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  BFH-Urteil vom 1.2.2001 (IV R 3/00) BStBl. 2001 II S. 520

Wurde vor In-Kraft-Treten des § 8 Abs. 4 KStG zugleich mit dem Verlustmantel einer GmbH eine gegen diese gerichtete nicht mehr werthaltige Forderung erworben, kann dieser Vorgang nach § 42 AO 1977 wie der Erwerb von GmbH-Anteilen nach vorherigem Forderungsverzicht des Gläubigers der GmbH zu behandeln sein.

AO 1977 § 42; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3; KStG a.F. § 30 Abs. 2 Nr. 4.

Vorinstanz: FG des Saarlandes (EFG 2000, 612)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, an der neben der Beigeladenen zu 6 (H-GmbH) als Komplementärin ursprünglich die Beigeladenen zu 3 bis 5 und die Rechtsvorgängerin des Beigeladenen zu 2 als Kommanditistinnen beteiligt waren.

Bis zum Jahr 1987 bestanden folgende Anteile am Festkapital der Klägerin in Höhe von 210.000 DM:

1. Komplementärin (H-GmbH)

39.100 DM (= 18,62%)

     
2. Kommanditistinnen  
     
  Rechtsvorgängerin des  
  Beigeladenen zu 2 Frau RH

116.600 DM (= 55,52%)

     
  Beigeladene zu 3 bis 5  
  jeweils

18.100 DM (= 8,62%)

Am 3. Februar 1988 übertrug RH Kommanditanteile an der Klägerin im Nennwert von jeweils 7.100 DM unentgeltlich an ihre Töchter, die Beigeladenen zu 3 bis 5. Hierdurch reduzierte sich der Gesellschaftsanteil der RH auf 95.300 DM (= 45,38 %) und es erhöhte sich der Kommanditanteil der Beigeladenen zu 3 bis 5 auf jeweils 25.200 DM (= 12 %).

Mit Vertrag vom 29. Januar 1988 erwarben RH und die Beigeladenen zu 3 bis 6 entsprechend der ab 3. Februar 1988 bestehenden Beteiligungsquote an der Klägerin im Rahmen eines Mantelkaufs die gesamten Geschäftsanteile der L-GmbH. Die L-GmbH, die ihren Geschäftsbetrieb 1987 eingestellt hatte, wies zum 31. Dezember 1987 einen Bilanzverlust von 5.721.888,13 DM aus. Verkäuferin der Gesellschaftsanteile war die (volljährige) Alleingesellschafterin der L-GmbH, AL. Diese wurde bei Abschluss des Kaufvertrags durch ihren Vater, HL, vertreten. Der Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile war in mehreren Teilbeträgen zu entrichten und sollte von der Höhe der steuerlich möglichen Verlustverrechnung abhängig sein. Er wurde später auf 898.051,60 DM bemessen. Der Kaufpreis war vorrangig zur Befriedigung der Gläubiger der L-GmbH zu verwenden mit Ausnahme der Forderungen, die am gleichen Tag an die Käufer abgetreten wurden.

Zeitgleich mit den Anteilen an der L-GmbH erwarben die damaligen Gesellschafter der Klägerin zu denselben Anteilen auch zwei gegen die L-GmbH gerichtete Forderungen. Eine Forderung in Höhe von 5.234.969,56 DM stand HL zu. Hinsichtlich dieser Forderung hatte HL einen Rangrücktritt hinter alle übrigen Gläubiger der L-GmbH erklärt. Als Kaufpreis für diese Forderung wurde ein Betrag von 25.000 DM vereinbart.

Die zweite Forderung in Höhe von 30.525,69 DM wurde von einer T-GmbH zum Kaufpreis von 30.000 DM gekauft. Zur Vermeidung eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens hatte die L-GmbH ihren gegenüber HL bevorrechtigten Gläubigern im Jahr 1987 eine Erfüllung von 40 % ihrer Forderungen angeboten und mit den meisten Gläubigern auf dieser Basis einen außergerichtlichen Vergleich vereinbart. Ausweislich des Jahresabschlusses der L-GmbH hatte auch die Firma T dem Vergleichsvorschlag zugestimmt. Eine Vergleichsquote wurde für deren Forderung jedoch nicht bezahlt.

Durch Gesellschafterversammlung vom 3. Februar 1988 beschlossen die damaligen Gesellschafter der Klägerin eine Übertragung von Anteilen in Höhe von insgesamt 99 % des Festkapitals an der Klägerin (208.000 DM) auf die L-GmbH. Mit Vertrag vom 4. Februar 1988 wurde das Stammkapital der L-GmbH rückwirkend zum 1. September 1987 von 90.000 DM um 210.000 DM auf 300.000 DM erhöht. Die neuen Anteile wurden von RH und den Beigeladenen zu 3 bis 6 entsprechend ihrer ab 3. Februar 1988 bestehenden Beteiligungsquote an der Klägerin übernommen. Die neuen Stammanteile wurden erbracht durch die Einbringung von (Teil-)Miteigentumsanteilen an der Klägerin in Höhe von insgesamt 208.000 DM zu Buchwerten und in Höhe von 2.000 DM im Wege der Bareinzahlung.

RH und die Beigeladenen zu 3 bis 6 beschlossen, die L-GmbH in B-GmbH umzubenennen und änderten den Gesellschaftsvertrag dahin gehend, dass Gegenstand der Gesellschaft der Erwerb, die Verwaltung und Verwertung von Beteiligungen an anderen Unternehmen wurde. An dem Festkapital der Klägerin waren nunmehr die H-GmbH als Komplementärin mit 200 DM beteiligt und als Kommanditistinnen die B-GmbH mit 208.000 DM, die Rechtsvorgängerin des Beigeladenen zu 2 mit 600 DM sowie die Beigeladenen zu 3 bis 5 mit je 400 DM.

Die H-GmbH behandelte ihren Anteil an den abgetretenen Forderungen gegen die B-GmbH als Betriebsvermögen, die übrigen Gesellschafter taten dies jedoch nicht. Im Streitjahr (1989) tilgte die B-GmbH von den gegen sie gerichteten Forderungen einen Betrag in Höhe von 646.574 DM. Dabei wurden an Frau RH 360.374 DM gezahlt, an die Beigeladenen zu 3 bis 5 jeweils 95.400 DM.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, die Anteile der Beigeladenen an der B-GmbH seien ebenso wie deren Forderungen gegen diese GmbH als Sonderbetriebsvermögen II zu behandeln. Die Darlehensrückzahlungen der B-GmbH an die Beigeladenen hätten deshalb zum Anfall eines außerordentlichen Ertrages geführt, soweit sie die Buchwerte überstiegen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) schloss sich der Meinung der Prüferin an und änderte den unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheid 1989 dahin gehend ab, dass die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb von 2.538.625 DM um 485.086 DM auf 3.023.711 DM erhöht wurden. Die Erhöhung wurde allen Gesellschaftern entsprechend ihrem Anteil an den Forderungen zugerechnet, wobei die Gewinnauswirkung wie folgt berechnet wurde:

  Rückzahlung

646.574 DM

     
./. Anschaffungskosten der Darlehen

55.000 DM

     
= außerordentlicher Ertrag

591.574 DM

     
./. zusätzliche  
  Gewerbesteuerrückstellung

106.488 DM

     
= Gewinnerhöhung

485.086 DM

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der Rechtsstreit ist nunmehr im dritten Rechtsgang vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängig, nachdem der erkennende Senat das Verfahren an das Finanzgericht (FG) zunächst durch Urteil vom 15. Mai 1997 IV R 61/96 (BFH/NV 1997, 866) und dann erneut durch Urteil vom 25. Februar 1999 IV R 48/98 (BFHE 188, 273, BStBl II 1999, 531) - jeweils wegen eines Verfahrensfehlers - zurückverwiesen hatte. Die letzte Entscheidung des FG wurde in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 612 veröffentlicht.

Mit der Revision machen die Klägerin und die Beigeladenen geltend, weder die Anteile an der B-GmbH noch die Darlehensforderungen seien Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten. Jedenfalls müsse sich das FA aufgrund einer in der Betriebsprüfung getroffenen tatsächlichen Verständigung so behandeln lassen, als seien die Darlehen nicht in der Bilanz zu erfassen. Die Rückzahlung der Darlehen führe im Übrigen im Streitjahr nicht zu einem Gewinn, weil bei zutreffender Ermittlung der Anschaffungskosten diese höher als der Rückzahlungsbetrag seien. Die Rückzahlung bleibe auch deshalb ohne Auswirkung auf das steuerliche Ergebnis, weil aus Gründen des Vertrauensschutzes die frühere Rechtsprechung zur Behandlung verdeckten Nennkapitals zu beachten sei.

Die Klägerin und die Beigeladenen beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Gewinn 1989 auf 2.538.625 DM festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die Zahlung der B-GmbH an die Beigeladenen zu 3 bis 6 und die Rechtsvorgängerin des Beigeladenen zu 2 (folgend: Beigeladene) jedenfalls insoweit zu Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen bei der Klägerin führte, als diese Zahlung den für den Erwerb der Forderungen aufgewendeten Betrag übertraf (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Die "Darlehensrückzahlung" der B-GmbH war als eine Gewinnausschüttung der B-GmbH zu beurteilen, da die in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung der GmbH-Anteile erfolgte Abtretung der gegen diese GmbH gerichteten Forderungen nach § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) wie ein Verzicht auf diese Forderungen zu behandeln ist. Diese Gewinnausschüttung führte zu Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen, weil die Anteile der Beigeladenen an der B-GmbH notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin waren.

1. Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, waren die Anteile der Beigeladenen an der B-GmbH notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin.

a) Zum (notwendigen) Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehören nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG nicht nur die im Gesamthandseigentum der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter. Dazu zählen auch Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, die jedoch geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9. September 1993 IV R 14/91, BFHE 173, 40, BStBl II 1994, 250, m.w.N.; vom 3. März 1998 VIII R 66/96, BFHE 185, 422, BStBl II 1998, 383; vom 10. Juni 1999 IV R 21/98, BFHE 189, 117, BStBl II 1999, 715).

Sonderbetriebsvermögen II kommt nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich nur in Betracht, wenn - wie im Falle der Beteiligung eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH - das Wirtschaftsgut ein Mittel darstellt, besonderen Einfluss auf die Personengesellschaft auszuüben und damit unmittelbar die Stellung des Kommanditisten in der Personengesellschaft zu stärken (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. März 1993 VIII R 8/91, BFHE 172, 19, BStBl II 1993, 864, m.w.N.; vom 1. Oktober 1996 VIII R 44/95, BFHE 182, 327, BStBl II 1997, 530, und in BFHE 189, 117, BStBl II 1999, 715). Die Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft kann sowohl dadurch gestärkt werden, dass der Besitz des Wirtschaftsguts für das Unternehmen der Personengesellschaft wirtschaftlich vorteilhaft ist, als auch dadurch, dass es der Mitunternehmerstellung des Gesellschafters dient (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 185, 422, BStBl II 1998, 383; vom 13. Oktober 1998 VIII R 46/95, BFHE 187, 425, BStBl II 1999, 357, und in BFHE 189, 117, BStBl II 1999, 715).

Nach diesen Grundsätzen waren die Anteile der Beigeladenen an der B-GmbH deren Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin, da die Anteile an dieser GmbH das Mittel bildeten, mit dem die Beigeladenen nach der Übertragung von 99 % der Anteile an der Klägerin auf die B-GmbH weiterhin die Geschicke der Klägerin beeinflussen konnten und so ihre Stellung als Mitunternehmer der Klägerin stärkten.

b) Dass die Beigeladenen nach der Umstrukturierung der Beteiligungsverhältnisse nur noch mit Minimal-Anteilen an der Klägerin beteiligt waren, die zusammen weniger als 1 % der Festkapitalanteile der Klägerin ausmachten, steht der Qualifikation der GmbH-Anteile als Sonderbetriebsvermögen der Beigeladenen nicht entgegen. Die Annahme einer Sondervergütung und von Sonderbetriebsvermögen i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist grundsätzlich unabhängig davon, in welcher Höhe der Mitunternehmer an der Mitunternehmerschaft beteiligt ist. Lediglich Vergütungen für Leistungen, bei denen ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Leistung und der Mitunternehmerschaft ausgeschlossen erscheint, diese also nur zufällig zusammentreffen, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 1980 IV R 156-157/78, BFHE 129, 490, BStBl II 1980, 271; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 15 Rz. 562, m.w.N. zur Rechtsprechung). Im Streitfall traf die Beteiligung an der B-GmbH nicht zufällig mit einer Mitunternehmerstellung der Beigeladenen zusammen, sondern diente im Gegenteil gezielt dazu, trotz der Rückführung der unmittelbaren Beteiligung der Beigeladenen an der Klägerin wirtschaftlich im Ergebnis deren frühere Gewinnbeteiligung in geänderter rechtlicher Form aufrechtzuerhalten.

2. Die im Streitjahr erfolgte "Darlehensrückzahlung" der B-GmbH führte jedenfalls insoweit zu Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen bei der Klägerin, als diese Zahlung den für den Erwerb der Forderungen aufgewendeten Betrag übertraf. Die Zahlungen der B-GmbH an die Beigeladenen waren nach Auffassung des Senats keine "Darlehensrückzahlungen", sondern Gewinnausschüttungen.

a) Der Senat hat keine Veranlassung, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob Darlehen des Anteilseigners an die GmbH Sonderbetriebsvermögen II sein können, wenn die GmbH-Anteile selbst Sonderbetriebsvermögen sind. Diese Frage wäre nur entscheidungserheblich, wenn die Beigeladenen Darlehensforderungen mit einem über den Anschaffungskosten liegenden Nennwert erworben hätten. Denn dann könnten über die Anschaffungskosten hinausgehende "Darlehensrückzahlungen" zu Sonderbetriebseinnahmen führen. Diese Frage hat das FG von seinem Standpunkt aus zu Recht erörtert.

b) Indessen ist nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die Beigeladenen keine Forderung gegen die L-, später B-GmbH erworben haben.

Die in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung der GmbH-Anteile erfolgte Abtretung der gegen die L-GmbH gerichteten Forderungen ist vielmehr gemäß § 42 AO 1977 wie ein Verzicht auf diese Forderungen zu behandeln.

aa) Nach § 42 Satz 1 AO 1977 kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Sinn liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des angestrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 21. Januar 1999 IV R 96/96, BFHE 187, 570; vom 27. Juli 1999 VIII R 36/98, BFHE 189, 408, BStBl II 1999, 769; vom 19. August 1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; vom 19. Oktober 1999 IX R 39/99, BFHE 190, 173, BStBl II 2000, 224, und vom 17. November 1999 I R 11/99, BFHE 190, 419, m.w.N.).

Unangemessen ist danach im Allgemeinen eine rechtliche Gestaltung, die verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts, insbesondere des erstrebten wirtschaftlichen Ziels, als unpassend nicht wählen würden (vgl. z.B. Senatsurteil vom 17. Januar 1991 IV R 132/85, BFHE 163, 449, BStBl II 1991, 607; BFH-Urteil in BFHE 189, 408, BStBl II 1999, 769). Da es im Bestreben der Rechtsordnung liegt, für alle wirtschaftlichen Vorgänge möglichst einfache Rechtsgestaltungen zur Verfügung zu stellen, ist in der Regel der einfachste rechtliche Weg der angemessene. Unangemessene Rechtsgestaltungen sind hingegen umständlich, kompliziert, schwerfällig, gekünstelt u.ä. (vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band III, S. 1337; BFH-Urteil in BFHE 189, 342).

bb) Nach diesen Maßstäben war der beteiligungsidentische Erwerb der gegen die L-GmbH gerichteten Forderungen eine unangemessene rechtliche Gestaltung, die allein der Steuerminderung diente und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen war.

Die Beigeladenen bzw. deren Rechtsvorgängerin (des Beigeladenen zu 2) erwarben die Anteile an der L-GmbH, deren Geschäftsbetrieb eingestellt war, zu dem alleinigen Zweck, deren Verlustvortrag noch vor der erstmaligen Anwendung des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) im Wege des Mantelkaufs steuermindernd zu nutzen. Dabei sollte die GmbH nicht mehr mit Verbindlichkeiten gegenüber Dritten belastet sein. Deshalb verpflichtete sich die Verkäuferin der GmbH-Anteile, den Kaufpreis vorrangig zur Befriedigung noch verbliebener Forderungen der übrigen Gläubiger der GmbH zu verwenden. Die Einhaltung dieser Verpflichtung wurde durch Zahlung der Kaufpreisraten auf ein Treuhandkonto sichergestellt. Als einzige Verbindlichkeiten der GmbH blieben nach der Anteilsübertragung entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen nur die an die Beigeladenen abgetretenen Forderungen bestehen. Die zeitgleich und zu gleichen Anteilen erfolgte Veräußerung von Forderungen und GmbH-Anteilen war auch rechtlich dadurch verknüpft, dass den Erwerbern ein Recht zum Rücktritt vom Forderungskauf für den Fall eingeräumt wurde, dass sie vom Kauf der GmbH-Anteile zurückträten.

Neben einer Forderung der T-GmbH, die nahezu zum Nennwert abgetreten wurde, erwarben die Beigeladenen vor allem zum Kaufpreis von 25.000 DM eine Forderung des HL gegen die L-GmbH im Nennwert von 5,2 Mio. DM. Diese ungesicherte Forderung war zum Zeitpunkt ihrer Abtretung wirtschaftlich wertlos, da HL einen Rangrücktritt gegenüber allen anderen GmbH-Gläubigern erklärt hatte und die L-GmbH, die ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hatte, nicht einmal in der Lage war, die Forderungen der vorrangigen Gläubiger (voll) zu befriedigen. Der beteiligungsidentische anteilige Erwerb dieser Forderung (des HL) durch die Erwerber der GmbH-Anteile diente neben der Steuerersparnis zwar auch dem Zweck, dass die L-GmbH nicht mehr mit einer Verbindlichkeit gegenüber HL belastet war. Um sicherzustellen, dass die L-GmbH nicht mehr mit Forderungen des HL belastet war, hätte es aber keiner Abtretung dieser Forderung bedurft. Vielmehr hätte dieser Zweck in einfacherer Weise dadurch erreicht werden können, dass HL gegen Zahlung der vereinbarten 25.000 DM auf seine Forderung gegen die L-GmbH verzichtet hätte. Die Wahl des umständlicheren Weges, diese Forderung anteilig an die Erwerber der GmbH-Anteile abzutreten, erfolgte allein zu dem Zweck, Anteile an den Gewinnen der Klägerin im Rechtskleid einer "Darlehensrückzahlung" - nach den Vorstellungen der Vertragschließenden - steuerfrei an die Beigeladenen auszahlen zu können.

Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Anwendung des § 42 AO 1977 eine Missbrauchsabsicht des Steuerpflichtigen voraussetzt (vgl. zum Streitstand etwa Schmieszek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 42 AO 1977 Rz. 16; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 42 AO 1977 Tz. 44), da die Abtretung der Forderungen gegen die L-GmbH zum Zweck der Steuerminderung erfolgte.

cc) Gemäß § 42 Satz 2 AO 1977 entsteht der Steueranspruch so, als hätte HL gegen Zahlung von 25.000 DM auf seine Forderung gegen die L-GmbH verzichtet.

Nach § 42 Satz 2 AO 1977 entsteht der Steueranspruch bei einem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Dem wirtschaftlich anzuerkennenden Zweck, die GmbH-Anteile zu erwerben, ohne Forderungen Dritter gegen die GmbH ausgesetzt zu sein, wäre es angemessen gewesen, wenn HL gegen Zahlung des vereinbarten Entgelts von 25.000 DM auf seine Forderung gegen die L-GmbH verzichtet hätte.

Die im Streitjahr erfolgte "Darlehensrückzahlung" ist demnach nicht als Tilgung einer Verbindlichkeit der B-GmbH zu behandeln, sondern als eine nicht auf einem Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhende Gewinnausschüttung. Diese führte nach §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 EStG insoweit zu Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen, als diese Bezüge nicht aus einer Ausschüttung stammten, für die Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. (sog. EK 04) als verwendet galt (zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG in der im Streitjahr 1989 geltenden Fassung, die dem § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 1990 bis 2000 entspricht, bei zum Betriebsvermögen gehörenden Beteiligungen vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1990 I R 68/88, BFHE 162, 337, BStBl II 1991, 177).

Da die L-GmbH im Zeitpunkt der Abtretung der GmbH-Anteile nicht über EK 04 verfügte und neues EK 04 allenfalls in Höhe des "Kaufpreises" der Forderungen gebildet wurde, war die "Darlehensrückzahlung" entsprechend § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG a.F. höchstens in Höhe von 55.000 DM steuerfrei. Dieser Betrag wurde aber vom FA bereits gewinnmindernd behandelt.

Ob die Sonderbetriebseinnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 EStG a.F. i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG um eine anzurechnende Körperschaftsteuer zu erhöhen wären, kann offen bleiben, da aufgrund des Verböserungsverbots keine Erhöhung des vom FA festgestellten Gewinns der Klägerin erfolgen kann.

3. Der Anwendung des § 42 AO 1977 auf die Abtretung der gegen die L-GmbH gerichteten Forderungen steht weder die Rechtsprechung des I. Senats des BFH zum Mantelkauf noch die im Streitfall durch das Finanzministerium des Saarlandes erteilte Zusage entgegen.

a) Mit Urteilen vom 29. Oktober 1986 I R 202/82 (BFHE 148, 153, BStBl II 1987, 308) und I R 318-319/83 (BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310) hatte der I. Senat des BFH seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, nach der der Verlustabzug durch eine Kapitalgesellschaft neben der zivilrechtlichen auch eine wirtschaftliche Identität zwischen der Person voraussetzte, die den Verlust erlitten hat, und derjenigen, die den Verlustabzug geltend macht. Der I. Senat entschied, dass § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG), der Vorgänger des § 42 AO 1977, der steuerlichen Anerkennung eines Mantelkaufs nicht entgegensteht, da eine Anwendung dieser Vorschrift zu nicht durchführbaren Rechtsfolgen führen würde, nämlich der Besteuerung einer zivilrechtlich nicht mehr bestehenden Kapitalgesellschaft. Die Besteuerung der Körperschaft sei in Fällen des Mantelkaufs keiner vom Zivilrecht abweichenden Beurteilung gemäß § 42 AO 1977 zugänglich, weil das Steuerrecht in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unmittelbar an die zivilrechtliche Gesellschaftsform anknüpfe.

Von dieser Rechtsprechung weicht der Senat nicht ab, da er § 42 AO 1977 nicht auf den Mantelkauf als solchen anwendet. Vielmehr wurde der Mantelkauf selbst schon vom FA anerkannt. In den Veranlagungszeiträumen, in denen § 8 Abs. 4 KStG noch nicht anwendbar war, sind die auf die B-GmbH entfallenden Gewinnanteile mit dem von der L-GmbH "erwirtschafteten" Verlustvortrag verrechnet worden. § 42 AO 1977 wird ausschließlich auf die zusätzlich zu dem Mantelkauf vorgenommene Forderungsabtretung angewandt. Dem steht die o.g. Rechtsprechung des I. Senats nicht entgegen, weil die steuerliche Behandlung dieses Rechtsgeschäfts nach § 42 AO 1977 einer vom Zivilrecht abweichenden steuerlichen Beurteilung zugänglich ist.

b) Die vom Finanzministerium des Saarlandes erteilte verbindliche Zusage steht der Anwendung des § 42 AO 1977 ebenfalls nicht entgegen, da diese Zusage lediglich beinhaltet, dass nach einem Mantelkauf gegen eine Inanspruchnahme des Verlustabzugs durch die B-GmbH keine Bedenken bestehen. Zu den Rechtsfolgen der Forderungsabtretung wurde weder eine Zusage erbeten noch erteilt.

4. Das FG hat zu Recht keine Feststellungen dazu getroffen, ob es im Rahmen der die Betriebsprüfung bei der Klägerin abschließenden Schlussbesprechung zu der von der Klägerin behaupteten Vereinbarung des Inhalts gekommen ist, die Forderungen der Beigeladenen gegen die B-GmbH zwar für die Zukunft als Sonderbetriebsvermögen II zu behandeln, für die Vergangenheit hieraus jedoch keine rechtlichen Folgerungen zu ziehen. Selbst wenn - entgegen dem Bericht über das Ergebnis der Betriebsprüfung - eine solche Vereinbarung geschlossen worden sein sollte, entfaltete sie keine rechtliche Bindungswirkung.

Zwar ist eine sog. tatsächliche Verständigung nach ständiger Rechtsprechung zulässig und unter bestimmten Voraussetzungen auch bindend. Vereinbarungen dürfen jedoch nur über den der Steuerfestsetzung zugrunde zu legenden Sachverhalt, nicht dagegen über reine Rechtsfragen getroffen werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 78/95, BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625, m.w.N.). Die Auffassung der Klägerin, durch das Urteil des I. Senats vom 13. August 1997 I R 12/97 (BFH/NV 1998, 498) habe die Rechtsprechung den Anwendungsbereich der tatsächlichen Verständigung erweitert, trifft nicht zu. In diesem Urteil hat der BFH lediglich ausgeführt, dass eine tatsächliche Verständigung über die Angemessenheit der Geschäftsführer-Gesamtausstattung möglich sei, da die Würdigung als "angemessen" zwar eine rechtliche Beurteilung darstelle, hierin aber zugleich eine Verständigung über tatsächliche (Vor-)Fragen liege, nämlich zum einen die Fixierung eines bestimmten Vergütungsrahmens nach Höhe und Zusammensetzung und zum anderen die Festlegung des Anteils der variablen Vergütung auf einen bestimmten Verhältniswert. Im Streitfall beruft sich die Klägerin dagegen auf eine Einigung über die reine Rechtsfrage, ob die "Darlehensrückzahlung" im Streitjahr zu Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen geführt hatte. Damit macht die Klägerin keine Verständigung über Tatsachen geltend, sondern ein gegenseitiges Nachgeben bei einer rechtlichen Würdigung. Ein derartiger Vergleich (§ 779 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -) über reine Rechtsfragen ist wegen der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht möglich (BFH-Urteile in BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625; vom 4. März 1998 X R 142/94, BFH/NV 1998, 965; BFH-Beschluss vom 15. März 2000 IV B 44/99, BFH/NV 2000, 1073).

5. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Rückzahlung des Darlehens auch nicht aufgrund eines nach § 176 Abs. 2 AO 1977 zu gewährenden Vertrauensschutzes auf der Grundlage des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 16. März 1987 IV B 7 - S 2742 - 3/87 (BStBl I 1987, 373) als steuerfreie Rückzahlung verdeckten Nennkapitals zu werten. Dies folgt aus der Tatsache, dass die Abtretung der Forderung des HL gegen die L-GmbH nach § 42 AO 1977 wie ein Verzicht auf diese Forderung zu behandeln ist. Darüber hinaus lagen auch die Voraussetzungen dieses BMF-Schreibens nicht vor, da es eine Fremdkapitalfinanzierung durch nichtanrechnungsberechtigte Anteilseigner oder diesen nahe stehende Personen voraussetzte. Im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung des HL gegen die L-GmbH war an dieser GmbH jedoch nur die unbeschränkt steuerpflichtige Tochter des HL als Anteilseignerin beteiligt.

6. Der Senat ist an die tatsächliche Feststellung des FG gebunden, dass die Forderung des HL zu dem schriftlich vereinbarten Preis von 25.000 DM abgetreten wurde, weil gegen diese Feststellung keine zulässigen Revisionsgründe vorgebracht wurden (§ 118 Abs. 2 FGO). Unerheblich ist, dass die Klägerin im Revisionsverfahren des zweiten Rechtsgangs und auch nunmehr im Revisionsverfahren des dritten Rechtsgangs vorgetragen hat, der auf der Verkäuferseite handelnde HL habe darauf bestanden, für die GmbH-Anteile einen überhöhten und für die Darlehensforderungen einen zu niedrigen Kaufpreis zu vereinbaren, um seiner Tochter als Veräußerin der GmbH-Anteile - zumindest nach außen hin - einen höheren Kaufpreis zukommen zu lassen. Da Klägerin und Beigeladene in der Tatsacheninstanz weder einen solchen Sachverhalt vorgetragen noch eine entsprechende Sachaufklärung angeregt haben, kann dieses Vorbringen nicht berücksichtigt werden.

7. Weil im vorliegenden Rechtsgang kein Antrag auf eine abweichende Gewinnverteilung gestellt wurde, ist dem Senat eine Entscheidung darüber verwehrt, ob die vom FA vorgenommene Gewinnerhöhung zutreffend auf die Beteiligten verteilt wurde (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).