BFHE 185, 230, DStR 1998, 887). Jedoch reicht es für die Annahme einer Betriebsaufspaltung in sachlicher Hinsicht aus, dass nur eine der wesentlichen Betriebsgrundlagen der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassen wird (BFH-Urteil vom 17. November 1992 VIII R 36/91, BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233; Schmidt, a.a.O., § 15 Rz. 808). So kann eine Betriebsaufspaltung z.B. dann vorliegen, wenn die Betriebsgesellschaft nur das Betriebsgrundstück anmietet und ihr alle übrigen Wirtschaftsgüter zu Eigentum übertragen werden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233; vom 21. August 1996 X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl II 1997, 44). In einer solchen Situation kann auch der Geschäftswert auf die Betriebsgesellschaft übergehen, sofern er nicht allein auf bestimmten Eigenschaften des zurückbehaltenen Betriebsgrundstücks beruht (ebenso Tillmann, GmbH-Rundschau 1989, 41, 49). Diese Überlegung zeigt, dass im Fall der Betriebsaufspaltung der Geschäftswert nicht schematisch dem ursprünglich bestehenden Unternehmen zugeordnet werden kann. Soweit sich aus den Urteilen in BFHE 158, 97, BStBl II 1989, 982 und in BFH/NV 1990, 264 eine andere Rechtsauffassung herauslesen lassen sollte, hält der Senat hieran nicht fest. c) Die hiernach erforderliche Zuordnung der geschäftswertbildenden Faktoren hängt weitgehend von den tatsächlichen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und ist deshalb vorrangig Aufgabe des FG. Dieses muss feststellen, ob und inwieweit Gewinnaussichten des bislang bestehenden auf das neu gegründete Unternehmen übergegangen sind und ob sowie ggf. in welcher Höhe ein fremder Dritter hierfür - über den Preis der sonstigen übertragenen Wirtschaftsgüter hinaus - ein Entgelt gezahlt hätte. Seine in diesem Punkt erfolgte Würdigung kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt. Ist das nicht der Fall, so ist sie gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den BFH bindend. 2. Im Streitfall kann nach den Feststellungen des FG davon ausgegangen werden, dass die Klägerin mit den ihr übertragenen Wirtschaftsgütern in der Lage war, den von N.M. übernommenen Schreinereibetrieb fortzuführen. Die Voraussetzungen für eine entgeltliche Übertragung des Geschäftswerts liegen mithin vor. Die getroffene Entgeltsvereinbarung hat das FG dahin gewürdigt, dass in der gegebenen Situation ein fremder Dritter ebenfalls bereit gewesen wäre, neben den monatlichen Mietzahlungen einen Einmalbetrag von 50.000 DM für die Überlassung des Geschäftswerts zu zahlen. Dazu hat es vor allem darauf abgestellt, dass einerseits die Klägerin vermittels der auf sie übertragenen Wirtschaftsgüter (Geschäftsbeziehungen, Personal, bewegliches Anlagevermögen) "aus dem Stand heraus" Umsätze von mehr als 1 Mio. DM jährlich habe erzielen können und dass ihr andererseits das unbewegliche Anlagevermögen langfristig (10 Jahre mit Verlängerungsoption für 2 x 5 Jahre) überlassen worden sei. Diese Würdigung lässt keinen Rechtsfehler erkennen, zumal ausweislich der genannten Feststellungen die Klägerin die gesamte Organisation des früheren Einzelunternehmens über einen Zeitraum (20 Jahre) nutzen konnte, der die gesetzlich bestimmte Nutzungsdauer des Geschäftswerts von 15 Jahren (§ 7 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes) übersteigt. Abgesehen davon ist sie auch vom FA nicht beanstandet worden. Daraus folgt im Ergebnis, dass das FG zu Recht die in Rede stehende Entgeltsvereinbarung anerkannt und die Annahme einer vGA abgelehnt hat. Für die vom FA verfochtene Gewinnkorrektur ist mithin kein Raum. Das gilt unabhängig davon, ob der Vortrag des FA zutrifft, dass die im Einzelunternehmen zurückbehaltenen Betriebsgrundstücke ebenfalls mit gesteigerten Gewinnaussichten und deshalb mit einem Geschäftswert verbunden gewesen seien. Denn auch dann bleibt die Würdigung des FG möglich, dass der auf die Klägerin übergegangene - ggf.: anteilige - Geschäftswert sich auf 50.000 DM belief.
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