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BFH-Urteil vom 4.9.2000 (IX R 22/97)
BStBl. 2001 II S. 785 Sind die Darlehen für die vermietete Immobilie eines Ehegatten teils von den Eheleuten gemeinschaftlich, teils allein vom Nichteigentümer-Ehegatten aufgenommen worden und wird der Zahlungsverkehr für die Immobilie insgesamt über ein Konto des Nichteigentümer-Ehegatten abgewickelt, so werden aus den vom Eigentümer-Ehegatten auf dieses Konto geleiteten eigenen Mitteln (hier: Mieteinnahmen) vorrangig die laufenden Aufwendungen für die Immobilie und die Schuldzinsen für die gemeinschaftlich aufgenommenen Darlehen abgedeckt. Nur soweit die eingesetzten Eigenmittel (Mieteinnahmen) des Eigentümer-Ehegatten darüber hinaus auch die allein vom Nichteigentümer-Ehegatten geschuldeten Zinsen abzudecken vermögen, sind diese Zinsen als Werbungskosten des Eigentümer-Ehegatten abziehbar. EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1. Vorinstanz: FG Baden-Württemberg Sachverhalt I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Klägerin ist Eigentümerin zweier Mietwohngrundstücke, aus denen sie als Vermieterin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte Schuldzinsen für von den Klägern gemeinsam aufgenommene Darlehen als Werbungskosten, lehnte es hingegen ab, weitere Schuldzinsen von 11.168 DM für das Mietwohngrundstück in R sowie Schuldzinsen von 7.923,52 DM und Kosten der Darlehenssicherung von 685,10 DM für das Mietwohngrundstück in W als Werbungskosten der Klägerin abzuziehen, weil alleiniger Schuldner dieser Darlehen der Kläger war. Die Klägerin hatte für diese Darlehen lediglich Bürgschaften übernommen und ihre Grundstücke mit Grundschulden belastet. Für beide Häuser unterhielt der Kläger gesonderte Girokonten (sog. Hauskonten), auf denen die Darlehensbeträge gutgeschrieben und von denen die Kosten des jeweiligen Hauses einschließlich der Zins- und Tilgungsleistungen für alle Darlehen bezahlt wurden. Auf diese Konten flossen auch die Mieteinnahmen der Klägerin. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und berücksichtigte die strittigen Schuldzinsen und Kosten der Darlehenssicherung als Werbungskosten der Klägerin bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der alleinverdienende Kläger habe die von ihm bezahlten Zinsen der Klägerin zugewendet, so dass diese sie als Werbungskosten geltend machen könne. Die Verwendung der Mieten für sämtliche mit den Grundstücken zusammenhängenden Aufwendungen ohne Rücksicht auf die zivilrechtliche Zuordnung der einzelnen Forderungen und Schulden auf den jeweiligen Ehepartner unterstreiche in Fällen der vorliegenden Art die wesentliche Bedeutung der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft für die Vermögensbildung. Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 2 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen. Der Grundsatz der Individualbesteuerung dürfe nicht dazu führen, dass die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft bei der Vermögensbildung nicht beachtet werde. Hilfsweise machen sie, wie schon vor dem FG, geltend, der Kläger selbst habe die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Entscheidungsgründe II. Die Revision ist begründet. Nach § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Klage teilweise abzuweisen. Das FG hat die strittigen Zinsen und Darlehenskosten zu Unrecht in vollem Umfang als Werbungskosten der Klägerin bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen. 1. Zutreffend ist das FG allerdings davon ausgegangen, dass die Klägerin selbst die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt hat. Einkünfte nach dieser Vorschrift erzielt, wer die rechtliche und tatsächliche Macht hat, eines der dort genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen; er muss Vermieter oder Verpächter und damit Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag oder Pachtvertrag sein. Nicht maßgebend ist, wem letztlich das wirtschaftliche Ergebnis der Vermietung zugute kommt (Senatsurteile vom 3. Dezember 1991 IX R 155/89, BFHE 166, 460, BStBl II 1992, 459; vom 27. Januar 1993 IX R 269/87, BFHE 170, 383, BStBl II 1994, 615). Diese Voraussetzungen erfüllt im Streitfall allein die Klägerin, denn sie hat nach den Feststellungen des FG als Eigentümerin der Mietwohngrundstücke im eigenen Namen die Mietverträge abgeschlossen. Dass der Kläger die Anschaffungs- und Herstellungskosten finanziert hat und die Mieten auf seine Konten geflossen sind, ist insoweit unerheblich. Nach den Feststellungen des FG und dem Vorbringen der Kläger bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aufgrund besonderer Vereinbarungen das Vermietungsgeschehen im Innenverhältnis beherrscht hat, dass er der Klägerin für Begründung und Ausgestaltung der Mietverhältnisse Weisungen erteilen und ihre Grundstücke jederzeit herausverlangen konnte (vgl. Senatsurteil in BFHE 170, 383, BStBl II 1994, 615, unter I. 2. b). Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich aus dem Beschluss des Großen Senats vom 30. Januar 1995 GrS 4/92 (BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) keine abweichende Beurteilung. In jenem Fall ging es darum, ob ein Steuerpflichtiger Aufwendungen abziehen kann, die er zwar für seine Einkünfteerzielung, aber für ein fremdes Wirtschaftsgut geleistet hat. Im Streitfall hat der Kläger aber, wie dargelegt, keine eigenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus den Grundstücken der Klägerin erzielt. 2. Zu Unrecht hat das FG aufgrund der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft der Kläger auch solche Schuldzinsen in vollem Umfang als Werbungskosten der Klägerin abgezogen, die der Kläger für von ihm in eigenem Namen aufgenommene Darlehen bezahlt hat. a) Da die Einkommensteuer an die persönliche Leistungsfähigkeit anknüpft, kann Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 EStG grundsätzlich nur derjenige abziehen, der sie selbst getragen hat. Trägt ein Dritter Kosten, die durch die Einkunftserzielung des Steuerpflichtigen veranlasst sind (Drittaufwand), so können die Aufwendungen des Dritten im Falle der Abkürzung des Zahlungsweges als Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu werten sein, d.h. wenn der Dritte für Rechnung des Steuerpflichtigen an dessen Gläubiger leistet (Beschluss des Großen Senats vom 23. August 1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, unter C. IV. 1. c aa). Bezahlen Eheleute Aufwendungen für eine Immobilie, die einem von ihnen gehört, "aus einem Topf", d.h. aus Guthaben, zu denen beide Eheleute beigetragen haben, oder aus Darlehensmitteln, die zu Lasten beider Eheleute aufgenommen worden sind (§ 421 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -), so sind diese Aufwendungen in vollem Umfang als für Rechnung des Eigentümers aufgewendet anzusehen. Gleichgültig ist, aus wessen Mitteln die Zahlung im Einzelfall stammt. Dies gilt auch für Zins- und Tilgungsleistungen auf die Darlehensschuld (Beschluss des Großen Senats in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, unter C. I. 1.). Die vorstehenden Rechtssätze des Großen Senats betreffen indessen ausdrücklich nur Schuldzinsen für ein zu Lasten beider Eheleute aufgenommenes gesamtschuldnerisches Darlehen. Sie sind auf Schuldzinsen für ein Darlehen, das ein Ehegatte allein zur Finanzierung der Immobilie des anderen Ehegatten aufgenommen hat, nicht übertragbar. Denn dann leistet der Nichteigentümer-Ehegatte als alleiniger Schuldner der Zinsverpflichtung die Zahlungen für eine bürgerlich-rechtlich allein ihn treffende Verbindlichkeit. Die Immobilie des anderen Ehegatten wird nicht von beiden Eheleuten aus gemeinsamen Mitteln ("aus einem Topf") finanziert, sondern aus Darlehensmitteln, die der Nichteigentümer-Ehegatte allein auf seine Rechnung beschafft und dem Eigentümer-Ehegatten zur Verfügung gestellt hat (Senatsurteile vom 2. Dezember 1999 IX R 45/95, BFHE 191, 24, BStBl II 2000, 310, und vom 2. Dezember 1999 IX R 21/96, BFHE 191, 28, BStBl II 2000, 312; ferner BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 IV R 75/98, BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314). Danach sind Zinsen, die ein Ehegatte für ein von ihm allein aufgenommenes Darlehen zahlt, auch dann keine Werbungskosten des anderen Ehegatten, wenn das Darlehen zur Finanzierung einer vermieteten Immobilie des anderen Ehegatten aufgenommen und verwendet worden ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentümer-Ehegatte für das Darlehen eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen und seine Immobilie mit Grundpfandrechten belastet hat (Senatsurteil in BFHE 191, 28, BStBl II 2000, 312). Bezahlt hingegen der Eigentümer-Ehegatte die Zinsen aus eigenen Mitteln, bilden sie bei ihm abziehbare Werbungskosten, auch wenn der Nichteigentümer-Ehegatte alleiniger Schuldner des Darlehens ist. Denn dann hat der Eigentümer-Ehegatte die Zinsen für das zur Finanzierung seiner Immobilie aufgenommene und verwendete Darlehen tatsächlich selbst getragen. Dies ist der Fall, wenn der Eigentümer-Ehegatte seine Mieteinnahmen mit der Maßgabe auf das Konto des anderen Ehegatten überweist, dass dieser daraus die von ihm geschuldeten Schuldzinsen entrichten soll (Senatsurteil in BFHE 191, 28, BStBl II 2000, 312). Sind die Darlehen für die Immobilie eines Ehegatten teils von den Eheleuten gemeinschaftlich, teils allein vom Nichteigentümer-Ehegatten aufgenommen worden und wird der Zahlungsverkehr für die Immobilie insgesamt über ein Konto des Nichteigentümer-Ehegatten abgewickelt, so werden aus den vom Eigentümer-Ehegatten auf dieses Konto geleiteten eigenen Mitteln (hier: Mieteinnahmen) vorrangig die laufenden Aufwendungen für die Immobilie und die Schuldzinsen für die gemeinschaftlich aufgenommenen Darlehen abgedeckt; denn im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Eigentümer-Ehegatte zunächst die bürgerlich-rechtlich von ihm selbst geschuldeten Aufwendungen bezahlt. Nur soweit die eingesetzten Eigenmittel (Mieteinnahmen) des Eigentümer-Ehegatten darüber hinaus auch die allein vom Nichteigentümer-Ehegatten geschuldeten Zinsen abzudecken vermögen, sind diese Zinsen als Werbungskosten des Eigentümer-Ehegatten abziehbar. b) Nach diesen Maßstäben sind die vom Kläger geschuldeten Schuldzinsen und Darlehensnebenkosten für das Mietwohngrundstück in W nicht als Werbungskosten der Klägerin abziehbar. Aus der vom FG in Bezug genommenen Anlage V zur Einkommensteuererklärung geht hervor, dass für dieses Haus im Streitjahr noch keine Mieteinnahmen angefallen sind. Aus den Feststellungen des FG und dem Vorbringen der Kläger ergeben sich auch keine Anhaltspunkte, dass die Klägerin diese Schuldzinsen aus sonstigen eigenen Mitteln bezahlt haben könnte. Die vom Kläger geschuldeten Schuldzinsen für das Mietwohngrundstück in R sind nur in Höhe des Teilbetrags als Werbungskosten abzuziehen, den die Klägerin aus eigenen Mitteln getragen hat. Von ihren Mieteinnahmen (12.840 DM), die auf das Hauskonto des Klägers flossen, blieb nach Abzug der sonstigen laufenden Aufwendungen für dieses Haus (1.459 DM) und der gemeinschaftlich geschuldeten Zinsen (7.805 DM) nur ein Restbetrag von 3.576 DM zur Verwendung für die allein vom Kläger geschuldeten Zinsen übrig. 3. Da die Vorentscheidung auf einer abweichenden Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Einkommensteuer der Kläger ist unter Abzug eines Teils der strittigen Schuldzinsen in Höhe von 3.576 DM als weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin festzusetzen. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Die Errechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen, da gemäß § 53 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 außerdem das Existenzminimum der beiden Kinder der Kläger für das Streitjahr steuerfrei zu belassen ist.
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