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  BFH-Urteil vom 17.9.2003 (I R 97/02) BStBl. 2004 II S. 686

Bei der Verschmelzung einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen an der übernehmenden Gesellschaft handelt es sich auch nach Maßgabe des § 20 UmwStG 1995 um einen tauschähnlichen und damit entgeltlichen Vorgang. Bei der Einbringung anfallende Grunderwerbsteuer gehört bei der übernehmenden Gesellschaft deshalb zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten (Fortführung des Senatsurteils vom 15. Oktober 1997 I R 22/96, BFHE 184, 435, BStBl II 1998, 168; Bestätigung des BMF-Schreibens vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268 Tz. 20.01).

UmwStG 1995 § 20, § 22 Abs. 3; EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3; HGB § 255 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln vom 5. September 2002 13 K 5561/01 (EFG 2003, 339)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, war bis zum 31. Dezember 1995 Komplementärin einer GmbH & Co. KG. Deren Vermögen, an dem die Klägerin nicht beteiligt war, wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 27. August 1996 gegen Gewährung neuer Anteile und unter Vornahme einer Kapitalerhöhung gemäß § 2 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) rückwirkend zum 1. Januar 1996 auf die Klägerin übertragen. Diese hat das übernommene Vermögen (u.a. Grundbesitz) mit Zwischenwerten angesetzt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt FA) behandelte die anlässlich der Verschmelzung angefallene und der Klägerin gegenüber durch (bestandskräftigen) Bescheid vom 28. Januar 1999 festgesetzte Grunderwerbsteuer unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25. März 1998 (BStBl I 1998, 268, dort Tz. 20.01) sowie das Senatsurteil vom 15. Oktober 1997 I R 22/96 (BFHE 184, 435, BStBl II 1998, 168) abweichend von der Klägerin nur in Höhe der anteiligen Absetzung für Abnutzung (AfA) als abzugsfähige Betriebsausgabe, im Übrigen aber als zu aktivierende Anschaffungsnebenkosten, und erließ für das Streitjahr 1996 einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Köln gab ihr mit Urteil vom 5. September 2002 13 K 5561/01 statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 339 abgedruckt.

Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung. Die anlässlich der Einbringung entstandene Grunderwerbsteuer war von der Klägerin im Streitjahr zu aktivieren.

1. Der Übergang des Grundbesitzes, der im Eigentum der übertragenden GmbH & Co. KG stand, ist der Grunderwerbsteuer unterworfen worden (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes GrEStG i.V.m. § 38 der Abgabenordnung). Die Grunderwerbsteuer gehört beim Erwerber zu den objektbezogenen Anschaffungsnebenkosten (vgl. § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs; Senatsurteil in BFHE 184, 435, BStBl II 1998, 168). Sie ist deshalb von ihm zu aktivieren (§ 6 Abs. 1 Nrn.1 und 2 des Einkommensteuergesetzes) und zwar bereits im Zeitpunkt des Erwerbsvorganges als jenem ihres Entstehens (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG), nicht jedoch (erst) im Zeitpunkt der Festsetzung oder der Zahlung (vgl. Glanegger in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., § 6 Rz. 84). Wie der Senat durch Urteil in BFHE 184, 435, BStBl II 1998, 168 entschieden hat (vgl. auch Senatsurteile vom 22. April 1998 I R 83/96, BFHE 186, 200, BStBl II 1998, 698; vom 5. Juni 2002 I R 6/01, BFH/NV 2003, 88; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Oktober 1998 VIII R 69/95, BFHE 187, 434, BStBl II 2000, 230), betrifft dies auch Verschmelzungen i.S. von § 20 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1977), da Verschmelzungen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als tauschähnliche Vorgänge und damit als rechtsgeschäftliche Veräußerungen zu beurteilen sind. Auf diese Rechtsprechung, der auch das FG und die Klägerin im Grundsatz beipflichten, wird, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen.

2. Diese zum UmwStG 1977 getroffene Beurteilung gilt nach Maßgabe des UmwStG 1995 unverändert fort; die Neuregelungen geben keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Nach wie vor ist davon auszugehen, dass es sich bei der Verschmelzung einer Personen- auf eine Kapitalgesellschaft (nunmehr nach § 20 UmwStG 1995) um einen tauschähnlichen Vorgang handelt (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268 Tz. 20.01; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Vor § 1 UmwStG Rz. 44 ff., 46; Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl., § 20 UmwStG Rz. 241 ff., 316, 365; § 22 UmwStG Rz. 3; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, Vor § 20 UmwStG n.F. Rz. 31, § 22 UmwStG n.F. Rz. 11; Hahn, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1998, 561, jeweils m.w.N.; s. auch Thiel/Eversberg/van Lishaut/Neumann, GmbH-Rundschau - GmbHR - 1998, 397, 438; anders z.B. Orth, GmbHR 1998, 511; Fatouros, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2003, 772). Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge durch Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter oder aber der Gesamtrechtsnachfolge nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes wie im Streitfall nach § 2 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG vollzieht. In dem einen wie in dem anderen Fall werden Rechte und Pflichten gegen Gewährung neuer Anteile übertragen.

Aus § 22 Abs. 3 UmwStG 1995 folgt nichts Gegenteiliges. Zwar gelten danach die eingebrachten Wirtschaftsgüter als im Zeitpunkt der Einbringung von der Kapitalgesellschaft angeschafft, wenn die Einbringung des Betriebsvermögens im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgt (§ 22 Abs. 3 Alternative 1 UmwStG 1995); erfolgt die Einbringung des Betriebsvermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes, so gilt § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 mit den in § 22 Abs. 2 UmwStG 1995 enthaltenen Modifikationen entsprechend (§ 22 Abs. 3 Alternative 2 UmwStG 1995). Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass Verschmelzungsvorgängen kein Anschaffungsgeschäft zugrunde läge. Denn die Anschaffung wird hiernach nur für den Fall der Einzelrechtsnachfolge und dies auf einen bestimmten Zeitpunkt denjenigen der Einbringung fingiert. Für Fälle der (gesellschaftsrechtlichen) Gesamtrechtsnachfolge hat die Regelung in § 22 Abs. 3 Alternative 2 UmwStG 1995, wie sich letztlich auch aus der vom FG herangezogenen amtlichen Gesetzesbegründung ergibt (vgl. BTDrucks 12/6885 zu § 23 und auch zu § 4 UmwStG 1995), hingegen allein zur Folge, dass der übernehmende Rechtsträger bezogen auf das eingebrachte Betriebsvermögen in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers gemäß § 22 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 1 bzw. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 1995 eintritt. Weiter gehende Aussagen zum (abstrakten) Charakter der Sacheinbringung als den eines tauschähnlichen Veräußerungs- und Anschaffungsvorganges lassen sich dieser Regelung nicht entnehmen. Dadurch würden der Regelungsbereich und die Regelungsreichweite des § 22 UmwStG 1995 missverstanden. Der Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge und die Annahme eines Anschaffungsgeschäfts sind auseinander zu halten und schließen sich gegenseitig nicht aus (zutreffend Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 22 UmwStG Rz. 3 f.; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a.a.O., § 22 UmwStG n.F. Rz. 11; grundlegend Hahn, DStZ 1998, 561, 565).

3. Vor diesem Hintergrund bleibt es auch unter der Geltung des UmwStG 1995 dabei, dass objektbezogene Kosten, welche erst anlässlich der Verschmelzung und durch diese ausgelöst ausschließlich in der Person des Übernehmenden entstehen, namentlich also die Grunderwerbsteuer für mitübertragenen Grundbesitz, zu zusätzlichen Anschaffungskosten führen, die als solche zu aktivieren sind. § 22 UmwStG 1995 ist für diese nicht einschlägig, weil es sich hierbei nicht um eingebrachtes Betriebsvermögen i.S. des § 20 UmwStG 1995 handelt (ebenso Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 20 UmwStG Rz. 337; § 22 UmwStG Rz. 3; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a.a.O., § 22 UmwStG n.F. Rz. 23, § 20 UmwStG n.F. Rz. 193; Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 22 UmwStG Rz. 274; anders Orth, GmbHR 1998, 511; Fatouros, DStR 2003, 772). Dass die Finanzverwaltung bei der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft hiervon abweicht und die Grunderwerbsteuer dort als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandeln will (BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268 Tz. 04.43; abgrenzend zu §§ 20 ff. UmwStG 1995 wohl auch Brinkhaus in Haritz/Benkert, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., § 3 Rz. 119), ändert daran nichts; insofern bedarf die Richtigkeit dieser abweichenden Behandlung im Streitfall keiner weiteren Erörterung.

4. Da die Vorinstanz eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.