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  BFH-Urteil vom 10.11.1998 (I R 49/97) BStBl. 2005 II S. 261

Eine Pensionszusage, bei der die Versorgungsverpflichtung in Höhe des Teilwertes gemäß § 6a Abs. 3 EStG abgefunden werden darf, steht unter einem gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG steuerlich schädlichen Vorbehalt.

EStG § 6a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3; BewG § 104 Abs. 1 Nr. 2; KStG § 8 Abs. 1; BetrAVG § 3 Abs. 2 Satz 1.

Vorinstanz: FG Berlin (EFG 1997, 1102)

Sachverhalt

I.

Die im Dezember 1985 in der Rechtsform der GmbH gegründete (und zwischenzeitlich aufgelöste) Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erteilte am 23. Dezember 1986 ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer und nunmehrigen Liquidator (geb. 1949) eine Pensionszusage auf Ruhegehalt in Höhe von 75 v. H. des letzten Brutto-Monatsverdienstes und auf Witwengeld von 60 v. H. des Ruhegehalts mit Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei Berufsunfähigkeit. Der Geschäftsführervertrag vom 6. Januar 1986 sah ein Gehalt von jährlich 144.000 DM vor, das am 9. Juli 1987 um 75 v. H. auf 3.000 DM monatlich gekürzt wurde.

Die Pensionszusage sah unter Ziff. 9 "Kapitalabfindungen" folgende Regelung vor: "Die Gesellschaft behält sich vor, Versorgungs verpflichtungen (Anwartschaften und laufende Leistungen) durch die Zahlung einmaliger Kapitalabfindungen abzugelten. Bei der Berechnung der Kapitalabfindung werden die gleichen Rechnungsgrundlagen und -grundsätze angewandt wie im letzten vor der Kapitalisierung erstellten versicherungsmathematischen Gutachten." Einen vergleichbaren Vorbehalt zur Kapitalabfindung enthielt die für alle Arbeitnehmer der Klägerin geltende ursprüngliche Versorgungsordnung unter Ziff. 10, der später um folgenden Zusatz ergänzt wurde: "Die Kapitalabfindung bemißt sich nach der steuerlich zulässigen Sollrückstellung zum Zeitpunkt der Abfindung. " Im weiteren Verlauf wurde diese Versorgungsordnung nochmals geändert und auf die Kapitalabfindung der laufenden Leistungen bereits ausgeschiedener Mitarbeiter beschränkt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hielt die Vorbehaltsregelung bezogen auf den Geschäftsführer für steuerschädlich. Er erkannte deshalb die insoweit gebildete anteilige Rückstellung für die Streit jahre 1988 bis 1990 nicht an und löste sie auf. Es ergaben sich dadurch Gewinnauswirkungen von 104.988 DM (1988), 36.886 DM (1989) sowie 66.722 DM (1990). Unabhängig davon wurde die Rückstellung für 1990 in Höhe von 9.720 DM deshalb nicht anerkannt, weil der Ermittlung der Teilwerte zu hohe Renten (13 statt 12 Monatsgehälter) zugrunde gelegt worden waren.

Einsprüche und Klage blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 1102 wiedergegeben.

Ihre Revision begründet die Klägerin mit Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben, die angefochtenen Bescheide zu ändern und die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuermessbeträge sowie die Einheitswerte des Betriebsvermögens und das verwendbare Eigenkapital unter Berücksichtigung der Pensionsrückstellungen von 349.105 DM (1988), 439.235 DM (1989) und 511.555 DM (1990) festzusetzen und festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet.

Für eine Pensionsverpflichtung darf eine Rückstellung (Pensionsrückstellung) nur gebildet werden, wenn - neben anderen, hier nicht interessierenden Voraussetzungen - die Pensionszusage keinen Vorbehalt enthält, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes; § 104 Abs. 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes - BewG -).

Im Streitfall steht die von der Klägerin ihrem seinerzeitigen Geschäftsführer und nunmehrigen Liquidator versprochene Versorgungszusage unter dem Vorbehalt einer (jederzeitigen) Abfindung durch eine einmalige Kapitalleistung, deren Berechnung sich nach den jeweils gleichen Rechnungsgrundlagen und -grundsätzen richten soll, wie "im letzten vor der Kapitalisierung erstellten versicherungsmathematischen Gutachten". Mit anderen Worten: Die Höhe der abgeltenden Kapitalleistung bestimmt sich nach dem Teilwert (vgl. § 6a Abs. 3 EStG, § 104 Abs. 3 BewG) in jenem Zeitpunkt, in dem die Klägerin von dem ihr vorbehaltenen Recht der Abfindung Gebrauch macht; der Abfindungsbetrag ist dem Wert des (gesamten) Versorgungsversprechens nicht mehr äquivalent. Gerade die darin liegende Minderung soll durch die Regelungen in § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG und § 104 Abs. 1 Nr. 2 BewG indes verhindert werden. Es ist hiernach ausgeschlossen, den Abfindungsbetrag nach der vom Arbeitgeber gebildeten Pensionsrückstellung oder dem Teilwert gemäß § 6a Abs. 3 EStG, § 104 Abs. 3 BewG ("Soll-Pensionsrückstellung") auszurichten. Abzustellen ist vielmehr auf den Barwert der Versorgungsleistungen, die der Arbeitgeber künftig ohne die Abfindung aufzubringen hätte. Dies steht zugleich in Einklang mit der arbeitsrechtlichen Lage (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung), auch wenn diese allerdings für Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich unbeachtlich ist (vgl. Höfer, Die Besteuerung der betrieblichen Altersversorgung von Kapitalgesellschaftern, 1996, Rz. 24 ff.).

Der erkennende Senat hält damit den streitgegenständlichen Abfindungsvorbehalt für schädlich und folgt im Ergebnis der Vorinstanz (vgl. ebenso Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Band II: Steuerrecht, 3. Aufl., Rz. 106 unter Hinweis auf Band I: Arbeitsrecht, 4. Aufl., Rz. 2136 ff.; Blomeyer/ Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl., § 3 Rz. 98 ff.; Alber, Betriebliche Altersversorgung, 1996, 304, 308). Das entspricht letztlich auch der Verwaltungsauffassung (vgl. R 41 Abs. 4 Satz 5 der Einkommensteuer-Richtlinien 1996). Soweit sich aus dem von der Klägerin beigebrachten Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 16. Dezember 1981 IV B 1 - S 2176 - 47/81 etwas anderes ergeben könnte, stünde dies mit den gesetzlichen Regelungen nicht überein und wäre unbeachtlich. Allerdings bleibt darauf hinzuweisen, dass sich dem besagten Schreiben eine Äußerung für die Abfindung der Versorgungsanwartschaften noch aktiver künftiger Leistungsempfänger nicht ohne weiteres entnehmen lässt. Auch die von der Klägerin im Übrigen erwähnte Verfügung der Oberfinanzdirektion Köln vom 22. Mai 1986 (Betriebs-Berater 1986, 1486) erweist sich als nicht einschlägig. Diese betrifft lediglich die Frage nach der Tarifbegünstigung für Pensionsabfindungen gemäß § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1 EStG, nicht aber die für die Zusage zu bildende Rückstellung.

Auf die weiteren im angefochtenen Urteil erwähnten Gesichtspunkte, die der steuerlichen Anerkennung der in Rede stehenden Pensionsrückstellung entgegenstehen könnten, kam es nicht mehr an. Das gilt auch für den Einwand der Klägerin, der Abfindungsvorbehalt sei zwischenzeitlich geändert worden; er gelte nur noch für den Fall, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer aus ihrem Unternehmen ausgeschieden sei. Unterstellt, dieser Sachverhalt träfe zu und er bezöge sich auch auf die streitgegenständlichen Zeiträume, so müsste er dennoch unbeachtet bleiben. Als alleiniger Gesellschafter unterliegt dieser dem steuerlichen Rückwirkungsverbot.