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  BFH-Urteil vom 29.1.2003 (I R 6/99) BStBl. 2004 II S. 1043

1. Eine nach dem Recht des Staates Delaware gegründete US-Kapitalgesellschaft mit statutarischem Sitz in den USA, die ihre tatsächliche Geschäftsleitung in die Bundesrepublik verlegt, kann Organträgerin einer inländischen Kapitalgesellschaft sein. Die dem entgegenstehende Regelung des § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 ist nicht mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 1 und 4 DBA-USA 1989 vereinbar (Änderung der Rechtsprechung).

2. Das Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 zugunsten der inländischen Tochtergesellschaft einer US-Kapitalgesellschaft mit Sitz in den USA und Geschäftsleitung im Inland ist unabhängig davon, ob die US-Kapitalgesellschaft nach Art. 4 Abs. 3 DBA-USA 1989 als in keinem der beiden Vertragsstaaten ansässig gilt.

KStG 1984 § 1, § 14 Nr. 3 Satz 1, § 18; DBA-USA 1989 Art. 4 Abs. 1 und 3, Art. 24 Abs. 1, 4 und 6.

Vorinstanz: FG Köln vom 16. September 1998 13 K 1558/95 (EFG 1999, 309)

Sachverhalt

I.

Bei der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), zwischenzeitlich infolge formwechselnder Umwandlung eine OHG, handelte es sich im Streitjahr 1990 um eine inländische GmbH, an der zu 99,5 v.H. eine andere inländische GmbH, die A-GmbH, und zu 0,5 v.H. die B-Inc. beteiligt waren. Die B-Inc. ist eine AG US-amerikanischen Rechts, die am 27. Dezember 1988 nach den Gesetzen des US-Bundesstaates Delaware gegründet wurde und die dort auch ihren (statutarischen) Sitz hat. Ihre Geschäftsleitung befand sich in Deutschland am Ort ihrer am 21. April 1989 in das Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung. Seit April 1989 hielt die B-Inc. 99,95 v.H. der Geschäftsanteile der A-GmbH. Am 11. August 1989 schloss die Klägerin als Organgesellschaft mit der B-Inc. als Organträger einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag über eine Laufzeit von (zunächst) fünf Jahren, beginnend mit dem 1. Januar 1990. Der Vertrag wurde am 20. November 1989 in das Handelsregister eingetragen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte das Organschaftsverhältnis im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung 1990 nicht an. Er stützte sich auf den Senatsbeschluss vom 13. November 1991 I B 72/91 (BFHE 166, 238, BStBl II 1992, 263), durch den die Beschwerde der Klägerin gegen die Ablehnung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung des Vorauszahlungsbescheides über Körperschaftsteuer 1991 zurückgewiesen worden war, und zwar im Ergebnis deswegen, weil die Voraussetzungen für eine körperschaftsteuerliche Organschaft weder gemäß § 14 Nr. 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1984) noch gemäß § 18 KStG 1984 erfüllt seien.

Die Klage gegen den für das Streitjahr ergangenen Körperschaftsteuerbescheid blieb - letztlich aus den Gründen des Senatsbeschlusses in BFHE 166, 238, BStBl II 1992, 263 - erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 309 abgedruckt.

Ihre Revision begründet die Klägerin mit Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1990 unter Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die - zulässige (vgl. Zwischenurteil des Senats vom 9. Juni 1999 I R 6/99, BFHE 189, 1, BStBl II 1999, 666) - Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Der Senat kann nicht durcherkennen, da es an den erforderlichen Feststellungen zu den Besteuerungsmerkmalen der Klägerin unter Berücksichtigung des Organschaftsverhältnisses fehlt.

Das FG hat die Organschaftsbeziehung zwischen der Klägerin und der B-Inc. und damit die Abführung des von der Klägerin im Streitjahr erwirtschafteten Gewinns an die B-Inc. zu Unrecht nicht anerkannt.

1. Allerdings kann der streitgegenständliche Sachverhalt weder unter den Wortlaut des § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 noch unter den des § 18 KStG 1984 subsumiert werden. Es kommt auch keine ergänzende Auslegung oder eine Analogie dieser Regelungen in Betracht. Insofern bleibt es bei den Erkenntnissen des Senats in dessen Beschluss in BFHE 166, 238, BStBl II 1992, 263 (s. auch z.B. Witt in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rz. 23; § 18 KStG Rz. 4; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., S. 311):

a) Nach § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 kann eine Körperschaft nur dann Organträger sein, wenn sie nicht steuerbefreit ist und sowohl ihren Sitz (§ 11 der Abgabenordnung - AO 1977 -) als auch ihre Geschäftsleitung (§ 10 AO 1977) im Inland hat. Die B-Inc. erfüllte in den Streitjahren diese Voraussetzungen nicht. Sie war eine im Ausland gegründete Körperschaft, die jedoch nur ihre Geschäftsleitung und nicht auch ihren Sitz im Inland hatte. Den Sitz i.S. des § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 hat eine Gesellschaft gemäß § 11 AO 1977 an dem Ort, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung oder dergleichen bestimmt ist. Die B-Inc. hat unstreitig einen solchen Satzungssitz (sog. statutarischer Sitz) in Deutschland nicht begründet.

b) Da die B-Inc. mit ihren inländischen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig ist, ergibt sich eine Organträgerfähigkeit auch nicht aus § 18 KStG 1984. Zwar können gemäß § 18 KStG 1984 unabhängig von den erwähnten Voraussetzungen des § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 auch ausländische gewerbliche Unternehmen Organträger sein, die im Inland eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung unterhalten. Voraussetzung hierfür ist allerdings u.a., dass die ausländische Gesellschaft mit ihren Einkünften aus der inländischen Zweigniederlassung nur der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Dies ergibt sich aus der Rechtsfolge des § 18 KStG 1984. Danach muss das Einkommen einer Organgesellschaft zu den "beschränkt steuerpflichtigen Einkünften" des ausländischen gewerblichen Unternehmens (Organträgers) aus seiner inländischen Zweigniederlassung zugerechnet werden (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 166, 238, BStBl II 1992, 263). Die B-Inc. hatte ihre Geschäftsleitung in die Bundesrepublik verlegt. Sie war mit ihren Einkünften aus der hiesigen Zweigniederlassung folglich unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§§ 1 und 3 KStG 1984, § 10 AO 1977). Damit scheidet eine Zurechnung zu "beschränkt steuerpflichtigen Einkünften" aus.

c) Angesichts des eindeutigen und zweifelsfreien Regelungswortlauts beruft sich die Klägerin vergeblich auf die Entstehungsgeschichte der §§ 14 und 18 KStG 1984. Ob sich daraus Anhaltspunkte dafür ergeben, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eigentlich auch solche Gesellschaften, deren Satzungssitz sich im Ausland befindet, Träger eines Organschaftsverhältnisses sein können, kann deswegen dahinstehen.

d) Aus dem Grunde des klaren Regelungswortlauts scheidet schließlich auch eine ergänzende Auslegung oder eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften mangels einer planwidrigen Gesetzeslücke aus. Der Senat nimmt insoweit auf seinen Beschluss in BFHE 166, 238, BStBl II 1992, 263 Bezug (anders z.B. Ebenroth/Willburger, Recht der Internationalen Wirtschaft - RIW -, Beilage 3/1995, 8 f.; Walter in Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, § 14 Rz. 118 f.; Frotscher in Frotscher/ Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 14 KStG Rz. 20; § 18 KStG Rz. 6).

2. Die Versagung der Organträgereigenschaft für die B-Inc. verstößt jedoch gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 (DBA-USA 1989). Die noch in dem vorgenannten Senatsbeschluss vertretene, anderweitige Auffassung lässt sich in Anbetracht der zwischenzeitlichen Rechtsentwicklung nicht aufrechterhalten, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) durch Urteil vom 5. November 2002 Rs. C-208/00 "Überseering" (GmbH-Rundschau - GmbHR - 2002, 1137) in der sog. Sitztheorie bei Zuzugsfällen eine Verletzung der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 43 und Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. C-340/1997, 1) gesehen hat. Die Entscheidung wirkt sich zwar unmittelbar nur auf die EG-Mitgliedsstaaten aus. Juristische Personen anderer (Dritt-) Staaten können im Hinblick darauf keine Gleichbehandlung mit Angehörigen der Mitgliedsstaaten einfordern. Wegen des in Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 enthaltenen bilateralen Diskriminierungsverbots verhält es sich für eine US-Kapitalgesellschaft jedoch anders. Besteuerungsnachteile inländischer Tochterunternehmen von US-amerikanischen Unternehmen gegenüber anderen ähnlichen inländischen Unternehmen sind hiernach nicht hinzunehmen und können deswegen im Ergebnis keiner für sie ungünstigeren Beurteilung als Unternehmen innerhalb der EG unterfallen. Ob der Klägerin darüber hinaus ein Diskriminierungsschutz auch nach Art. 24 Abs. 1 DBA-USA 1989 und Art. XI Abs. 1 des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29. Oktober 1954 - Freundschaftsvertrag - (BGBl II 1956, 488) zusteht, kann in Anbetracht dessen dahinstehen. Im Einzelnen:

a) Die Klägerin kann das Diskriminierungsverbot nach Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 für sich beanspruchen.

aa) Sie ist, wie hiernach für den Abkommensschutz erforderlich, ein Unternehmen eines Vertragsstaates, dessen Kapital ganz oder teilweise unmittelbar oder mittelbar einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person oder mehreren solcher Personen gehört oder ihrer Kontrolle unterliegt. Denn in dem anderen Vertragsstaat - hier den USA - ist nach der Abkommensdefinition des Art. 4 Abs. 1 DBA-USA 1989 eine Person "ansässig", die nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Ortes der Gründung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.

bb) Das war bei der B-Inc. unabhängig davon der Fall, ob sie in den Vereinigten Staaten tatsächlich zur Steuerpflicht herangezogen worden ist (vgl. Wolff in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 4 DBA-USA Rz. 66, m.w.N.). Da die B-Inc. im Streitjahr allerdings in den USA ihren Satzungssitz und in der Bundesrepublik ihren tatsächlichen Verwaltungssitz hatte, war sie in beiden Vertragsstaaten ansässig. Für solche doppelt ansässigen, nicht natürlichen Personen sieht Art. 4 Abs. 3 1. Satzteil DBA-USA 1989 eine Sonderregelung vor. Danach bemühen sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten, durch Konsultation den Vertragsstaat zu bestimmen, in dem die Person im Sinne des Abkommens als ansässig gilt (Art. 4 Abs. 3 1. Satzteil DBA-USA 1989). Sehen sie sich dazu nicht in der Lage, so gilt die Person für Zwecke der Inanspruchnahme der Vergünstigungen des Abkommens als in keinem der beiden Vertragsstaaten ansässig (Art. 4 Abs. 3 2. Satzteil DBA-USA 1989). Da im Streitfall entsprechende Verständigungen der beteiligten Finanzverwaltungen über ihre Ansässigkeit nach übereinstimmendem Revisionsvorbringen der Beteiligten nicht angestellt wurden, geht das FA davon aus, die Nichtansässigkeitsfiktion des Art. 4 Abs. 3 2. Satzteil DBA-USA 1989 sei hier für die B-Inc. ausgelöst worden (im Ergebnis ebenso z.B. Rademacher in Becker/ Höppner/Grotheer/Kroppen, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 4 DBA-USA Rn. 4; Arthur Andersen, DBA-USA, Art. 4 Rz. 25; s. auch Wolff in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 4 DBA-USA Rz. 67).

cc) Es kann dahinstehen, ob dem beizupflichten ist. Denn auch wenn dies zuträfe, so würde sich dies gleichwohl nicht auf die Abkommensberechtigung der Klägerin und deren Diskriminierungsschutz nach Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 auswirken. Der Nichtansässigkeitsfiktion des Art. 4 Abs. 3 2. Halbsatz DBA-USA 1989 kommt insoweit keine Bedeutung zu:

Die Regelung des Art. 4 Abs. 3 2. Halbsatz DBA-USA 1989 gilt nur "für Zwecke der Inanspruchnahme der Vergünstigungen nach diesem Abkommen". Daraus wird allgemein geschlossen, dass sich die Fiktion lediglich für die Besteuerung doppelt ansässiger Personen, nicht aber für die anderer abkommensberechtigter Personen gilt (Wolff in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 4 DBA-USA Rz. 71; Großmann, Doppelt ansässige Kapitalgesellschaften im internationalen Steuerrecht, S. 128, jeweils m.w.N.). Um eine solche andere abkommensberechtigte Person handelt es sich aber bei der Klägerin. Sie wird zusätzlich über Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 ausdrücklich in den Schutzbereich des Diskriminierungsverbotes einbezogen. Diese Einbeziehung erfolgt zwar gleichermaßen ausdrücklich unter Bezugnahme auf die Beteiligung oder Beherrschung durch eine in dem anderen Vertragsstaat - hier die USA - "ansässige" Person. Das ändert aber nichts daran, dass damit nur die tatsächliche Ansässigkeit der jeweiligen Muttergesellschaft i.S. des Art. 4 Abs. 1 DBA-USA 1989, nicht aber die fingierte Ansässigkeit gemäß Art. 4 Abs. 3 2. Satzteil DBA-USA 1989 gemeint sein kann. Denn die betreffende Abkommensvergünstigung - den Diskriminierungsschutz - nimmt nicht die (doppelt ansässige) Muttergesellschaft, sondern die Tochtergesellschaft in Anspruch, was wiederum das Eingreifen der Ansässigkeitsfiktion ausschließt. Dass es für die Tochtergesellschaft (nur) auf die tatsächliche Ansässigkeit ankommt, verdeutlicht überdies der Umstand, dass selbst die doppelt ansässige Gesellschaft sich bei Inanspruchnahme des Diskriminierungsverbotes gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 2 DBA-USA 1989 die Nichtansässigkeit nicht entgegenhalten lassen müsste; das Verbot wirkt insoweit umfassend und uneingeschränkt (vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 24 Rz. 15). Für eine Benachteiligung der Doppelansässigkeit, die durch das Abkommen prinzipiell durchaus gewollt ist und die es ggf. rechtfertigt, sie durch steuerliche Maßnahmen jedenfalls nicht zu fördern (so Senatsbeschluss in BFHE 166, 238, 241, BStBl II 1992, 263), besteht insoweit kein Grund.

Bestätigt wird dies durch Art. 24 Abs. 6 DBA-USA 1989. Danach erstreckt sich der Geltungsbereich des Art. 24 DBA-USA 1989 ungeachtet des Art. 2 DBA-USA 1989 auf "Steuern jeder Art und Bezeichnung, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften erhoben werden". Der Diskriminierungsschutz betrifft also nicht nur die in Art. 2 DBA-USA 1989 erwähnten Steuern, sondern wirkt umfassend auch für solche Steuern, die - wie beispielsweise die Umsatzsteuer - von der Ansässigkeit der Steuerpflichtigen unabhängig sind. In Anbetracht dieses weiten Regelungsbereichs kann der Diskriminierungsschutz bei den in Art. 2 DBA-USA 1989 erwähnten Steuern, die an sich unter das Abkommen fallen, aber nicht wegen der ggf. gemäß Art. 4 Abs. 3 DBA-USA 1989 fehlenden abkommensrechtlichen Ansässigkeit versagt werden. Er würde andernfalls hinter dem Schutz für jene Steuern zurückstehen, auf die er durch Art. 24 Abs. 6 DBA-USA 1989 ausgedehnt wird.

b) Erfüllt die Klägerin im Ergebnis die subjektiven Anforderungen des Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989, ist sie ungeachtet des Erfordernisses der doppelten Inlandsanbindung in § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 als Organgesellschaft der B-Inc. anzusehen.

aa) Der erkennende Senat hat zwar in seinem Beschluss in BFHE 166, 238, BStBl II 1992, 263 im summarischen Verfahren die gegenteilige Auffassung vertreten, dass die B-Inc. in der Bundesrepublik hinsichtlich der Zahlung von Steuern keiner stärkeren Belastung als eine deutsche Gesellschaft unter gleichartigen Voraussetzungen unterliege. Denn eine deutsche Gesellschaft scheide ebenfalls aus dem Kreis der gesetzlich zugelassenen Organträger aus, wenn sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung ins Ausland verlege (ebenso BFH-Beschluss in BFHE 166, 238, BStBl II 1992, 263). Es fehle auch nicht an der Vergleichbarkeit zwischen dem vorliegenden Sachverhalt und einer deutschen Gesellschaft, die nur ihren Sitz oder nur ihre Geschäftsleitung ins Ausland verlege (vgl. ähnlich z.B. Großfeld/Erlinghagen, Juristen-Zeitung 1993, 217, 224 ff.; Lehner, RIW 1988, 201, 208 ff.; Dötsch, Der Betrieb - DB - 1989, 2296, 2297).

bb) Diese Auffassung, welche sich mit der Ansicht des FA deckt, wird jedoch nicht aufrechterhalten. Zwar ist es zutreffend, dass nach der in Deutschland bislang geltenden sog. Sitztheorie eine in Deutschland gegründete Gesellschaft, die ihre Geschäftsleitung oder ihren statutarischen Sitz ins Ausland verlegt, "zwangsweise" ihre Auflösung bewirkt. Sie kann unter den gegebenen Umständen nach den tatbestandlichen Vorgaben des § 14 KStG 1984 gleichermaßen nicht mehr Organträger im Rahmen eines organschaftlichen Verhältnisses zu einer inländischen Kapitalgesellschaft sein. Sie ist deswegen jedoch nicht mit jener Gesellschaft vergleichbar, die ihrerseits ihre Geschäftsleitung oder ihren statutarischen Sitz vom Ausland in das Inland verlegt. Während es im ersteren Fall um die Verlegung von Geschäftsleitung oder Sitz der inländischen Gesellschaft in das Ausland, also den Fall einer "wegziehenden" Gesellschaft geht, ist im anderen Fall die Situation einer in das Inland "zuziehenden" Gesellschaft zu beurteilen. Beide Sachverhalte sind miteinander nicht vergleichbar: In dem einen Fall kann es dem nationalen Gesetzgeber unbenommen bleiben, den "Wegzug" mit bestimmten Rechtsfolgen zu erschweren. Über einen solchen Fall ist hier nicht zu entscheiden, so dass eine abschließende Antwort nicht gegeben werden muss. In dem anderen Fall des Zuzugs wirken derartige Erschwernisse indes für die Gesellschaft des anderen Vertragsteils diskriminierend. Denn Vergleichsgegenstand für eine derartige zuziehende Gesellschaft ist nicht die wegziehende inländische, sondern die im Inland nach wie vor mit Sitz und Geschäftsleitung residierende Gesellschaft. Nur dann ist die Vergleichbarkeit der Verhältnisse, wie sie Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 verlangt ("... andere ähnliche Unternehmen ..."; vgl. auch Art. 24 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA 1989: "... unter gleichen Verhältnissen ..."), gegeben. Gerade wegen der sich in Bezug auf eine solche Gesellschaft ergebenden Benachteiligung der ausländischen Gesellschaft, die ihren tatsächlichen Geschäftssitz in das Inland verlegt, hat der EuGH in dem zitierten Urteil in GmbHR 2002, 1137 (dort Tz. 64 ff.) in der unterschiedlichen Behandlung beider Gesellschaften und in Abgrenzung zu dem "Wegzugsfall" (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 27. September 1988 Rs. C-81/87 "Daily Mail and General Trust", Slg. 1988, 5483) eine Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheiten (Art. 43 und 48 EGV) gesehen.

3. Vor dem Hintergrund dieser Verletzung des EGV kann im Hinblick auf das in Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 enthaltene Diskriminierungsverbot nicht anders entschieden werden. Die Klägerin darf als inländische Beteiligungsgesellschaft eines US-amerikanischen Unternehmens keiner anderen oder belastenderen Besteuerung unterworfen werden als andere ähnliche inländische Unternehmen, auch nicht in Bezug auf dessen Ansässigkeit. (vgl. Meilicke, DB 1999, 627, 628; Eilers/Wienands, Internationales Steuerrecht - IStR - 1999, 289, 291; Schmidt/Sedemund, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1999, 2079, 2062 f.; Sedemund, IStR 2002, 390). Ein anderes Ergebnis verbietet sich auch angesichts des Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des Freundschaftsvertrages, wonach Gesellschaften, die gemäß den Gesetzen und sonstigen Vorschriften des einen Vertragsteils in dessen Gebiet errichtet sind, als Gesellschaften dieses Vertragsteils gelten und der rechtliche Status solcher Gesellschaften in dem Gebiet des anderen Vertragsteils anzuerkennen ist. Letzteres aber wäre nicht mehr gewährleistet, wenn die "zuziehende" Gesellschaft ihren rechtlichen Status infolge der Rechtsordnung des anderen Vertragsstaates verlöre (ebenso z.B. Ebenroth/Willburger, RIW, Beilage 3/1995, 5 ff.). Das so verstandene Diskriminierungsverbot wirkt dabei absolut, es belässt dem Anwendestaat nicht die Möglichkeit, Rechtfertigungsgründe für die Diskriminierung geltend zu machen (vgl. insoweit auch Wassermeyer in Debatin/ Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 24 Rz. 26).

4. Für die Anerkennung des körperschaftsteuerrechtlichen Organschaftsverhältnisses bedeutet dies, dass die zuziehende amerikanische Gesellschaft auch dann als Organträger i.S. des § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 fungieren kann, wenn sie über einen statutarischen Sitz in den USA verfügt. Der andere Vertragsteil - hier die Bundesrepublik - ist ebenso wie innerhalb der EG und des Geltungsbereichs des EGV nicht befugt, an den Wechsel des tatsächlichen Verwaltungssitzes besondere Besteuerungsfolgen zu knüpfen (vgl. ebenso allgemein z.B. Ebenroth/Bippus, DB 1988, 842, 843, 846; Ebenroth/Auer, RIW, Beilage 1/1992, 9; Ebenroth/ Willburger, RIW, Beilage 3/1995, 4; Willburger, DStR 1999, 2064; Pache, GmbHR 2002, 299, 300 f.; Löwenstein/ Maier, IStR 2002, 185, 186; Orth, IStR-Beihefter 9/2002, 1, 6 f.). Soweit § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 davon abweichend dennoch eine derartige Anknüpfung verlangt, ist diese Vorschrift unangewandt zu lassen. Sie wird insoweit durch die speziellere Vorschrift des Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 verdrängt. Diese gibt dem Senat die Handhabe, einen gleichheitskonformen Zustand herzustellen, der eine Verwerfung von § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 durch das Bundesverfassungsgericht wegen des anderenfalls möglicherweise bestehenden Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (vgl. allerdings auch zur grundsätzlich fehlenden Grundrechtsfähigkeit einer ausländischen juristischen Person Senatsbeschluss vom 24. Januar 2001 I R 81/99, BFHE 195, 119, BStBl II 2001, 290) erübrigt (vgl. insoweit ähnlich Senatsurteil vom 22. April 1998 I R 54/96, BFHE 186, 89, BFH/NV 1998, 1290, zum Verhältnis des § 49 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes zu Art. 25 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen).

5. Die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung weicht von jener des erkennenden Senats ab. Ihr Urteil war aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deswegen an das FG zurückzuverweisen. Es fehlen tatrichterliche Feststellungen zu den Besteuerungsmerkmalen der gegen die Klägerin festzusetzenden Körperschaftsteuer für das Streitjahr.