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BFH-Urteil vom 26.6.2007 (IV R 29/06) BStBl. 2008 II S. 103

1. Entstehen einer Personengesellschaft Finanzierungskosten im Zusammenhang mit einer Zahlung an den Gesellschafter, sind diese betrieblich veranlasst, wenn auf eine Forderung des Gesellschafters gezahlt wird.

2. Führt eine KG ein sog. Privatkonto für den Kommanditisten, das allein jederzeit fällige Forderungen des Gesellschafters ausweist, kann nur aufgrund ausdrücklicher und eindeutiger Regelung im Gesellschaftsvertrag angenommen werden, dass das Konto im Fall der Liquidation oder des Ausscheidens des Gesellschafters zur Deckung eines negativen Kapitalkontos herangezogen werden soll.

EStG § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; HGB § 169 Abs. 2.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 17. Juni 2004 11 K 2330/02 (EFG 2007, 171)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren alleinige Kommanditistin in den Streitjahren (1991 und 1992) die I-GmbH & Co. KG (I-KG) war.

Anfang des Jahres 1991 benötigte die I-KG Finanzmittel, um eine Beteiligung an einer Gesellschaft in der Schweiz aufzustocken. Der Finanzbedarf wurde durch die Klägerin gedeckt, indem sie Solawechsel über eine Gesamtsumme von 15 Mio. DM ausstellte, die von einer Bank durch Auszahlung an die I-KG diskontiert wurden. In der Bilanz auf den 31. Dezember 1991 wurde das sog. Kapitalkonto III der I-KG, das zuvor ein Guthaben von ca. 24 Mio. DM aufgewiesen hatte, um den betreffenden Betrag gemindert. Zugleich bilanzierte die Klägerin eine Wechselverbindlichkeit. Im Februar 1992 beglich die I-KG die Wechselverbindlichkeit durch Zahlung an die Bank. Die Klägerin buchte dementsprechend die Wechselverbindlichkeit aus und erhöhte das Kapitalkonto III der I-KG. Die Diskontzinsen von 1.225.916 DM (1991) und 228.119 DM (1992) behandelte die Klägerin als Betriebsausgaben.

Nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin wurden für die Kommanditisten drei Kapitalkonten geführt, und zwar ein Festkapitalkonto (Konto I), ein Rücklagenkonto (Konto II) und ein Privatkonto (Konto III).

Im Gesellschaftsvertrag heißt es:

§ 10 Gewinn und Verlust

...

(2)... Die Haftung der Kommanditisten bei endgültigem Verlust beschränkt sich auf die Kommanditeinlage. ...

§ 11 Gesellschafterkonten, Entnahmen

(1) Die Vergütung des Komplementärs gemäß § 10 Ziffer (1) ist auf dessen Privatkonto zu verbuchen.

(2) Von dem auf die Kommanditisten entfallenden Gewinn werden 20 % einem Rücklagenkonto (Konto II) gutgeschrieben, so lange, bis der Betrag der Kapital-Einlagen (§ 3 Ziffer (2)) erreicht ist. Bei einer wesentlichen Veränderung der Steuerlastquote ist diese Gutschrift der Veränderung entsprechend anzupassen. Auf Konto II ist auch ein etwaiger Verlust zu verbuchen.

(3) Die restlichen 80 % werden auf Privatkonto (Konto III) gutgeschrieben. Die Privatkonten haben im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft ausschließlich den Charakter von fälligen Forderungen; sie dürfen einen Negativsaldo nicht ausweisen.

(4) Das gesetzliche Entnahmerecht ist durch die vorstehende Regelung ersetzt.

§ 20 Auseinandersetzung

(1) Das Auseinandersetzungsguthaben eines aus der Gesellschaft ausscheidenden Gesellschafters bestimmt sich nach dem Buchstand aller Konten des Ausgeschiedenen (Konto I - III und evtl. sonstige Konten) in der zum Ausscheidungszeitpunkt aufzustellenden Jahresbilanz (Steuerbilanz), falls dieses Ausscheiden zum Ende eines Geschäftsjahres erfolgt. Scheidet dagegen der Gesellschafter nicht zum Ende eines Geschäftsjahres aus, so ist die Bilanz des vergangenen Jahres zu Grunde zu legen.

...

(5) Das sich hiernach ergebende Guthaben bildet die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters. Diese Abfindung ist in 5 gleichen Jahresraten zahlbar, und zwar die erste Rate 6 Monate nach dem Zeitpunkt des Ausscheidens. Ist zu diesem Zeitpunkt eine Bezifferung des Abfindungsguthabens noch nicht erfolgt, kann der ausscheidende Gesellschafter die Zahlung im Annäherungswert verlangen. Wenn und soweit ein ausscheidender Gesellschafter zur Zahlung von Veräußerungsgewinnsteuern herangezogen wird, ist das Ausscheidungsguthaben in der Höhe vorab so fällig, dass der ausscheidende Gesellschafter diese Steuerschulden fristgerecht bezahlen kann.

...

(7) Das Abfindungsguthaben ist wie das Privatkonto eines Kommanditisten gemäß § 9 Ziffer (2) zu verzinsen. Die Zinsen sind pro anno nachträglich am 15.1. eines jeden Jahres zu bezahlen.

(8) Zur vorzeitigen Rückzahlung - ganz oder teilweise - sind die Gesellschaft bzw. der/die verbleibenden Gesellschafter stets berechtigt.

...

(10)... Scheidet indessen der Gesellschafter ... [Rechtsvorgänger der I-KG] gemäß § 14 Ziffer (1) Abs. 1 Satz 1 auf eigenen Wunsch zum 31.12.1975 aus der Gesellschaft aus, dann bemisst sich sein Abfindungsguthaben für seine Kommanditeinlage (Konto I) und sein Anspruch am Rücklagenkonto (Konto II) nach den vorstehenden Bestimmungen zuzüglich eines festen Betrages von DM 400.000,- für den Wert der Firma. Weiter erhält er sein Guthaben auf Privatkonto (Konto III).

Nach einer Außenprüfung kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zu der Auffassung, die Wechselverbindlichkeit sei keine betriebliche Schuld und die Diskontzinsen seien keine Betriebsausgaben. Dementsprechend ergingen die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide 1991 und 1992, die Gewerbesteuermessbescheide 1991 und 1992, der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1991 und der Einheitswertbescheid des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1992.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) legte den Gesellschaftsvertrag dahin gehend aus, dass das Kapitalkonto III Eigenkapital der Gesellschaft ausgewiesen habe. Diese Würdigung beruhte maßgeblich auf der Auslegung des § 20 des Gesellschaftsvertrags, den das FG dahin verstand, dass ein positives Kapitalkonto III zur Verrechnung mit einem negativen Saldo der Kapitalkonten I und II heranzuziehen sei. Die darin liegende Verlustdeckung zeige, dass das Kapitalkonto III kein Darlehens-, sondern ein Kapitalkonto sei. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 171 abgedruckt.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts, insbesondere der §§ 5 Abs. 1 und 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie der §§ 95 Abs. 1 und 97 Abs. 1 Nr. 5 des Bewertungsgesetzes (BewG).

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Wechselverbindlichkeit ist eine betriebliche Schuld; die mit ihr zusammenhängenden Ausgaben sind Betriebsausgaben.

a) Geht eine gewerblich tätige Personenhandelsgesellschaft eine Verbindlichkeit ein, gehört diese Verbindlichkeit zu ihrem Gesellschaftsvermögen (§ 718 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - i.V.m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs - HGB -). Die Verbindlichkeit ist demzufolge entsprechend dem Vollständigkeitsgebot (§ 246 Abs. 1 HGB) als Schuld in der Handelsbilanz der Gesellschaft auszuweisen. Nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) ist die in der Handelsbilanz ausgewiesene Schuld grundsätzlich auch bei der steuerlichen Gewinnermittlung zu berücksichtigen.

Die handelsrechtliche Zurechnung zum Gesellschaftsvermögen ist jedoch nicht allein maßgeblich für die Zuordnung zum steuerlich relevanten Betriebsvermögen der gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft. Vielmehr sind im Hinblick auf die steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften, insbesondere § 4 EStG, nur solche Wirtschaftsgüter Bestandteil des Betriebsvermögens, die von den Mitunternehmern bzw. der Mitunternehmerschaft dazu eingesetzt werden, dem Betrieb zur Gewinnerzielung zu dienen. Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens gehören daher nicht zum Betriebsvermögen, wenn ihre Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen nicht betrieblich veranlasst ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Juli 1984 IV R 207/83, BFHE 142, 42, BStBl II 1985, 6, m.w.N.). Die steuerrechtliche Qualifikation von Schulden nach dem Veranlassungsprinzip verdrängt gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 und § 6 EStG einen handelsrechtlich darüber hinausgreifenden Bilanzausweis (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817). Eine Verbindlichkeit gehört deshalb nur dann zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft, wenn sie zur Finanzierung betrieblich veranlasster Zahlungen eingegangen worden ist (BFH-Urteil vom 5. März 1991 VIII R 93/84, BFHE 164, 46, BStBl II 1991, 516).

b) Im Streitfall können Zweifel an der betrieblichen Veranlassung der Wechselverbindlichkeit bestehen, weil sie dazu eingegangen worden ist, der Kommanditistin - im Dreiecksverhältnis - Geldmittel für den Erwerb einer nicht zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörenden Beteiligung zu verschaffen. Die Wechselverbindlichkeit ist danach keine betrieblich veranlasste Verbindlichkeit, wenn sie eingegangen worden ist, um eine Entnahme des Gesellschafters zu finanzieren. Denn eine Entnahme des Gesellschafters ist aus der Sicht der Gesellschaft außerbetrieblich veranlasst. Hat die Verbindlichkeit allerdings dazu gedient, eine betriebliche Schuld zu tilgen, ist sie betrieblich veranlasst. So verhält es sich, wenn die Gesellschaft auf eine Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft zahlt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 164, 46, BStBl II 1991, 516).

c) Ob die Gesellschaft eine Entnahme finanziert oder eine Forderung des Gesellschafters tilgt, lässt sich nur nach den Umständen des Einzelfalls bestimmen.

aa) Von der Tilgung einer Forderung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn dem Gesellschafter ausweislich der für ihn geführten Konten eine Forderung mindestens in Höhe des gezahlten Betrags zusteht und die Zahlung auch auf dem betreffenden Konto gebucht wird. Keine Forderung repräsentiert ein Gesellschafterkonto, das durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Ansprüche ausweist, die dem Gesellschafter im Fall seines Ausscheidens oder der Liquidation der Gesellschaft zustehen und deshalb aus der Sicht der Gesellschaft Eigenkapital darstellen.

bb) Um eine schuldrechtliche Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und nicht um Eigenkapital der Gesellschaft handelt es sich bei einem aktivischen Gesellschafterkonto dann, wenn der Gesellschafter insoweit einen unentziehbaren, nur nach den §§ 362 bis 397 BGB erlöschenden Anspruch gegen die Gesellschaft haben soll, der auch in der Insolvenz der Gesellschaft wie eine Forderung eines Dritten geltend gemacht werden kann und der noch vor der eigentlichen Auseinandersetzung über das Gesellschaftsvermögen zu erfüllen ist, also nicht lediglich einen Teil des Auseinandersetzungsguthabens darstellt. Auf die Bezeichnung des Kontos (z.B. als Kapitalkonto, Verrechnungskonto oder Darlehenskonto) kommt es dabei nicht an. Auch der Umstand, dass der Gesellschafter nicht sofort über sein Guthaben verfügen kann, spricht nicht ohne weiteres gegen dessen Fremdkapitalcharakter, weil auch Gesellschafterdarlehen mit Kündigungsbeschränkungen versehen sein können, die Entnahmebeschränkungen beim Eigenkapital wirtschaftlich vergleichbar sind.

Entscheidend für den Eigenkapitalcharakter des Kontos spricht dagegen eine gesellschaftsvertragliche Regelung, wonach auf diesem Konto auch Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden (vgl. Huber, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht - ZGR - 1988, 1, 70 ff.). Sind nämlich die Gutschriften auf dem Konto mit künftigen Verlustanteilen zu verrechnen, erlangt der Gesellschafter keinen unentziehbaren Anspruch gegen die Gesellschaft. Vielmehr nimmt er mit seinem Guthaben an den Risiken des Unternehmens teil. Derartiges Risikokapital ist als Einlage, nicht als Darlehensforderung zu qualifizieren. Denn mit dem Begriff des Darlehens ist eine Verlustbeteiligung des Gesellschafters grundsätzlich unvereinbar (BFH-Urteile vom 27. Juni 1996 IV R 80/95, BFHE 181, 148, BStBl II 1997, 36; vom 4. Mai 2000 IV R 16/99, BFHE 191, 539, BStBl II 2001, 171; vom 7. April 2005 IV R 24/03, BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598; vom 12. Oktober 2005 X R 35/04, BFH/NV 2006, 521).

Dementsprechend ist auch dann von einem Kapitalkonto auszugehen, wenn das Konto im Fall des Ausscheidens des Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft in die Ermittlung des Abfindungsguthabens des Gesellschafters eingeht. Für die Qualifizierung als Kapitalkonto spricht außerdem, wenn auf dem Konto Entnahmen und Einlagen zu verbuchen sind. Von Bedeutung kann schließlich sein, ob für die Kapitalüberlassung Höchstbeträge festgelegt, Sicherheiten gestellt und Tilgungsvereinbarungen getroffen worden sind (BFH-Urteil in BFHE 191, 539, BStBl II 2001, 171).

cc) Im Streitfall hat die Klägerin in Höhe der Wechselverbindlichkeit das sogenannte Kapitalkonto III der I-KG gemindert. Dieses Konto wies einen den Betrag der Verbindlichkeit übersteigenden Saldo aus. Ist das Kapitalkonto III ein Darlehenskonto und weist es unentziehbare Forderungen der I-KG gegen die Klägerin aus, ist aus der Minderung des Saldos auf eine Tilgung der betreffenden Forderung zu schließen. Die für diesen Zweck eingegangene Wechselverbindlichkeit ist dann eine betrieblich veranlasste Schuld.

d) Das FG ist von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen und hat deshalb zu Recht durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags ermittelt, ob das Konto Eigen- oder Fremdkapital der Klägerin ausweist. Allerdings kann der erkennende Senat dem Auslegungsergebnis des FG nicht folgen. Das Kapitalkonto III ist ein reines Darlehenskonto.

aa) Der Senat ist an die Auslegung des FG insoweit nicht nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, als von dem Revisionsgericht zu prüfen ist, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet wurden; weiterhin kann das Revisionsgericht nachprüfen, ob die Vorinstanz sämtliche für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände erforscht und rechtlich zutreffend gewürdigt hat (BFH-Urteile vom 25. August 1999 X R 38/95, BFHE 190, 302, BStBl II 2000, 21; vom 22. Januar 2004 IV R 32/03, BFH/NV 2004, 1092; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 24, m.w.N.). Danach ist die Vertragsauslegung des FG insbesondere dann nicht bindend für das Revisionsgericht, wenn Vertragsbestandteile übergangen worden sind. Keine Bindung besteht auch insoweit, als für die Auslegung bedeutsame Rechtsfragen zu beurteilen sind.

bb) Dem FG ist danach nicht darin zu folgen, dass der Gesellschaftsvertrag in Bezug auf die Frage, ob die Kapitalkonten III unentziehbare Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft ausweisen, der Auslegung bedarf. Zu Unrecht hat das FG § 11 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags nicht in seine Überlegungen einbezogen. Diese Regelung ist eindeutig und unmissverständlich; sie dient dem Ziel, den Charakter des Kontos als Darlehenskonto eindeutig festzulegen. Eine andere Möglichkeit zur Definition des Kontos stand den Gesellschaftern nicht zur Verfügung.

Die Regelungen in § 20 des Gesellschaftsvertrags enthalten keinerlei Einschränkungen der in § 11 Abs. 3 des Vertrags getroffenen Regelung. An keiner Stelle findet sich ein Hinweis darauf, dass den Kommanditisten die auf dem Kapitalkonto III ausgewiesenen Forderungen bei Ausscheiden und Liquidation nicht zustehen sollen. Aus § 20 Abs. 1 des Vertrags können entgegengesetzte Schlüsse nicht gezogen werden, denn die Regelung gilt einerseits für alle Gesellschafter, also auch für den Komplementär, und beinhaltet andererseits erkennbar der Sache nach die Festlegung einer Buchwertabfindung. Eine von der klaren Zuordnung des Kontos in § 11 Abs. 3 (insbesondere Satz 2) des Gesellschaftsvertrags abweichende Vereinbarung hätte nach den vom FG zwar genannten, in ihrer Bedeutung aber nicht hinreichend gewürdigten Grundsätzen des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. Februar 1978 II ZR 145/76 (Betriebs-Berater - BB - 1978, 630) einer eindeutigen Regelung im Gesellschaftsvertrag bedurft. Denn eine Regelung, nach der fest begründete Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft bei dessen Ausscheiden beschnitten oder zur Deckung etwaiger Verluste herangezogen werden können, ist höchst ungewöhnlich. Dies gilt im Streitfall insbesondere vor dem Hintergrund, dass den Kommanditisten während des Bestehens der Gesellschaft nach § 11 des Vertrags ein uneingeschränktes Zugriffsrecht auf das Konto zustand.

Die Überlegung des FG, im Verlustfall könne ein Aufleben der Außenhaftung nach § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB eintreten, wenn das Kapitalkonto III kein Eigenkapital ausweise, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein solches Risiko bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags mit dessen Regelung in § 11 Abs. 3 bewusst eingegangen worden ist. Nur wenn das Gegenteil feststände, ließe sich daraus ein Argument herleiten, um § 11 Abs. 3 des Vertrags entgegen seinem ausdrücklichen Wortlaut auszulegen.

e) Ist nach den vorstehenden Erwägungen davon auszugehen, dass das Kapitalkonto III Forderungen der I-KG gegen die Klägerin ausweist, kann die Eingehung der Wechselverbindlichkeit zur Tilgung der Forderung nur als betrieblich veranlasst angesehen werden.

f) Die Aufwendungen der Klägerin für Wechseldiskont sind danach Betriebsausgaben.

Das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Finanzierungsaufwendungen und dem Betrieb ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH danach zu beurteilen, ob die Aufwendungen für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlasst ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817). Der Veranlassungszusammenhang entfällt in einem solchen Fall auch nicht deshalb, weil der Steuerpflichtige den Finanzbedarf durch eigene Mittel hätte decken können.

Die Aufwendungen der Klägerin für die Diskontierung der Wechsel sind im Zusammenhang mit einer betrieblichen Verbindlichkeit entstanden. Daraus folgt, dass die Aufwendungen i.S. des § 4 Abs. 4 EStG betrieblich veranlasst sind und deshalb als Betriebsausgaben den Gewinn der Klägerin mindern.

2. Die Sache ist entscheidungsreif. Der Senat kann nach Aktenlage Gewinn, Gewerbesteuermessbetrag und Betriebsvermögen soweit konkretisieren, dass das FA in die Lage versetzt wird, die aufgrund des Urteils festzustellenden bzw. festzusetzenden Beträge zu ermitteln und nach § 100 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 121 FGO mitzuteilen.

a) Für das Streitjahr 1991 ergibt sich folgende Berechnung:

Gewerbeertrag bisher

861.161 DM

Diskontzinsen

./. 1.225. 916 DM

 

./. 364.755 DM

GewSt bisher

+ 295.550 DM

Gewerbeverlust vor GewSt

./. 69.205 DM

GewSt nach Gewerbekapital
57 392 x 300 %


./. 172.176 DM

vortragsfähiger Gewerbeverlust

./. 241.381 DM

 

GewSt-Rückstellung bisher

125.000 DM

GewSt-Rückstellung nach Urteil

./. 1.626 DM

Minderung der GewSt-Rückstellung

123.374 DM

 Danach mindern sich Gewinn und Gewerbeertrag 1991 unter Berücksichtigung einer verminderten Gewerbesteuerrückstellung um 1.102.542 DM. Der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 1991 beträgt 241.381 DM.

 b) Für das Streitjahr 1992 ergibt sich folgende Berechnung:

Änderung des Gewerbeertrags

 

 

   Diskontzinsen

./. 228.119 DM

 

   Verlustvortrag aus 1991

./. 241.381 DM

./. 469.500 DM

 

 

 

Erhöhung des Gewerbeertrags
durch Minderung der GewSt

 

 

   GewSt nach Gewerbekapital
   (2 0/00 von 14 876 000) x 300 %


89.256 DM

 

   GewSt nach Gewerbeertrag
   (./. 469 500 abzgl. GewSt)


61.235 DM


+ 150.491 DM

Gewinnminderung

 

./. 319.009 DM

Danach mindern sich Gewinn und Gewerbeertrag 1992 um 319.009 DM. Gewerbekapital 1992 und Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1992 werden um 14.876.000 DM herabgesetzt.