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  BFH-Urteil vom 5.6.2003 (III R 47/01) BStBl. 2003 II S. 744

1. Dem Miteigentümer einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung steht die Eigenheimzulage nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil zu, auch wenn der andere Miteigentümer mangels Eigennutzung keinen Anspruch auf Eigenheimzulage hat (Anschluss an das BFH-Urteil vom 4. April 2000 IX R 25/98, BFHE 192, 415, BStBl II 2000, 652).

2. Die Zusatzförderungen nach § 9 Abs. 3 und 4 EigZulG stehen als Teil des einheitlichen Fördergrundbetrags einem Miteigentümer ebenfalls nur anteilig zu.

EigZulG § 9 Abs. 1 bis 4.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg vom 25. Mai 2000 4 K 1409/99 EZ (EFG 2000, 916)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Miteigentümerin eines Grundstücks zur Hälfte. Die andere Grundstückshälfte gehört ihrer Tochter. Für das auf dem Grundstück als sog. Niedrigenergiehaus errichtete Einfamilienhaus beantragte die Klägerin die Baugenehmigung. Das Einfamilienhaus wird von ihr und ihrem Ehemann seit Mai 1998 bewohnt. Zur Finanzierung des Hausbaus nahmen die Eheleute Darlehen auf.

Im Juni 1997 hatten die Klägerin und ihre Tochter vertraglich vereinbart, die Baukosten im Innenverhältnis je hälftig zu tragen und entsprechend auch den Kredit bei der Bausparkasse monatlich zu tilgen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) hat der Klägerin die Eigenheimzulage (Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes - EigZulG - und Zusatzförderung nach § 9 Abs. 4 EigZulG) im Hinblick auf ihren Miteigentumsanteil nur zur Hälfte gewährt (2.500 DM + 200 DM = 2.700 DM).

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage nach erfolglosem Einspruch mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 916 veröffentlichtem Urteil stattgegeben und der Klägerin eine Eigenheimzulage in Höhe von 5 v.H. der hälftigen Anschaffungskosten für das Gebäude (5.000 DM) sowie die ökologische Zusatzförderung in Höhe von 400 DM zugesprochen.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG).

Sowohl der Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2 EigZulG als auch die ökologische Zusatzförderung nach § 9 Abs. 4 EigZulG seien nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG entsprechend dem hälftigen Miteigentumsanteil der Klägerin ebenfalls nur in Höhe von 50 v.H. zu gewähren (siehe auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, 190 Rz. 64).

Diese Beschränkung bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und der vorgenannten Verwaltungsauffassung unabhängig davon, ob ein anderer Miteigentümer tatsächlich Anspruch auf Eigenheimzulage habe oder diese in Anspruch nehme. Unerheblich sei ebenfalls, dass die auf den Miteigentumsanteil entfallenden Herstellungskosten die Bemessungsgrundlage des vollen Fördergrundbetrages erreichten. Dies gelte gleichermaßen für die Zusatzförderung.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage als unbegründet (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entgegen der Auffassung des FG stehen der Klägerin der Fördergrundbetrag und die Zusatzförderung nur anteilig entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu.

1. a) Für den Fall, dass mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus sind, bestimmt § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG, dass der Anspruchsberechtigte den Fördergrundbetrag entsprechend seinem Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen kann. Die Beschränkung der Höhe der Eigenheimzulage entsprechend seinem Miteigentumsanteil besteht unabhängig davon, ob ein anderer Miteigentümer tatsächlich Anspruch auf Eigenheimzulage hat oder Eigenheimzulage in Anspruch nimmt.

Der IX. Senat des BFH hat im Urteil vom 4. April 2000 IX R 25/98 (BFHE 192, 415, BStBl II 2000, 652) diese Auslegung dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck der Regelung, der Systematik des EigZulG sowie schließlich auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift in § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG entnommen. Insbesondere verweist der IX. Senat auf die vom Gesetzgeber ausdrücklich in Bezug genommene Regelung, die zu § 10e Abs. 1 Satz 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegolten hat (vgl. dazu Beschluss des BFH vom 10. März 1999 X B 188/98, BFH/NV 1999, 1089).

Der erkennende Senat schließt sich dieser Auslegung an und nimmt im Einzelnen auf die Begründung des Urteils des IX. Senats des BFH Bezug.

Die Klägerin hat keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die eine erneute Überprüfung oder eine Einschränkung dieser Rechtsprechung rechtfertigen könnten. Die Klägerin folgt vielmehr im Wesentlichen der Argumentation des FG Rheinland-Pfalz in dem Urteil vom 10. März 1998 2 K 3480/97 (veröffentlicht in juris), das der BFH durch Urteil vom 4. April 2000 IX R 26/98 (BFH/NV 2000, 1184, nur Leitsatz) aufgehoben hat und dem weiteren Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 10. März 1998 2 K 3479/97 (EFG 1998, 992), das der BFH mit seinem Urteil in BFHE 192, 415, BStBl II 2000, 652 ebenfalls aufgehoben hat.

Der Rechtsprechung des BFH hat das Schrifttum zugestimmt (vgl. ausführlich Giloy, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 2000, 752, 753, der die quotale Reduzierung des Anspruchs auf Eigenheimzulage auf die Höhe des Miteigentumsanteils als Ausdruck einer typisierenden Betrachtungsweise versteht; ferner Erhard in Blümich, Einkommensteuergesetz, § 9 EigZulG Rz. 16, m.w.N.; Boeker in Lademann, Einkommensteuergesetz und Nebengesetze, § 9 EigZulG Rz. 14).

Die Eigenheimzulage wird auf den jeweiligen Anteil als dem zu fördernden Objekt auch dann begrenzt, wenn die auf den Anteil entfallenden Herstellungskosten die Bemessungsgrundlage des vollen Fördergrundbetrages erreichen (BFH-Beschluss vom 29. März 2000 IX B 111/98, BFHE 191, 373, BStBl II 2000, 352).

b) Die Klägerin ist sowohl zivilrechtlich als auch wirtschaftlich unstreitig nur zur Hälfte Miteigentümerin des von ihr erbauten Einfamilienhauses. Die alleinige Nutzung des Einfamilienhauses durch die Klägerin und ihren Ehemann berechtigt nicht zu einer von dem Miteigentumsanteil abweichenden Zurechnung des Fördergrundbetrages. Daher kann die Klägerin den Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EigZulG nur zur Hälfte, also in Höhe von 2.500 DM, in Anspruch nehmen.

2. Die Zusatzförderung kann die Klägerin nach § 9 Abs. 4 EigZulG ebenfalls nur hälftig in Höhe von 200 DM erhalten.

a) § 9 Abs. 4 EigZulG enthält zwar keine dem § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG entsprechende Vorschrift und verweist auch nicht auf diese Regelung. Als Teil des Fördergrundbetrags gilt für die Zusatzförderung aber bei Miteigentum gleichermaßen, dass der Förderbetrag dem Miteigentümer nur anteilig entsprechend seinem Miteigentumsanteil zusteht.

Nach § 9 Abs. 1 EigZulG umfasst der Fördergrundbetrag die Förderungen nach den Abs. 2 bis 4 dieser Regelung, d.h. es handelt sich bei den zusätzlichen Förderbeträgen in Abs. 3 und 4 des § 9 EigZulG nicht um jeweils völlig selbständige und damit auch eigenen Regelungen unterliegenden Zulagen, sondern um Teile eines - bei Vorliegen der jeweils weiteren zusätzlichen Voraussetzungen - einheitlichen Fördergrundbetrags. Die Zusatzförderung setzt die Grundförderung voraus. Dementsprechend sind die Abs. 3 und 4 des § 9 EigZulG auch in der Weise formuliert, dass sich der Fördergrundbetrag nach Abs. 2 dieser Vorschrift lediglich erhöht. Entfallen die Voraussetzungen des Fördergrundbetrags, so endet auch die Zusatzförderung (vgl. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 9 Rz. 75 und 92; Erhard, a.a.O., § 9 EigZulG Rz. 31; Stuhrmann in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 9 EigZulG Rz. 1; Boeker in Lademann, a.a.O., § 9 EigZulG Rz. 30 und 33).

Diese aus dem Wortlaut abgeleitete Auslegung stimmt auch mit dem Zweck und der Systematik des EigZulG überein. § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG soll sicherstellen, dass die Eigenheimförderung wohnungsbezogen und der Fördergrundbetrag bei Herstellung oder Anschaffung eines Förderobjektes in der Regel nur einmal gewährt wird. Dem entspricht es, den Fördergrundbetrag auch in den Fällen nur anteilig zu gewähren, in denen einzelne Miteigentümer die Eigenheimzulage für ihren Miteigentumsanteil zum gegenwärtigen Zeitpunkt - z.B. wie im Streitfall mangels Eigennutzung - nicht in Anspruch nehmen können. Das EigZulG regelt den Anteil an einem Förderobjekt jeweils eigenständig. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Eigenheimzulage sind in der Person jedes Miteigentümers eigenständig zu prüfen. Deshalb kann es für die Kürzung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG nicht darauf ankommen, ob ein weiterer Anspruchsberechtigter tatsächlich einen Anspruch auf Eigenheimzulage hat (ausführlich BFH-Urteil in BFHE 192, 415, BStBl II 2000, 652). Diesem Verständnis des § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG widerspräche es, nicht auch die Zusatzförderungen in § 9 Abs. 3 und 4 EigZulG wohnungsbezogen (je Wohnung nur einmal), sondern für jeden Miteigentümer, sofern er die Voraussetzungen erfüllt, in voller Höhe zu gewähren.

Die Regelung im BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 190 (Rz. 83 i.V.m. Rz. 80), nach der Miteigentümer eines Gebäudes die Zusatzförderung auch nur entsprechend ihren Miteigentumsanteilen erhalten können, legt somit das Gesetz zutreffend aus. Dieser Auslegung wird auch im Schrifttum ganz überwiegend zugestimmt (vgl. Wacker, a.a.O., § 9 EigZulG Rz. 92; Erhard, a.a.O., § 9 EigZulG Rz. 31 und 43; Hildesheim, Eigenheimzulage, 2000 Rz. 241; Wilde, Eigenheimzulagengesetz, 1998, § 9 Rz. 58; Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 1998 Rz. 454; Obermann, Steuerliche Förderung selbstgenutzten Wohneigentums, 1998 Rz. 2.3.2; Stuhrmann, a.a.O., § 9 EigZulG Rz. 18; Handzik/Meyer, Die Eigenheimzulage, 4. Aufl., 2001 Rz. 432; Fischer-Tobies, Information 1997, 449, 453; a.A. Brandenberg/Küster, Die Eigenheimzulage, 1998 Rz. 314, die einen abweichenden gesetzgeberischen Willen allerdings selbst bezweifeln; ferner Urban, Die steuerliche Förderung des Wohnungsbaus, 1998 Rz. 545, weil die Abs. 3 und 4 des § 9 EigZulG an die bereits entsprechend der Miteigentumsquote gekürzten Beträge anknüpften; es handele sich um eine "Gesetzespanne", die zu einer nicht gerechtfertigten Privilegierung von Miteigentumsanteilen führe; ferner Stephan, Der Betrieb 1996, 240, 246 und 248).

b) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG liegen die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 EigZulG vor, so dass die Zusatzförderung der Klägerin entsprechend ihrem hälftigen Miteigentumsanteil ebenfalls nur in Höhe von 200 DM zu gewähren ist.