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  BFH-Beschluss vom 30.7.2001 (VII B 78/01) BStBl. 2001 II S. 681

1. Die Abkürzung der Ladungsfrist als solche stellt keinen Verfahrensmangel dar, auf den eine Nichtzulassungsbeschwerde mit Aussicht auf Erfolg gestützt werden könnte. Führt die Abkürzung der Ladungsfrist jedoch dazu, dass der Beteiligte an dem festgesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen kann, weil er erst nach Durchführung der mündlichen Verhandlung davon Kenntnis erhält, kann er mit der auf die Rüge der Verletzung seines Rechts auf Gehör gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Aufhebung des ergangenen Urteils und die Anberaumung einer neuen mündlichen Verhandlung erreichen.

2. Zu den Anforderungen an die Schlüssigkeit dieser Gehörsrüge (1.).

GG Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1; AO 1977 § 284; FGO § 91 Abs. 1, § 96, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 6, § 119 Nr. 3; GKG § 8 Abs. 1 Satz 1.

Sachverhalt

Mit Bescheid vom ... hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -FA-) den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses aufgefordert und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger in Person am 10. November 2000 Klage beim Finanzgericht (FG). Nachdem der Kläger dem FG am 27. Dezember 2000 (Eingang beim FG) mitgeteilt hatte, dass er auf eine mündliche Verhandlung nicht verzichte, bestimmte das FG mit Ladung vom 11. Januar 2001 Termin zur mündlichen Verhandlung auf Mittwoch, den 31. Januar 2001, 10.15 Uhr. Die Ladung scheiterte. Als Grund für die Nichtzustellung war in Feld 12.6 der Postzustellungsurkunde vom 12. Januar 2001 vermerkt: "Empf. ist bis 20.01.01 unter Postfach X in Y, Ungarn".

Mit Verfügung vom 17. Januar 2001 lud das FG den Kläger unter Abkürzung der Ladungsfrist auf 5 Tage und unter Beibehaltung des zuerst angesetzten Termins erneut zur mündlichen Verhandlung. Auf der Postzustellungsurkunde war in Feld 1.8 der Vermerk "Keine Ersatzzustellung an:" gestrichen und statt dessen vermerkt: "bitte erst am 22.1.01 zustellen". Da der Kläger am 22. Januar 2001 in seiner Wohnung nicht angetroffen wurde, wurde die Zustellung durch Niederlegung bewirkt. Zum angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung erschien der Kläger nicht. Das FG wies die Klage ab.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision, die er auf den Verfahrensmangel der Verletzung rechtlichen Gehörs stützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes -GG-). Hierzu trägt er vor: Die weisungsgemäß am 22. Januar 2001 zugestellte Ladung habe ihn in seiner Wohnung nicht mehr erreichen können, weil er sich am frühen Morgen dieses Tages auf den Weg zu dem von seinem Wohnort mehr als 800 km entfernten T gemacht habe, um am darauf folgenden Tag um 8.30 Uhr an einem vor dem dortigen Amtsgericht (AG) anberaumten Termin in einer Steuerstrafsache teilnehmen zu können. Ausweislich der vorgelegten Kopie dieser Ladung war ein Fortsetzungstermin auf den 1. Februar 2001 anberaumt, zu dem, wie bereits zum Termin am 23. Januar 2001 das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet war. Zwischen den beiden Terminen habe er auf eine Rückreise an seinen Wohnort verzichtet und sich in T bei seiner Mutter aufgehalten. Erst nach Rückkehr an seinen Wohnort am 2. Februar 2001 habe er die Ladung des FG zu der bereits am 31. Januar 2001 durchgeführten mündlichen Verhandlung erhalten. Infolge dieses Ablaufs sei es ihm nicht möglich gewesen, den Termin wahrzunehmen und seinen Rechtsstandpunkt, ggf. mit einem kompetenten Anwalt, in der mündlichen Verhandlung darzulegen. Dies wäre problemlos möglich gewesen, wenn das FG die Ladungsfrist nicht abgekürzt hätte. Hierzu habe keine Veranlassung bestanden; ein dringender Fall habe nicht vorgelegen. Auf der Verletzung seines Rechts auf Gehör könne das angefochtene Urteil beruhen, denn das Urteil wäre zu seinen Gunsten ausgefallen, wenn er die Möglichkeit zum Vortrag in der mündlichen Verhandlung gehabt hätte.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt in Anwendung des § 116 Abs. 6 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das angefochtene Urteil verletzt den Kläger in seinem Recht auf Gehör.

1. Sowohl aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG als auch aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) folgt, dass der Bürger einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle hat. Der Zugang zum Gericht darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Das einfache Recht muss in seiner Anwendung im Einzelfall von Verfassungs wegen ein Ausmaß an Gehör eröffnen, das sachangemessen ist, um dem Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gerecht zu werden. So gesehen dienen beide Verfassungsgrundsätze jeweils dem gleichen Ziel, nämlich der Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes. Das Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes gilt danach nicht nur für die Eröffnung des Zugangs zum Gericht, sondern auch für das Recht, im Verfahren gehört zu werden (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. November 1996 2 BvR 1157/93, BStBl II 1997, 415, 418, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1997, 247, m.w.N.).

a) Im finanzgerichtlichen Verfahren wird das Recht auf Gehör u.a. durch die Ladungsfristen zum Termin zur mündlichen Verhandlung gewährleistet (§ 91 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die vom Gesetz vorgegebene Zeitspanne von mindestens zwei Wochen zwischen dem Tag der Zustellung der Ladung und dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem FG (§ 91 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 155 FGO i.V.m. § 217 der Zivilprozessordnung -ZPO-) soll es den Beteiligten nicht nur ermöglichen, die Anwesenheit bei der mündlichen Verhandlung sicherzustellen; sie soll außerdem gewährleisten, dass sich die Beteiligten auf den Termin vorbereiten können, damit sie imstande sind, sich in der mündlichen Verhandlung zur Wahrung ihrer Rechte angemessen zu äußern (Bundesfinanzhof -BFH-, Beschluss vom 2. Dezember 1992 X B 65/92, BFH/NV 1993, 608).

b) Obschon die Mindestladungsfrist mit zwei Wochen an sich ziemlich knapp bemessen ist, lässt es das Gesetz zu, dass diese Frist vom Vorsitzenden des betreffenden FG-Senats in dringenden Fällen abgekürzt werden kann (§ 91 Abs. 1 Satz 2 FGO; vgl. kritisch hierzu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 91 FGO Rz. 11). Im Streitfall hatte der Vorsitzende die Ladungsfrist auf 5 Tage abgekürzt. Da Zustelltag (22. Januar 2001) und Terminstag (31. Januar 2001) bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet werden (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) und mehr als 5 Tage zwischen dem Tag der Ladung und dem Terminstag lagen, ist die abgekürzte Ladungsfrist eingehalten worden. Ein Ladungsfehler lag mithin nicht vor.

Allein mit dem Vorbringen, es habe kein dringender Fall vorgelegen, der eine Verkürzung der Ladungsfrist nach § 91 Abs. 1 Satz 2 FGO gerechtfertigt hätte, kann der von der Abkürzung der Ladungsfrist Betroffene nicht gehört werden. Die Abkürzung der Ladungsfrist stellt nämlich eine im Ermessen des Gerichts stehende prozessleitende Verfügung (Bestimmung einer Frist) dar, die nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde selbständig angefochten werden kann (BFH-Beschluss vom 7. September 1995 III R 86/90, BFH/NV 1996, 230). Entsprechend unterliegt sie nach § 124 Abs. 2 FGO auch nicht der Beurteilung im Revisionsverfahren, so dass logischerweise auch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf die bloße Tatsache der Abkürzung der Ladungsfrist -kein Verfahrensfehler- gestützt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 1999 VII B 140/99, BFH/NV 2000, 589).

c) Die Abkürzung der Ladungsfrist kann aber das Recht des Beteiligten auf Gehör berühren und unter diesem Gesichtspunkt zum Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde gemacht werden (vgl. Senat in BFH/NV 2000, 589). Ein Beteiligter, der wegen der Kürze der Ladungsfrist nicht erscheinen und auch keine Terminsverlegung beantragen konnte, kann die in der Sache ergangene Entscheidung mit der Begründung anfechten, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Ladungsfrist nicht vorgelegen hätten (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22. Juni 1984 8 C 1.83, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 340; Stöcker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 91 FGO Rz. 44; Eyermann/Geiger, Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Aufl. 2000, § 102 Rz. 19, zu dem dem § 91 Abs. 1 Satz 2 FGO entsprechenden § 102 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung). So verhält es sich im Streitfall.

2. Die vom Kläger erhobene Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) erfüllt die Anforderungen an eine schlüssige Darlegung und ist daher zulässig. Der Kläger hat in seiner auf die Verletzung rechtlichen Gehörs gestützten Nichtzulassungsbeschwerde in ausreichender Weise dargelegt, dass er den vom FG bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2001 bereits deshalb nicht wahrnehmen konnte, weil er von diesem Termin erst bei seiner Rückkehr aus T an seinen Wohnort am 2. Februar 2001 Kenntnis bekommen hatte, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die mündliche Verhandlung vor dem FG bereits stattgefunden hatte. Zu seiner Abwesenheit von seiner Wohnung in dem Zeitraum vom frühen Morgen des 22. Januar 2001 an, ehe die Zustellung der Ladung durch Postzustellungsurkunde an ihn erfolgen konnte, bis zu seiner Rückkehr am 2. Februar 2001 hat er glaubhaft und unter Beweisantritt vorgetragen, dass er am 22. Januar 2001 die mehr als 800 km weite Strecke nach T gefahren ist, dort am 23. Januar 2001 um 8.30 Uhr an einem Termin beim AG teilnehmen musste, dann bei seiner in T wohnhaften Mutter verweilte, bis der Termin vor dem AG am 1. Februar 2001 fortgesetzt wurde, ehe er am 2. Februar 2001 wieder an seinen Wohnort zurückkehrte und dort die Ladung zum Termin vor dem FG vorfand.

Bei diesem Ablauf der Dinge hatte der Kläger keine Möglichkeit, den Termin vor dem FG wahrzunehmen und sich dort rechtliches Gehör zu verschaffen. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich ferner die Behauptung, ein dringender Fall für die Abkürzung der Ladungsfrist habe nicht vorgelegen, sowie die Behauptung, die Abkürzung der Ladungsfrist sei kausal für die Gehörsverletzung gewesen, denn hätte das FG die gesetzliche Ladungsfrist von zwei Wochen eingehalten, hätte er bei seiner Rückkehr die Ladung vorgefunden und entsprechend reagieren können. Schließlich bringt der Kläger vor, dass das Urteil des FG zu seinen Gunsten ausgefallen wäre, wenn er seinen Rechtsstandpunkt in der mündlichen Verhandlung, ggf. unterstützt durch einen fachkundigen Prozessbevollmächtigten, hätte vorbringen können. Damit ist die Gehörsverletzung insgesamt schlüssig gerügt.

Unter den Umständen des Streitfalls sind an die Schlüssigkeit der Rüge keine höheren Anforderungen zu stellen. Insbesondere bedurfte es keiner Ausführungen dazu, dass der Kläger alle verfahrensrechtlichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, ausgeschöpft hat (vgl. Stöcker in Beermann, a.a.O., § 91 FGO Rz. 45; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 119 Rz. 13). Wer einen Finanzgerichtsprozess führt, in dem eine mündliche Verhandlung ansteht, muss grundsätzlich nicht damit rechnen, dass die Ladungsfrist zu dieser mündlichen Verhandlung abgekürzt wird. Er braucht demgemäss, auch wenn er nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, keine Vorkehrungen für den Fall zu treffen, dass ihn während einer kurzfristigen Abwesenheit von seiner Wohnung die Ladung zur mündlichen Verhandlung erreicht. Dies gilt jedenfalls für solche Abwesenheiten, deren Dauer, wie im Streitfall, die gesetzliche Ladungsfrist von zwei Wochen nicht übersteigen und zeitlich so bemessen sind, dass bei Rückkehr in die Wohnung noch die Möglichkeit besteht, nach Kenntnisnahme von der Ladung an dem Termin teilzunehmen oder jedenfalls noch rechtzeitig einen Antrag auf Terminsverlegung, falls dies zur Vorbereitung auf die Verhandlung erforderlich ist, zu stellen. Der Kläger hatte somit weder postalische Vorkehrungen zu treffen noch das FG von seiner Abwesenheit in Kenntnis zu setzen. Ein Vortrag in dieser Richtung erübrigt sich daher.

Ebenfalls nicht erforderlich war die Darlegung dessen, was der Kläger für den Erfolg seiner Klage in der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hätte, wenn er daran teilgenommen und die Abkürzung der Ladungsfrist nicht gerügt hätte. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nach § 119 Nr. 3 FGO ein absoluter Revisionsgrund, d.h. das Urteil als solches ist in einem solchen Fall stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, ohne dass es weitere Ausführungen zur Sache bedürfte. Nach der Rechtsprechung des BFH gilt dies nur dann nicht, wenn die Verletzung des rechtlichen Gehörs lediglich einzelne Feststellungen betrifft, auf die es für die Entscheidung aus der Sicht des Revisions- oder Beschwerdegerichts unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ankommt (§ 126 Abs. 4 FGO, ggf. analog). Wird einem Beteiligten jedoch, wie im Streitfall, die Möglichkeit verschlossen, sich zu dem entscheidungserheblichen Sachverhalt -dem Gesamtergebnis des Verfahrens i.S. des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO- zu äußern, so kann das Revisions- bzw. Beschwerdegericht (im Rahmen der analogen Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO) das angefochtene Urteil auf seine sachlich-rechtliche Richtigkeit nicht überprüfen, weil das Gesamtergebnis des Verfahrens verfahrensrechtlich fehlerhaft zur Grundlage der Entscheidung geworden ist. In einem solchen Fall kommt es folglich nicht darauf an, dass im Einzelnen noch ausgeführt wird, was der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch hätte für den Erfolg seiner Klage vortragen wollen (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 1991 VII R 64/90, BFHE 166, 415, BStBl II 1992, 425, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 11 und 14).

3. Der Verfahrensmangel der Verletzung des Rechts auf Gehör liegt auch vor. Der Vortrag des Klägers ist glaubhaft und nachvollziehbar. Er hat den Senat zu der Überzeugung geführt, dass der Kläger infolge der Verkürzung der Ladungsfrist durch das FG von der Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung keine Kenntnis hatte und folglich weder einen Vertagungsantrag stellen noch seine Rechte in der mündlichen Verhandlung wahrnehmen konnte.

Für die Abkürzung der Ladungsfrist ist ein dringender Grund nicht ersichtlich. Zwar sind Verfahren, bei denen es um die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 der Abgabenordnung (AO 1977) geht, grundsätzlich mit Priorität zu behandeln, weil dabei regelmäßig erhebliche Abgabenbeträge, mit denen der Vollstreckungsschuldner in Rückstand ist, auf dem Spiel stehen. Das FG hat das Verfahren des Klägers daher mit Recht zügig vorangetrieben. Allerdings rechtfertigen solche Verfahren nicht per se eine Abkürzung der Ladungsfrist, denn die Durchführung des finanzgerichtlichen Verfahrens muss in solchen Angelegenheiten in besonderem Maße rechtsstaatlichen Anforderungen und insbesondere dem Gebot effektiver Rechtsschutzgewährung genügen, weil wegen der Folgen der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung regelmäßig die berufliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Existenz des Vollstreckungsschuldners gefährdet ist (vgl. Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 284 AO 1977 Rz. 11). Eine Abkürzung der Ladungsfrist sollte daher in solchen Fällen die absolute Ausnahme sein. Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Ausnahmefall gegeben sein könnte. Insbesondere wäre es kein dringender Grund für die Abkürzung der Ladungsfrist, wenn das FG dabei die wegen der Abwesenheit des Klägers in Ungarn gescheiterte erste (fristgerechte) Ladung im Auge gehabt hätte. Ladungsschwierigkeiten rechtfertigen ebenso wenig eine Abkürzung der Ladungsfrist wie eine bloße Auffüllung bzw. Beibehaltung der Terminsliste des Gerichts (vgl. Stöcker in Beermann, a.a.O., § 91 FGO Rz. 42).

Unter den genannten Umständen kann es nicht zu Lasten des Klägers gehen, dass er seine Rechte in der mündlichen Verhandlung nicht wahrnehmen konnte. Hat sich das mit jeder Abkürzung der Ladungsfrist verbundene Risiko einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des zur mündlichen Verhandlung geladenen Beteiligten wie im Streitfall realisiert, muss die Rechtsordnung dem Betroffenen eine erneute Möglichkeit gewähren, seine Rechte vor Gericht wahrzunehmen, und zwar unabhängig von der Bewertung des konkreten Verhaltens des FG im Zusammenhang mit der Abkürzung der Ladungsfrist. Der Senat verkennt nämlich nicht, dass das FG die erneute Ladung und die damit verbundene konkrete Maßgabe, die Ladung erst am 22. Februar 2001 zuzustellen, in bester Absicht getroffen hat, um dem Kläger nach seiner Rückkehr aus Ungarn die Teilnahme am ursprünglich festgesetzten Termin vom 31. Januar 2001 doch noch zu ermöglichen, ganz zu schweigen davon, dass das FG von den Terminen des Klägers beim AG T nichts wusste und auch nichts wissen konnte. Dass die aus Fürsorge für den Kläger getroffene Maßgabe der Ladung aber gerade das Gegenteil bewirkte -die Zustellung der Ladung erst am 22. Januar 2001 war nämlich der eigentliche Grund dafür, dass der Kläger von dem Termin am 31. Januar 2001 nichts erfahren hat-, kann nicht dem Kläger zur Last fallen.

4. Der Senat hält im Streitfall Gründe der Prozessökonomie für durchschlagend, von dem Verfahren nach § 116 Abs. 6 FGO Gebrauch zu machen, wonach bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) der BFH in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen kann.