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  BFH-Urteil vom 25.7.2000 (VIII R 35/99) BStBl. 2001 II S. 698

1. Überlässt ein Gesellschafter seiner GmbH ein Darlehen zu einem deutlich unter dem Marktzins liegenden Zinssatz und damit teilentgeltlich, dann sind die von ihm wegen der Refinanzierung dieses Darlehens gezahlten Schuldzinsen zu dem Bruchteil nicht bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Werbungskosten abziehbar, zu dem das Darlehen unentgeltlich gewährt worden ist.

2. Gewährt der Gesellschafter einer Familien-GmbH dieser ein teilentgeltliches Darlehen, dann können die auf den unentgeltlichen Teil entfallenden Refinanzierungskosten nur dann ungekürzt bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, wenn das Darlehen einem Fremdvergleich standhält und auch ein den übrigen Gesellschaftern fern stehender Gesellschafter das Darlehen teilentgeltlich gewährt hätte. Anderenfalls können die Aufwendungen nur zu dem der Beteiligungsquote des Gesellschafters entsprechenden Bruchteil als Werbungskosten abgezogen werden.

EStG § 12 Nr. 1 und 2, § 19, § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7, § 21 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1999, 946)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer im Jahre 1987 gegründeten GmbH, deren ursprüngliches Stammkapital von 50.000 DM vom Kläger allein gehalten wurde. Im Jahre 1991 wurde das Stammkapital der GmbH auf 150.000 DM erhöht. Davon entfielen 100.000 DM auf den Kläger, 15.000 DM auf seine Ehefrau, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), sowie 20.000 DM und 15.000 DM auf die beiden Söhne der Kläger.

Zur Finanzierung der Tätigkeit der GmbH erhielt der Kläger im Jahr 1987 von der öffentlichen Hand fünf verschiedene Existenzgründer-Darlehen über insgesamt 783.000 DM. Außerdem nahm er bei seiner Hausbank ein Darlehen in Höhe von 96.000 DM auf. Die Mittel von insgesamt 879.000 DM stellte er der GmbH als Darlehen zur Verfügung.

Im Jahr 1989 wurden erstmalig Tilgungsleistungen für die aus öffentlichen Mitteln gewährten Existenzgründer-Darlehen fällig. Der Kläger schloss mit seiner Hausbank einen sog. Tilgungsstreckungsvertrag zur Refinanzierung der Existenzgründer-Darlehen; mit diesem Darlehen wurden die Tilgungsleistungen für die öffentlichen Mittel finanziert, so dass die Gesamtkreditsumme des Klägers von 783.000 DM unverändert blieb.

Das Darlehen über 96.000 DM sollte durch eine noch anzusparende Kapitallebensversicherung zurückgezahlt werden, die der Kläger gleichzeitig mit der Darlehensaufnahme abgeschlossen hatte. Das Tilgungsdarlehen sollte durch entsprechend hohe und ebenfalls noch anzusparende Kapitallebensversicherungen mit Fälligkeiten zum 1. Januar 1999 (559.000 DM) und 1. Februar 2007 (224.000 DM) zurückgezahlt werden.

Mit Vertrag vom 12. Januar 1990 verpflichtete sich die GmbH gegenüber dem Kläger, die Zins- und Tilgungsleistungen für die öffentlichen Mittel unter Berücksichtigung des Tilgungsstreckungsvertrags zu übernehmen, so dass die Tilgung und Rückzahlung der Darlehen analog der Refinanzierung erfolgten. Dementsprechend glichen sich die Zinseinnahmen des Klägers von der GmbH und die Refinanzierungskosten des Klägers seit der Gründung der GmbH bis zum Jahr 1994 einschließlich in etwa aus.

Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 15. Dezember 1995 änderten der Kläger und die GmbH die bisherige Vereinbarung dahingehend, dass nunmehr der Zinssatz rückwirkend ab 1994 3 v.H. über dem Bundesbankdiskontsatz und ab dem 1. Januar 1997 4 v.H. über dem Bundesbankdiskontsatz liegen sollte. Außerdem sollte die Tilgung jährlich 60.000 DM betragen; Sondertilgungen waren zulässig.

Das Gesellschafter-Darlehen des Klägers bei der GmbH wies am 31. Dezember 1994 einen Stand von 569.100 DM und am 31. Dezember 1995 einen Stand von 454.163 DM aus. Die Existenzgründer-Darlehen des Klägers valutierten am 31. Dezember 1994 mit insgesamt 438.500 DM und am 31. Dezember 1995 mit insgesamt 374.600 DM; das Darlehen über 96.000 DM war unverändert, so dass der Gesamtstand der Darlehensschuld des Klägers ohne das Tilgungsstreckungsdarlehen am 31. Dezember 1994 insgesamt 534.500 DM und am 31. Dezember 1995 insgesamt 470.600 DM betrug.

Für das Streitjahr 1995 machte der Kläger bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) aus dem Gesellschafter-Darlehen einen Werbungskostenüberschuss geltend, den er wie folgt berechnete:

Zinseinnahmen    
Gesellschafter-Darlehen  

34.231,74 DM

     
./. Zinsen für    
öffentliche Mittel    
(ursprünglich    
783.000 DM)

28.870,24 DM

 
     
./. Zinsen Darlehen    
über 96.000 DM

6.960,00 DM

./. 35.830,24 DM

     
./. Zinsen aus dem    
Tilgungsstreckungs-    
darlehen  

./. 30.451,74 DM

   

----------------------

   

./. 32.050,24 DM

   

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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte den Werbungskostenüberschuss nicht an.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es entschied, dass hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen die Überschusserzielungsabsicht gefehlt habe. Negative Einkünfte aus einer wesentlichen Beteiligung (§ 17 Abs. 4 EStG) lägen nicht vor, weil die vom Kläger an die GmbH weitergereichten Existenzgründer- Darlehen keinen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt hätten. Es handele sich auch nicht um Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil der Bezug zur Gesellschafterstellung des Klägers überwiege. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 946 veröffentlicht.

Die Kläger rügen mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 und § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Sie beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG), hilfsweise, bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusätzliche Schuldzinsen in Höhe von 32.051 DM als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Entscheidung des FG, das Gesellschafter-Darlehen habe nicht den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt, hält auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG seiner Überschussprognose und der Berechnung der Werbungskosten bei den Einkünften aus dem Gesellschafter-Darlehen des Klägers gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG für das Streitjahr 1995 die Bedingungen zugrunde gelegt hat, die in dem Gesellschafterbeschluss vom 15. Dezember 1995 schriftlich festgelegt worden sind. Zwar sind Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihren beherrschenden Gesellschafter steuerlich nur anzuerkennen, wenn sie auf einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung beruhen (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Juli 1982 I R 56/78, BFHE 136, 386, BStBl II 1982, 761; vom 11. Februar 1997 I R 43/96, BFH/NV 1997, 806). Jedoch ist anerkannt, dass auch zwischen einem beherrschenden Gesellschafter und seiner GmbH zivilrechtlich wirksame mündliche Vereinbarungen getroffen werden können; insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, deren Durchführung einen regelmäßigen Leistungsaustausch voraussetzt, kann es möglich sein, aus dem tatsächlichen Leistungsaustausch den Schluss zu ziehen, dass ihm eine mündlich geschlossene Vereinbarung zugrunde liegt (vgl. dazu BFH-Urteile vom 24. Januar 1990 I R 157/86, BFHE 160, 225, BStBl II 1990, 645; vom 29. Juli 1992 I R 18/91, BFHE 169, 71, BStBl II 1993, 139). Wenn im Streitfall das FG und die Beteiligten übereinstimmend stillschweigend davon ausgegangen sind, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, bestehen dagegen revisionsrechtlich keine Bedenken.

2. Aus revisionsrechtlicher Sicht hält es auch einer Überprüfung stand, dass das FG bei seiner Prüfung, ob der Kläger eine Überschusserzielungsabsicht hatte, als selbstverständlich davon ausgegangen ist, dass die in dem Gesellschafterbeschluss vom 15. Dezember 1995 festgelegten Bedingungen so zu verstehen sind, dass ein Darlehensvertrag zwischen der GmbH und dem Kläger zustande gekommen ist und nicht etwa fünf verschiedene Darlehensverträge geschlossen worden sind mit der Folge, dass das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht für jeden Vertrag gesondert zu prüfen wäre. Der erkennende Senat kann die Auslegung der Vereinbarungen zwischen der GmbH und dem Kläger durch das FG nur daraufhin überprüfen, ob es die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) beachtet und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 169, 71, BStBl II 1993, 139, unter Abschn. II. 2. c der Gründe, m.w.N.). Die Vertragspartner selbst sind im Gesellschafterbeschluss vom 15. Dezember 1995 dem Wortlaut nach von einem Gesellschafter-Darlehen ausgegangen. Es ist nicht festgestellt worden, dass die GmbH dies in ihrer Buchführung anders gehandhabt hätte. Unter diesen Umständen vermag der Senat einen Verstoß des FG gegen die gesetzlichen Auslegungsregeln oder die Denk- und Erfahrungssätze nicht zu erkennen.

3. Das FG hat die Schuldzinsen zu Recht auch nicht gemäß dem Hilfsantrag der Kläger als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) abgezogen. Der sinngemäße Einwand der Kläger, bei Existenzgründungen der vorliegenden Art sei die verbilligte Nutzungsüberlassung des Kapitals durch ein Bündel von Motiven veranlasst und es sei ausschlaggebend, dass der Kläger unter Einbeziehung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt einen Überschuss seiner Einnahmen von der GmbH über seine Ausgaben erzielt habe, vermag dem Klagebegehren, die insgesamt geltend gemachten Finanzierungskosten steuermindernd abzuziehen, nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn zum einen steht bei einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft der wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendungen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen im Vordergrund und verdrängt die Beziehung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1999 VIII R 70/96, BFH/NV 1999, 1323). Zum anderen könnten auch bei den Einkünften aus § 19 EStG nur diejenigen Aufwendungen abgezogen werden, die durch das Gesellschafter-Darlehen veranlasst und damit Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind (vgl. dazu nachfolgend unter 5.).

4. Die Vorentscheidung ist auch rechtsfehlerfrei, soweit sie dem Klagebegehren nicht unter dem Gesichtspunkt entsprochen hat, dass die Aufnahme des Tilgungsstreckungsdarlehens nur deshalb erforderlich geworden sei, weil der Kläger Einzahlungen in die Kapitallebensversicherungen zu leisten hatte, die er im Zusammenhang mit den Kreditaufnahmen abgeschlossen hatte.

Abgesehen davon, dass für die steuerrechtliche Qualifizierung von Schuldzinsen für ein Darlehen die tatsächliche Verwendung des Darlehens entscheidend ist (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, 197, unter B. I. 2. der Gründe), steht im Streitfall fest, dass die Erträge aus den Lebensversicherungen des Klägers nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG erfasst werden und deshalb steuerfrei sind. Zinsaufwendungen wegen der Fremdfinanzierung von Beiträgen zu einer Lebensversicherung, die nicht zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG führt, können aber nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1996 VIII R 39/95, BFH/NV 1997, 644, 647, unter 2. b, bb, bbb, und ddd).

Soweit die Beiträge zu den Lebensversicherungen als Sonderausgaben abziehbar sind, ist in § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG nur ein Abzug der Beiträge vorgesehen; bei einer Fremdfinanzierung der Beiträge können die Schuldzinsen nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Dass die Kläger dieses Ergebnis deshalb als unbefriedigend empfinden, weil der Kläger die Kapitallebensversicherungen nicht aus eigenem Entschluss, sondern im Zusammenhang mit der fremdfinanzierten Existenzgründung abgeschlossen hat, kann zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen. Es würde zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führen, wenn die Abziehbarkeit von Schuldzinsen für die Finanzierung von Beiträgen zu einer nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG erfassten Lebensversicherung davon abhinge, ob die Banken den Abschluss der Lebensversicherung verlangt haben oder nicht.

5. Das FG hat jedoch seiner Entscheidung, der Kläger habe im Streitjahr 1995 das Gesellschafter-Darlehen nicht mehr mit der Absicht gewährt, einen Überschuss seiner Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG über seine Werbungskosten erzielen zu wollen, eine Berechnung der Schuldzinsen, die als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) abziehbar sind, zugrunde gelegt, die für den Senat nicht nachvollziehbar ist. Es hat zusätzlich zu den Zinsaufwendungen von insgesamt 35.830,24 DM, die für die im Jahre 1987 aufgenommenen Kredite angefallen waren, die Zinsen aus dem Tilgungsstreckungskredit "in Höhe des Prozentsatzes zwischen den ursprünglichen Existenzgründer-Darlehen und deren tatsächlichem Darlehensstand" als Werbungskosten des Klägers abgezogen und diesen Betrag mit 15.810,54 DM beziffert. Es ist nicht erkennbar, dass diese Berechnungsformel, die das FG nicht erläutert hat, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH zum Werbungskostenabzug bei einem refinanzierten Darlehen als Einkunftsquelle zu einem zutreffenden Ergebnis führen soll.

a) Die steuerrechtliche Qualifizierung von Schuldzinsen für ein Darlehen hängt zunächst allein von der tatsächlichen Verwendung des Darlehensbetrages ab (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, 197, unter B. I. 2. der Gründe). Ein aufgrund der tatsächlichen Verwendung eines Darlehens begründeter Veranlassungszusammenhang zwischen den Zinsen für dieses Darlehen und einer Einkunftsquelle kann (teilweise) wieder entfallen, wenn die Einkunftsquelle wegfällt. Eine Darlehensforderung entfällt als Einkunftsquelle i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG insoweit, als sie vom Schuldner getilgt wird und damit gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlischt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1996 VIII R 88/94, BFHE 182, 320, BStBl II 1997, 424). Im Falle einer refinanzierten Darlehensforderung als Einkunftsquelle führt die ratenweise Tilgung der Darlehensforderung grundsätzlich dazu, dass die im Zusammenhang mit einem Refinanzierungskredit fortan entstehenden Schuldzinsen in Höhe desjenigen Bruchteils keine Werbungskosten bei der nämlichen Kapitalanlage mehr darstellen, der dem Verhältnis (Quotienten) zwischen Tilgungsbetrag und vorheriger Höhe der Kapitalforderung entspricht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 182, 320, BStBl II 1997, 424). Dies gilt nicht nur für einen ursprünglich aufgenommenen Refinanzierungskredit, sondern auch für einen Kredit, der an seine Stelle getreten ist, weil er aufgenommen worden ist, um den ursprünglichen Refinanzierungskredit zu tilgen.

Abweichend von diesem Grundsatz kommt aber ein Werbungskostenabzug bei der nämlichen Kapitalanlage weiterhin in Betracht, soweit der vom Schuldner des refinanzierten Darlehens geleistete Tilgungsbetrag dazu verwendet worden ist, die als Werbungskosten abziehbaren Refinanzierungszinsen zu begleichen.

Das FG hätte deshalb für die jeweilige Zahlung, mit der die GmbH das Gesellschafter-Darlehen getilgt hat, feststellen müssen, wozu der Kläger den jeweiligen Tilgungsbetrag verwendet hat (näher hierzu Senatsurteil in BFHE 182, 320, BStBl II 1997, 424).

b) Die nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnden Aufwendungen des Klägers für das Gesellschafter-Darlehen können aber nur unter der Voraussetzung ungekürzt als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG abgezogen werden, dass das Darlehen in vollem Umfang entgeltlich überlassen worden ist. Das wäre dann nicht der Fall, wenn der Zinssatz, den der Kläger mit der GmbH vereinbart hat, deutlich unter dem Marktzins gelegen haben sollte. Als Marktzins in diesem Sinne ist das Nutzungsentgelt zu verstehen, das die GmbH hätte aufwenden müssen, wenn ihr das Darlehen unter sonst gleichen Bedingungen von einem fremden Dritten (Nichtgesellschafter, z.B. Kreditinstitut) gewährt worden wäre. Bei einem Darlehen, das teilentgeltlich ist, weil es zu einem deutlich unter dem Marktzins liegenden Zinssatz gewährt wird, sind die Aufwendungen für die Refinanzierung zu dem Bruchteil nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar, zu dem das Darlehen unentgeltlich überlassen wird. Denn es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einer teilweise unentgeltlichen Nutzungsüberlassung eine dem Einnahmeverzicht entsprechende Kürzung der Werbungskosten vorzunehmen ist (vgl. BFH-Urteil vom 14. Januar 1998 X R 57/93, BFHE 185, 230, 240, unter II. 6. der Gründe; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 21 Rz. 62). Dies gilt bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn die Nutzung zu einem deutlich unter der ortsüblichen Miete liegenden Mietzins überlassen worden ist, für Veranlagungszeiträume, in denen § 21 Abs. 2 EStG noch nicht anwendbar war (vgl. BFH-Urteile vom 4. Juni 1986 IX R 80/85, BFHE 147, 315, BStBl II 1986, 839; vom 15. Dezember 1992 IX R 13/90, BFHE 170, 162, BStBl II 1993, 490; vom 30. August 1994 IX R 63/92, BFH/NV 1995, 388; vom 28. Januar 1997 IX R 88/94, BFHE 182, 546, BStBl II 1997, 605). Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen kann nichts anderes gelten. Hier ist § 21 Abs. 2 EStG, der auf der Überlegung beruht, dass bei Vergütungen, die mindestens 50 v.H. des marktüblichen Preises betragen, typisierend von einer voll entgeltlichen Nutzung auszugehen ist, nicht anwendbar. Auch eine entsprechende Anwendung scheidet aus, weil es sich bei dieser Vorschrift um eine systemwidrige Sonderregelung handelt, die einer analogen Anwendung nicht zugänglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 1999 IV R 49/97, BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652).

6. Da die Vorentscheidung bei der Ermittlung der als Werbungskosten abziehbaren Schuldzinsen und damit auch bei der Prüfung, ob der Kläger die Absicht hatte, Überschüsse seiner Einnahmen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG über seine Werbungskosten zu erzielen, von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist sie aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das FG zurückzuverweisen.

a) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis gelangen, dass das Gesellschafter-Darlehen in vollem Umfang entgeltlich gewährt worden ist, die Überschusserzielungsabsicht des Klägers bestand und die nach den dargestellten Grundsätzen ermittelten Werbungskosten niedriger oder jedenfalls nicht höher waren als die Zinseinnahmen des Klägers, wird es die Klage erneut abzuweisen haben, da eine sog. Verböserung im finanzgerichtlichen Verfahren nicht zulässig ist.

b) Sollte sich hingegen im zweiten Rechtsgang ergeben, dass das Gesellschafter-Darlehen teilweise unentgeltlich gewährt worden ist, so muss das Darlehen in einen entgeltlichen, § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuzuordnenden Teil und in einen unentgeltlichen, der Einkünfteerzielung i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzuweisenden Teil aufgespalten werden (vgl. schon unter 5. b).

aa) Hinsichtlich des entgeltlichen, dem Bereich der Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuzuordnenden Teils des Gesellschafter-Darlehens wird das FG zunächst zu prüfen haben, ob der Kläger insoweit eine Überschusserzielungsabsicht besaß. Dabei sind den aus diesem Kreditengagement voraussichtlich erzielbaren Gesamt(zins)einnahmen die voraussichtlichen gesamten Werbungskosten (insbesondere Refinanzierungszinsen und -kosten) gegenüber zu stellen. Als Werbungskosten in diesem Sinne ist nur derjenige Teil der mit dem Gesellschafter-Darlehen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden, zu prognostizierenden Gesamtaufwendungen zu berücksichtigen, der dem entgeltlichen Teil der Darlehensgewährung an die GmbH entspricht (vgl. oben unter 5. b).

Ist danach eine Überschusserzielungsabsicht des Klägers in Bezug auf die Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu bejahen, ist die Differenz zwischen den dem Kläger im Streitjahr 1995 von der GmbH zugeflossenen Zinseinnahmen und den quotal auf den entgeltlichen Darlehensteil entfallenden, im Streitjahr 1995 abgeflossenen, der Darlehensgewährung zuzuordnenden Aufwendungen (= Werbungskosten) als (positive oder negative) Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu erfassen.

Sollte eine Überschusserzielungsabsicht des Klägers hingegen zu verneinen sein, scheidet ein Ansatz diesbezüglicher Einkünfte aus.

bb) Hinsichtlich der auf den unentgeltlichen Darlehensteil (quotal) entfallenden Aufwendungen wird das FG beachten müssen, dass insoweit - ganz oder teilweise - ein Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus seiner GmbH-Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) in Betracht kommt.

aaa) Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348) kann die zinslose Überlassung von Darlehen durch Gesellschafter an ihre Kapitalgesellschaft, wenn sich die Beteiligung im Privatvermögen der Gesellschafter befindet, zu Werbungskosten bei den Einkünften der Gesellschafter aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Zwischen den eigenen Aufwendungen der Gesellschafter und den angestrebten Einnahmen kann ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen, weil die von den Gesellschaftern gewährten unentgeltlichen Nutzungsvorteile den Gewinn der Kapitalgesellschaft erhöhen und die Gesellschafter an ihm nach Maßgabe der Gewinnausschüttung teilnehmen (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, unter C. I. 3. c.; vgl. auch BFH-Urteil vom 24. Mai 1989 I R 45/85, BFH/NV 1989, 697, 698).

Was für die Überlassung eines zinslosen und damit unentgeltlichen Gesellschafter-Darlehens gilt, muss entsprechend auch für ein teilentgeltliches Darlehen gelten. Die teilweise unentgeltliche Nutzungsüberlassung von Kapital durch den Gesellschafter kann darin begründet sein, dass er aufgrund der entsprechend höheren Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft in der Zukunft insgesamt gleichwohl einen Überschuss aus dem Darlehen erwartet. Denn der Betrag, den die Kapitalgesellschaft nicht als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) für die Zinsen des Gesellschafter-Darlehens aufwenden muss, steht ihr für spätere Ausschüttungen zur Verfügung. Die Erwartung des Gesellschafters, künftig höhere Beteiligungserträge von der Kapitalgesellschaft zu erzielen, rechtfertigt es, die eigenen Zinsaufwendungen insoweit, als sie auf den unentgeltlichen Teil des Darlehens entfallen, als (vorab entstandene) Werbungskosten bei seinen Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1323).

bbb) Ist der Steuerpflichtige - wie im Streitfall der Kläger mit einem Anteil von 66 2/3 v.H. - wesentlich i.S. des § 17 EStG an der Kapitalgesellschaft beteiligt, dann ist in die Renditebetrachtung auch die zu erwartende Wertsteigerung der Beteiligung einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 234/84, BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596, 598). Denn zwischen dem Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG und dem Ausschüttungsverhalten der Kapitalgesellschaft besteht eine Wechselwirkung derart, dass Ausschüttungen regelmäßig den späteren Veräußerungsgewinn mindern und die Thesaurierung ihn erhöht. Da § 17 EStG für seinen Regelungsbereich sicherstellt, dass nicht ausgeschüttete Gewinne der Kapitalgesellschaft bei dem wesentlich beteiligten Gesellschafter einkommensteuerlich erfasst werden, ist es gerechtfertigt, die Wertsteigerungen in die Renditebetrachtung im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzubeziehen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann bei einem wesentlich Beteiligten auf eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht nur unter den gleichen Voraussetzungen geschlossen werden, die für Gewerbetreibende maßgeblich sind. Danach ist selbst bei anhaltenden Verlustperioden eine Einkünfteerzielungsabsicht nur dann zu verneinen, wenn Beweisanzeichen dafür vorliegen, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (vgl. BFH in BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596, 598).

ccc) Bei dem ggf. zulässigen Abzug der Schuldzinsen bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wird das FG zu beachten haben, dass die höheren Ausschüttungen bzw. eventuelle Wertsteigerungen dem Kläger nicht in vollem Umfang zugute kommen würden. Denn im Streitjahr 1995 waren am Stammkapital der GmbH außer dem Kläger weitere Gesellschafter, nämlich seine Ehefrau und zwei Söhne, beteiligt. Während die Zinsaufwendungen des Klägers ihn allein belasten, flössen die durch den eventuellen Einnahmeverzicht bedingten höheren Ausschüttungen der GmbH auch seinen Angehörigen entsprechend ihrer Beteiligungsquote zu. In einem solchen Fall können nach der Rechtsprechung des Senats in dem Urteil vom 28. März 2000 VIII R 68/96 (BFHE 191, 505) die Zinsaufwendungen dann nicht zu einem über die Beteiligungsquote des Gesellschafters hinausgehenden Bruchteil bei seinen Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 und Nr. 2 EStG eingreift. Das Abzugsverbot greift nicht ein, wenn das Darlehen einem Fremdvergleich standhält und auch von einem Gesellschafter, der den übrigen Gesellschaftern der GmbH fern steht, zu den gleichen Konditionen bewilligt worden wäre. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Urteils in BFHE 191, 505 Bezug genommen.

Der Senat weicht mit seiner Auffassung, dass die Aufwendungen nur dann über die Beteiligungsquote des Gesellschafters hinaus, d.h. also disquotal oder inkongruent, als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden können, wenn sie einem Fremdvergleich standhalten, nicht von der Rechtsprechung des I. Senats in dem Urteil vom 19. August 1999 I R 77/96 (BFHE 189, 342) ab. Danach erfolgt eine inkongruente Wiedereinlage einer zuvor durchgeführten inkongruenten Gewinnausschüttung regelmäßig im Eigeninteresse des GmbH-Gesellschafters, und es begründen gleichgelagerte Interessen der Gesellschafter bei der Beschlussfassung über die Ausschüttung der Gewinne der GmbH kein "Nahestehen" der Gesellschafter. Dieses Urteil betrifft einen nicht vergleichbaren Sachverhalt, weil es sich dort anders als im Urteilsfall in BFHE 191, 505 und im Streitfall nicht um eine Familien-GmbH gehandelt hat.