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BFH-Urteil vom 4.5.2004 (XI R 38/01)
BStBl. 2005 II S. 171 1. Nach § 82g Abs. 1 Satz 1 EStDV prüft allein die bescheinigende Gemeinde, ob - nach Art und Umfang - Baumaßnahmen im Sinne der Vorschrift durchgeführt wurden. 2. Im Gegensatz zu den nach § 82i EStDV geförderten Baumaßnahmen an Baudenkmälern ist bei Maßnahmen i.S. des § 82g EStDV nicht vorgeschrieben, dass sich aus der Bescheinigung auch die Höhe der begünstigten Herstellungskosten ergibt (gegen Abschn. 159 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStR 1990). AO 1977 § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Nr. 1; EStDV 1988 § 82g Abs. 1, § 82i; EStG 1990 § 7h, § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. r, § 52 Abs. 12b; StBauFG § 43 Abs. 3 Satz 2; BauGB § 177. Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 25. März 1999 6 K 1554/96 Sachverhalt I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden in den Streitjahren 1990 bis 1993 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt; der Kläger unterlag mit seinem Einzelhandelsunternehmen der Gewerbesteuer. Der Kläger war an der zwischenzeitlich aufgelösten Bauherrengemeinschaft B-Straße GbR beteiligt, deren alleiniger Unternehmenszweck die Errichtung und Fertigstellung von Gebäuden mit Ladeneinheiten zu eigengewerblichen Zwecken im Jahre 1988 war. 1986 hatte er von der GbR eine Ladeneinheit für sein Einzelhandelsgeschäft erworben. Unter dem 10. Februar 1989 bescheinigte ihm die Verbandsgemeinde u.a., das Grundstück B-Straße liege in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet, die aufgewandten Mittel dienten dem Zweck einer dauerhaft funktionsgerechten Verwendung der Wohn- und Geschäftshäuser, die Voraussetzungen des § 43 Abs. 3 Satz 2 des Städtebauförderungsgesetzes (StBauFG) seien gegeben, ein Zuschuss für die durchgeführten Sanierungsmaßnahmen sei nicht gezahlt worden. Für das in den jeweiligen Bilanzen aktivierte Gebäude beantragte der Kläger für 1990 nach § 82g der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) und ab 1991 nach § 7h des Einkommensteuergesetzes (EStG) erhöhte Absetzungen in Höhe von jährlich 10 v.H. Auf Grund einer 1990 für die Bauherrengemeinschaft durchgeführten Außenprüfung, wonach die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nicht vorgelegen hätten, erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) für die Jahre 1986 bis 1988 entsprechende Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Bauherrengemeinschaft. Sie wurden bestandskräftig. Am 1. Februar 1996 erließ das FA geänderte Einkommen- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Streitjahre 1990 bis 1993 gegen die bzw. den Kläger, in denen es statt der geltend gemachten erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 82g EStDV bzw. § 7h EStG nur AfA nach § 7 Abs. 5 EStG gewährte; die Einsprüche blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Sowohl § 82g Abs. 1 EStDV als auch § 7h Abs. 1 EStG setzten den Erhalt des Gebäudes voraus. Im Streitfall sei das Gebäude an der Stelle eines abgerissenen neu errichtet worden. Dem stehe die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Dezember 1996 IX R 91/94 (BFHE 182, 175, BStBl II 1997, 398) nicht entgegen. Eine Bindung sei danach nur dann gegeben, wenn die Behörde eine Maßnahme i.S. des § 43 Abs. 3 Satz 2 StBauFG bescheinige. Die vorliegende Bescheinigung erfasse nicht den im Streitfall gegebenen Sachverhalt und sei deshalb für dessen steuerrechtliche Würdigung nicht bindend. Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, § 177 des Baugesetzbuches (BauGB) gebe nicht vor, wie die Modernisierung eines Gebäudes zu erfolgen habe. Außerdem verkenne das FG die Bindungswirkung der Bescheinigung der Gemeinde. Entscheidend sei, dass sich aus der Bescheinigung ergebe, dass die Gemeindebehörde die bau- und raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen des § 82g EStDV als erfüllt angesehen habe. Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil und die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Begünstigt sei allein die Sanierung erhaltenswerter Gebäude und nicht deren Neuerrichtung. Die Bescheinigung sei für die Finanzverwaltung nicht bindend, weil sie nicht den tatsächlich gegebenen Sachverhalt erfasse. Außerdem setze eine ordnungsgemäße Bescheinigung voraus, dass die begünstigten Herstellungskosten der Höhe nach bescheinigt würden. Entscheidungsgründe II. Die Revision ist begründet; die Vorentscheidung ist aufzuheben; der Klage ist stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Unrecht die erteilte Bescheinigung als nicht bindend angesehen. 1. a) Im Streitfall ist für die 1988 abgeschlossene Baumaßnahme § 82g EStDV 1986 i.d.F. vom 19. Dezember 1988 (im Folgenden EStDV 1988) maßgeblich; erst für ab dem 1. Januar 1991 abgeschlossene Herstellungsmaßnahmen gilt § 7h EStG (vgl. § 52 Abs. 12b EStG 1990). Gemäß § 82g Abs. 1 Satz 1 EStDV 1988 kann der Steuerpflichtige - ebenso wie bei den früheren Fassungen des § 82g EStDV 1986 und bei der Nachfolgeregelung des § 7h EStG - von den durch Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln nicht gedeckten Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des § 177 BauGB sowie für Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes dienen, das wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhalten bleiben soll, und zu deren Durchführung sich der Eigentümer neben bestimmten Modernisierungsmaßnahmen gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat, die für Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich aufgewendet worden sind, an Stelle der nach § 7 Abs. 4 und 5 oder § 7b EStG zu bemessenden AfA im Jahr der Herstellung und in den neun folgenden Jahren jeweils bis zu 10 v.H. absetzen. Nach § 82g Abs. 1 Satz 3 EStDV 1988 ist Satz 1 anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige eine Bescheinigung der Gemeinde vorlegt, dass er Baumaßnahmen im Sinne des Satzes 1 durchgeführt hat; sind ihm Zuschüsse aus Sanierungsförderungsmitteln gewährt worden, so hat die Bescheinigung auch deren Höhe zu enthalten. b) Die Bescheinigung der Verbandsgemeinde ist ein außersteuerrechtlicher Verwaltungsakt in Form eines Grundlagenbescheids i.S. des § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977), dessen Bindungswirkung sich auf die in § 82g Abs. 1 Satz 1 genannten Tatbestände des Bau- und Raumordnungsrechts bezieht, nämlich darauf, ob entsprechende Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt worden sind, ob das betreffende Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich liegt und ob und in welcher Höhe für die Maßnahmen Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln gewährt worden sind. Der erkennende Senat folgt der ständigen Rechtsprechung zu vergleichbaren Vorschriften (vgl. BFH-Urteile vom 21. August 2001 IX R 20/99, BFHE 196, 191 BStBl II 2003, 910 zu § 7h EStG; vom 6. März 2001 BStBl II 2001, 796 zu § 82i EStDV; in , zu § 82g EStDV 1986; vom 15. Oktober 1996 IX R 47/92, , zu § 82i EStDV, und vom 5. November 1996 IX R 42/94, , § 82i EStDV). Nach diesen Grundsätzen prüft allein die Gemeinde, ob die in der Vorschrift angeführten Maßnahmen durchgeführt wurden (BFH in BFHE 182, 175, BStBl II 1997, 398). Dazu gehört entgegen der Auffassung des FA auch, welchen Umfang die Baumaßnahme haben darf, um noch als (steuerbegünstigte) Sanierung zu gelten. Nach den Wertungen des BauGB muss entschieden werden, wie die Begriffe "Modernisierung" und "Instandsetzung" zu verstehen sind und ob darunter auch ein Neubau in bautechnischem Sinne zu subsumieren ist (vgl. BFH in BFHE 196, 191, BStBl II 2003, 910, m.w.N.; das BFH-Urteil in BFHE 181, 312, BStBl II 1997, 176 ist insoweit zu einer anderen Vorschrift ergangen). Vertritt das FA eine von der bescheinigenden Gemeinde abweichende Auffassung und hält es den Grundlagenbescheid für rechtswidrig, so hat es nur die Möglichkeit, bei der Gemeinde darauf hinzuwirken, dass sie ggf. ihre Bescheinigung zurücknimmt oder ändert (BFH in BFHE 182, 175, BStBl II 1997, 398) und ist nach Remonstration auf den Verwaltungsrechtsweg verwiesen (BFH in BFHE 196, 191, BStBl II 2003, 910; so auch Abschn. 159 Abs. 2 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR 1990 -). c) Anders als bei den nach § 82i EStDV geförderten Baumaßnahmen an Baudenkmälern ist bei Maßnahmen i.S. des § 82g EStDV nicht vorgeschrieben, dass sich aus der Bescheinigung selbst auch die Höhe der begünstigten Herstellungskosten ergibt. Während § 82g EStDV sämtliche nicht durch Zuschüsse gedeckten Herstellungskosten begünstigt, gilt § 82i EStDV nur für die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung des Baudenkmals erforderlichen Herstellungskosten; daraus ergibt sich, dass die Auswahl der erforderlichen Kosten in der Bescheinigung selbst durch die dafür fachlich zuständige und sachkundige Behörde getroffen werden muss. Das zu § 82i EStDV ergangene BFH-Urteil vom 11. Juni 2002 IX R 79/97 (BFHE 199, 335, BStBl II 2003, 578) ist insoweit für den Streitfall nicht einschlägig. Diese Differenzierung zwischen Maßnahmen i.S. des § 82i EStDV und des § 82g EStDV findet sich auch in gleicher Weise in der Ermächtigungsgrundlage des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. r EStG. Der Senat folgt insoweit nicht der in Abschn. 159 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStR 1990 vorgesehenen Regelung. 2. Das FG hat danach die Voraussetzungen des § 82g EStDV 1988 insoweit zu Unrecht als nicht erfüllt angesehen, als es die von der Gemeinde ausgestellte Bescheinigung hinsichtlich des darin zu beurteilenden Sachverhalts als unzutreffend und als deshalb nicht bindend angesehen hat. Entgegen der Auffassung des FA ist die Bescheinigung der Verbandsgemeinde vom 10. Februar 1989 auch nicht etwa deshalb nicht bindend, weil sie keine Angaben über die Höhe der Herstellungskosten des Gebäudes enthält. Das angefochtene Urteil des FG war danach aufzuheben. Aufgrund der vorliegenden Bescheinigung der Verbandsgemeinde ist der Klage stattzugeben.
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