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BFH-Urteil vom 26.7.2005 (VII R 72/04) BStBl. 2006 II S. 350

Eine maschinelle Umbuchungsmitteilung kann eine Aufrechnungserklärung enthalten, auch wenn das FA darin seine Bereitschaft erklärt, unter Umständen gegenteilige Buchungswünsche zu berücksichtigen.

AO 1977 § 218 Abs. 2, § 226; BGB § 388 Satz 1; InsO §§ 94, 96 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg vom 26. Oktober 2004 3 K 1661/02 (EFG 2005, 675)

Sachverhalt

I.

Über das Vermögen der X GmbH (Schuldnerin) wurde am 1. Juli 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zur Verwalterin bestellt.

Diese machte mit Umsatzsteuer-Voranmeldung vom 9. April 2001 einen Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch für das I. Quartal 2001 in Höhe von 17.105,18 DM geltend, der sich aus der Uneinbringlichkeit von vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbarten Entgelten für umsatzsteuerpflichtige Leistungen der Schuldnerin ergab. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) buchte einen Teil des Guthabens in Höhe von 10.019,50 DM auf Umsatzsteuer April 1999 (8.210,50 DM), auf insoweit seit dem 10. Juni 1999 entstandene Säumniszuschläge (1.804 DM) sowie auf einen Säumniszuschlag zur Körperschaftsteuer 1994 (5 DM) um und brachte dies der Klägerin mit maschineller Umbuchungsmitteilung vom 8. Juni 2001 zur Kenntnis. Das Restguthaben aus der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das I. Quartal 2001 wurde der Klägerin auf dem Verwalter-Sonderkonto gutgeschrieben.

Die Umbuchungsmitteilung hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:

"Sehr geehrte Steuerzahlerin, sehr geehrter Steuerzahler!

es wurde wie folgt umgebucht (Kontostand vom 1.6.01): ...

Sollten Sie mit den Buchungen nicht einverstanden sein, geben Sie bitte umgehend die beanstandeten Buchungen sowie Ihre Buchungswünsche mit Steuernummer, Steuerart/Abgabeart, Zeitraum und Betrag an. Eine Berücksichtigung Ihrer Buchungswünsche ist im Regelfall nur bei vorgenommenen Buchungen auf noch nicht fällige Forderungen möglich."

Mit Schreiben vom 27. November 2001 widersprach die Klägerin der Umbuchung und rechnete ihrerseits mit dem Erstattungsanspruch aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das I. Quartal 2001 in Höhe von 10.019,50 DM gegen eine Forderung des FA aus Körperschaftsteuer auf.

Mit Abrechnungsbescheid stellte das FA das Erlöschen des Erstattungsanspruchs aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das I. Quartal 2001 aufgrund der erfolgten Aufrechnung vom 8. Juni 2001 in Höhe von 10.019,50 DM sowie die Auszahlung des Restguthabens fest. Der hiergegen erhobene Einspruch sowie die Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 675 veröffentlicht.

Mit der Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die streitgegenständliche Umbuchungsmitteilung sei nicht als Aufrechnungserklärung aufzufassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) komme es entscheidend darauf an, dass sich der Wille zur Tilgung und Verrechnung klar und unzweideutig aus der Aufrechnungserklärung ergebe. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Der ausdrückliche Hinweis, dass grundsätzlich andere Buchungswünsche möglich seien, könne nur so verstanden werden, dass es sich um eine Art Vorschlag bzw. Angebot handele. Der Eintritt der Rechtsfolgen solle danach von der Zustimmung bzw. Annahme des Empfängers der Umbuchungsmitteilung abhängig sein.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nur teilweise begründet. Soweit in dem angefochtenen Abrechnungsbescheid die Wirksamkeit der mit Umbuchungsmitteilung vom 8. Juni 2001 erklärten Aufrechnung des FA in Höhe von 8.297,50 DM festgestellt worden ist, ist der Abrechnungsbescheid rechtmäßig. Lediglich in dieser Höhe ist der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch der Schuldnerin durch die Aufrechnung des FA erloschen. Soweit in dem angefochtenen Abrechnungsbescheid die Wirksamkeit der Aufrechnung des FA über einen Betrag von 8.297,50 DM hinaus festgestellt worden ist, ist der Abrechnungsbescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

1. Aufgrund der von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen, die für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), ist davon auszugehen, dass der Schuldnerin ein Erstattungsanspruch aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das I. Quartal 2001 in Höhe von mindestens 10.019,50 DM zustand, dass diesem Anspruch Forderungen des FA (Umsatzsteuer April 1999, Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer April 1999 seit Juni 1999, Säumniszuschlag zur Körperschaftsteuer 1994) in gleicher Höhe gegenüberstanden und dass die allgemeinen Voraussetzungen der Aufrechnung (§ 226 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 - i.V.m. §§ 387 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -) vorlagen. Hiervon gehen auch übereinstimmend die Beteiligten aus. Streitig ist allein, ob das FA mit der Umbuchungsmitteilung vom 8. Juni 2001 eine wirksame Aufrechnungserklärung gegenüber der Klägerin als der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin Verfügungsberechtigten abgab. Dies ist entgegen der Auffassung der Revision der Fall.

a) Für eine Aufrechnungserklärung i.S. des § 226 Abs. 1 AO 1977 i.V.m. § 388 Satz 1 BGB ist nach allgemeiner Auffassung keine besondere Form vorgeschrieben. Sie kann mündlich, schriftlich oder durch schlüssige - dem Erklärungsempfänger erkennbare - Handlung erfolgen (Senatsurteil vom 3. November 1983 VII R 153/82, BFHE 140, 10, BStBl II 1984, 184; vgl. Klein/ Rüsken, Abgabenordnung, 8. Aufl., § 226 Rz. 62, jeweils m.w.N.). Da die Aufrechnungserklärung eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung darstellt, die ohne Zutun des Erklärungsempfängers rechtsgestaltend auf dessen Rechtsstellung einwirkt, muss sich der Wille zur Tilgung und Verrechnung allerdings klar und unzweideutig aus der Aufrechnungserklärung ergeben (Senatsurteile vom 6. Februar 1990 VII R 86/88, BFHE 160, 108, BStBl II 1990, 523, und vom 15. Oktober 1996 VII R 46/96, BFHE 181, 392, BStBl II 1997, 171; vgl. Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 226 AO 1977 Tz. 48, m.w.N.). Eine Umbuchungsmitteilung genügt diesen Anforderungen nur, wenn sie die klare Aussage enthält, dass Haupt- und Gegenforderung getilgt werden sollen (vgl. Rozek in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 226 AO 1977 Rz. 103, Pahlke/Koenig/Fritsch, Abgabenordnung, 2004, § 226 Rz. 52, jeweils m.w.N.).

b) Die Auffassung des FG, dass die Umbuchungsmitteilung vom 8. Juni 2001 eine Aufrechnungserklärung des FA enthalte, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 133, 157 BGB, § 118 Abs. 2 FGO). Der für die Aufrechnung erforderliche Wille des FA zur Verrechnung und Tilgung der wechselseitigen Forderungen kommt in der Umbuchungsmitteilung für einen objektiven Erklärungsempfänger erkennbar zum Ausdruck. So wurden die Forderungen, die gegeneinander aufgerechnet werden sollten - der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch der Schuldnerin als Hauptforderung und die Ansprüche des FA als Gegenforderung - in der Mitteilung nach Grund und Betrag genau bezeichnet. Die Mitteilung verkörpert auch nicht - wie die Revision meint - eine bloße Anfrage oder Ankündigung zur Umbuchung, deren Wirksamkeit von der Zustimmung des Erklärungsempfängers abhängig sein sollte. Vielmehr muss ein objektiver Erklärungsempfänger aus der Formulierung "es wurde wie folgt umgebucht" den Schluss ziehen, dass das FA von einem seiner Auffassung nach zum Buchungsdatum 1. Juni 2001 gegebenen und vollzogenen Verrechnungszustand ausging, den es der Klägerin mit der Umbuchungsmitteilung zur Kenntnis bringen wollte. Ohne Bedeutung ist dabei, dass das FA die Aufrechnung als Umbuchung bezeichnete. Denn eine Aufrechnungserklärung muss nicht ausdrücklich unter Verwendung des Begriffs "Aufrechnung", sondern kann - wie bereits oben ausgeführt - schlüssig abgegeben werden. Es muss lediglich hinreichend deutlich werden, dass das FA die wechselseitigen Forderungen miteinander verrechnen und tilgen will. Dies ist hier geschehen.

c) Der Textpassage "Sollten Sie mit den Buchungen nicht einverstanden sein, geben Sie bitte umgehend die beanstandeten Buchungen ... an." lässt sich auch nicht entnehmen, dass das FA die Aufrechnungswirkung von dem Einverständnis der Klägerin oder vom Ausbleiben ihres Widerspruchs abhängig machen wollte, also seine Aufrechnungserklärung an eine Bedingung knüpfen wollte, die sie unwirksam macht (§ 388 Satz 2 BGB). Der vorgenannte Vorbehalt, der allerdings mehr ist als ein Hinweis auf das Widerspruchsrecht des Aufrechnungsgegners nach § 396 BGB, ist nicht als Bedingung oder als Angebot zu verstehen, auf Wunsch des Steuerpflichtigen die Forderung in bestimmter Weise zu verrechnen. Die Bitte, sich zu den einzelnen vorgenommenen Buchungen ggf. "umgehend" zu äußern, hat vielmehr unterschiedliche Bedeutung, je nachdem, ob die Wirksamkeit der betreffenden Buchungen von dem Einverständnis des Steuerpflichtigen abhängig ist:

(1) Buchungen auf nicht fällige Forderungen des FA stellen mangels fälliger Gegenforderung keine wirksame Aufrechnung dar. Eine Umbuchungsmitteilung kann in diesem Fall allenfalls als Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrages verstanden werden. Die Annahme, das FA habe mit der Umbuchungsmitteilung ein solches Vertragsangebot zum Ausdruck bringen wollen, kommt vorliegend indes insofern nicht in Betracht; denn die Forderungen, mit denen das FA die Aufrechnung erklärt hat, waren zum Zeitpunkt der Mitteilung - mit Ausnahme der Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer April 1999 - fällig.

(2) Bei den als Aufrechnung wirksamen Umbuchungen auf - wie im Streitfall - fällige Gegenforderungen hingegen ist der vorgenannte Vorbehalt in der Umbuchungsmitteilung schon mangels Bestimmtheit der Voraussetzungen für die Rückabwicklung der Umbuchungen kein verbindliches Vertragsangebot, sondern nur Ausdruck der Bereitschaft des FA, einen abweichenden Verrechnungswunsch des Steuerpflichtigen entgegenzunehmen und zu prüfen. In diesem Sinne ist auch der dem vorgenannten Vorbehalt folgende Satz in der Umbuchungsmitteilung zu verstehen, der den Vorbehalt insoweit relativiert, dass Buchungswünsche im Regelfall nur bei vorgenommenen Buchungen auf noch nicht fällige Forderungen berücksichtigt werden könnten. Auch daraus wird deutlich, dass bei fälligen Gegenforderungen die Wirksamkeit der Umbuchungen nicht in das Belieben des Steuerpflichtigen gestellt werden sollte, sondern die Verrechnungs- und Tilgungswirkungen rechtsverbindlich eintreten sollten.

d) Aus dem Senatsurteil vom 5. August 1986 VII R 167/82 (BFHE 147, 398, BStBl II 1987, 8) ergibt sich nichts anderes. Eine Umbuchungsmitteilung durch die Finanzbehörde kann ein Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrags darstellen, soweit eine Aufrechnung mangels Gegenseitigkeit der Forderungen nicht in Betracht kommt. Der Senat hat hingegen eine Umbuchungsmitteilung nicht generell als Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrags verstanden wissen wollen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass nach Maßgabe der allgemeinen Auslegungsmethoden eine Erklärung, in der - wie im Streitfall - wechselseitige Forderungen zum Zwecke der Tilgung einander gegenübergestellt werden, nur dann als Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrags gedeutet werden kann, wenn der Erklärungsempfänger davon ausgehen muss, dass der Erklärende die Voraussetzungen für eine (einseitige) Aufrechnung nicht als gegeben ansieht, er aber gleichwohl eine Tilgung der wechselseitigen Forderungen herbeiführen möchte. Dies kann insbesondere in Betracht kommen, wenn es - wie in dem Senatsurteil in BFHE 147, 398, BStBl II 1987, 8 - an der Gegenseitigkeit fehlt oder die Finanzbehörde mangels Fälligkeit ihrer eigenen Forderung (noch) nicht aufrechnen kann (vgl. Klein/Rüsken, a.a.O., § 226 Rz. 75; Kögel in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 226 AO 1977 Rz. 105; Helsper in Koch/Scholtz, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 226 Rz. 33, jeweils m.w.N.).

Im Streitfall konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, dass das FA mit der Umbuchungsmitteilung lediglich ein Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrags zum Ausdruck bringen wollte. Zum Zeitpunkt der Mitteilung über die vorgenommenen Umbuchungen standen sich der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch der Schuldnerin und die Ansprüche des FA aufrechenbar gegenüber; eine Aufrechnungslage bestand. Die Klägerin hätte daher erkennen müssen, dass das FA von einer bestehenden Aufrechnungslage ausging und dementsprechend mit der Umbuchungsmitteilung die Aufrechnung erklären wollte.

e) Schließlich hat der Senat - entgegen der Auffassung der Revision - keinen Zweifel daran, dass die maschinell erstellte Umbuchungsmitteilung eine willensgetragene Erklärung zum Inhalt hatte. Auch wenn die Mitteilung in einem automatisierten Verfahren erstellt und versendet worden sein sollte, läge der Mitteilung eine Willensentscheidung des FA zugrunde, die sich in der Einrichtung des betreffenden elektronischen Verfahrens niederschlägt. Eine rechtsverbindliche Erklärung kann auch elektronisch erstellt und abgegeben werden (vgl. nur § 119 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 bzw. zur Abgabe einer Willenserklärung in elektronischer Form § 126 Abs. 3, § 126a BGB).

2. Aufrechnungsverbote (§§ 95, 96 der Insolvenzordnung - InsO -) stehen der Aufrechnung des FA auch nicht entgegen, insbesondere nicht § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Danach ist die Aufrechnung ausgeschlossen, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist. Die Forderung der Schuldnerin, gegen die das FA aufgerechnet hat, war zwar steuerverfahrensrechtlich erst während des Insolvenzverfahrens dadurch entstanden, dass umsatzsteuerpflichtige Forderungen der Schuldnerin nach Verfahrenseröffnung uneinbringlich geworden sind und der Steuerbetrag zu diesem Zeitpunkt entsprechend berichtigt worden ist (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Das FG hat aber zutreffend geurteilt, dass der Erstattungsanspruch der Schuldnerin bereits vor Verfahrenseröffnung durch die Besteuerung der für die Leistungen vereinbarten Entgelte insolvenzrechtlich begründet war (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2004 VII R 28/03, BFHE 206, 321, BStBl II 2005, 10, und vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296). Bereits dadurch hat die Schuldnerin einen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögenswert erlangt, was die Anwendung vorgenannter Vorschrift ausschließt.

Die Aufrechnung des FA ist auch nicht gemäß § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO ausgeschlossen, weil die Forderung der Schuldnerin nicht unbedingt und fällig geworden ist, bevor die Aufrechnung erfolgen konnte, d.h. die Gegenforderung des FA vor der Hauptforderung der Schuldnerin fällig geworden ist.

3. Allerdings war es dem FA nicht gestattet, mit seiner Forderung aus den verwirkten Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer April 1999 über einen Betrag von 82 DM hinaus gegen den Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch der Schuldnerin für das I. Quartal 2001 aufzurechnen. Ist ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder aufgrund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt, so wird dieses Recht zwar durch das Verfahren nicht berührt (§ 94 InsO). Die Aufrechnung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Gegenforderung des Insolvenzgläubigers erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht. Dies ist vorliegend hinsichtlich der verwirkten Säumniszuschläge zum größten Teil der Fall. Das FA war lediglich berechtigt, für den ersten Säumnismonat mit seiner Forderung aus den verwirkten Säumniszuschlägen in Höhe von 82 DM die Aufrechnung zu erklären. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) sind die Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum April 1999 erstmals zum 10. Juni 1999 entstanden. Nur der für den ersten Säumnismonat (10. Juni 1999 bis 9. Juli 1999) verwirkte Säumniszuschlag ist vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (1. Juli 1999) entstanden. Die nachfolgend verwirkten Säumniszuschläge entstanden erst im Juli 1999 nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. § 240 Abs. 1 Satz 1 AO 1977), so dass das FA mit diesen Ansprüchen im Insolvenzverfahren nicht mehr aufrechnen konnte. Der angefochtene Bescheid ist dementsprechend zu ändern.