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BFH-Urteil vom 27.9.2007 (III R 28/05) BStBl. 2008 II S. 287

Aufwendungen eines Elternteils für Besuche seiner bei dem anderen Elternteil lebenden Kinder sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar (Fortführung des Senatsurteils vom 28. März 1996 III R 208/94, BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54).

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; EStG § 32 Abs. 6, § 33.

Vorinstanz: FG München vom 22. März 2005 12 K 826/04 (EFG 2005, 1201)

Sachverhalt

A.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist geschieden. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, die im Streitjahr 1999 minderjährig waren und bei ihrer Mutter in den USA lebten.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1999 machte der Kläger Aufwendungen für die Besuche seiner Kinder in Höhe von 32.140,13 DM (Flugkosten: 12.735,39 DM, Hotel: 15.057,72 DM, Mietwagen: 3.457,02 DM, Agentur: 890 DM) als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Schulgeld für seine drei Kinder (56.016 DM) beantragte er, in Höhe von 30 % als Sonderausgaben und im Übrigen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ die Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid für 1999 nicht zum Abzug zu. Für die Kinder wurden lediglich die doppelten Kinderfreibeträge in Höhe von 6.912 DM je Kind angesetzt.

Mit dem Einspruch brachte der Kläger vor, die Besuchskosten seien sowohl zwangsläufig als auch außergewöhnlich, da sich die Kinder gegen seinen Willen in den USA befänden. Er habe anwaltlich und auch gerichtlich versucht, die mit ihm nicht abgestimmte "Entführung" der Kinder auf einen anderen Kontinent rückgängig zu machen. Die Gerichtsverhandlungen in Deutschland und in den USA hätten aber keinen Erfolg gehabt. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 1201 veröffentlicht.

Das FG führte im Wesentlichen aus, das Schulgeld sei nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Auch eine teilweise Berücksichtigung als Sonderausgaben komme nicht in Betracht, da § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 1999 geltenden Fassung (EStG) nicht für Schulen im Ausland gelte. Die Besuchskosten könnten ebenfalls nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, da Aufwendungen zur Ausübung des Besuchsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils nicht außergewöhnlich i.S. des § 33 Abs. 1 EStG seien. Diese Aufwendungen seien grundsätzlich mit dem Kinderfreibetrag abgegolten, wenn auch typisiert und in Fällen wie dem Streitfall nicht annähernd angemessen.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 33 EStG.

Er trägt vor, die Besuchskosten seien außergewöhnlich, da ihm für den "normalen" Umgang und Besuch seiner Kinder deutlich größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen entstünden, die mit ihren Familien in einem gemeinsamen Haushalt oder auch in Deutschland von ihren Familien getrennt lebten. Diesen Aufwendungen habe er sich nicht entziehen können, da er den Entschluss seiner geschiedenen Frau, mit den gemeinsamen Kindern in die USA auszuwandern, nicht habe beeinflussen können. Er habe die Lasten der Trennung im Interesse der Entwicklung und Gesundheit seiner Kinder auf sich genommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in zahlreichen Entscheidungen Besuchskosten in "Krankheitsfällen" als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Aufwendungen seien nicht durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten. Außerdem habe der BFH im Urteil vom 4. Dezember 2001 III R 31/00 (BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382) ausgeführt, dass Streitigkeiten über das Umgangsrecht der Eltern den Kernbereich menschlichen Lebens beträfen und die damit zusammenhängenden Kosten nicht durch die allgemeinen Freibeträge abgegolten seien. Hiermit seien die Besuchskosten vergleichbar.

Die Schulgeldzahlungen seien angesichts der desolaten Situation an öffentlichen Schulen in den USA - hohe Kriminalitätsrate, Drogenkonsum - ebenfalls zwangsläufig entstanden. Normale im Inland möglicherweise anfallende Schulkosten seien zwar grundsätzlich durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (Kinderfreibetrag, Ausbildungsfreibetrag usw.) abgegolten. Jedoch habe der BFH Schulkosten in Krankheitsfällen als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Privatschule stelle durch kleine Klassenverbände eine individuelle Betreuung sicher. Dies gewährleiste einen Halt der Kinder in der neuen Umgebung und trage damit zur physischen sowie insbesondere zur psychischen Schadensbegrenzung bei Trennungskindern bei. Durch die bessere Integration habe das gesundheitliche Befinden der Kinder gestärkt werden sollen.

Während des Revisionsverfahrens am 15. Juni 2005 hat das FA den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 1999 geändert. Die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs sind hiervon nicht berührt worden.

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und unter Änderung des Bescheids vom 15. Juni 2005 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung in Höhe von 88.156,13 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen vertritt die Auffassung, die Kosten für den Umgang des getrennt lebenden Elternteils mit seinem Kind seien durch den Grundfreibetrag und die Regelungen des Familienleistungsausgleichs abgegolten.

Entscheidungsgründe

B.

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

I.

Das FG-Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil ihm ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt.

Das FG hat über den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 29. Oktober 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2004 entschieden. An die Stelle dieses Bescheids ist während des Revisionsverfahrens der geänderte Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 15. Juni 2005 getreten, der nach § 121 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Das FG-Urteil ist daher gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 14. Februar 2006 VIII R 40/03, BFHE 212, 270, BFH/NV 2006, 1198, m.w.N.). Da sich durch den Änderungsbescheid die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs nicht geändert haben, kann der Senat nach § 121, § 100 FGO über die streitigen Rechtsfragen entscheiden und braucht die Sache nicht nach § 127 FGO an das FG zurückzuverweisen (BFH-Urteil in BFHE 212, 270, BFH/NV 2006, 1198, m.w.N.).

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Die Aufwendungen des Klägers für die Besuche seiner Kinder in den USA sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.

a) Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung) erwachsen.

Die Aufwendungen entstehen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Zwangsläufigkeit dem Grunde nach) und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (Zwangsläufigkeit der Höhe nach).

b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Sie werden durch den Grundfreibetrag (§ 32a EStG) berücksichtigt (z.B. Senatsurteil vom 10. Mai 2007 III R 39/05, BStBl II 2007, 764, BFH/NV 2007, 1768). Familienbedingte Aufwendungen sind bis 1995 durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs (Kinderfreibetrag und Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz - BKGG -) und ab 1996 durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (im Streitjahr 1999 Kinderfreibetrag oder Kindergeld - § 32 Abs. 6, § 31 EStG -) abgegolten (z.B. Senatsurteile vom 28. März 1996 III R 208/94, BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54, und vom 18. Juni 1997 III R 60/96, BFH/NV 1997, 755).

c) Zu den nicht außergewöhnlichen, bei typisierender Betrachtungsweise abgegoltenen Aufwendungen gehören in der Regel die Kosten für Fahrten, um nahe Angehörige zu besuchen (z.B. Senatsurteile vom 23. Mai 1990 III R 63/85, BFHE 161, 69, BStBl II 1990, 894, und III R 145/85, BFHE 161, 73, BStBl II 1990, 895 - Besuch des Ehegatten bzw. des Kindes in der Haftanstalt -; vom 24. Mai 1991 III R 28/89, BFH/NV 1992, 96, m.w.N. - Besuch des kranken Vaters -), es sei denn, die Fahrten werden ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen (Senatsurteil vom 6. April 1990 III R 60/88, BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958).

Durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs bzw. ab 1996 des Familienleistungsausgleichs sind nach der Rechtsprechung auch die Kosten eines alleinstehenden Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur Personensorge abgegolten (Senatsurteile vom 29. August 1986 III R 209/82, BFHE 148, 22, BStBl II 1987, 167, und vom 12. Juli 1991 III R 23/88, BFH/NV 1992, 172, unter 1. b). Die Aufwendungen eines geschiedenen, nicht sorgeberechtigten Vaters für Fahrten zu seinem Kind aufgrund seines Besuchsrechts nach § 1634 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) a.F. hat der Senat - in einem den Veranlagungszeitraum 1990 betreffenden Fall - ebenfalls als typische - nicht nach § 33 EStG steuermindernd zu berücksichtigende - Kosten der Lebensführung behandelt (Senatsurteil in BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54). An den Grundsätzen dieser Entscheidung hält der Senat auch für das Streitjahr 1999 fest.

d) Der Gesetzgeber hat die Aufwendungen des nicht sorgeberechtigten Elternteils für den Umgang mit seinem Kind - unabhängig von der Höhe der im Einzelfall entstehenden Aufwendungen - den typischen Aufwendungen der Lebensführung zugeordnet, die durch den Kinderlastenausgleich bzw. ab 1996 durch den Familienleistungsausgleich berücksichtigt werden.

Durch das Steuerreformgesetz (StRG) 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) hat der Gesetzgeber den in § 33a Abs. 1 a EStG a.F. geregelten Freibetrag zur Pflege des Eltern-Kind-Verhältnisses aufgehoben. Dieser Freibetrag sollte insbesondere Aufwendungen abgelten, die einem geschiedenen Elternteil (dem das Kind nicht zugeordnet war) z.B. durch Besuche des Kindes entstanden. In der Begründung zum Entwurf des StRG 1990 wird ausgeführt, der Freibetrag sei zu einer Zeit eingeführt worden, zu der der barunterhaltspflichtige Elternteil grundsätzlich keine Steuerermäßigung für seine Kinder erhalten habe. Der ab 1983 wieder eingeführte Kinderfreibetrag stehe aber grundsätzlich beiden Elternteilen zur Hälfte zu. Nach der mehrmaligen Anhebung des Kinderfreibetrags sei "es berechtigt, Aufwendungen zur Pflege des Eltern-Kind-Verhältnisses als durch Kinderfreibetrag und Kindergeld mit abgegolten zu betrachten" (BTDrucks 11/2157, 150).

e) Der seit 1996 eingeführte Familienleistungsausgleich (steuerliche Entlastung durch Kinderfreibetrag oder Kindergeld, § 32 Abs. 6, § 31 EStG) lässt die vom Gesetzgeber vorgesehene Abgeltungswirkung unberührt. Der im Veranlagungszeitraum 1999 auch dem nicht sorgeberechtigten Elternteil zustehende Kinderfreibetrag oder das Kindergeld (falls der nichtsorgeberechtigte Elternteil Anspruch auf Kindergeld hat) gelten - ebenso wie im Veranlagungszeitraum 1990 der Kinderfreibetrag und das Kindergeld nach dem BKGG - die zur typischen Lebensführung rechnenden Kosten für den Umgang mit dem Kind ab.

f) Die zivilrechtlichen Änderungen zum Umgangsrecht durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (KindRG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 2942), das am 1. Juli 1998 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 17 § 1 KindRG), geben keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung zu ändern. Nach § 1684 Abs. 1 BGB i.d.F. des KindRG ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind berechtigt und auch das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Dem Recht des Kindes entspricht eine Verpflichtung der Eltern zum Umgang mit dem Kind. Aufgrund dieser ausdrücklich geregelten Rechtspflicht jedes Elternteils sind die Aufwendungen zwar als zwangsläufig anzusehen. Dadurch, dass jeder Elternteil nunmehr nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, Kontakt zu seinem Kind zu halten, werden aber die zu den typischen Kosten der Lebensführung gehörenden Aufwendungen nicht außergewöhnlich i.S. des § 33 EStG.

Das Recht und die Pflicht zum Umgang mit den eigenen Kindern bestehen auch bei intakten Ehen und ergeben sich hier aus dem gemeinsamen Sorgerecht für die Kinder. Bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern, insbesondere wenn nur ein Elternteil das Sorgerecht hat, bedarf es jedoch zur Vermeidung von Streit einer besonderen gesetzlichen Regelung. Steuerrechtliche Folgerungen hinsichtlich der durch den Umgang mit den Kindern entstehenden Kosten ergeben sich hieraus aber nicht.

Weder ist es als außergewöhnlich anzusehen, dass ein Elternteil von seinen Kindern getrennt lebt, weil zwischen den Eltern keine eheliche oder eheähnliche Lebensgemeinschaft (mehr) besteht, noch sind die aufgrund der Trennung der Eltern entstehenden Kosten für den Umgang mit den Kindern außergewöhnlich. Denn eine räumliche Trennung zwischen Eltern und Kindern ist auch bei zusammenlebenden Eltern nicht unüblich, etwa wenn Kinder eine Schule im Ausland besuchen, auswärtig für einen Beruf ausgebildet werden, in einem Heim, einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung untergebracht sind, oder im Rahmen eines Schüleraustauschs längere Zeit im Ausland leben.

g) Auch aus dem vom Kläger angeführten Urteil des Senats in BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382 folgt nicht, dass die Umgangskosten nicht den typischen Kosten der Lebensführung zuzuordnen sind.

Das Urteil betraf Aufwendungen für einen Familienrechtsstreit über das Umgangsrecht eines Vaters mit seinen bei der Mutter lebenden nichtehelichen Kindern unter Geltung des § 1711 BGB a.F., nach dem allein der Sorgeberechtigte den Umgang des anderen Elternteils mit den nichtehelichen Kindern bestimmen konnte. Prozesskosten sind nach der Rechtsprechung in der Regel nicht zwangsläufig, es sei denn, der Rechtsstreit berührt einen existentiell wichtigen Bereich des Steuerpflichtigen. Das Recht auf Umgang mit den eigenen Kindern hat der Senat als einen solchen Bereich angesehen und deshalb bei einer grundlosen - nach altem Recht möglichen - Verweigerung des Umgangsrechts durch die sorgeberechtigte Mutter angenommen, dass die Kosten des Vaters für einen Prozess zur Durchsetzung des Umgangs mit seinen Kindern aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig seien. Der Senat hat die Aufwendungen auch als außergewöhnlich beurteilt, weil das die Aufwendungen auslösende Ereignis - die Verweigerung des Umgangs mit den Kindern - nur wenige Steuerpflichtige betreffe und somit nicht durch die allgemeinen Freibeträge abgegolten sei. Aus der Zuordnung des Umgangsrechts zum "Kernbereich menschlichen Lebens" kann aber nicht geschlossen werden, dass die für den Umgang mit den Kindern entstehenden Aufwendungen - anders als die Kosten für Durchsetzung des Umgangsrechts - außergewöhnlich sind.

h) Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Aufwendungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Krankheitskosten nach § 33 EStG abziehbar.

Nach der Rechtsprechung des BFH werden Aufwendungen für Besuchsfahrten zu nahen Angehörigen zwar als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn diese ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit oder eines Leidens unternommen werden oder den Zweck verfolgen, die Krankheit oder das Leiden erträglicher zu machen (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958, m.w.N.). Dass der Kläger seine Kinder in den USA besucht, um - wie er vorträgt - bei diesen krankhafte Anpassungsstörungen zu vermeiden, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

i) Nach der Rechtslage im Streitjahr 1999 stand dem Kläger gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG für jedes Kind ein Kinderfreibetrag in Höhe von 3.456 DM zu. Da die geschiedene Ehefrau nicht unbeschränkt steuerpflichtig war, wurde dem Kläger nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 EStG je Kind der doppelte Kinderfreibetrag gewährt. Mit diesem - das sächliche Existenzminimum des Kindes von der Einkommensteuer freistellenden Kinderfreibetrag (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 10. November 1998  2 BvR 1057/91 u.a., BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182, unter C. I.) sind ungeachtet ihrer Höhe alle typischen Lebensführungskosten - wie die im Streitfall durch den Besuch der Kinder entstandenen Aufwendungen für Flüge, Übernachtungen, Mietwagen usw. - abgegolten.

2. Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass Kosten des getrennt lebenden Elternteils für Besuche des Kindes durch den Kinderlastenausgleich bzw. ab 1996 durch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger ist in seinen Grundrechten nicht dadurch verletzt, dass diese Kosten nicht nach § 33 EStG steuerlich berücksichtigt werden.

a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich im Einkommensteuerrecht für den Gesetzgeber aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) das Gebot, die Steuerlast an der finanziellen Leistungsfähigkeit auszurichten, die nach dem objektiven und subjektiven Nettoprinzip zu bemessen ist. Für den Bereich des subjektiven Nettoprinzips gebieten Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG, das Existenzminimum des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie von der Einkommensteuer zu verschonen. Auf Mittel, die für den Unterhalt von Kindern unerlässlich sind, darf der Staat bei der Besteuerung nicht in gleicher Weise zugreifen wie auf Mittel, die der Bürger zur Befriedigung beliebiger anderer Bedürfnisse einsetzen kann (z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98 u.a., BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, und vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356, jeweils m.w.N.).

In seinen Entscheidungen in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, und in BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356 hat das BVerfG erstmals ausgeführt, für die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen komme es nicht nur auf deren berufliche oder private Veranlassung an, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier/beliebiger Einkommensverwendung und "zwangsläufigem, pflichtbestimmten Aufwand". Auch wenn Aufwendungen ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen seien, müsse der Gesetzgeber die unterschiedlichen Gründe für den Aufwand "im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend würdigen". Beide Entscheidungen betrafen Aufwendungen der privaten Lebensführung, die auch durch den Beruf veranlasst waren (Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung bei Kettenabordnung und bei Ehegatten, die an verschiedenen Orten beruflich tätig waren, sowie Betreuungsaufwendungen berufstätiger Eltern).

Nicht nur im Bereich des objektiven, sondern auch im Bereich des subjektiven Nettoprinzips darf der Gesetzgeber aber generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, und in BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356).

Aufgrund dieser Befugnis des Gesetzgebers werden das von der Einkommensteuer freizustellende sächliche Existenzminimum des Steuerpflichtigen durch den Grundfreibetrag und das sächliche Existenzminimum eines Kindes durch den Kinderfreibetrag oder das Kindergeld berücksichtigt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182, unter C. I.).

Maßgröße für das von der Einkommensteuer freizustellende sächliche Existenzminimum ist nach der Entscheidung des BVerfG vom 25. September 1992  2 BvL 5/91 u.a. (BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413, unter C. I. 3.) der im Sozialhilferecht jeweils anerkannte Mindestbedarf. Dieser umfasste im Streitjahr 1999 den von der zuständigen Landesbehörde oder dem örtlichen Sozialhilfeträger festgesetzten Regelsatz (vgl. § 22 Abs. 3 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG -), Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 3 Abs. 1 und 2 Regelsatzverordnung) sowie einmalige Hilfen, die einen zusätzlichen, durch die laufenden Leistungen nicht gedeckten Grundbedarf berücksichtigen.

Einmalleistungen werden in der Regel gewährt für die Instandsetzung sowie Beschaffung von Hausrat und Bekleidung sowie die "Wahrnehmung besonderer Anlässe" (vgl. Dritter Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 2001, BTDrucks 14/1926, 2). Einmalleistungen wurden aufgrund von Sondererhebungen des Statistischen Bundesamtes bei den örtlichen Sozialhilfeträgern im Streitjahr 1999 für Alleinstehende mit 16 %, für erwachsene Haushaltsangehörige mit 17 % und für Kinder mit 20 % der Summe der Regelsätze angesetzt (Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 1999, BTDrucks 13/9561, 2, 3).

Da die sozialhilferechtlichen Regelsätze für Kinder altersabhängig und regional verschieden sind, sind nach der Entscheidung des BVerfG vom 14. Juni 1994  1 BvR 1022/88 (BVerfGE 91, 93, BStBl II 1994, 909, unter C. II. 1. c) Durchschnittssätze zu bilden. Dementsprechend wurde das Existenzminimum eines Kindes mit 6.696 DM (Regelsatz 4.284 DM + einmalige Leistungen 852 DM + Kaltmiete 1.296 DM + Heizkosten 264 DM) ermittelt (Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 1999, BTDrucks 13/9561, 4) und im Jahr 1999 mit einem Betrag von 6.912 DM von der Einkommensteuer freigestellt.

b) Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass Aufwendungen eines getrennt lebenden Elternteils für den Umgang mit den Kindern durch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind, liegt im Rahmen seines Regelungsspielraums.

In welchem Umfang für den Umgang mit dem Kind Aufwendungen erbracht werden müssen und ob sie überhaupt in einem ins Gewicht fallenden Umfang entstehen, ist von Fall zu Fall verschieden und weitgehend von der persönlichen, vielfach auf rein privaten Motiven beruhenden Lebensgestaltung des nicht sorgeberechtigten Elternteils abhängig. Vielfach entstehen durch die Ausübung des Rechts und der Pflicht zum persönlichen Umgang nach § 1684 Abs. 1 BGB keine oder nur geringe zusätzliche, über die in jeder Familie üblichen Aufwendungen hinausgehende Kosten, weil die Kinder z.B. in der Nähe des nicht sorgeberechtigten Elternteils wohnen bleiben oder dieser den Kindern an einen neuen Wohnort nachfolgt. Individueller Sonderbedarf ist grundsätzlich nicht bei der Ermittlung des von der Steuer freizustellenden Existenzminimums zu berücksichtigen, da bei allen Steuerpflichtigen gleichermaßen die existenznotwendigen Mindestaufwendungen typisierend anzusetzen sind. Daher muss bei der Ermittlung des steuerrechtlichen Existenzminimums auch nicht jede sozialrechtliche Zusatzleistung mitberücksichtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 2007 III R 48/04, BFH/NV 2007, 2176). Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. August 1995  5 C 15/94 (Neue Juristische Wochenschrift 1996, 1838), das Kosten für den Umgang mit dem Kind dem Grunde nach als sozialhilferechtlichen, nicht durch die Regelsätze abgedeckten Bedarf angesehen hat, für den einmalige Leistungen nach § 21 Abs. 1 BSHG oder besondere Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG in Betracht kommen können, lassen sich für die steuerrechtliche Behandlung keine Schlüsse ziehen.

In welchem Umfang durch eine zusätzliche steuerliche Entlastung der Umgang mit dem Kind erleichtert und gefördert werden soll, liegt im Regelungsermessen des Gesetzgebers (Senatsurteil in BFHE 180, 551, BStBl II 1997, 54).

3. Die Schulgeldzahlungen sind weder als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG noch teilweise als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abziehbar.

a) Nach § 33a Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 EStG sind Aufwendungen für die - auch die Schulausbildung umfassende - Berufsausbildung von Kindern nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen.

Nach der Rechtsprechung des Senats schließt § 33a Abs. 5 EStG den Abzug von Aufwendungen für die Ausbildung des Kindes grundsätzlich nur dann nicht aus, wenn durch außergewöhnliche Umstände - wie die Krankheit des Kindes - zusätzliche durch den Ausbildungsfreibetrag und den Familienleistungsausgleich nicht abgegoltene besondere Aufwendungen entstehen (z.B. Senatsbeschluss vom 17. April 1997 III B 216/96, BFHE 183, 139, BStBl II 1997, 752, m.w.N., und BFH-Urteil vom 23. November 2000 VI R 38/97, BFHE 193, 553, BStBl II 2001, 132).

Eine Berücksichtigung dieser Kosten ist nur dann möglich, wenn es sich um unmittelbare Krankheitskosten handelt, d.h. sie müssen ausschließlich zum Zwecke der Heilung einer Krankheit getätigt werden oder den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglich zu machen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall aber nicht erfüllt. Es genügt nicht, dass - wie der Kläger vorträgt - die Privatschule durch kleine Klassenverbände eine individuelle Betreuung sicherstelle und auf diese Weise Anpassungsstörungen seiner Kinder vermeide. § 33 EStG ist nicht anwendbar, wenn ein Kind aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen Gründen in einer Privatschule untergebracht wird; es handelt sich in derartigen Fällen um Kosten der Berufsausbildung und nicht um Krankheitskosten (Senatsbeschluss in BFHE 183, 139, BStBl II 1997, 752, und Senatsurteil vom 18. April 1990 III R 160/86, BFHE 161, 447, BStBl II 1990, 962).

b) Die Kosten für die Schule sind auch nicht mit einem Teilbetrag als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind 30 % des Entgelts als Sonderausgaben abziehbar, das der Steuerpflichtige für ein Kind (für das er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält) für den Besuch einer gemäß Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule sowie einer nach Landesrecht anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule entrichtet. Die von den Kindern besuchte "... Country Day School" in den USA erfüllt diese Voraussetzungen nicht; es handelt sich nicht um eine von der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder anerkannte deutsche Schule im Ausland (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 XI R 32/03, BFHE 209, 40, BStBl II 2005, 518).

Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 11. September 2007 C-76/05 (Deutsches Steuerrecht 2007, 1670) berührt den Streitfall nicht, da das aus dem EG-Vertrag abgeleitete Verbot, Schulgeldzahlungen nur für den Besuch inländischer Schulen steuerlich zu berücksichtigen, lediglich Schulgeldzahlungen an Schulen in Mitgliedstaaten betrifft, nicht aber Zahlungen an Schulen in Drittländern wie in den USA.