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BFH-Urteil
vom 10.12.2008 (XI R 1/08) BStBl. 2009 II S. 1026 Ein
rückwirkender Wechsel von der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20
UStG) zur Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (§ 16 UStG) ist bis
zur formellen Bestandskraft der jeweiligen Jahressteuerfestsetzung zulässig. UStG
§ 9 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 1,
§ 18 Abs. 3 und 4, § 19 Abs. 2, § 20, § 23
Abs. 3; AO § 38. Vorinstanz:
Sächsisches FG vom 21. Juni 2006 6 K 1593/02 (EFG 2008,
1247) Sachverhalt I. Streitig
ist, ob die Umsätze des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) zu Recht
nach vereinbarten Entgelten besteuert wurden. Der
Kläger betrieb im Streitjahr 1996 ein Einzelunternehmen, für das ihm
antragsgemäß die Besteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten
gestattet worden war; entsprechend verfuhr er in den monatlich abgegebenen
Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Nach
Gründung einer GmbH brachte der Kläger sein Einzelunternehmen aufgrund
eines am 22. Januar 1997 geschlossenen Einbringungsvertrages - rückwirkend
- zum 4. November 1996 in diese GmbH ein. Am 4. Dezember 1997
reichte er die Umsatzsteuerjahreserklärung 1996 seines Einzelunternehmens für
die Zeit vom 1. Januar bis 3. November 1996 ein. Diese Erklärung
beruhte wegen der Erfassung von offenen Forderungen auf einer
Sollbesteuerung der Umsätze und führte zu einer - bestandskräftig
gewordenen - Vorbehaltsfestsetzung für 1996 über 159.395,50 DM. Mit
Antrag vom 15. Februar 2000 sowie einer berichtigten Umsatzsteuererklärung
1996 vom 24. Februar 2000 begehrte der Kläger - seinen Voranmeldungen
entsprechend - eine Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten. Nachdem der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Steuerfestsetzung
1996 zunächst erklärungsgemäß mit Bescheid vom 16. März 2000 geändert
hatte, hob es diesen Änderungsbescheid am 12. Mai 2000 gemäß
§ 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wieder auf. Einspruch und
Klage gegen diesen Aufhebungsbescheid hatten keinen Erfolg. Das Urteil des
Finanzgerichts (FG) ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008,
1247 veröffentlicht. Mit
der vom Senat zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, seine
Umsatzsteuererklärung 1996 vom 4. Dezember 1997 habe mit der
Rechtslage nicht im Einklang gestanden. Der darin vollzogene Übergang zur
Sollbesteuerung sei wegen Verstoßes gegen das steuerliche Rückwirkungsverbot
nicht zulässig gewesen. Das Rückwirkungsverbot betreffe auch Sachverhalte,
bei denen durch Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts eine steuerlich
relevante Wirkung erzeugt worden sei. Diese Wirkung trete im Falle der
Istbesteuerung mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums ein, in dem die
Entgelte vereinnahmt worden seien. Daraus sei mit dem FG Berlin (Urteil vom
21. Oktober 1981 VI 263/77, EFG 1982, 440) zu folgern, dass ein
Verzicht auf die Istbesteuerung nur bis zum Beginn des jeweils laufenden
Voranmeldungszeitraums erfolgen könne. Soweit
das FG keinen Anlass sehe, das Wahlrecht des § 20 des
Umsatzsteuergesetzes 1993 in der für das Streitjahr 1996 geltenden Fassung
(UStG) restriktiver zu handhaben als die Widerrufsmöglichkeiten nach
§§ 9, 19, 23 UStG, sei dem entgegenzuhalten, dass es in diesen Fällen
nur darum gehe, ob die entsprechenden Umsätze mit oder ohne Umsatzsteuer
besteuert würden. Bei § 20 UStG dagegen gehe es um den Zeitpunkt der
Entstehung der Steuer überhaupt. Darüber hinaus stehe einem Vergleich mit
§ 19 und § 23 UStG entgegen, dass es dort nach Ablauf der
Unanfechtbarkeit langjährige Bindungswirkungen gebe. Die
berichtigte Umsatzsteuererklärung 1996 vom 24. Februar 2000 beinhalte
keinen erneuten Antrag auf Istbesteuerung, sondern lediglich die Korrektur
der fehlerhaften Umsatzsteuererklärung 1996. Der
Kläger beantragt, die Vorentscheidung des FG, die Einspruchsentscheidung
des FA vom 27. Juni 2002 sowie den Aufhebungsbescheid für 1996 vom 12. Mai
2000 aufzuheben. Das
FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Bei Einreichung
der Umsatzsteuererklärung 1996 sei noch keine bestandskräftige
Steuerfestsetzung für 1996 vorhanden und ein Wechsel zur Sollbesteuerung
daher möglich gewesen. Entscheidungsgründe II. Die
Revision des Klägers ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126
Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Umsätze des Klägers
sind zu Recht nach vereinbarten Entgelten und nicht - wie mit der geänderten
Umsatzsteuererklärung 1996 vom 24. Februar 2000 begehrt - nach
vereinnahmten Entgelten besteuert worden. Die
Umsatzsteuer ist gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG nach
vereinbarten Entgelten zu berechnen, soweit nicht § 20 UStG gilt.
Danach kann das FA auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer unter
bestimmten Voraussetzungen die Steuer nicht nach vereinbarten Entgelten (§ 16
Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern nach den vereinnahmten Entgelten
berechnet. 1.
Nach den Feststellungen des FG hatte das FA dem Kläger für das Streitjahr
gestattet, seine Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen;
davon hat er zwar für die Voranmeldungen des Streitjahres Gebrauch gemacht,
nicht jedoch für die Umsatzsteuerjahreserklärung 1996. 2.
Im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung 1996 ist der Kläger - wie das FG
zu Recht entschieden hat - wirksam von der Ist- zur Sollbesteuerung zurückgekehrt.
Da es sich bei der Gestattung der Istbesteuerung um einen begünstigenden -
sonstigen - Verwaltungsakt handelt und die Sollbesteuerung der gesetzliche
Regelfall ist, steht es dem Unternehmer grundsätzlich frei, von der
Gestattung keinen Gebrauch zu machen und ohne weiteres zur Sollbesteuerung
zurückzukehren; dafür ist weder ein Antrag des Steuerpflichtigen noch eine
Erlaubnis des FA erforderlich (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer,
§ 20 Rz 40; FG München, Urteil vom 9. Dezember 1999 14 K 289/96,
Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2000, 231; Urteil des FG Berlin in EFG
1982, 440). 3.
Diesem - rückwirkenden - Wechsel von der Ist- zur Sollbesteuerung innerhalb
eines laufenden Besteuerungszeitraums stehen weder materiell-rechtliche noch
verfahrensrechtliche Gründe entgegen. a)
Nach § 20 Abs. 1 Satz 3 UStG dürfen zwar im Falle eines
Wechsels Umsätze nicht doppelt erfasst werden oder unversteuert bleiben.
Diese Norm betrifft jedoch die Durchführung des Besteuerungsverfahrens und
regelt lediglich die Art und Weise des Übergangs, setzt also einen Wechsel
der Besteuerungsform voraus. b)
Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt dieser Wechsel nicht gegen das
aus § 38 AO abgeleitete steuerliche Rückwirkungsverbot. Nach § 38
AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der
Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.
Daraus folgt nach ganz allgemeiner Ansicht, dass ein durch
Tatbestandsverwirklichung entstandener Steueranspruch grundsätzlich unabänderlich
ist und insbesondere durch Rückbeziehung, Rückdatierung und Rückgängigmachung
tatsächlicher oder rechtlicher Vorgänge nicht mehr beeinflusst werden kann
(vgl. Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 38
AO Rz 30; Klein/ Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 38 Rz 11).
aa)
Der Übergang von Ist- zu Sollbesteuerung stellt schon keinen Eingriff i.S.
von § 38 AO in den gesetzlichen Umsatzsteuertatbestand dar. Nach
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG entsteht die
Steuer bei der Berechnung nach vereinnahmten Entgelten zwar mit Ablauf des
Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Ein
Wechsel bedeutet aber insofern keinen Eingriff in den
Besteuerungssachverhalt, als er nicht zur Folge hat, dass dadurch das
Vorliegen einer i.S. von § 1 Abs. 1 UStG steuerbaren und
steuerpflichtigen Lieferung oder sonstigen Leistung entfallen würde. Ob ein
Umsatz überhaupt steuerpflichtig ist und welcher Steuersatz zur Anwendung
kommt, richtet sich vielmehr nach den tatsächlichen Verhältnissen im
Zeitpunkt der Leistung und ist daher unabhängig vom Zeitpunkt der
Entgeltsvereinnahmung (vgl. Geist in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz,
§ 20 Rz 55). bb)
Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass das Rückwirkungsverbot keine
absolute, sondern nur grundsätzliche Geltung beansprucht und daher
Ausnahmen zulässig sind. (1)
Hat etwa der Unternehmer die Gestattung der Istbesteuerung durch unlautere,
unvollständige oder unrichtige Angaben erwirkt, kann das FA den begünstigenden,
aber rechtswidrigen Verwaltungsakt (§ 118 AO) gemäß § 130 Abs. 2
Nr. 2 und 3 AO auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen
(vgl. Geist in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 20 Rz 46.1; Kruse in
Tipke/Kruse, a.a.O., § 130 AO Rz 48). Dem steht nicht entgegen,
dass für den Zeitraum bis zur Rücknahme der Gestattung die
Umsatzsteuer-Voranmeldungen auf der Grundlage von Zahlungseingängen
abgegeben wurden und i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
UStG zur Entstehung von Steuern geführt haben. (2)
Darüber hinaus entspricht es allgemeiner Ansicht im Schrifttum, der sich
der Senat anschließt, dass das Rückwirkungsverbot der Ausübung von
gesetzlichen Wahlrechten bzw. Optionen nicht entgegensteht, wenn sich diese
nicht auf die Verwirklichung eines Lebenssachverhalts, sondern nur auf die Höhe
der Steuer auswirken (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 38 AO Rz 14;
Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 38 Rz 13; Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler,
§ 38 AO Rz 29; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 38 Rz 20).
Unabhängig von der Entstehung der Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten
gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG kann ein
Antrag auf Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten daher grundsätzlich
auch noch im Laufe und selbst nach Ablauf eines Jahres - also rückwirkend -
gestellt und genehmigt werden (vgl. Flückiger in Plückebaum/
Malitzky/Widmann, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 20 Rz 107;
Henseler in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 20 Rz 26;
Zeuner in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl., § 20 Rz 16; Korn,
Umsatzsteuer-Kongress-Bericht 1988/1989, S. 15, 28). Wenn aber die
nachträgliche bzw. rückwirkende Gestattung der Besteuerung nach
vereinnahmten Entgelten keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot
bewirkt, muss dies auch für den Verzicht auf die Besteuerung nach
vereinnahmten Entgelten (actus contrarius) gelten. Denn auch dadurch wird
nicht in den der Besteuerung zugrunde liegenden Lebenssachverhalt
eingegriffen, sondern lediglich die Höhe der Umsatzsteuer im jeweiligen
Besteuerungszeitraum verändert. (3)
Diese Auffassung steht im Einklang mit dem gemeinschaftsrechtlichen
Grundsatz der Rechtssicherheit. Dieser Grundsatz gehört zu den allgemeinen
Rechtsgrundsätzen, die Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung und auch von den
Mitgliedstaaten zu beachten sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften - EuGH - vom 11. Mai
2006 Rs. C-384/04 - Federation of Technological Industries -, Slg.
2006, I-4191, Leitsatz 1). Er
beinhaltet insbesondere, dass der Betroffene bei finanziell belastenden
Regelungen in der Lage sein muss, den Umfang der ihm auferlegten
Verpflichtungen genau zu erkennen (vgl. EuGH-Urteil vom 29. April 2004
Rs. C-17/01 - Sudholz -, Slg. 2004, I-4243, Randnr. 34). Der
Wechsel von Ist- zur Sollbesteuerung führt zwar im Regelfall zu einer
wirtschaftlichen Belastung des Steuerpflichtigen. Dessen Umfang ist jedoch für
den Steuerpflichtigen nicht nur ohne weiteres erkennbar, sondern auch von
der Ausübung eines Wahlrechts abhängig. Der Grundsatz der Rechtssicherheit
wird daher jedenfalls dann nicht berührt, wenn das FA bei gesetzlich eingeräumten
Wahlrechten einem Begehren des Steuerpflichtigen entspricht. c)
Einer Rückkehr zur Sollbesteuerung stehen auch keine verfahrensrechtlichen
Hindernisse entgegen. Der Kläger konnte die Rückkehr bis zur
Unanfechtbarkeit (formellen Bestandskraft) der Jahressteuerfestsetzung erklären.
Zum Zeitpunkt des Wechsels am 4. Dezember 1997 (Eingang der
Umsatzsteuerjahreserklärung 1996) gab es noch keine bestandskräftige
Umsatzsteuerfestsetzung für 1996. aa)
Der Zeitpunkt, bis zu dem nach einer Option zur Istbesteuerung rückwirkend
auf diese verzichtet werden kann, ist ebenso wenig geregelt wie der
Zeitpunkt für eine Gestattung der Istbesteuerung. Für Letztere ist jedoch
allgemein anerkannt, dass sie jedenfalls dann nicht mehr zulässig ist, wenn
sie sich auf einen Besteuerungszeitraum erstreckt, der bereits durch eine
bestandskräftige Umsatzsteuerfestsetzung abgeschlossen ist (vgl. Wagner in
Sölch/Ringleb, a.a.O., § 20 Rz 30; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer,
UStG § 20 Rz 18; Zeuner in Bunjes/Geist, a.a.O., § 20 Rz 16;
Korn, Umsatzsteuer-Kongress-Bericht 1988/1989, S. 15, 28; Devermann in
Offerhaus/ Söhn/Lange, § 20 UStG Rz 106; im Ergebnis auch
Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. August 2002 V B 65/02,
BFH/NV 2003, 210; weitergehend - bis zur Änderbarkeit nach § 164 AO -
Flückiger in Plückebaum/Malitzky/Widmann, a.a.O., § 20 Rz 107).
Hat der Steuerpflichtige die Istbesteuerung in Anspruch genommen, dann kann
für die Rückgängigmachung kein längerer Zeitraum als für ihre Ausübung
eingeräumt werden. Denn für die Rückgängigmachung eines Wahlrechts als
"actus contrarius" gelten - auch in zeitlicher Hinsicht - die
gleichen Grenzen wie für die Ausübung des Wahlrechts. bb)
Über die gesetzlich geregelten Fälle hinausgehend hat auch die
Rechtsprechung eine Rückgängigmachung von Verfahrenshandlungen nur bis zur
formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres anerkannt,
für die sie gelten soll. (1)
Das Umsatzsteuergesetz regelt in § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG die
Option des Kleinunternehmers zur Regelbesteuerung und in § 23 Abs. 3
Satz 1 UStG die Option zur Besteuerung nach Durchschnittssätzen. In
beiden Fällen muss der jeweilige Widerruf bis zur Unanfechtbarkeit der
Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4 UStG) und damit innerhalb
der formellen Bestandskraft erfolgen. (2)
§ 9 Abs. 1 UStG ermöglicht eine Option zur Steuerpflicht, regelt
aber - im Unterschied zu §§ 19, 23 UStG - nicht, bis zu welchem
Zeitpunkt diese zu erklären ist und bis zu welchem Zeitpunkt eine erklärte
Option noch rückgängig gemacht werden kann. Unter Hinweis auf die
rechtssystematisch vergleichbare Situation beim Widerruf eines Verzichts auf
die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG hat der BFH eine
Bindungswirkung an die Option zur Steuerpflicht ab dem Eintritt der
formellen Bestandskraft der jeweiligen Steuerfestsetzung bejaht (vgl.
BFH-Beschluss vom 6. August 1998 V B 146/97, BFH/NV 1999,
223; im Unterschied zur nachträglichen Ausübung der Option vgl. Klenk in Sölch/Ringleb,
a.a.O., § 9 Rz 68). Dieselbe zeitliche Grenze gilt im Übrigen
auch für eine Änderung des Aufteilungsmaßstabes nach § 15 Abs. 4
UStG (vgl. BFH-Urteile vom 2. März 2006 V R 49/05, BFHE 213,
249, BStBl II 2006, 729, und vom 28. September 2006 V R 43/03,
BFHE 215, 335, BStBl II 2007, 417; BFH-Beschluss vom 14. März 2008 V B 137/06,
BFH/NV 2008, 1213). Da
sowohl die Rückgängigmachung der Optionen nach §§ 9, 19, 23 UStG
als auch die Rückgängigmachung der Istbesteuerung im Rahmen des § 20
UStG die rückwirkende Änderung von Verfahrenshandlungen betrifft und
sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung nicht ersichtlich
sind, hält der Senat einen Verzicht auf die Istbesteuerung bis zum Eintritt
der formellen Bestandskraft für zulässig (vgl. auch Wagner in Sölch/Ringleb,
a.a.O., § 20 Rz 31; Burhoff in Peter/Burhoff/Stöcker,
Umsatzsteuer, Kommentar, § 20 Rz 49). cc)
Dabei kommt es nicht auf die formelle Bestandskraft der jeweiligen
Umsatzsteuer-Voranmeldung an, sondern auf die formelle Bestandskraft der
Jahressteuerfestsetzung. Denn maßgeblicher Besteuerungszeitraum für die
Umsatzsteuer ist das Kalenderjahr (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG).
Daher werden die auf (monatlich oder vierteljährlich abzugebenden)
Voranmeldungen beruhenden Festsetzungen durch eine Jahressteuerfestsetzung (§ 18
Abs. 3 UStG) abgelöst; in verfahrensrechtlicher Hinsicht führt dies
dazu, dass - in einem die Voranmeldungen betreffenden Rechtsstreit - ein
Jahressteuerbescheid zum Gegenstand des Verfahrens wird (§ 68 FGO) und
sich der Rechtsstreit hinsichtlich der Voranmeldungen i.S. von § 124
Abs. 2 AO "auf andere Weise" erledigt (ständige
BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 22. Oktober 2003 V B 103/02,
BFH/NV 2004, 502). Hinzu kommt, dass auch die gesetzlichen Regelungen zum
Widerruf der Optionen des § 19 und des § 23 UStG auf § 18
Abs. 3 und 4 UStG und damit auf die Jahressteuerfestsetzung verweisen.
Gründe für eine hiervon abweichende Behandlung des Wechsels zwischen Ist-
und Sollbesteuerung sind nicht erkennbar. dd)
Dem danach zulässigen Wechsel von Ist- zur Sollbesteuerung kann der Kläger
nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass es in den Fällen der §§ 19, 23
UStG nur darum gehe, ob die entsprechenden Umsätze mit oder ohne
Umsatzsteuer besteuert würden, während es bei § 20 UStG um den
Zeitpunkt der Entstehung der Steuer überhaupt gehe. Abgesehen davon, dass
es im Falle der Kleinunternehmeroption nach § 19 UStG ebenfalls um die
Entstehung einer - bislang nicht erhobenen - Umsatzsteuer geht, greift
dieser Einwand nicht im Falle des Widerrufs einer Option nach § 9 Abs. 1
UStG. Denn mit der Option entsteht und durch den Widerruf der Option entfällt
die den jeweiligen Umsatz betreffende Umsatzsteuer. Soweit
der Kläger meint, einem Vergleich mit § 19 und § 23 UStG stehe
auch entgegen, dass es dort nach Ablauf der Unanfechtbarkeit langjährige
Bindungswirkungen gebe, ist zu berücksichtigen, dass dieser Gesichtspunkt
zwar für die Ausübung der Option zutrifft, nicht aber für den mit den
Verhältnissen im Streitfall vergleichbaren Widerruf der Option. Im Übrigen
handelt es sich bei der langjährigen Bindungswirkung der §§ 19 23
UStG um eine weitergehende gesetzliche Einschränkung, die aber nichts über
den Zeitpunkt der Bindungswirkung besagt. 4.
Zu Recht hat das FG schließlich entschieden, dass - nach vollzogener Rückkehr
zur Sollbesteuerung - dem Kläger durch die antragsgemäße
Vorbehaltsfestsetzung vom 16. März 2000 nicht erneut eine Besteuerung
nach vereinnahmten Entgelten gestattet werden konnte. Denn die
Steuerfestsetzung aufgrund der Jahreserklärung vom 4. Dezember 1997 (§ 18
Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 168 AO), der eine Besteuerung
nach vereinbarten Entgelten zugrunde lag, ist formell bestandskräftig
geworden. Mit dem Eintritt der formellen Bestandskraft ist sowohl für den
Kläger als auch für das FA hinsichtlich der Besteuerungsart eine
Bindungswirkung eingetreten. Auf die Unabänderbarkeit der Steuerfestsetzung
kommt es insoweit nicht an. Das FA konnte daher den Steuerbescheid vom 16. März
2000, dem entgegen der bereits eingetretenen Bindungswirkung eine
Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten zugrunde lag, gemäß § 164
Abs. 2 AO wieder aufheben. Da
dem Kläger somit für das Streitjahr eine Rückkehr zur Besteuerung nach
vereinnahmten Entgelten versagt bleibt, ist unerheblich, dass die ursprüngliche
Umsatzsteuerjahreserklärung 1996 insoweit fehlerhaft war, als der Kläger
darin die Folgen der Einbringung auf den 4. November 1996 zurückbezogen
hat, obwohl die Rückwirkungsfiktion nach § 2 Abs. 1 des
Umwandlungssteuergesetzes nicht für die Umsatzsteuer gilt (vgl. Widmann in
Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 2 UmwStG Rz 290, m.w.N.).
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