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  BFH-Urteil vom 31.3.2004 (X R 18/03) BStBl. 2004 II S. 1047

Unterhaltsleistungen, die ein unbeschränkt Steuerpflichtiger von seinem nicht unbeschränkt steuerpflichtigen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten erhält, sind nicht steuerbar (Abweichung vom BFH-Urteil vom 27. September 1973 VIII R 77/69, BFHE 111, 37, BStBl II 1974, 103; Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 27. September 1973 VIII R 71/69, BFHE 111, 33, BStBl II 1974, 101).

EStG § 22 Nr. 1 Satz 1, 2, Nr. 1a.

Vorinstanz: FG Nürnberg vom 17. Oktober 2002 VI 69/2002 (EFG 2003, 92)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) lebt von ihrem Ehemann (E) dauernd getrennt, seitdem dieser seinen Wohnsitz im Juni 1989 vom Inland nach Monaco verlegt hatte.

Am 13. September 1989 schlossen die Eheleute einen als "Ehevertrag und Getrenntlebensvereinbarung" bezeichneten notariell beurkundeten Vertrag. Darin verpflichtete sich E, an die Klägerin auf deren Lebensdauer einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 10.000 DM zu zahlen. Ein weiterer Betrag von 50.000 DM jährlich sollte auf die Lebensdauer der Klägerin, längstens jedoch für 20 Jahre gezahlt werden. Beide Beträge waren wertgesichert und auch bei einer Wiederverheiratung der Klägerin sowie nach dem Tod des E von dessen Erben in voller Höhe weiterzuzahlen.

Die Klägerin verpflichtete sich, E auf dessen Lebenszeit die unentgeltliche Nutznießung eines beiden Ehegatten zu je 1/2 gehörenden Anwesens in Monaco zu überlassen und dieses Recht dinglich sichern zu lassen. Ferner war sie verpflichtet, diese Immobilie auf Verlangen des E unentgeltlich auf diesen zu übertragen. Bei Veräußerung des Objekts an einen Dritten sollte der Gesamtkaufpreis allein E zustehen.

Nachdem diese Vereinbarung dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) im Rahmen einer Außenprüfung bekannt geworden war, setzte er in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1996 - ausgehend von Einnahmen aus wiederkehrenden Bezügen in Höhe von 170.000 DM - die Einkommensteuer auf 67.082 DM fest.

Im Einspruchsverfahren vertrat die Klägerin die Auffassung, die Unterhaltsleistungen unterlägen schon dem Grunde nach nicht der Besteuerung. Jedenfalls seien sie nicht in der sich aus der notariellen Urkunde ergebenden Höhe gezahlt worden: Bereits wenige Monate nach Vertragsschluss sei die notarielle Unterhaltsregelung durch eine mündliche Abrede aufgehoben und durch die Vereinbarung einer monatlichen Zahlung von 10.000 DM ohne zusätzliche jährliche Zahlung ersetzt worden. Gleichzeitig sei die Vermögensregelung hinsichtlich des Grundbesitzes aufgehoben worden; die vereinbarte dingliche Sicherung sei ohnehin niemals eingetragen worden. Zum 1. Juni 1995 sei die Unterhaltsvereinbarung aufgrund der Behandlung durch die Außenprüfung erneut aufgehoben worden; für die Folgezeit seien monatlich nur noch 5.000 DM vereinbart und gezahlt worden. Auf Anforderung des FA legte die Klägerin eine gemeinsame Erklärung der Ehegatten vom 6. Juli 2001 vor, in der diese Angaben wiederholt wurden.

Die Einspruchsentscheidung führte zu einer Herabsetzung der Steuer auf 14.310 DM. Dabei ging das FA davon aus, dass die Bezüge nach § 22 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem Grunde nach steuerpflichtig seien, folgte jedoch den Angaben der Klägerin zur Höhe der bezogenen Leistungen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage - unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. September 1973 VIII R 71/69 (BFHE 111, 33, BStBl II 1974, 101) - ab. Sein Urteil ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 92.

Mit ihrer Revision vertritt die Klägerin im Wesentlichen die Auffassung, eine Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 1, 2 EStG sei wegen der Sperrwirkung des - erst nach Ergehen des BFH-Urteils in BFHE 111, 33, BStBl II 1974, 101 eingefügten - § 22 Nr. 1a EStG ausgeschlossen.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 5. Juni 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. März 2002 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat die Besteuerung der von der Klägerin bezogenen Leistungen zu Unrecht auf § 22 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 EStG gestützt (dazu unten 2.). Der Senat kann jedoch nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil das FG nicht geprüft hat, ob die monatlichen Zahlungen - ggf. teilweise - ein Entgelt für die Überlassung des der Klägerin gehörenden hälftigen Anteils an dem in Monaco gelegenen Anwesen darstellen (dazu unten 4.).

2. Sofern es sich bei den monatlichen Bezügen um Unterhaltszahlungen des von der Klägerin dauernd getrennt im Ausland lebenden E handelt, sind sie nicht steuerbar.

a) Die steuerliche Erfassung von Einkünften eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus Unterhaltsleistungen, die er von seinem geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten erhält, ist abschließend in § 22 Nr. 1a EStG geregelt. Dies folgt aus der gesetzlichen Systematik.

aa) § 22 Nr. 1a EStG zählt zu den sonstigen Einkünften die "Einkünfte aus Unterhaltsleistungen, soweit sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 vom Geber abgezogen werden können". Die in Bezug genommene Norm des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG lässt Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten in begrenzter Höhe zum Sonderausgabenabzug zu, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt.

Der Regelungsbereich des § 22 Nr. 1a EStG - und damit der Bereich, in dem die Vorschrift als Spezialregelung allgemeinere Normen verdrängt (zum systematischen Verhältnis allgemeiner und spezieller Normen zueinander: Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 2. Aufl. 2001, S. 571; Birk in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 4 AO 1977 Rn. 364, Stand November 1997) - umfasst damit sämtliche Unterhaltsleistungen, die ein unbeschränkt Steuerpflichtiger von seinem geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten bezieht. In Fällen, in denen zwar dieser Regelungsbereich des § 22 Nr. 1a EStG eröffnet ist, eine Besteuerung der Unterhaltsbezüge aber mangels Erfüllung der Voraussetzungen für den korrespondierenden Sonderausgabenabzug tatsächlich nicht stattfindet, kann die Steuerpflicht der Bezüge nicht auf die verdrängte Regelung des § 22 Nr. 1 EStG gestützt werden. Dies gilt, ohne dass dazu bisher abweichende Auffassungen vertreten worden wären, etwa für Unterhaltsleistungen, bei denen es wegen fehlender Zustimmung des Empfängers nicht zu einem Sonderausgabenabzug kommt; ebenso für Unterhaltsleistungen, die über den Höchstbetrag des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG hinaus gehen.

bb) Nichts anderes kann gelten, wenn der Unterhaltsverpflichtete den Sonderausgabenabzug deshalb nicht in Anspruch nehmen kann, weil er beschränkt steuerpflichtig ist und § 50 Abs. 1 Satz 5 EStG 1990 (§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG 1999/2003) die Anwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf beschränkt Steuerpflichtige ausschließt. Denn auch hier ist der Regelungsbereich des § 22 Nr. 1a EStG zunächst eröffnet, weil es sich um Unterhaltsleistungen zwischen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten handelt. Weder § 22 Nr. 1a EStG noch die dort in Bezug genommene Norm des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG machen die steuerliche Erfassung von Unterhaltsleistungen beim Empfänger von der Art der Steuerpflicht des Gebers abhängig. Die Nichtsteuerbarkeit der Unterhaltsleistungen beim Empfänger folgt in diesen Fällen - entsprechend den Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Nr. 1a EStG - daraus, dass sie vom Geber (in diesem Fall wegen § 50 Abs. 1 Satz 5 EStG 1990) nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abgezogen werden können. Gesichtspunkte, die es nahe legen würden, für diesen Fall der Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Nr. 1a EStG - anders als in den dargestellten vergleichbaren Fällen - auf die allgemeine Regelung über die Besteuerung wiederkehrender Bezüge zurückzugreifen, sind nicht ersichtlich (vgl. dazu auch unten c). Insbesondere kann der erkennende Senat der Auffassung des FA, das § 22 Nr. 1a EStG als Ausnahmeregelung zu § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG ansehen will, nicht beitreten: § 22 Nr. 1a EStG ist für seinen Regelungsbereich vielmehr im Ganzen eine Spezialregelung zu § 22 Nr. 1 EStG.

cc) Diese Auslegung des systematischen Verhältnisses von § 22 Nr. 1 und Nr. 1a EStG führt nicht etwa dazu, dass § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG leer liefe. Denn diese Norm bleibt auf alle Bezüge anwendbar, die außerhalb des Verhältnisses zwischen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten zufließen.

dd) Auch besteht kein Widerspruch zu den Entscheidungen des Senats zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich (BFH-Urteile vom 18. September 2003 X R 152/97, BFHE 203, 337, und vom 15. Oktober 2003 X R 29/01, BFH/NV 2004, 478). Insoweit wurde die Besteuerung bei demjenigen Ehegatten, der die Ausgleichsrente bezieht, zwar auf § 22 Nr. 1 EStG gestützt; jedoch hat der Senat die Bezüge nicht als Unterhaltsleistungen, sondern als einen Transfer von Einkünften angesehen (Urteil in BFHE 203, 337 unter B.II.3., 4.). Der Regelungsbereich des § 22 Nr. 1a EStG - und damit der Charakter dieser Vorschrift als eine die allgemeinen Normen verdrängende Spezialregelung - ist aber auf Unterhaltsleistungen beschränkt; er erfasst nicht etwa sämtliche Geldflüsse zwischen Ehegatten.

b) Der Wortlaut des § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG, auf den das FG sich beruft und der eine Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG nur bei unbeschränkt steuerpflichtigen Gebern ausschließt, steht der Entscheidung des Senats danach nicht entgegen, weil § 22 Nr. 1 EStG auf Unterhaltsleistungen zwischen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten von vornherein nicht anwendbar ist.

c) Eine Besteuerung der bezogenen Unterhaltsleistungen ist auch weder durch allgemeine Besteuerungsgrundsätze noch durch einen besonderen Normzweck des § 22 Nr. 1 EStG geboten.

aa) Auch das Leistungsfähigkeitsprinzip gebietet nicht - entgegen der Auffassung des FG und eines Teils der Literatur (Jansen in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 22 EStG Anm. 246, Stand März 2000; Söhn, Finanz-Rundschau - FR - 1996, 81, 87) - eine Besteuerung dieser Bezüge.

Zwar ist die Leistungsfähigkeit des Empfängers von Unterhaltsleistungen, die aus dem Ausland gezahlt werden, gegenüber der Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen, der nicht über entsprechende Zuflüsse verfügt, erhöht. Eine vergleichbare Erhöhung der Leistungsfähigkeit tritt aber ebenso ein, wenn von einem unbeschränkt steuerpflichtigen Geber gewährte wiederkehrende Leistungen wegen § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG beim Empfänger nicht steuerbar sind. Die Leistungsfähigkeit der Empfänger betragsmäßig identischer Unterhaltsleistungen ist ersichtlich nicht davon abhängig, ob der jeweilige Unterhaltsverpflichtete seinen Wohnsitz im Ausland oder im Inland hat; ein solcher Besteuerungstatbestand wäre nicht gleichheitssatzkonform ausgestaltet. Bereits dies zeigt, dass § 22 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 EStG nicht in erster Linie der Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips dient, sondern dass dieser Vorschrift noch eine weitergehende normleitende und gleichheitsrechtlich rechtfertigende Konzeption zugrunde liegt.

bb) Hierbei kann es sich nur darum handeln, dass eine beim Geber im Inland abziehbare Leistung beim Empfänger materiell-rechtlich korrespondierend der Besteuerung unterworfen wird. Ein solches Korrespondenzprinzip ist für den Spezialfall des Realsplittings durch § 22 Nr. 1a EStG sowie - für Unterhaltsleistungen an nicht unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatten - durch § 1a Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ausdrücklich gesetzlich angeordnet worden. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht auch beim - in § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG und § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG verankerten - Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ein gegenständlich auf den Transfer von Einkünften beschränkter Grundsatz der materiell-rechtlichen Korrespondenz (BFH-Urteil vom 26. Juli 1995 X R 113/93, BFHE 179, 34, BStBl II 1996, 157; ebenso Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 26. August 2002, BStBl I 2002, 893 Tz. 35; zur materiell-rechtlichen Korrespondenz in einem anderen Fall des Transfers von Einkünften vgl. Senatsurteil in BFHE 203, 337 unter B.III.1., 2). Der Sache nach ist dieses Konzept des Transfers von Einkünften durch den Großen Senat in dessen Beschluss vom 12. Mai 2003 GrS 1/00 (BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95) bestätigt worden.

Fehlt es beim Geber an einem derartigen Abzugstatbestand zu Lasten des inländischen Steueraufkommens, besteht kein Grund für eine korrespondierende Erfassung der Bezüge beim Empfänger. Denn Zahlungen im Rahmen von Scheidungs- bzw. Trennungsfolgen sind nach der Systematik des Einkommensteuerrechts Unterhaltsleistungen, die beim Verpflichteten nicht abziehbar und beim Berechtigten nicht steuerbar sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 203, 337 unter B.II.4.b); eine Ausnahme gilt nur im Rahmen des Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 1a EStG.

d) Die vom Gesetzgeber aus Anlass der Einführung des Realsplittings geäußerte Auffassung, Unterhaltszahlungen eines beschränkt Steuerpflichtigen würden "wie bisher" nach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG in vollem Umfang als wiederkehrende Bezüge der Einkommensteuer unterliegen (Begründung zum Regierungsentwurf des Steueränderungsgesetzes 1979 vom 22. September 1978, BTDrucks 8/2118, 63), vermag eine steuerliche Erfassung der von der Klägerin bezogenen Unterhaltsleistungen nicht zu begründen.

aa) Diese vom Gesetzgeber geäußerte Auffassung hat im Gesetzeswortlaut - trotz der gleichzeitigen Schaffung einer Spezialregelung für Unterhaltsleistungen zwischen geschiedenen und dauernd getrennt lebenden Ehegatten, die nach allgemeinen systematischen Grundsätzen eine generelle Regelung verdrängt - keinerlei Niederschlag gefunden. Denn maßgebend für die Auslegung sind nicht die subjektiven Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen; entscheidend ist vielmehr der im Gesetz zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106 unter B.II.1.; Senatsbeschluss vom 10. November 1999 X R 60/95, BFHE 189, 479, BStBl II 2000, 131 unter B.III.1.a).

Hätte der Gesetzgeber bei Einführung des Realsplittings sicherstellen wollen, dass Unterhaltsleistungen eines beschränkt steuerpflichtigen Gebers an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten in jedem Fall der inländischen Besteuerung unterliegen, hätte er den Wortlaut des bestehenden § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG bzw. des neu geschaffenen § 22 Nr. 1a EStG entsprechend ändern können. Derartige Änderungen in § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG hat er aus Anlass vergleichbarer Problemlagen in großer Zahl vorgenommen:

- So stellte die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG durch das Einkommensteuerreformgesetz vom 5. August 1974 (BGBl I 1974, 1769) eine Reaktion auf die damalige Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17. Juli 1959 VI 154/57 U, BFHE 69, 218, BStBl III 1959, 345) dar, anlässlich einer "schuldlosen" Scheidung vertraglich vereinbarte Unterhaltsleistungen in voller Höhe zum Sonderausgabenabzug zuzulassen.

- Durch das Steueränderungsgesetz 1979 vom 30. November 1978 (BGBl I 1978, 1849) wurde in § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG das Wort "steuerpflichtig" durch den Begriff "einkommensteuerpflichtig" ersetzt. Die Rechtsprechung hatte hingegen zuvor körperschaftsteuerpflichtige Geber den einkommensteuerpflichtigen Gebern gleichgestellt (BFH-Urteil vom 27. November 1959 VI 172/59 U, BFHE 70, 174, BStBl III 1960, 65).

- Mit dem Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19. Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2436) wurde die Unterausnahme für Zuwendungen von bestimmten Körperschaften (§ 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a, b EStG) geschaffen (zur "unbefriedigenden" vorherigen Rechtslage Regierungsentwurf vom 19. Juni 1984, BTDrucks 10/1636, 58, unter Hinweis auf die Unterrichtung der Bundesregierung vom 11. September 1979, BTDrucks 8/3165, 11). Gerade mit dieser Ergänzung ist eine dem Streitfall sehr ähnliche Problemlage (interpersonelle Korrespondenz) vom Gesetzgeber ausdrücklich geregelt worden. Das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433) hat diese Unterausnahme erweitert.

bb) Im Übrigen geht die Äußerung des Gesetzgebers aus dem Jahre 1978 auch deutlich über das hinaus, was der historische Normgeber mit der Schaffung der Vorläufernorm des § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG (§ 11 Nr. 2 Satz 2 EStG 1920 vom 29. März 1920, RGBl 1920, 359) bezweckt hatte: Nach der Begründung zum Entwurf eines REStG vom 29. November 1919 (Drucksache der verfassungsgebenden Nationalversammlung Nr. 1624, 43) diente die Regelung dazu, Doppelbesteuerungen zu vermeiden, die sich daraus ergeben können, dass Zuwendungen sowohl beim Geber, der sie nicht abziehen kann, als auch beim Empfänger besteuert werden.

Dieser Gesichtspunkt der Vermeidung einer Doppelbesteuerung würde jedenfalls dann die Nichtsteuerbarkeit der Bezüge beim Empfänger gebieten, wenn - wie im Streitfall von der Klägerin vorgetragen - ein beschränkt steuerpflichtiger Geber die Bezüge aus versteuerten inländischen Einkünften leistet. Den angeführten Gesetzesmaterialien lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber sich bewusst dafür entschieden hat, Bezüge von beschränkt steuerpflichtigen Gebern auch dann zu besteuern, wenn diese aus steuerpflichtigen inländischen Einkünften stammen. Der Senat ist allerdings mit der bisherigen Rechtsprechung der Auffassung, dass die Art der Einkünfte, aus denen die Unterhaltszahlungen geleistet werden, kein taugliches Differenzierungskriterium für die Beurteilung der Steuerpflicht beim Empfänger ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 111, 33, BStBl II 1974, 101; in der Tendenz ebenso bereits Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 2. März 1933 VI A 2051 und 2052/33, RStBl 1933, 585). Denn die Aufklärung der Mittelherkunft wird gerade bei Auslandssachverhalten schwierig - im Falle der Vermischung der Mittel mitunter auch gar nicht möglich - sein. Im Übrigen wäre bei Vornahme einer solchen Differenzierung die Steuerpflicht beim Empfänger von Merkmalen abhängig, die dieser in keiner Weise beeinflussen könnte, was in Widerspruch zum Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung stehen würde.

Indes kommt es für die Erfüllung des ursprünglichen Gesetzeszwecks nicht darauf an, ob der Geber die Zahlungen im Einzelfall aus inländischen oder ausländischen Einkünften erbringt. Denn auch dann, wenn die Bezüge letztlich aus ausländischen Einkünften stammen, hat der Geber im Inland jedenfalls keinen Steuervorteil erlangt; eine Besteuerungslücke tritt insoweit nicht auf.

Auch die Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern, mit dem eine Neuregelung der Besteuerung wiederkehrender Bezüge bezweckt war (Regierungsentwurf vom 29. April 1954, BTDrucks II/481, 88), führt aus, dass die Besteuerung beim Berechtigten dem Abzug beim Verpflichteten entsprechen muss. Für die Formulierung im Urteil in BFHE 111, 33, BStBl II 1974, 101 (unter 3.a), wonach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG sicherstellen solle, dass die Unterhaltsleistungen "wenigstens einmal" im Inland steuerlich erfasst werden, enthält die dargestellte Gesetzgebungsgeschichte keinen Beleg.

3. Der Senat kann die Entscheidung ohne vorherige Anfrage beim VIII. Senat treffen.

a) Er weicht nicht von dessen Urteilen in BFHE 111, 33, BStBl II 1974, 101 sowie vom 8. Dezember 1981 VIII R 123/79 (Juris Nr. STRE825009960) ab, weil es dort nicht um Unterhaltsleistungen zwischen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten ging. Die vom erkennenden Senat herangezogene Sperrwirkung des § 22 Nr. 1a EStG beschränkt sich aber allein auf derartige Leistungen zwischen Ehegatten.

b) Jedoch weicht der Senat vom Urteil des VIII. Senats vom 27. September 1973 VIII R 77/69 (BFHE 111, 37, BStBl II 1974, 103) ab, das ebenfalls Unterhaltsleistungen zwischen Ehegatten zum Gegenstand hatte. Einer Anfrage beim VIII. Senat bedarf es gleichwohl nicht, weil die Entscheidung des Senats darauf beruht, dass der Gesetzgeber durch Einfügung des § 22 Nr. 1a EStG eine neue Rechtslage geschaffen hat.

Zudem kann der VIII. Senat wegen der zwischenzeitlichen Änderung des Geschäftsverteilungsplans des BFH grundsätzlich nicht mehr mit dieser Rechtsfrage befasst werden (§ 11 Abs. 3 Satz 2 FGO; vgl. dazu BFH-Beschluss vom 21. Oktober 1985 GrS 2/84, BFHE 145, 147, BStBl II 1986, 207 unter B.I.2.b-e, m.w.N.). Der erkennende Senat ist für Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 1 EStG zuständig (Nr. 2 der Zuständigkeit des X. Senats im Geschäftsverteilungsplan des BFH für das Jahr 2004, BStBl II 2004, 159, 161). Auch für Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 1a EStG ist nicht der VIII., sondern der XI. Senat zuständig (Nr. 1 Buchst. e der Zuständigkeit des XI. Senats).

4. Das angefochtene Urteil entspricht diesen Grundsätzen nicht. Da es sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend erweist, ist es aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache geht an das FG zurück. Nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und E erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass die monatlichen Zahlungen - ggf. in Höhe eines Teilbetrags - als steuerbare und steuerpflichtige Einnahmen aus der Überlassung des der Klägerin gehörenden hälftigen Anteils am Anwesen in Monaco an E anzusehen sind. Auch wenn im Wortlaut der notariellen Vereinbarung einerseits von einem "Unterhaltsbetrag" des E an die Klägerin und andererseits von einer "unentgeltlichen" Überlassung des Anwesens durch die Klägerin an E die Rede ist, kann eine Auslegung des Vertrags zu dem Ergebnis führen, dass statt zweier gegenläufiger "unentgeltlicher" Zuwendungen eine entgeltliche Nutzungsüberlassung gewollt ist. Das FG wird aufzuklären haben, was die Vertragsparteien tatsächlich gewollt haben und welches der wirkliche Rechtsgrund der an die Klägerin geleisteten Zahlungen ist.

Der weitere Aufklärungsbedarf ergibt sich im Hinblick darauf, dass zwischen Deutschland und Monaco kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht. Auch ist Monaco trotz seiner engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit Frankreich nicht in den räumlichen Geltungsbereich des DBA zwischen Frankreich und Deutschland einbezogen (vgl. die Definition des räumlichen Geltungsbereichs in Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Frankreich vom 21. Juli 1959, BGBl II 1961, 397).