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BFH-Urteil vom 19.12.2007 (II R 34/06) BStBl. 2008 II S. 260 Behält sich die Schenkerin bei einer freigebigen Zuwendung eines Grundstücks den Nießbrauch vor und löst der Bedachte später den Nießbrauch gegen Entgelt ab, hat dies - abgesehen vom Wegfall der Stundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG - keinen Einfluss auf die Schenkungsteuer, die für die Grundstücksübertragung festzusetzen war. ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 1. Vorinstanz: FG Köln vom 14. März 2006 9 K 4735/05 (EFG 2006, 912) Sachverhalt I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Alleinerbe seiner im Mai 1999 verstorbenen Mutter (M). Diese hatte ihm im August 1993 ein bebautes Grundstück mit einem Einheitswert von 250.500 DM schenkweise übertragen und sich dabei den lebenslänglichen Nießbrauch vorbehalten. Im August 1997 ist dieser gegen Zahlung von 750.000 DM abgelöst worden. Die Zahlungspflicht hatten der Kläger und seine Ehefrau übernommen. M verwendete das Geld überwiegend zur Tilgung der auf dem Grundstück abgesicherten Kredite; diese Schulden waren vom Kläger bei der Übertragung des Grundstücks im Jahr 1993 nicht übernommen worden. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erließ am 14. Januar 2005 einen geänderten Erbschaftsteuerbescheid, mit dem er die Steuer bei einem Erwerb von 1.143.312 DM nach Abzug der Freibeträge gemäß den §§ 16 und 13 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) von 420.000 DM auf 91.550 DM (46.808 €) festsetzte. Dabei waren die Grundstücksschenkung des Jahres 1993 mit (1,4 x 250.500 =) 350.700 DM gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG als Vorerwerb und eine anrechenbare Steuer von (260.700 x 6,5/100 =) 16.945 DM (8.663 €) berücksichtigt worden. Einspruch und Klage, mit denen der Kläger geltend gemacht hatte, die Grundstücksübertragung dürfe wegen der entgeltlichen Ablösung des Nießbrauchs nicht als Vorerwerb berücksichtigt werden, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 912 veröffentlichten Urteil die Ansicht, die Grundstücksübertragung im Jahr 1993 habe gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 ErbStG 1974 trotz des Nießbrauchsvorbehalts der M eine freigebige Zuwendung dargestellt, die mit dem 1,4-fachen des Einheitswerts zu bewerten gewesen sei. Die zunächst erforderlich gewesene Stundung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974 sei mit der Ablösung des Nießbrauchs im Jahr 1997 entfallen. Dass die Ablösung gegen Entgelt erfolgt sei, sei unbeachtlich. Sie stelle ein selbständiges Rechtsgeschäft dar, das die schenkungsteuerrechtlichen Folgen der 1993 getätigten freigebigen Zuwendung selbst dann nicht rückwirkend beseitigen könne, wenn die Ablösesumme dem Verkehrswert des Grundstücks entsprochen haben sollte. Der Kläger berufe sich überdies zu Unrecht auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sowie auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. März 2004 II R 3/01 (BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429). Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung der §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 und 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG. Es widerspreche dem Bereicherungsprinzip der §§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, ein Erlöschen der Belastung i.S. des § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG auch dann anzunehmen, wenn der Bedachte für den Wegfall der Belastung ein Entgelt zahle. Da dem Bereicherungsprinzip im Streitfall anders als in dem Sachverhalt, der dem Urteil in BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429 zugrunde gelegen habe, nicht bei einer zweiten Schenkung - nämlich einem unentgeltlichen Verzicht auf den Nießbrauch - Rechnung getragen werden könne, müsse dies bei der Besteuerung des ursprünglich belasteten Erwerbs geschehen. Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 14. Januar 2005 sowie die Einspruchsentscheidung vom 8. November 2005 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Grundstücksschenkung aus dem Jahr 1993 nicht als Vorerwerb erfasst wird. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe II. Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Herabsetzung der Steuer auf (79.818 DM) 40.810 €. Die Grundstücksschenkung aus dem Jahr 1993 ist zwar bei der Besteuerung des Erbfalls zu Recht als Vorerwerb berücksichtigt worden; die anzurechnende Steuer ist jedoch zu Unrecht auf der Grundlage der zur Zeit des Vorerwerbs geltenden (Tarif-)Vorschrift berechnet worden. 1. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG werden mehrere innerhalb von 10 Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile bei der Besteuerung des Letzterwerbs in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Fiel ein Vorerwerb unter die Regelung des § 25 Abs. 1 ErbStG (oder der gleichlautenden Vorgängervorschrift des ErbStG 1974), weil sich der Schenker die Nutzungen des zugewendeten Vermögens vorbehalten hatte, war er ohne Berücksichtigung dieser Belastung zu besteuern. Allerdings war die Steuer, die auf den Kapitalwert der Belastung entfiel, bis zu deren Erlöschen zu stunden. Trotz dieser Stundung hat die Zurechnung eines solchen Vorerwerbs nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG mit dem Bruttowert - d.h. ohne Berücksichtigung der Belastung - zu erfolgen (BFH-Urteil vom 8. März 2006 II R 10/05, BFHE 213, 106, BStBl II 2006, 785). Das gilt erst recht, wenn die Belastung vor dem Letzterwerb bereits erloschen ist. Der Zusammenrechnung der Grundstücksschenkung aus dem Jahre 1993 mit dem Erwerb von Todes wegen steht hier nicht entgegen, dass das von der Schenkerin vorbehaltene Nießbrauchsrecht durch den Kläger im Jahr 1997 entgeltlich abgelöst wurde. Denn die entgeltliche Ablösung des Nießbrauchsrechts wirkt rechtlich nicht in der Weise auf die Grundstücksschenkung zurück, dass diese nachträglich zu einem entgeltlichen Vorgang wird und damit die Zusammenrechnung nach § 14 ErbStG ausscheidet. Denn der im Jahre 1997 an die Schenkerin entrichtete Betrag wurde nicht (nachträglich) für den Erwerb des Grundstücks, sondern für den ohne diese Geldleistung schenkungsteuerbaren Rechtsverzicht der Schenkerin (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429) gezahlt. Eine auf wirtschaftlicher Betrachtung beruhende saldierende Bewertung der beiden Verträge zwischen dem Kläger und M vermag an den für die Erbschaft- und Schenkungsteuer allein maßgeblichen rechtlichen Gegebenheiten, insbesondere an der rechtlichen Selbständigkeit beider Vorgänge nichts zu ändern. 2. Bei der solchermaßen durchzuführenden Besteuerung des Letzterwerbs ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG von der Steuer für den Gesamtbetrag - also nach Zurechnung der Vorerwerbe - die Steuer abzuziehen, die jeweils für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Bei einem nach § 25 Abs. 1 ErbStG zu besteuernden Vorerwerb ist die abzuziehende Steuer ebenfalls nach dem Bruttowert des Vorerwerbs zu berechnen (BFH in BFHE 213, 106, BStBl II 2006, 785). Infolgedessen ist es wiederum unerheblich, ob die Belastung bereits erloschen und daher die Steuerstundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG beendet ist oder nicht. Bei einem Erlöschen der Belastung gilt dies unabhängig davon, ob die Belastung zwischenzeitlich dadurch erloschen ist, dass der Schenker auf sie (unentgeltlich) verzichtet hat, oder dadurch, dass der Erwerber sie gegen Entgelt abgelöst hat (vgl. zu Letzterem: Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 25 Rz 47; Weinmann in Moench/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer, § 25 Rz 33). 3. Auch liegt hier anders als in dem Urteilsfall in BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429 keine dem Bereicherungsprinzip widersprechende doppelte Erfassung des Nießbrauchsrechts vor, die zu einer vom Kläger begehrten Korrektur zwänge. Denn das Nießbrauchsrecht wurde nur einmal, nämlich bei der Grundstücksschenkung im Jahre 1993 als Folge der von § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG vorgeschriebenen Nichtberücksichtigung als Abzugsposten angesetzt. Dem das Nießbrauchsrecht betreffenden entgeltlichen Vorgang im Jahre 1997 kommt schenkungsteuerrechtlich keine Bedeutung zu; dieser ist nicht tatbestandsmäßig. Soweit der BFH mit Urteil in BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429 für den Fall eines vorzeitigen unentgeltlichen Verzichts auf ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht verlangt hat, bei der Besteuerung der in dem Verzicht liegenden freigebigen Zuwendung die Bemessungsgrundlage um den Wert zu mindern, der bei der Besteuerung des nießbrauchsbelasteten Grundstücks dem tatsächlich unberücksichtigt gebliebenen Nießbrauch zugekommen ist, ist die Minderung nämlich nicht bei der Besteuerung des schenkweisen Erwerbs des (ursprünglich) belasteten Grundstücks vorgenommen worden, sondern bei der mit dem Verzicht bewirkten zweiten freigebigen Zuwendung. Dass bei einem entgeltlichen Verzicht auf den zunächst vorbehaltenen Nießbrauch - und damit bei einer Ablösung - eine derartige Minderung der Bemessungsgrundlage mangels einer freigebigen Zuwendung nicht möglich ist, kann - entgegen der Vorstellung des Klägers - nicht dazu führen, die Korrektur nunmehr bei der Schenkung des (ursprünglich) belasteten Gegenstandes mit der Begründung vorzunehmen, letztlich sei dieser Gegenstand unbelastet gegen Entgelt erworben worden. 4. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist jedoch die abzuziehende Steuer für die Vorerwerbe auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu berechnen. Das haben das FA und ihm folgend das FG übersehen. Daher war die Vorentscheidung aufzuheben. 5. Die Sache ist spruchreif. Im Streitfall liegt mit der Grundstücksschenkung im Jahr 1993 ein Vermögensvorteil vor, den der Kläger durch M innerhalb von zehn Jahren vor deren Tod erlangt hat. Dieser Vorerwerb ist auch zutreffend nach seinem früheren Wert mit dem 1,4-fachen des Einheitswerts und nicht etwa mit dem Grundstückswert gemäß den §§ 138 ff. des Bewertungsgesetzes angesetzt worden. Die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abzuziehende Steuer ist jedoch nicht auf der Grundlage der zur Zeit des Vorerwerbs geltenden Tarifvorschrift, sondern auf der Grundlage des beim Tod der M geltenden Tarifs - nämlich gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG statt mit einem Steuersatz von 6,5 v.H. mit einem solchen von 11 v.H. - zu berechnen.
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