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BFH-Urteil
vom 24.6.2009 (VIII R 13/07) BStBl. 2009 II S. 993 1.
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind die
Anschaffungskosten eines Gesellschafters für den Erwerb seiner
mitunternehmerischen Beteiligung in einer steuerlichen Ergänzungsrechnung
nach Maßgabe der Grundsätze über die Aufstellung von Ergänzungsbilanzen
zu erfassen, wenn sie in der Überschussrechnung der Gesamthand nicht berücksichtigt
werden können. 2.
Ein entgeltlicher Erwerb einer mitunternehmerischen Beteiligung, der zur
Aufstellung einer Ergänzungsrechnung führen kann, liegt aus der Sicht des
Erwerbers auch vor, wenn der bisherige Einzelinhaber seinen freiberuflichen
Betrieb in eine neu gegründete GbR einbringt und der andere Gesellschafter
für seinen zukünftigen Anteil an der Gesellschaft eine Zuzahlung in das
Privatvermögen des ehemaligen Einzelinhabers erbringt. EStG
§ 4 Abs. 3, § 7, § 15 Abs. 3 Nr. 1,
§ 16 Abs. 1 Nr. 2; UmwStG § 24; BGB § 718 Abs. 1,
§ 722. Vorinstanz:
Niedersächsisches FG vom 14. März 2007 2 K 574/03 (EFG
2007, 1298) Sachverhalt I. Zwischen
den Beteiligten ist streitig, ob Absetzungen für Abnutzung (AfA) beim
Praxiswert und bei der Praxiseinrichtung in voller Höhe dem Kläger und
Revisionsbeteiligten (Kläger) zuzurechnen sind. Der
Beigeladene und Revisionskläger (Beigeladener) betrieb eine ärztliche
Einzelpraxis. Mit Wirkung zum 1. Januar 1998 gründete er mit dem Kläger
eine GbR zum Zweck der gemeinsamen Berufsausübung. Einnahmen und Ausgaben
sollten hälftig geteilt und getragen werden. Der Beigeladene brachte
vereinbarungsgemäß seine Einzelpraxis in die GbR ein. Zum Ausgleich für
die Hälfte des Patientenstammes und der Praxisgegenstände zahlte der Kläger
an den Beigeladenen 200.000 DM. Die
GbR ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 des
Einkommensteuergesetzes (EStG). In ihrer Gewinnermittlung für das
Streitjahr 1998 behandelte sie die vom Kläger an den Beigeladenen
geleistete Ausgleichszahlung in Höhe von 50.000 DM als
Anschaffungskosten auf Gegenstände der Praxiseinrichtung und in Höhe von
150.000 DM als Anschaffungskosten auf den Praxiswert. Die sich daraus
ergebende AfA von 41.672 DM berücksichtigte sie als Betriebsausgabe im
Gesamthandsbereich. Im Übrigen führte die GbR die Buchwerte der vom
Beigeladenen eingebrachten Gegenstände fort. Der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) rechnete davon
abweichend die AfA auf die Praxiseinrichtung und den Praxiswert ursprünglich
allein dem Kläger zu. Der dagegen vom Beigeladenen eingelegte Einspruch
hatte Erfolg. In der Einspruchsentscheidung verteilte das FA die AfA auf die
Beteiligten nach Kopfteilen gemäß § 722 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB). Das
Finanzgericht (FG) hat - nach Beiladung des anderen Gesellschafters - der
dagegen gerichteten Klage stattgegeben und die AfA wiederum allein dem Kläger
zugerechnet. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)
2007, 1298 veröffentlicht. Dagegen
richtet sich der Beigeladene mit der Revision. Der
Beigeladene beantragt, den Gewinn so auf die Gesellschafter zu verteilen,
dass die Abschreibung am gemeinsamen Anlagevermögen jedem zu 50 %
zugerechnet wird. Das
FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Der
Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe II. Die
Revision ist unbegründet. Sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO -). 1.
Das FG hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die AfA in voller Höhe dem Kläger
zusteht, soweit sie darauf entfällt, dass er für seinen
Mitunternehmeranteil einen über dem Buchwert liegenden Preis an den
Beigeladenen bezahlt hat. Dasselbe gilt für die AfA auf den vom Kläger
erworbenen originären Geschäftswert. Die Anschaffungskosten sind nicht in
der Gewinnermittlung der Gesamthand, sondern in einer Ergänzungsrechnung zu
Gunsten des Klägers zu erfassen und dort fortzuschreiben. 2.
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind die
Anschaffungskosten eines Gesellschafters für den Erwerb seiner
mitunternehmerischen Beteiligung in einer steuerlichen Ergänzungsrechnung
nach Maßgabe der Grundsätze über die Aufstellung von Ergänzungsbilanzen
zu erfassen, wenn sie in der Bilanz der Gesamthand nicht berücksichtigt
werden können. Die steuerliche Ergänzungsrechnung bewirkt eine vorübergehende
Modifikation der steuerlichen - nicht der handelsrechtlichen -
Gewinnverteilung im Interesse einer leistungsgerechten Besteuerung (vgl.
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. Oktober 1991 VIII R 148/85,
BFHE 167, 309, BStBl II 1992, 647). a)
Hat ein Gesellschafter einer Personengesellschaft seinen
Mitunternehmeranteil entgeltlich erworben, so sind die Anschaffungskosten in
einer Ergänzungsbilanz zu erfassen und fortzuschreiben, soweit die
Aufwendungen den Betrag des übergehenden Kapitalkontos in der Steuerbilanz
der Personengesellschaft übersteigen (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteile vom 30. März 1993 VIII R 63/91, BFHE 171, 213,
BStBl II 1993, 706; vom 18. Februar 1993 IV R 40/92, BFHE
171, 422, BStBl II 1994, 224; BFH-Beschluss vom 21. März 1995 IV B 95/94,
BFH/NV 1996, 211). Die für die Aufstellung von Ergänzungsbilanzen in der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind entsprechend anzuwenden, wenn
die Personengesellschaft ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG
durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt. Die Anschaffungskosten für
einen entgeltlich erworbenen Mitunternehmeranteil sind dann in einer
steuerlichen Ergänzungsrechnung zu erfassen, soweit sie in der Überschussrechnung
der Gesamthand nicht berücksichtigt werden können (ebenso Ley, Kölner
Steuerdialog 9/2001, 12982, 12983; Reiß in Kirchhof, EStG, 8. Aufl.,
§ 15 Rz 316). An die Stelle des Kapitalkontos treten die anteilig
im Umfang der erworbenen Beteiligung auf den Gesellschafter entfallenden
Buchwerte derjenigen Wirtschaftsgüter, die nach den auch für die
Einnahmen-Überschussrechnung geltenden Vorschriften über AfA oder
Substanzverringerung von der Gesellschaft zu erfassen sind (§ 4 Abs. 3
Satz 3 EStG i.V.m. §§ 7 ff. EStG). b)
Ein Mitunternehmeranteil wird im Regelfall (bei bestehender
Personengesellschaft) von einem ausscheidenden Gesellschafter erworben (vgl.
nur Schmidt/Wacker, EStG, 28. Aufl., § 16 Rz 450 ff.).
Ein entgeltlicher Erwerb einer mitunternehmerischen Beteiligung, der zur
Aufstellung einer Ergänzungsbilanz führen kann, liegt aus der Sicht des
Erwerbers jedoch auch vor, wenn der bisherige Einzelinhaber seinen
freiberuflichen Betrieb in eine neu gegründete GbR einbringt und der andere
Gesellschafter für seinen Anteil an der Gesellschaft eine Zuzahlung in das
Privatvermögen des ehemaligen Einzelinhabers erbringt. aa)
Zivilrechtlich vereinbaren die Partner in diesen Fällen regelmäßig eine
auf die Einbringung des bestehenden Einzelunternehmens gerichtete
Einlageverpflichtung und eine Zahlungsverpflichtung des anderen
Gesellschafters, die keine Einlage darstellt. Die Veräußerung von zum
Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern ist dagegen nicht gewollt.
Mit der Einbringung werden die eingebrachten Vermögenswerte nach § 718
Abs. 1 BGB gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter
(Gesellschaftsvermögen). bb)
Steuerrechtlich werden nach der Rechtsprechung des BFH bei einer Einbringung
gegen Zuzahlung in das Privatvermögen des Einbringenden die Tatbestände
der Veräußerung und der Einbringung von Betriebsvermögen miteinander
verbunden. Soweit der künftige Mitgesellschafter für die Einbringung ein
Entgelt an den Einbringenden zahlt, stellt sich der Vorgang im Verhältnis
der Gesellschafter zueinander als Veräußerung dar (vgl. BFH-Urteile vom
23. Juni 1981 VIII R 138/80, BFHE 135, 551, BStBl II 1982,
622, und vom 8. Dezember 1994 IV R 82/92, BFHE 176, 392,
BStBl II 1995, 599). cc)
Diese steuerrechtliche Wertung hat nicht nur für die Besteuerung des Veräußerers
Bedeutung. Sie ist vielmehr auch der Besteuerung des Erwerbers zugrunde zu
legen. Der die Zuzahlung erbringende Gesellschafter erstrebt eine
mitunternehmerische Beteiligung an der zu Erwerbszwecken gegründeten
Gesellschaft. Dafür erbringt er die vereinbarte Zahlung. Sie ist mithin
darauf gerichtet, einen im Wege der Einbringung vom anderen Partner noch zu
schaffenden Mitunternehmeranteil entgeltlich zu erwerben. Der die Zuzahlung
Leistende erwirbt dadurch von dem zur Einbringung verpflichteten
Gesellschafter bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs letztlich gegen
Entgelt einen von dessen Betrieb oder Mitunternehmeranteil
"abgespaltenen" Mitunternehmeranteil (Groh, Der Betrieb 2001,
2162). dd)
Beim entgeltlichen Erwerb eines Mitunternehmeranteils an einer
Personengesellschaft handelt es sich im Regelfall, also beim Erwerb von
einem ausscheidenden Gesellschafter, einkommensteuerrechtlich um die
entgeltliche Anschaffung von Anteilen an den einzelnen zum Gesellschaftsvermögen
gehörenden Wirtschaftsgütern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. April
1985 IV R 83/83, BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350; vom 7. November
1985 IV R 7/83, BFHE 145, 194, BStBl II 1986, 176; Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1,
19, BStBl II 1991, 691, 700). Für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils im
Wege der Einbringung eines Einzelbetriebs in eine neu gegründete
Personengesellschaft gilt nichts anderes. Letztlich erwirbt der die
Zuzahlung leistende Gesellschafter auch hier aufgrund der Einbringung
unmittelbar anteiliges Gesamthandseigentum an den zum Gesellschaftsvermögen
gehörenden Wirtschaftsgütern. Das hat zur Folge, dass die Aufwendungen des
Erwerbers, soweit sie als Anschaffungskosten für die Anteile an den
Wirtschaftsgütern des (bilanzierten und des nicht bilanzierten)
Gesellschaftsvermögens anzusehen sind, in einer steuerlichen Ergänzungsbilanz
zu aktivieren sind, soweit sie den Betrag der auf den Erwerber übergehenden
Buchwerte übersteigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 422, BStBl II 1994,
224). Entsprechendes gilt für die Aufstellung einer Ergänzungsrechnung bei
der Einnahmen-Überschussrechnung. ee)
Mit diesem Verständnis des Vorgangs befindet sich der Senat im Einklang mit
dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98
(BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123). Der Große Senat hat zwar entschieden,
dass der vom Einbringenden erzielte Veräußerungsgewinn nicht begünstigt
besteuert wird, weil keiner der in den maßgebenden Vorschriften (§§ 14,
14a Abs. 1, 16, 17 und 18 Abs. 3 EStG) abschließend aufgeführten
Gegenstände (Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil) veräußert
worden ist. Der Große Senat hat sich indes nicht dazu geäußert, was aus
der Sicht des Erwerbers der Gegenstand der Anschaffung ist (vgl. Offerhaus
in Festschrift für Widmann S. 441 ff.). Er hat in diesem
Zusammenhang aber immerhin ausgeführt: "Die im Hinblick auf die von
dem aufgenommenen Gesellschafter geleistete Ausgleichszahlung realisierten
stillen Reserven entfallen nur auf den ideellen Anteil an den Wirtschaftsgütern
des Betriebs, der dessen erworbenen Gesellschaftsbeteiligung
entspricht." Daraus ist ersichtlich, dass der Große Senat - insoweit
ohne Bindungswirkung - ebenfalls den erst durch die Einbringung entstehenden
Mitunternehmeranteil als Gegenstand des Erwerbsgeschäfts angesehen und die
durch die Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven den dadurch erworbenen
ideellen Anteilen an den eingebrachten Wirtschaftsgütern zugerechnet hat. 3.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe lässt die Vorentscheidung Rechtsfehler nicht
erkennen. a)
Der Kläger hat nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze seine Beteiligung
an der GbR entgeltlich vom Beigeladenen erworben. Davon ist das FG in Übereinstimmung
mit allen Beteiligten zu Recht ausgegangen. Die dafür vom Kläger
aufgewandten Anschaffungskosten von 200.000 DM überstiegen den
anteiligen Buchwert der auf ihn entfallenden Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens. aa)
Die GbR war gemäß § 24 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG)
berechtigt, das eingebrachte Vermögen mit dem Buchwert anzusetzen. Zum
eingebrachten Vermögen gehören auch Wirtschaftsgüter, die zwar nicht
Gesamthandseigentum geworden sind, aber der Gesellschaft als
Sonderbetriebsvermögen I zur Nutzung zur Verfügung stehen (vgl.
BFH-Urteil vom 26. Januar 1994 III R 39/91, BFHE 173, 338,
BStBl II 1994, 458). Unschädlich war deshalb, dass der Beigeladene seinen
zum Betriebsvermögen gehörenden PKW nicht in das Gesellschaftsvermögen
eingebracht hatte. Für die Anwendung des § 24 UmwStG ist ferner nicht
erforderlich, dass die Gegenleistung für die Sacheinlage ausschließlich in
der Gewährung von Gesellschaftsrechten besteht, sondern es reicht aus, dass
überhaupt ein Mitunternehmeranteil eingeräumt wird (vgl. BFH-Urteil vom
21. September 2000 IV R 54/99, BFHE 193, 301, BStBl II 2001,
178). Die Zuzahlung des Klägers ist insofern unbeachtlich. Die GbR musste
das Wahlrecht schließlich auch einheitlich ausüben (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 173, 338, BStBl II 1994, 458). bb)
Das FG hat angenommen, dass die Einzelpraxis des Beigeladenen zu Buchwerten
in die GbR eingebracht worden ist. Zwar ist die buchtechnische Behandlung
des Vorgangs durch die GbR gerade nicht eindeutig, weil sie in ihrem
Anlagenverzeichnis für die "Praxiseinrichtung" und den
"Praxiswert" den vom Kläger hierauf jeweils geleisteten Betrag
als Anschaffungskosten behandelt und die Buchwerte insofern aufgestockt hat.
Aus dem Umstand, dass die GbR aber ansonsten (Sonstiges Inventar,
Betriebsausstattung, Büroeinrichtung) die Buchwerte der Einzelpraxis
fortgeführt hat, durfte das FG schließen, dass insgesamt eine Einbringung
zu Buchwerten gewollt war. An diese Folgerung, die zumindest möglich ist,
ist der BFH gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). b)
Die vom Kläger getragenen Anschaffungskosten waren danach, soweit sie die
anteiligen Buchwerte der auf ihn entfallenden Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens überstiegen, nicht im Anlagenverzeichnis der Gesamthand
zu erfassen, denn die GbR hatte die Praxiseinrichtung des Beigeladenen nicht
erworben. Dieser Vorgang hat sich zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger
abgespielt und war deshalb in einer steuerlichen Ergänzungsrechnung zu
Gunsten des Klägers zu erfassen. Die von den Beteiligten erklärte
Aufteilung der Anschaffungskosten auf die einzelnen Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens ist weder vom FA noch vom FG beanstandet worden. Sie wird
auch mit der Revision nicht angegriffen. Steuerlicher Aufwand kann sich
aufgrund der Fortführung der Ergänzungsrechnung nur nach Maßgabe der
§§ 7 ff. EStG ergeben. Dabei steht die AfA-Berechtigung im
Streitfall allein dem Kläger zu, der die Anschaffungskosten getragen hat
und für den die Mehrwerte in der Ergänzungsrechnung auszuweisen sind.
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