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  BFH-Urteil vom 24.1.2001 (X R 73/97) BStBl. 2001 II S. 603

Nimmt der Eigentümer für den Ausbau der eigengenutzten Wohnung im Jahr der Fertigstellung die Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG in Anspruch, ist er für die Folgejahre nicht auf die Förderung nach § 10e EStG beschränkt, sondern kann stattdessen einen Abzugsbetrag nach § 7 FördG geltend machen.

EStG § 10e Abs. 2; FördG § 7.

Vorinstanz: FG des Landes Sachsen-Anhalt (EFG 1997, 1119)

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) - zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute - sind Eigentümer eines im Jahr 1975 angeschafften, in den neuen Bundesländern belegenen Wohnhauses, in dem sie eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Im Jahr 1991 bauten sie die eigengenutzte Wohnung für 26.154 DM aus. In Höhe von 7.472 DM (28,57 v.H.) entfielen die Aufwendungen auf ein von der Klägerin beruflich genutztes Arbeitszimmer.

Bei der Einkommensteuerveranlagung für 1991 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) für den Ausbau der Wohnung, soweit die Aufwendungen auf die zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räume entfielen, einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 934 DM (18.682 DM x 5 v.H.).

Im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1992 beantragten die Kläger, anstelle der Grundförderung nach § 10e EStG für die Ausbaukosten den höchstmöglichen Betrag nach dem Fördergebietsgesetz (FördG) abzuziehen - soweit dies noch möglich sei auch rückwirkend für 1991. Das FA berücksichtigte in der Einspruchsentscheidung wie im Vorjahr einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG in Höhe von 934 DM. Eine weitergehende Förderung der Aufwendungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FördG lehnte es ab. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FördG seien nur Aufwendungen begünstigt, die nicht in die Bemessungsgrundlage nach § 10e EStG einbezogen würden. Die Kosten für den Ausbau seien aber bereits in die Bemessungsgrundlage für den im Jahr 1991 in Anspruch genommenen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG eingeflossen.

Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte statt des in der Einspruchsentscheidung angesetzten Abzugsbetrags nach § 10e Abs. 2 EStG in Höhe von 5 v.H. der Ausbaukosten (= 934 DM) einen Abzugsbetrag nach § 7 FördG in Höhe von 10 v.H. der Ausbaukosten (= 1.868 DM). Den von den Klägern begehrten "rückwirkenden" Abzug in Höhe von 934 DM lehnte es ab, da § 7 FördG keine Nachholung vorsehe. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1119 veröffentlicht.

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des § 7 FördG. Es führt aus: Der im Jahr 1991 gewährte Abzugsbetrag nach § 10e EStG schließe für die Folgejahre eine Förderung nach § 7 FördG für dasselbe Objekt aus. Insoweit werde der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung durch die Bindung an die einmal getroffene Wahl der Förderung ebenso durchbrochen wie bei Ausübung von Bilanzierungswahlrechten oder bei der Wahl der Gewinnermittlungsart, bei welcher der Steuerpflichtige auch in Folgezeiträumen gebunden bleibe. Die Möglichkeit, das Wahlrecht zwischen einer Förderung nach § 10e EStG einerseits und nach § 7 FördG andererseits in Folgejahren erneut auszuüben, würde im Übrigen zu Ergebnissen führen, die mit dem Zweck der Regelungen in den § 10e EStG, § 7 FördG nicht vereinbar wären. Der Steuerpflichtige könnte zunächst die Grundförderung nach § 10e EStG und die Steuerermäßigung nach § 34f EStG in Anspruch nehmen und nach Ablauf des achtjährigen Abzugszeitraums den Abzugsbetrag nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FördG für die restlichen zwei Jahre des Abzugszeitraums des § 7 FördG beanspruchen. Eine derartige Kumulation von Begünstigungen sei im Gesetz nicht vorgesehen. Auch habe der Gesetzgeber für Steuerpflichtige in den neuen Bundesländern nicht das nach § 10e EStG zu berücksichtigende Volumen durch die Regelung des § 7 FördG erweitern wollen.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet.

Zu Recht hat das FG für das Streitjahr 1992 den Abzugsbetrag nach § 7 FördG gewährt.

1. Hat der Eigentümer - wie im Streitfall - im Jahr 1991 eine eigengenutzte Wohnung ausgebaut, kann er gemäß § 10e Abs. 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1991 (BGBl I 1991, 1322) acht Jahre lang jeweils einen Betrag in Höhe von 5 v.H. der Herstellungskosten des Ausbaus (höchstens 16.500 DM) wie Sonderausgaben abziehen.

In den neuen Bundesländern (Fördergebiet) kann der Ausbau einer eigengenutzten Wohnung aber auch den Fördertatbestand des § 7 FördG erfüllen. Nach dieser Vorschrift kann der Eigentümer Aufwendungen für Herstellungs- und Erhaltungsarbeiten an einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude, soweit sie 40.000 DM nicht übersteigen, im Jahr der Zahlung und den folgenden neun Jahren jeweils bis zu 10 v.H. wie Sonderausgaben abziehen (§ 7 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, 4 FördG). Die Aufwendungen sind nur begünstigt, soweit sie nicht zu den Betriebsausgaben oder Werbungskosten gehören und "nicht in die Bemessungsgrundlage nach den §§ 10e, 10f, 52 Abs. 21 Satz 6 EStG einbezogen und nicht nach § 10e Abs. 6 EStG abgezogen werden" (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 FördG in der für das Streitjahr geltenden Fassung).

2. Da der Abzug wie Sonderausgaben nach §§ 10e, 10f oder 52 Abs. 21 Satz 6 EStG - anders als der Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten - keinen Vorrang vor dem Abzug wie Sonderausgaben nach § 7 FördG hat und der Abzug nach § 7 FördG nur ausgeschlossen ist, soweit die Aufwendungen aufgrund der genannten Vorschriften steuerlich berücksichtigt werden, kann der Eigentümer zwischen den unterschiedlichen Fördermöglichkeiten wählen. Baut er - wie im Streitfall - eine eigengenutzte Wohnung aus, hat er die Wahl zwischen der Förderung nach § 7 FördG und der Förderung nach § 10e Abs. 2 EStG.

3. Entscheidet sich der Eigentümer für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG, steht ihm daneben ein Abzugsbetrag nach § 7 FördG nicht zu, soweit die Herstellungskosten Grundlage für die Bemessung der Grundförderung nach § 10e EStG sind. Der Abzugsbetrag nach § 7 Abs. 1 FördG ist nur ausgeschlossen, soweit der Eigentümer für die Herstellungskosten des Ausbaus die Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG im jeweiligen Jahr des Abzugszeitraums tatsächlich in Anspruch nimmt. Wird für das Jahr der Fertigstellung des Ausbaus im bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG berücksichtigt, ist der Eigentümer in den Folgejahren nicht auf die Inanspruchnahme dieser Förderungsmöglichkeit beschränkt. Vielmehr kann er auch in den Folgejahren noch zur Förderung nach § 7 FördG übergehen. Denn Aufwendungen "werden" nur soweit in die "Bemessungsgrundlage nach § 10e EStG einbezogen", als sie sich auf die Höhe eines bei der Veranlagung wie Sonderausgaben abgezogenen Betrags i.S. des § 10e Abs. 1 oder 2 EStG ausgewirkt haben.

Entgegen der Auffassung des FA ist der Eigentümer nicht an die einmal ausgeübte Wahl der Förderart gebunden. Denn wenn der Eigentümer keinen Abzugsbetrag in Anspruch nimmt, werden auch keine Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage für einen solchen Abzugsbetrag einbezogen. Die Grundsätze der Rechtsprechung zur Ausübung von Bilanzierungswahlrechten und zur Wahl der Art der Gewinnermittlung sind auf die Wahl zwischen verschiedenen Arten der Wohneigentumsförderung nicht anwendbar. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FördG schließt nur eine mehrfache Begünstigung derselben Aufwendungen im jeweiligen Jahr der Veranlagung aus. Dass der Eigentümer mit der Inanspruchnahme einer Förderart für den restlichen Abzugszeitraum gebunden sein soll, lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem mit der Vorschrift verfolgten Zweck herleiten.

Zu eigenen Wohnzwecken genutztes Wohneigentum sollte im Fördergebiet über die bisherige Förderung hinaus, die nur die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung und den Ausbau oder die Erweiterung an einer Wohnung betraf, begünstigt werden. Wegen des allgemein schlechten Zustandes der Bausubstanz im Fördergebiet werden während eines bestimmten Zeitraums auch Erhaltungs- und Herstellungsarbeiten an zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden gemäß § 7 FördG steuerlich berücksichtigt (vgl. BTDrucks 12/562, S. 72). Jedoch sollte ausgeschlossen werden, dass für Herstellungs- oder Erhaltungsmaßnahmen, die mehrere Fördertatbestände erfüllen, gleichzeitig mehrere Begünstigungen in Anspruch genommen werden. Entgegen der Auffassung des FA ist die Inanspruchnahme mehrerer Vergünstigungen nacheinander dagegen mit dem Gesetzeszweck vereinbar. Denn der Vergünstigungstatbestand wurde geschaffen, weil die bisherigen Förderungen eigengenutzten Wohneigentums als unzureichend angesehen wurden.