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  BFH-Urteil vom 4.11.2004 (III R 73/03) BStBl. 2005 II S. 290

1. Die für die Gewährung der Eigenheimzulage maßgebende Einkunftsgrenze ist unabhängig von der bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerfestsetzung zu ermitteln.

2. Hat der Anspruchsberechtigte bei der bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerveranlagung von einem Wahlrecht Gebrauch gemacht - hier einen Teilbetrag der Sonderabschreibungen nach § 4 FöGbG in Anspruch genommen -, kann er im Rahmen des Antrags auf Eigenheimzulage sein Wahlrecht nicht abweichend ausüben. Er kann daher keine höheren Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen, um die maßgebende Einkunftsgrenze nicht zu überschreiten.

EigZulG § 2 Abs. 1 Satz 1, § 5 Sätze 1 und 2, § 11 Abs. 4 und 5 Satz 2; FöGbG § 4 Abs. 2 Satz 1.

Vorinstanz: Thüringer FG vom 11. September 2003 IV 325/01 (EFG 2004, 711)

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie haben zwei 1995 und 1997 geborene Kinder. Mit notariellem Vertrag vom 9. Februar 1996 erwarben sie ein bebautes Grundstück für 750.000 DM zu Miteigentum. Durch notarielle Teilungserklärungen vom 1. Oktober 1996 ist der Miteigentumsanteil des Klägers von 2/10 mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Dachgeschoss und der Miteigentumsanteil der Ehefrau von 8/10 mit dem Sondereigentum an den Praxisräumen im Erd- und Obergeschoss verbunden worden. Nach Umbau und Sanierung vermietete die Ehefrau dem Kläger die unteren Geschosse für den Betrieb seiner Arztpraxis, während der Kläger das Dachgeschoss aufgrund eines Bauantrags vom 2. Juli 1996 ausbaute und ab September 1997 zusammen mit seiner Ehefrau als Familienwohnung nutzte.

Bei den Veranlagungen zur Einkommensteuer betrugen aufgrund geltend gemachter Sonderabschreibungen nach § 4 des Fördergebietsgesetzes (FöGbG) die Gesamtbeträge ihrer Einkünfte:

1996 235.702 DM, darin enthaltene Sonder AfA 137.837 DM
1997 231.093 DM, darin enthaltene Sonder AfA (Anteil) 240.000 DM
1998 205.418 DM, darin enthaltene Sonder AfA (Rest) 132.151 DM

Der Kläger beantragte als "Bauherr" für die Herstellung einer Eigentumswohnung ab 1997, dem Jahr der Fertigstellung, eine Eigenheimzulage.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte die Eigenheimzulage zunächst mit Bescheid vom 8. April 1999 antragsgemäß für die Jahre 1997 bis 2004 auf jeweils 8.000 DM (5.000 DM Fördergrundbetrag + 3.000 DM Kinderzulagen) fest.

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung beim Kläger (Betriebsprüfungs-Bericht vom 22. März 2000) ergaben sich folgende Gesamtbeträge der Einkünfte:

1996 243.595 DM
1997 204.331 DM
1998 301.601 DM.

Die entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide vom 20. April 2000 und 28. April 2000 wurden bestandskräftig.

Das FA vertrat nunmehr die Auffassung, die Einkunftsgrenze nach § 5 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) sei überschritten, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte im Erstjahr (1997) und in dem vorangegangenen Jahr (1996) 483.926 DM betragen habe. Das FA hob daraufhin mit Bescheid vom 27. November 2000 gemäß § 11 Abs. 4 EigZulG die Festsetzung der Eigenheimzulage für den Förderzeitraum 1997 bis 2004 auf und setzte die Eigenheimzulage auf jeweils 0 DM fest.

Bereits auf die schriftliche Ankündigung des FA vom 29. August 2000, die Eigenheimzulagen-Festsetzung aufzuheben, hatten die Berater des Klägers mitgeteilt, dem Kläger stehe insgesamt eine Sonder-AfA gemäß § 4 FöGbG in Höhe von 362.392 DM zu, von der er aber nur 240.000 DM in Anspruch genommen habe. Er könne indes auch den vollen Betrag in 1997 beanspruchen. Dies sei auch nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 10. Februar 1998 (BStBl I 1998, 190 Tz. 32 Satz 1) möglich, selbst wenn die Einkommensteuerbescheide nicht mehr geändert werden könnten.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte belaufe sich für 1996 auf 243.559 DM

und für 1997 auf 240.331 DM.

Nach Abzug der restlichen Sonder-AfA von 121.392 DM

betrage der Gesamtbetrag der Einkünfte für 1997 nur noch 118.939 DM.

Der dann maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte von 362.534 DM übersteige nicht mehr die Einkunftsgrenze von 480.000 DM nach § 5 EigZulG.

Das FA sah hingegen eine geänderte Ausübung des Wahlrechts gemäß § 4 FöGbG als unzulässig an. Auch falle dieser Sachverhalt nicht unter Tz. 32 des BMF-Schreibens in BStBl I 1998, 190.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 711 veröffentlicht.

Mit der Revision macht der Kläger die Verletzung materiellen Rechts geltend (§ 5 EigZulG).

Der Gesamtbetrag der Einkünfte i.S. des § 5 EigZulG sei unabhängig von der Einkommensteuerveranlagung zu ermitteln. Entgegen der Auffassung des FG könnten daher auch Wahlrechte abweichend von der Einkommensteuerfestsetzung ausgeübt werden. Für die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte des Jahres 1997 könne er daher nicht nur die bei der Einkommensteuerfestsetzung mit einem Teilbetrag von 240.000 DM berücksichtigten, sondern die vollen Sonder-AfA nach § 4 FöGbG in Höhe von 362.392 DM beanspruchen mit der Folge, dass seine Einkünfte die maßgebende Einkunftsgrenze nicht überstiegen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG sowie den Aufhebungsbescheid des FA vom 27. November 2000 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2001 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat zu Recht bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 5 Sätze 1 und 2 EigZulG die Sonder-AfA gemäß § 4 FöGbG nur in der Höhe berücksichtigt, in welcher sie der Kläger in den bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerfestsetzungen für 1996 bis 1998 geltend gemacht hat. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das Erstjahr und das Vorjahr im Zulagenverfahren unabhängig von den den Einkommensteuerfestsetzungen für diese Jahre zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln ist, jedoch im Rahmen bestandskräftig gewordener und nicht mehr änderbarer Einkommensteuerfestsetzungen ausgeübte Wahlrechte nicht abweichend davon im Zulagenverfahren erneut ausgeübt werden dürfen.

a) Die im Regierungsentwurf zum EigZulG in § 5 Abs. 2 vorgesehene Regelung, wonach der Gesamtbetrag der Einkünfte, wie er der Besteuerung zugrunde gelegt worden ist, auch für die Einkunftsgrenze des § 5 Abs. 1 EigZulG maßgebend sein sollte (vgl. BTDrucks 13/2235, S. 4, 15) ist im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens entsprechend der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages (BTDrucks 13/2784, S. 39 - Einzelbegründung zu § 5 EigZulG -) gestrichen worden.

Durch den Wegfall des § 5 Abs. 2 EigZulG-Entwurf sollte auf die Anknüpfung der Eigenheimzulagen-Festsetzung an die Einkommensbesteuerung verzichtet werden. Damit ist der für die Einkunftsgrenze maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte verfahrensrechtlich unabhängig von der Einkommensteuerveranlagung zu ermitteln. Die Einkommensteuerfestsetzung ist insbesondere kein Grundlagenbescheid für die Festsetzung der Eigenheimzulage.

Von dieser verfahrensrechtlichen Rechtslage gehen auch die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 190 Tz. 32 Satz 1, sowie das Schrifttum einhellig aus (vgl. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 5 Rz. 3 und 4; Erhard in Blümich, Einkommensteuergesetz und Nebengesetze, § 5 EigZulG Rz. 3; Boeker in Lademann, Einkommensteuergesetz und Nebengesetze, § 5 EigZulG Rz. 11; Handzik/Meyer, Die Eigenheimzulage, 4. Aufl., 2001, Rz. 222; Stephan, Die Wohneigentumsförderung, 6. Aufl., 1999, S. 645; Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, Rz. 220 und 223; Hildesheim, Eigenheimzulage, 2000, § 5 EigZulG Rz. 85; Urban, Die steuerliche Förderung des Wohnungsbaus, Rz. 559; B. Meyer, Finanz-Rundschau - FR - 1996, 45, 57).

Der Senat hält diese Auslegung des § 5 Satz 1 EigZulG für zutreffend.

Die Prüfung der Einkunftsgrenze nach § 5 Satz 1 EigZulG erfordert danach weder die Durchführung eines Einkommensteuer-Veranlagungsverfahrens noch ist sie an den in einer Einkommensteuerfestsetzung ermittelten Gesamtbetrag der Einkünfte gebunden.

Es gilt für das Zulagenverfahren der Grundsatz der Maßgeblichkeit des objektiv richtigen Betrages. Im Besteuerungsverfahren unterlaufene Fehler sind also im Zulagenverfahren nicht zu übernehmen (vgl. auch Urteil des FG Nürnberg vom 30. September 2002 VI 228/2002, nicht veröffentlicht, juris).

Sind die Einkünfte zugunsten wie zuungunsten des Anspruchsberechtigten erneut im Zulagenverfahren zu ermitteln, so kommt es auch nicht darauf an, ob Änderungsvorschriften nach der Abgabenordnung (AO 1977) eine von der Einkommensteuerfestsetzung abweichende Festsetzung ermöglichen (vgl. Wacker, a.a.O., § 5 Rz. 3 und 4).

b) So wie die Besteuerungsgrundlagen, deren Feststellung einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheides bilden (vgl. § 157 Abs. 2 AO 1977), ist auch der Gesamtbetrag der Einkünfte nur ein Teil der nicht in Bestandskraft erwachsenen Begründung des Steuerbescheides (Hausen/Kohlrust-Schulz, a.a.O., Rz. 223).

Davon zu unterscheiden sind indes Sachverhalte, bei denen - die Höhe von - Besteuerungsgrundlagen durch Ausübung eines Wahlrechts bestimmt werden. Hier kommt es entscheidend darauf an, ob derartige Wahlrechte im Rahmen des Zulagenverfahrens abweichend vom Steuerveranlagungsverfahren erneut ausgeübt werden dürfen.

Nach der Entscheidung des IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Februar 1997 IV R 59/95 (BFH/NV 1997, 635) hat ein Steuerpflichtiger, der sein Wahlrecht auf Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dem FöGbG in der Einkommensteuererklärung ausgeübt hat und aufgrund dessen bestandskräftig zur Einkommensteuer veranlagt worden ist, sein Wahlrecht erschöpft. Infolge der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides ist er an diese Wahl gebunden. Eine erneute Ausübung des Wahlrechts als Verfahrenshandlung begründet auch nicht die Voraussetzungen von Korrekturvorschriften. Weder stellt die Ausübung als Verfahrenshandlung eine neue, erst nachträglich bekannt gewordene Tatsache i.S. von § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AO 1977 dar, noch handelt es sich um ein Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977, dem steuerliche Rückwirkung zukommt. Ebenso scheidet die Anwendung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 aus, weil diese Korrekturnorm nicht die Möglichkeit eröffnet, die steuerliche Wirkung von Wahlrechten, die nur bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden können, nach Eintritt dieses Zeitpunktes zu beseitigen.

c) Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

aa) Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 FöGbG belaufen sich die Sonderabschreibungen je nach den Zeiträumen der verwirklichten Investitionen auf "bis zu 50 bzw. 40 v.H.". Diesem Wortlaut ist zu entnehmen, dass der Steuerpflichtige den jährlichen Umfang der Sonderabschreibungen innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums frei nach seiner Wahl bestimmen darf. Er kann die insgesamt zulässigen Sonderabschreibungen auf die Jahre des Begünstigungszeitraums gleichmäßig oder in unterschiedlichen Teilbeträgen verteilen (Stuhrmann in Blümich, a.a.O., § 4 FöGbG Rz. 12a).

Dem Steuerpflichtigen werden nach § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FöGbG Wahlrechte dem Grunde und der Höhe nach eröffnet. Die Ausübung dieser Wahlrechte ist an keine Frist gebunden. Jedoch ist er nach Ausübung des Wahlrechts und bestandskräftiger Veranlagung zur Einkommensteuer an die einmal getroffene Wahl gebunden (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 635).

Der BFH hat dies zu dem mit dem Wahlrecht nach § 4 FöGbG vergleichbaren Wahlrecht nach § 7b EStG mehrfach in gleicher Weise entschieden (BFH-Urteil vom 25. Februar 1992 IX R 41/91, BFHE 167, 369, BStBl II 1992, 621; BFH-Beschluss vom 2. Juli 1992 IX B 169/91, BFHE 168, 298, BStBl II 1992, 902; Anm. o.V. in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1992, 9 f.).

Nach Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung steht der Verbrauch der nach § 4 FöGbG eingeräumten Wahlrechte einer Änderung für diesen Veranlagungszeitraum entgegen, jedenfalls sofern sich die in Anspruch genommene Vergünstigung bei der Steuerfestsetzung ausgewirkt hat (vgl. dazu FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 2. März 2000 4 K 805/99 E, EFG 2000, 630, m.w.N.).

bb) Der Ausschluss einer abweichenden Ausübung eines bereits im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung endgültig ausgeübten Wahlrechts im Zulagenverfahren beruht nicht auf einer für diesen Teilbereich im Ergebnis doch wieder anerkannten Bindung an eine bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung. Werden Betriebsausgaben oder Werbungskosten abweichend von einer bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung zusätzlich bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte gemäß § 5 Satz 1 EigZulG berücksichtigt, so handelt es sich um tatsächlich in dem maßgebenden Zeitraum abgeflossene Aufwendungen, die bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen steuermindernd hätten angesetzt werden dürfen.

Die Ausübung eines Wahlrechts hingegen stellt eine verbindliche Verfahrenshandlung des Steuerpflichtigen dar. Die Änderung dieser der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegten Verfahrenshandlung führt zu einem erst nach diesem Besteuerungszeitraum neu geschaffenen Sachverhalt. Ob ein solcher Sachverhalt rückwirkend ausnahmsweise noch verändert werden darf, richtet sich nach dem vom BFH im Urteil in BFH/NV 1997, 635 dargestellten Grundsätzen. Ist danach das Wahlrecht materiell-rechtlich für den Besteuerungszeitraum verbraucht, so handelt es sich nicht lediglich um die Korrektur eines objektiv unzutreffend ermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte im Zulagenverfahren (ähnlich Urban, a.a.O., Rz. 559 für die Bindungswirkung der Zusammenveranlagung bei der Einkommensteuer).

cc) Im Streitfall sind die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 1996 bis 1998 sämtlich bestandskräftig geworden. Die Vorbehalte der Nachprüfung für 1997 und 1998 sind ebenfalls aufgehoben worden.

Ist ein Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, so kann ein nicht fristgebundenes Wahlrecht, solange der Vorbehalt besteht, noch ausgeübt bzw. ein bereits ausgeübtes Wahlrecht noch geändert werden (BFH-Urteil vom 3. Februar 1987 IX R 255/84, BFH/NV 1987, 715).

Die den Einkommensteuerbescheiden 1996 bis 1998 beigefügten Vorläufigkeitsvermerke gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 betreffen nicht den Sachverhalt der Sonder-AfA. Eine Änderungsbefugnis hinsichtlich der bestandskräftigen Steuerfestsetzungen besteht nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 indes nur "soweit" die Finanzbehörde die Steuer vorläufig festgesetzt hat.

dd) Soweit der Kläger meint, das Wahlrecht müsse im Zulagenverfahren insbesondere deshalb unabhängig neu ausgeübt werden dürfen, weil erst aufgrund der Prüfungsfeststellungen in der durchgeführten Außenprüfung sich ein abweichender Gesamtbetrag der Einkünfte ergeben habe, stand es dem Kläger frei, die Einkommensteuer-Änderungsbescheide offen zu halten und die Sonderabschreibungen abweichend von den ursprünglich erklärten Beträgen anzusetzen. Im Urteil vom 27. September 1988 VIII R 432/83 (BFHE 155, 83, BStBl II 1989, 225) hat der BFH zudem ausgeführt, dass auch der Grundsatz von Treu und Glauben dem Steuerpflichtigen kein Recht eröffnet, die Bestandskraft der Steuerfestsetzung und die damit einhergehende Bindung an wirksam vorgenommene Verfahrenshandlungen zu unterlaufen.

2. Indes kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, welches Jahr als Erstjahr und daran anknüpfend welches Jahr als Vorjahr i.S. von § 5 Satz 1 EigZulG bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte zugrunde zu legen ist.

Das FA ist entsprechend den Angaben des Klägers im Antrag auf Eigenheimzulage von der Herstellung einer Wohnung ausgegangen und hat als Erstjahr das Jahr 1997 angesehen, in dem die Wohnung fertig gestellt und erstmals zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Es ist jedoch zweifelhaft, ob im Streitfall die Voraussetzungen für die Herstellung einer (neuen) Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG vorliegen oder ob von einer Anschaffung im Jahr 1996 und nachträglichen Herstellungskosten auszugehen ist. Fallen das Jahr der Anschaffung und das Jahr der erstmaligen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auseinander, ist nach der Rechtsprechung des Senats Erstjahr das Jahr der Anschaffung und nicht das Jahr, in dem die Wohnung erstmals eigengenutzt wird. Sofern bereits das Kalenderjahr 1996 Erstjahr i.S. von § 5 Satz 1 EigZulG ist, fehlen hinsichtlich des Vorjahres 1995 insgesamt Feststellungen.

Das Fehlen ausreichender Feststellungen stellt einen materiell-rechtlichen Mangel dar, der - auch ohne Rüge - zur Aufhebung der Vorentscheidung führt (BFH-Urteil vom 27. April 1999 III R 21/96, BFHE 189, 255, BStBl II 1999, 670, m.w.N.).

a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG ist die Herstellung oder Anschaffung einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung begünstigt. Der Anspruchsberechtigte kann die Eigenheimzulage im Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung und in den sieben folgenden Jahren (Förderzeitraum) in Anspruch nehmen (§ 3 EigZulG), aber nur für die Kalenderjahre, in denen er die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt (§ 4 Satz 1 EigZulG). Der Anspruch auf Eigenheimzulage entsteht mit Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken (§ 10 EigZulG).

Einem Miteigentümer einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung steht die Eigenheimzulage - unabhängig von dem Umfang der tatsächlichen Nutzung - allerdings nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil zu (§ 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG; BFH-Urteile vom 5. Juni 2003 III R 47/01, BFHE 202, 327, BStBl II 2003, 744; vom 19. Mai 2004 III R 29/03, BFH/NV 2004, 1331).

b) Nach § 5 Satz 1 EigZulG in der für das Streitjahr 1997 maßgebenden Fassung kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage ab dem Jahr in Anspruch nehmen (Erstjahr), in dem der Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG des Erstjahres zuzüglich des Gesamtbetrags der Einkünfte des vorangegangenen Jahres (Vorjahr) 240.000 DM nicht übersteigt. Bei Ehegatten, die im Erstjahr nach § 26b EStG zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrages von 240.000 DM ein Betrag von 480.000 DM (§ 5 Satz 2 EigZulG).

Die Finanzverwaltung (Schreiben des BMF in BStBl I 1998, 190 Tz. 29 Satz 1) hatte unter Zustimmung des überwiegenden Teils im Schrifttum die Auffassung vertreten, als Erstjahr i.S. von § 5 Satz 1 EigZulG sei das Jahr zu verstehen, in dem der Eigentümer seine Wohnung bezogen und erstmals sämtliche weiteren Fördervoraussetzungen erfüllt habe.

Nach der Entscheidung des Senats vom 20. März 2003 III R 55/00 (BFHE 202, 432, BStBl II 2004, 206) ist jedoch unter Erstjahr das Jahr innerhalb des Förderzeitraums zu verstehen, in dem unter Einbeziehung des Vorjahres die Einkunftsgrenzen erstmals nicht überschritten werden. Bezieht der Anspruchsberechtigte die Wohnung erst in einem auf das der Herstellung oder Anschaffung folgenden Jahr, so hat er unter den weiteren Voraussetzungen des EigZulG Anspruch auf die Eigenheimzulage, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im vorangegangenen Jahr die maßgebende Grenze nicht übersteigt. Auf die Höhe der Einkünfte im Jahr der erstmaligen Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und im Vorjahr kommt es nicht an.

Die Finanzverwaltung hat sich unter Änderung von Tz. 29 mit Schreiben des BMF vom 2. März 2004 (Deutsches Steuerrecht - DStR - 2004, 682) dieser Rechtsprechung angeschlossen.

3. Das FG wird im zweiten Rechtsgang zunächst zu prüfen haben, welchen Fördertatbestand i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG der Kläger verwirklicht hat und anhand der vom Senat ausgeführten rechtlichen Maßstäbe das danach maßgebende Erst- und Vorjahr für die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte.

a) Der Kläger hat in seinem Antrag auf Gewährung der Eigenheimzulage zwar angegeben, durch Ausbau des Dachgeschosses eine neue Wohnung hergestellt und im Kalenderjahr 1997 fertig gestellt zu haben. Indes käme die Herstellung einer neuen Wohnung nur nach Maßgabe der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze in Betracht (vgl. BFH-Urteile vom 29. Januar 2003 III R 53/00, BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565; vom 5. Juni 2003 III R 49/01, BFH/NV 2003, 1400)

b) Sofern der Fördertatbestand der Anschaffung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565) erfüllt ist, hat der Kläger zwar zunächst im Kalenderjahr 1996 nur einen 2/10-Miteigentumsanteil erworben.

Jedoch sind im selben Jahr noch notarielle Teilungserklärungen abgegeben worden, so dass der Kläger zumindest wirtschaftlicher Alleineigentümer der Dachgeschosswohnung geworden ist. Zu § 10e Abs. 1 EStG hat der BFH (BFH-Urteile vom 9. November 1994 X R 69/91, BFHE 176, 110, BStBl II 1995, 258; vom 10. Juli 1996 X R 72/93, BFHE 181, 40, BStBl II 1998, 111) entschieden, dass einem Steuerpflichtigen, der mehrere Miteigentumsanteile innerhalb eines Jahres erwirbt, ein Abzugsbetrag für die gesamte Wohnung und nicht nur für den zuerst erworbenen Miteigentumsanteil zusteht. Diese Grundsätze können auch auf den im Streitfall verwirklichten Sachverhalt entsprechend angewendet werden.

Ist die Dachgeschosswohnung bereits im Kalenderjahr 1996 angeschafft worden, so kommt bereits dieses Jahr als Erstjahr in Betracht und es wäre noch der Gesamtbetrag der Einkünfte für das Kalenderjahr 1995 als Vorjahr zu ermitteln.

In diesem Fall beginnt der Förderzeitraum in dem Jahr, in dem der Anspruchsberechtigt wirtschaftlich über die Wohnung verfügen kann. Darauf, ob die Wohnung sanierungs- oder renovierungsbedürftig ist, kommt es hingegen nicht an (BFH-Urteil in BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565).

Hat der Förderzeitraum bereits 1996 begonnen, ist die Fördervoraussetzung der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aber erst im Kalenderjahr 1997 erfüllt worden. Es liegen daher auch erst ab diesem Jahr die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Eigenheimzulage i.S. von § 4 Satz 1 EigZulG vor (BFH-Urteil in BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565, unter II.4. der Gründe).

c) Vorsorglich weist der Senat ferner darauf hin, dass unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 EigZulG die Festsetzung über Eigenheimzulage ohne Einschränkung nach § 11 Abs. 5 Satz 2 EigZulG aufzuheben ist (a.A. z.B. Handzik/Meyer, a.a.O., Rz. 223; B. Meyer, FR 1996, 45, 57).

§ 11 Abs. 4 EigZulG stellt eine eigenständige, erweiterte Korrekturnorm dar. Die geltende Fassung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte im Zulagenverfahren eigenständig zu ermitteln ist und die Eigenheimzulage im Interesse des Anspruchsberechtigten bereits festgesetzt werden darf, auch wenn die genaue Höhe der Einkünfte noch nicht feststeht (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 190, Tz. 97; Wacker, a.a.O., § 11 Rz. 81; Erhard in Blümich, a.a.O., § 11 EigZulG Rz. 41 und 45; Hausen/Kohlrust-Schulz, a.a.O., Rdnr. 591 und 592; Giloy, FR 1999, 125, 127). Eine Einschränkung hinsichtlich der Aufhebung nach § 11 Abs. 5 Satz 2 EigZulG kommt nur ausnahmsweise bei reinen Rechtsfehlern ohne Änderung des der Einkunftsprüfung zugrunde zu legenden Sachverhaltes in Betracht (vgl. Wacker, a.a.O., § 11 Rz. 102).

Für § 11 Abs. 4 EigZulG ist - anders als in § 11 Abs. 5 EigZulG - unerheblich, aus welchen Gründen der Gesamtbetrag der Einkünfte fehlerhaft war. Allein entscheidend ist das nachträgliche Erkennen des objektiv richtigen Gesamtbetrags der Einkünfte.