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  BFH-Urteil vom 7.11.2002 (VII R 11/01) BStBl. 2003 II S. 226

Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens auf den Erwerber übergegangen sind, ist derjenige der Übereignung (Festhaltung an der st. Rspr. des Senats). Eine Übereignung eines Unternehmens im Ganzen liegt danach jedenfalls dann vor, wenn die bei Beginn der Übertragung der einzelnen Grundlagen des Unternehmens vorhandenen Betriebsgrundlagen im Wesentlichen vollständig auf den Erwerber übergehen.

AO 1977 § 75.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 21. Oktober 1999 11 K 101/97

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) wird von dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) für Steuerschulden der M in Anspruch genommen, weil sie deren landwirtschaftliches Lohnunternehmen im Ganzen übernommen habe. Die Klägerin ist am 13. Oktober 1994 von dem Sohn der M als alleinigem Gesellschafter und Geschäftsführer gegründet worden. Sie bietet seither dieselben Leistungen an wie früher M und hat von dieser im Wesentlichen den Kundenstamm übernommen. Die von M, die ihr Gewerbe am selben Tag abgemeldet hatte, entlassenen Arbeitnehmer hat sie wieder eingestellt. Auch Anschrift und Telefonnummer des Unternehmens sind gleich geblieben. Das im Eigentum des Ehemannes der M stehende Betriebsgrundstück wurde von der Klägerin zunächst - ebenso wie von M - unentgeltlich genutzt und im Januar 1995 erworben.

Der Streit der Beteiligten entzündet sich im Wesentlichen an der Frage, ob der Haftungsinanspruchnahme entgegensteht, dass von der Klägerin die früher von M genutzten landwirtschaftlichen Maschinen nur zum kleineren Teil übernommen worden sind. Dazu hat das Finanzgericht (FG) im Einzelnen Folgendes festgestellt:

Bis zum Ende des Jahres der Betriebsübernahme hat die Klägerin von M Landmaschinen zum Preis von ... DM angekauft (Rechnungen vom 31. Oktober, 30. November und 30. Dezember 1994). Weitere Maschinen hat sie unentgeltlich erhalten. In der von M auf den 31. Dezember 1992 erstellten Bilanz waren diese insgesamt ... Maschinen mit einem Wert von ... DM ausgewiesen. Von den übrigen zu diesem Bilanzstichtag vorhandenen Maschinen wurden ..., die unter Eigentumsvorbehalt erworben worden waren, wegen offener Kaufpreisforderungen im Sommer und Herbst 1994 an den Lieferanten zurückgegeben. Sie hatten einen Buchwert von ... DM. Weitere Maschinen waren bereits im Vorjahr verkauft und ... teils im Vorjahr, teils 1994 verschrottet worden.

Die Klägerin hat 1995 ihren Maschinenpark mit einem Aufwand von ... DM ebenso wie ihren Kundenstamm erweitert.

Das FA hat die Klägerin nach erfolglosen Vollstreckungsversuchen gegen M wegen für 1993 und 1994 festgesetzter Lohn- und Lohnkirchensteuer sowie Umsatzsteuer auf der Grundlage des § 75 der Abgabenordnung (AO 1977) durch Haftungsbescheid vom 14. Juni 1995 in Anspruch genommen. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG urteilte, die Klägerin habe von M wesentliche Teile des von dieser geführten Unternehmens übernommen; insbesondere sei die Übertragung der Rechtsposition, die diese an dem Betriebsgrundstück inne gehabt habe, mit Billigung der M erfolgt und aufgrund der engen familiären Bindung zwischen M, dem Grundstückseigentümer und dem Geschäftsführer der Klägerin für die Anwendung des § 75 AO 1977 ausreichend. Weiterhin habe die Klägerin die Arbeitnehmer, den Kundenstamm sowie zumindest Teile des Auftragsbestandes von M übernommen. Der übernommene Teil des Unternehmens sei auch lebensfähig gewesen. Die Klägerin habe dementsprechend von Beginn an Umsätze und einen beachtlichen Jahresüberschuss von ... DM im Rumpfwirtschaftsjahr 1994 erzielt. Das Sicherungseigentum der Volksbank an den von der Klägerin übernommenen Maschinen stehe der Anwendung des § 75 AO 1977 nicht entgegen, weil die Klägerin in die Position der M mit Zustimmung der Bank eingetreten sei.

Gleichwohl liege keine Übernahme des Unternehmens der M im Ganzen vor, weil etwa die Hälfte des früheren Anlagevermögens nicht von der Klägerin übernommen, sondern vor der Unternehmensübereignung von M an die Lieferanten zurückgegeben worden sei. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Unternehmen im Ganzen übernommen worden sei, müssten nach dem Zweck des § 75 AO 1977 auch solche Vorgänge berücksichtigt werden, die in unmittelbarem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Übernahme stehen, selbst wenn sie zeitlich vor der Übergabe liegen. Denn auch wenn es einem Erwerber gelinge, mit dem übernommenen Teil eines Unternehmens dieses erfolgreich weiterzuführen, entspreche seine Haftung nicht dem Sinn des § 75 AO 1977; ein solcher Erwerber führe sich nicht die wirtschaftliche Kraft des Unternehmens zu und könne daraus die rückständigen Steuern nicht zahlen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA, mit der die unzutreffende Auslegung des § 75 AO 1977 gerügt wird. Diese Auslegung führe zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass durch die Übertragung einiger wesentlicher Betriebsgrundlagen auf einen Dritten eine Haftung des Übernehmers des gleichwohl lebensfähigen Unternehmens problemlos ausgeschlossen werden könne, obwohl dieser durch die Übernahme eines bestehenden Betriebes die damit verbundenen Vorteile erlange und in die Lage versetzt werde, entweder selbst Gewinne zu erwirtschaften oder andere Vorteile zu erzielen, aus denen er die Betriebssteuern zahlen könne.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.

Sie hält die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Auslegung des § 75 AO 1977 für zutreffend; hingegen habe die Auslegung des FA zur Folge, dass bei dem Kauf eines Restunternehmens, das zwar als solches noch lebensfähig, aber mit dem ursprünglichen Unternehmen nicht vergleichbar sei, der Käufer für die Steuerschulden des früheren Unternehmens haftbar wäre. Die Reste eines Unternehmens könnten dann nicht, wie es wirtschaftlich sinnvoll sei, veräußert werden.

Maßgebend für die Frage, ob die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens auf den Erwerber übergegangen sind, könne nicht allein der Zeitpunkt der Übereignung sein. Wenn nach der Rechtsprechung des Senats eine Übertragung im Ganzen auch dann bejaht werde, wenn einzelne gesonderte Teilakte der Übertragung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, müsse dieser wirtschaftliche Zusammenhang auch hinsichtlich der Frage betrachtet werden, ob die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens auf den Erwerber übergehen.

Im Übrigen meint die Klägerin aus den Feststellungen des FG ableiten zu können, dass das übernommene Unternehmen nur aufgrund der erheblichen Neuanschaffungen von rd. ... DM und der Ausweitung des Kundenstammes lebensfähig gewesen sei. Dem stehe der im Rumpfwirtschaftsjahr 1994 erzielte Gewinn und die Vorabausschüttung von ... DM für 1995 sowie die für dieses Jahr 1996 vollzogene weitere Ausschüttung von ... DM nicht entgegen. Mit den von M übernommenen Maschinen habe die Klägerin das Dienstleistungsspektrum des Unternehmens der M nicht aufrecht erhalten und nicht diejenigen Tätigkeiten anbieten können, die dem Leitbild eines landwirtschaftlichen Lohnunternehmens entsprächen. Ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung des Unternehmens der M sei mit Hilfe der von der Klägerin nicht übernommenen Maschinen erfolgt; diese Wertschöpfung bestimme jedoch die Höhe des streitigen Steueranspruchs.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist zulässig, insbesondere auch ausreichend begründet (§ 120 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), obwohl sie sich weitgehend in nach § 118 Abs. 2 FGO im Revisionsverfahren unzulässigem neuen tatsächlichen Vorbringen erschöpft. Ihr ist jedoch immerhin zu entnehmen, dass das FA die dem angegriffenen Urteil zugrunde liegende Auslegung des § 75 AO 1977 aus den in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) angeführten Gründen für unzutreffend und das gegen diese Rechtsprechung vom FG ins Feld geführte Argument nicht für stichhaltig hält, die BFH-Rechtsprechung führe zu einem dem Sinn des § 75 AO 1977 nicht entsprechenden Ergebnis. Das genügt für die Begründung einer Revision.

Die Revision des FA ist auch begründet (§ 126 Abs. 3 FGO). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Es ist aufzuheben. Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Auffassung, die Klägerin habe ein Unternehmen im Ganzen nicht übernommen.

1. Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 haftet derjenige, der ein Unternehmen im Ganzen übernimmt, - unter weiteren, hier nicht strittigen und auch nicht zweifelhaften Maßgaben - für die Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet. Der Erwerber darf dann - wie im Falle der Klägerin geschehen - nach § 191 Abs. 1 AO 1977 auf Haftung für diese Steuern in Anspruch genommen werden.

Eine Übereignung eines Unternehmens im Ganzen liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die übereigneten Gegenstände die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens waren und geeignet sind, die wesentlichen Grundlagen für den Betrieb des Erwerbers zu bilden. Eine Übereignung eines Unternehmens im Ganzen setzt also zwar den Übergang des gesamten lebenden Unternehmens voraus, d.h. den Übergang der durch das Unternehmen repräsentierten organischen Zusammenfassung von Einrichtungen und dauernden Maßnahmen, die dem Unternehmen dienen oder mindestens seine wesentlichen Grundlagen ausmachen, so dass der Erwerber das Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortführen kann (Urteile des erkennenden Senats vom 18. März 1986 VII R 146/81, BFHE 146, 492, BStBl II 1986, 589, 591; vom 27. Mai 1986 VII R 183/83, BFHE 146, 505, BStBl II 1986, 654; vom 19. Januar 1988 VII R 74/85, BFH/NV 1988, 479, und vom 11. Mai 1993 VII R 86/92, BFHE 171, 27, BStBl II 1993, 700). Sie verlangt hingegen nicht die Übertragung sämtlicher von dem bisherigen Unternehmer für seinen Betrieb genutzter Grundlagen (Urteil des Senats vom 10. Dezember 1991 VII R 57/89, BFH/NV 1992, 712) und erst recht nicht die Übertragung solcher Grundlagen, die zu einem früheren, vor der Betriebsübernahme liegenden Zeitpunkt zu diesen gehört haben, von dem vorherigen Unternehmer aber bereits vor der Übertragung seines Unternehmens aus irgendeinem Grunde veräußert, weggegeben oder sonst aufgegeben worden sind.

Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens auf den Erwerber übergegangen sind, ist vielmehr derjenige der Übereignung. Der erkennende Senat hält an diesem vom BFH in dem Urteil vom 25. November 1965 V 173/63 U (BStBl III 1966, 333) aufgestellten und vom Senat in den Urteilen vom 24. Februar 1987 VII R 163/84 (BFH/NV 1987, 750), in BFH/NV 1988, 479, und vom 21. Februar 1989 VII R 164/85 (BFH/NV 1989, 617) bestätigten Rechtssatz fest. Er gilt trotz der dagegen von der Klägerin erhobenen Einwände auch dann, wenn sich die Übereignung des Unternehmens nicht an einem (Stich-)Tag vollzogen, sondern über einen Zeitraum erstreckt hat. Eine Übereignung des Unternehmens im Ganzen liegt dann jedenfalls vor, wenn die bei Beginn der Übertragung (und der damit regelmäßig verbundenen Einstellung des Betriebs des Übergebers) vorhandenen Betriebsgrundlagen im Wesentlichen vollständig auf den Erwerber übergehen.

Dem Bedenken des FG, bei Übernahme nur eines in unmittelbarem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Übergabe wesentlich eingeschränkten Restbetriebes eine Haftung des Erwerbers für die Steuerschulden des Übergebers anzunehmen, belaste jenen entgegen dem Zweck des § 75 AO 1977, obwohl er sich die Ertragskraft des Unternehmens, durch dessen wirtschaftliche Betätigung die betreffenden Steuerschulden verursacht worden sind, nicht zu Nutze machen könne, wird ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass § 75 AO 1977 die Haftung auf den Bestand des übernommenen Vermögens beschränkt. Überdies werden der Haftung dadurch Grenzen gesetzt, dass sie die Identität des früheren und des von dem Erwerber betriebenen Unternehmens voraussetzt (Urteil des Senats in BFH/NV 1992, 712, 715). An dieser Identität kann es fehlen, wenn der Übergeber sein Unternehmen auf einen Kernbestand reduziert und nur diesen an den Erwerber übereignet.

Betriebsgrundlagen eines lebenden Unternehmens in dem hier maßgeblichen Sinne sind im Übrigen nicht nur die Maschinen und Betriebsgrundstücke, sondern z.B. auch der Kundenstamm und die Firma als solche. Schon deshalb kann im Einzelfall eine Unternehmensübergabe im Ganzen zu bejahen sein, auch wenn der überwiegende Teil der vom Betrieb bisher genutzten Maschinen nicht mit übertragen wird, sofern diese nicht in dem vorgenannten Sinne zu den "wesentlichen" Betriebsgrundlagen gehören, was festzustellen und an Hand der Umstände des einzelnen Falles zu beurteilen in erster Linie dem Tatrichter aufgetragen ist (vgl. z.B. Urteil des Senats in BFH/NV 1992, 712). Ein Unternehmensübergang im Ganzen ist auch nicht zwingend deshalb auszuschließen, weil der Erwerber in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Übergang des Betriebes erhebliche Investitionen in das Anlagevermögen vornimmt. Nicht einmal wenn die Weiterführung des Betriebs - bedingt z.B. durch organisatorische Veränderungen - nur in eingeschränktem Umfang erfolgt, schließt dies nach der Rechtsprechung des Senats den Tatbestand des § 75 AO 1977 und damit die Haftung des Erwerbers aus (vgl. Urteile vom 2. Juli 1985 VII R 129/80, BFH/NV 1986, 573, 576, und in BFH/NV 1992, 712). Voraussetzung für eine Unternehmensübertragung im Ganzen ist insofern lediglich, dass der Erwerber das Unternehmen ohne nennenswerte Investitionen fortführen könnte (ständige Rechtsprechung; z.B. Urteile des Senats in BFHE 146, 505, BStBl II 1986, 654; in BFH/NV 1988, 479, und in BFHE 171, 27, BStBl II 1993, 700), wenn er dies wollte (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. März 1993 8 C 20.90, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 2453; vgl. auch Urteil des Senats vom 13. Januar 1987 VII R 47/85, BFH/NV 1988, 1), und dass zwischen dem bisherigen Unternehmen und dem vom Erwerber geführten Identität besteht.

2. Das FG ist in seinem Urteil von einem anderen Rechtsgrundsatz ausgegangen, jedenfalls was den für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt angeht. Sein Urteil kann schon deshalb keinen Bestand haben. Es kann dahin stehen, ob das FG nicht überdies - von seinem Rechtsstandpunkt hinsichtlich des maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes aus - hätte prüfen und erwägen müssen, ob die von M nicht an die Klägerin mit übertragenen, sondern anderweit abgegebenen landwirtschaftlichen Maschinen für den Betrieb des Unternehmens im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung "wesentlich" waren, was bei den verschrotteten Maschinen eher fern liegt. Aus dem - vom FG nicht festgestellten - Umstand, dass die Klägerin im Jahr nach dem Betriebsübergang erhebliche Investitionen in den Maschinenpark getätigt hat, ließe sich dies jedenfalls, wie ausgeführt, nicht ohne weiteres schließen, und zwar auch ungeachtet des vom FA behaupteten Umstandes, dass solche Investitionen typischerweise von einem Unternehmen der hier gegebenen Art laufend getätigt werden müssten.

3. Das Urteil des FG, das demnach Bundesrecht verletzt, ist auch nicht im Ergebnis richtig. Sofern die insoweit nicht ganz eindeutigen Feststellungen des FG dahin zu verstehen sind, M habe die an die Lieferanten "im Sommer und Herbst" zurückgegebenen Maschinen zum Teil bei Aufnahme des Betriebs der Klägerin Mitte Oktober noch besessen - wozu die Klägerin allerdings nichts Substantiiertes vorgetragen hatte -, könnte dies die Entscheidung des FG nicht rechtfertigen, weil nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich ist, dass diese Maschinen bei einem Unternehmen, das ohnehin auf einen raschen Austausch seines Maschinenparks angewiesen ist, zu den in dem hier maßgeblichen Sinne "wesentlichen" Grundlagen gehört haben. Die Feststellungen des FG geben auch nichts dafür her, dass es im Streitfall an der Identität der beiden Unternehmen fehlte. Die Würdigung des FG ist insoweit nach § 118 Abs. 2 FGO verbindlich; denn es handelt sich um einen komplexen Sachverhalt, den der Tatrichter zu beurteilen hat (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 24. November 1992 V R 8/89, BFHE 170, 275, BStBl II 1993, 379).

Soweit die Klägerin das Urteil des FG im Ergebnis damit zu verteidigen sucht, dass sie kein lebendes, sondern ein sterbendes Unternehmen übernommen habe, steht dies im Widerspruch zu der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse in dem angefochtenen Urteil, an welche der erkennende Senat mangels diesbezüglicher begründeter Revisionsrügen gebunden ist. Die Auffassung des FG, das von M übernommene Unternehmen sei so, wie die Klägerin es erhalten habe, lebensfähig gewesen, ist nämlich nach den vom FG festgestellten Tatsachen nahe liegend, jedenfalls durch dieselben hinreichend getragen; sie widerspricht auch nicht den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen. Gegen die Würdigung des FG kann folglich revisionsrechtlich nichts erinnert werden.

4. Die Sache ist spruchreif (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Der Sachverhalt ist geklärt. Die diesbezüglichen Feststellungen des FG rechtfertigen es, die Klägerin nach § 75 AO 1977 für die betrieblichen Steuerschulden der M in Anspruch zu nehmen, gegen deren Bestehen nichts eingewandt worden ist. Wenn die Klägerin sich auf das Urteil des Senats in BFH/NV 1988, 1 beruft, verkennt sie, dass dort gerade nicht festgestellt war, dass der Erwerber das Unternehmen ohne bedeutende Investitionen hätte fortführen können. Das aber hat das FG in dem angefochtenen Urteil festgestellt, wobei die Klägerin mit dem Vorbringen, der Betrieb habe nur aufgrund von Investitionen von rd. ... DM schon im Jahr der Übernahme fortgeführt werden können, im Revisionsverfahren ohnehin nicht gehört werden kann (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Klage ist daher abzuweisen.