| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 9.8.2000 (I R 92/99) BStBl. 2001 II S. 609

Laufende Verwaltungskostenbeiträge, die sich ihrer Höhe nach prozentual an dem Darlehensbetrag bemessen und bezogen auf die gesamte Laufzeit des Darlehens zu zahlen und nicht für besondere, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen des Kreditgebers zu erbringen sind, stellen Entgelte für Dauerschulden i.S. von § 8 Nr. 1 GewStG dar.

GewStG i.d.F. des StRG 1990 § 8 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1999, 1303)

Sachverhalt

I.

Bei der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) handelt es sich um eine Wohnungsbau- und -verwaltungs-GmbH. Sie finanzierte ihre Bauvorhaben in großem Maße durch unverzinsliche und niedrig verzinsliche öffentliche Mittel. Die insbesondere von der Wohnungsbauförderungsanstalt gewährten Darlehen waren in der Regel zunächst unverzinslich. Eine Verzinsung fand frühestens nach sieben Jahren mit Zustimmung des für den Wohnungsbau zuständigen Landesministeriums statt. Neben etwaigen Zinsen waren für die Darlehen vom Empfänger, unbeschadet der für die Tätigkeit der Bewilligungsbehörde zu zahlenden Gebühren, ein einmaliger und ein laufender Verwaltungskostenbeitrag zu entrichten. Der laufende Verwaltungskostenbeitrag betrug jährlich 0,5 % des Ursprungskapitals des Darlehens. Nach Tilgung von 50 % dieses Ursprungskapitals wurde der laufende Verwaltungskostenbeitrag nur noch von der Hälfte des Ursprungskapitals berechnet. Rechtsgrundlage für die Erhebung der Verwaltungskostenbeiträge war Tz. 2.223 der Wohnungsbauförderungsbestimmungen des Landes Nordrhein-Westfalen (vgl. zuletzt den Runderlass des Ministeriums für Bauen und Wohnungen vom 30. September 1997, Ministerialblatt -MinBL- NW 1997, 1396, zuletzt geändert am 21. Januar 1998; MinBl NW 1998, 161).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) behandelte die laufenden Verwaltungskostenbeiträge als Dauerschuldentgelte i.S. von § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der für die Streitjahre 1991 und 1992 maßgeblichen Fassung des Steuerreformgesetzes 1990 (StRG) vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224), weil sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den gewährten Darlehen stünden, und setzte die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre 1991 und 1992 entsprechend fest. Die dagegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieb erfolglos (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1999, 1303).

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung von § 8 Nr. 1 GewStG.

Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide 1991 und 1992 dahin gehend abzuändern, dass die Verwaltungskostenbeiträge in Höhe von 155.338,70 DM für 1991 und in Höhe von 167.749,44 DM für 1992 nicht als Dauerschuldentgelte angesetzt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet.

Gemäß § 8 Nr. 1 GewStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Entgelte für Schulden hinzugerechnet, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Die Verbindlichkeiten, für die die bezeichneten Entgelte zu zahlen sind (sog. Dauerschulden), sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des Gewerbebetriebs wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswerts abgezogen worden sind.

Im Streitfall besteht unter den Beteiligten Einvernehmen darüber, dass die von der Klägerin in Anspruch genommenen Kredite Dauerschulden i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG darstellen. Fraglich ist allein, ob die hierauf berechneten und geleisteten Verwaltungskostenbeiträge "Entgelte" i.S. von § 8 Nr. 1 GewStG in der hier anzuwendenden Fassung sind. Dies ist mit der Vorinstanz zu bejahen (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 28. Oktober 1999 11 K 2196/97 G, EFG 2000, 92).

Entgelte für Schulden sind die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital (Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 8 Nr. 1 Rz.33). In erster Linie sind dies die für die Schulden geleisteten Zinsen (§§ 246, 248 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB-). Während sich die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG bis zum Erhebungszeitraum 1990 dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Vorschrift nach aber hierauf beschränkte, sind seitdem "Entgelte" jedwelcher Art hinzuzurechnen (vgl. dazu im Einzelnen Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 25. Februar 1999 IV R 55/97, BFHE 188, 406, BStBl II 1999, 473; siehe auch BTDrucks 11/2157, S. 175). Im Schrifttum ist allerdings kontrovers, wie dieser Begriff zu verstehen ist. Teilweise wird vertreten, darunter falle nur die für die eigentliche Nutzungsmöglichkeit zu erbringende Gegenleistung im engeren Sinne (so Hofmeister in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 8 GewStG Rz. 59; vgl. auch Senatsurteil vom 8. März 1984 I R 31/80, BFHE 141, 158, BStBl II 1984, 623, 625, unter 3.). Andere sind der Auffassung, Entgelte seien alle Aufwendungen, die ohne die Inanspruchnahme von Dauerschulden nicht entstanden wären (so z.B. Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 9. Aufl., § 8 Nr. 1 Rz. 352; Pauka, Der Betrieb -DB- 1988, 2224, 2226; einschränkend Glanegger/Güroff, a.a.O.). Für die Entscheidung des Streitfalls kann diese Kontroverse unentschieden bleiben. Die Verwaltungskostenbeiträge, um die es hier geht, unterfallen sowohl nach der einen als auch nach der anderen Ansicht dem Hinzurechnungstatbestand des § 8 Nr.1 GewStG, weil diese in jedem Fall auch Gegenleistungen für die Überlassung des Fremdkapitals und dessen Nutzung darstellen. Die Vorinstanz leitet dies zutreffend daraus ab, dass die Beiträge sich ihrer Höhe nach prozentual an dem Darlehensbetrag bemessen und überdies bezogen auf die gesamte Laufzeit der Darlehen zu zahlen sind. Dies zeigt auf, dass sie nicht nur - im Sinne einer bloßen Kausalität - anlässlich der Kreditaufnahme, sondern tatsächlich und wiederkehrend für die Kreditnutzung geleistet werden (vgl. insoweit zu Verwaltungskosten auch Güroff in Glanegger, a.a.O., § 8 Nr. 1 Rz. 33). Dass die Orientierung an dem Darlehensbetrag pauschal bezogen auf die ursprüngliche Darlehenshöhe und jene nach hälftiger Tilgung erfolgt, ist insoweit unbeachtlich; auch wenn Zinsen typischerweise auf die jeweilige Restschuld berechnet werden, so ist diese Vorgehensweise doch nicht zwingend und bedeutet nicht, dass anderweitig berechnete Entgelte von vornherein keine Dauerschuldentgelte darstellen könnten. Ebenso wenig ist bedeutsam, unter welcher Bezeichnung die Beträge verbucht werden (Güroff, ebenda).

Die im Streitfall in Rede stehenden Verwaltungskostenbeiträge sind deswegen von solchen Verwaltungskosten abzugrenzen, die (als Kreditbeschaffungs- oder sonstige Nebenkosten), für spezielle, über die eigentliche Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen des Kreditgebers zu erbringen sind (vgl. auch Reichsfinanzhof -RFH-, Urteile vom 26. Oktober 1938 VI 589/38, RStBl 1938, 1117, zu laufenden Kredit- und Umsatzprovisionen; vom 13. September 1938 I 275/38, RStBl 1938, 1118, zu Gebühren für die Wertpapierverwaltung; ferner vom 21. Februar 1939 I 464/38, RStBl 1939, 711, zu Akzeptprovisionen). Solche Leistungen sind im Streitfall nicht ersichtlich, auch nicht aufgrund des Umstandes, dass es sich bei den vergebenen Geldern um öffentliche Kreditmittel handelt, und dass die Wohnungsbauförderungsanstalt diese Gelder für das Land Nordrhein-Westfalen vergibt. Für die Klägerin als Kreditnehmerin, bei der die Fremdmittel gewerbesteuerrechtlich als Dauerschulden zu berücksichtigen sind, kommt es nicht darauf an, in welcher Weise die Kreditmittel von der kreditvergebenden Stelle verwaltet und verbucht werden, insbesondere auch nicht darauf, weshalb die Darlehensgewährung erfolgt, woher die Kreditmittel stammen und welche Verwaltungskosten mit den Entgelten für die Kreditvergabe beim Kreditgeber intern (kalkulatorisch) ausgeglichen werden, vielmehr allein darauf, in welcher Weise sie die Nutzung der Kreditmittel abzugelten hat. Und dazu gehören nach dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt im Streitfall auch die Verwaltungskostenbeiträge. Diese stellen Finanzierungs-, nicht aber Vermittlungs- oder Bearbeitungsaufwand dar.

Ob sich aus Abschn. 48 Abs. 1 Satz 10 der Gewerbesteuer-Richtlinien 1990 (= Abschn. 46 Abs. 1 Satz 11 der Gewerbesteuer-Richtlinien 1998) eine hiervon abweichende Einschätzung ergeben könnte, ist unbeachtlich; Verwaltungsrichtlinien binden die FG nicht. Die Vorinstanz weist in diesem Zusammenhang überdies zu Recht darauf hin, dass in dieser Verwaltungsanweisung (in Satz 11 bzw. Satz 12) die erwähnte Rechtsprechung des RFH zitiert wird, was auf ein gleichgelagertes Verständnis auch des Richtliniengebers hindeutet.