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BFH-Urteil vom 2.9.2008 (VIII R 2/07) BStBl. 2010 II S. 25
§ 12 Nr. 3 EStG schließt den Abzug von Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO
als Werbungskosten unabhängig davon aus, ob der Steuerpflichtige den
nachzuzahlenden Betrag - wie den Differenzbetrag zwischen festgesetzten
Einkommensteuervorauszahlungen und festgesetzter Einkommensteuer - vor der
Nachzahlung zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen eingesetzt hat.
AO § 233a; EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1,
§ 12 Nr. 3, § 20.
Vorinstanz: FG Köln vom 14. November 2006
8 K 4710/03 (EFG 2007, 936)
Sachverhalt
I.
Die Beteiligten streiten
darüber, ob Nachzahlungszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen im Zusammenhang mit den Zinseinnahmen aus der Anlage des
nachgezahlten Steuerbetrages zu berücksichtigen sind.
Der Kläger und
Revisionskläger (Kläger) und sein Vater veräußerten im Februar 1998 einen
Teilbetrieb sowie eine Beteiligung. Den Veräußerungsgewinn legten sie in
Höhe von 40.000.000 DM auf ihren gemeinsamen Konten als Festgeld an.
Zusätzlich führten sie ein gemeinsames Girokonto. Nach dem Tod des Vaters im
Oktober 1998 gingen die Konten auf den Kläger als Alleinerben über. Die
insoweit erzielten Zinserträge aus den Jahren 1998 bis 2001 wurden der
Einkommensteuer unterworfen. Im Dezember 1998 setzte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Vorauszahlungen zur
Einkommensteuer 1998 im Hinblick auf den Veräußerungsgewinn herauf; der
Kläger leistete für das Jahr 1998 Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von
insgesamt 7.941.488 DM.
Mit dem
Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 6. April 2001 setzte das FA die
Einkommensteuer 1998 in Höhe von 10.046.061 DM fest und berechnete für die
Differenz zum Vorauszahlungsbetrag (2.104.573 DM) Nachzahlungszinsen in Höhe
von 105.228 DM (5 % des Differenzbetrages).
Mit Einspruch gegen den
Bescheid des FA über den verbleibenden Verlustabzug zum 31. Dezember 2001
vom 11. April 2003 (aus nicht streitigen Gründen geändert durch Bescheid vom
6. April 2005) begehrte der Kläger, diese Nachzahlungszinsen als
Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit
der Festgeldanlage des Veräußerungsgewinns verlusterhöhend zu
berücksichtigen. Denn die Nachzahlungszinsen stünden im wirtschaftlichen
Zusammenhang mit den Zinseinnahmen aus der Festgeldanlage, soweit sie in
Höhe von 174.350,66 DM auf den Differenzbetrag zwischen den geleisteten
Einkommensteuervorauszahlungen für 1998 und der für dieses Jahr
festgesetzten und entrichteten Einkommensteuer 1998 entfielen. Er habe den
Veräußerungsgewinn nämlich zum Teil vorsorglich zur Bezahlung von ggf.
nachzuentrichtenden Steuern - zinsbringend - zurückgelegt. Aufgrund dieses
wirtschaftlichen Zusammenhangs seien die Nachzahlungszinsen Werbungskosten
gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG); der
Ablehnung des Werbungskostenabzugs unter Hinweis auf § 12 EStG stehe das
objektive Nettoprinzip entgegen.
Das FA wies den Einspruch
wegen fehlenden wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den
Nachzahlungszinsen und den Zinserträgen als unbegründet zurück. Die
Nachzahlungszinsen seien zum Zeitpunkt der Zinseinahmen aus der
Festgeldanlage des Veräußerungsgewinns noch nicht festgesetzt gewesen. Im
Übrigen seien sie unabhängig davon angefallen, dass der Kläger die
Einkommensteuernachzahlung mit den Beträgen aus der Festgeldanlage
vorgenommen habe.
Die dagegen erhobene Klage
hat das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte
(EFG) 2007, 936 veröffentlichten Urteil abgewiesen. Mit der Revision rügt
der Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Im Streitfall seien die
Nachzahlungszinsen (als Werbungskosten abziehbarer) Aufwand für die
Möglichkeit der Kapitalnutzung - in Höhe der später festgesetzten
Einkommensteuernachzahlung - gewesen. Wirtschaftlich stelle sich der
Liquiditätsvorteil als Kredit des FA dar, für den der Steuerpflichtige
Zinsen - in Form der Nachzahlungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO)
- gezahlt habe. Damit bestehe zwischen Nachzahlungszinsen und dem Zinsertrag
aus der Anlage des später nachgezahlten Betrages ein hinreichender
wirtschaftlicher Zusammenhang. Auf die Gründe für die Gewährung des
Liquiditätsvorteils, wie eine verspätete Abgabe der Steuererklärung oder
eine verspätete Bearbeitung der Steuererklärung durch das FA, komme es nicht
an.
Der Kläger und sein Vater
hätten seit Anfang 1998 aufgrund einer zwischen ihnen getroffenen
Vereinbarung jedenfalls den Betrag von 2.104.573 DM zurückgelegt, um die im
März 2001 erfolgte Nachzahlung leisten zu können. Diesen Betrag habe der
Kläger von vorneherein zinsbringend angelegt.
Im Übrigen sei die
Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) abzulehnen, das steuerrechtliche
Schicksal von Schuldzinsen hänge allein von der Verwendung des
Darlehensbetrages ab. Denn es gebe keine allgemeingültigen Kriterien für
eine richtige Kreditzuordnung. Die Auffassung des BFH müsse auch vor dem
Hintergrund der Einfügung des § 4 Abs. 4a EStG überdacht werden. Schließlich
stünde § 12 EStG einem Abzug der Nachzahlungszinsen als Werbungskosten bei
den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht entgegen, wenn ein ausreichender
wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart bestehe.
Andernfalls liege ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vor. Einer
der Ausnahmefälle für die Durchbrechung dieses Prinzips sei im Streitfall
nicht gegeben.
Der Kläger beantragt
sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den verbleibenden Verlustabzug auf
den 31. Dezember 2001 unter Änderung des angefochtenen Änderungsbescheids
vom 6. April 2005 durch Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 105.228 DM höher festzustellen,
hilfsweise dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob § 12 EStG
insoweit verfassungswidrig ist, als er die Absetzung von Nachzahlungszinsen
als Betriebsausgaben oder Werbungskosten untersagt.
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Einkommensteuer setze
zwar eine einkommensteuerrelevante Erwerbssphäre voraus, sei aber selbst der
Privatsphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnen; dies gelte gleichermaßen für
die steuerlichen Nebenleistungen. Hinzu komme, dass der Kläger sich bewusst
aus wirtschaftlichen Gründen für eine zinsbringende und deshalb
steuerpflichtige Kapitalanlage, nicht aber für die gleichermaßen mögliche
Beantragung höherer Vorauszahlungen entschieden habe.
Die Nachzahlungszinsen
stünden nicht im Zusammenhang mit einer Darlehensaufnahme. Der Kläger habe
keinen Kredit vom FA erhalten, sondern Eigenkapital zur Einkünfteerzielung
eingesetzt, so dass insoweit grundsätzlich keine Schuldzinsen anfallen
könnten. Die bloße Widmung dieses Eigenkapitals für spätere Steuerzahlungen
sei unerheblich; der Liquiditätsvorteil durch eine spätere Zahlung der
Steuern stelle keine Kreditierung dar, die zum Schuldzinsenabzug führe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und nach § 126
Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
Zu Recht hat das FG die Abziehbarkeit der
Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO als Werbungskosten bei den Einkünften
des Klägers aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit den Zinseinnahmen aus
der Festgeldanlage desjenigen Betrages verneint, den er zur Zahlung der
Differenz zwischen Einkommensteuervorauszahlung und der
Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 1998 verwandt hat. Ferner
bestehen gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 12 Nr. 3 EStG keinerlei
Bedenken, so dass auch der Hilfsantrag des Klägers unbegründet ist.
1. Nach § 10d Abs. 4 EStG in der für das
Streitjahr 2001 geltenden Fassung ist der am Schluss eines
Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag getrennt nach
Einkunftsarten gesondert festzustellen.
a) Verbleibender Verlustvortrag sind die
bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen
negativen Einkünfte, vermindert um die nach § 10d Abs. 1 EStG abgezogenen
und die nach § 10d Abs. 2 EStG abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf
den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten
verbleibenden Verlustvortrag. Feststellungsbescheide sind zu erlassen,
aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG zu
berücksichtigenden Beträge ändern und deshalb der entsprechende
Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist; Entsprechendes
gilt nach § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG, wenn der Erlass, die Aufhebung oder die
Änderung des Steuerbescheids mangels steuerlicher Auswirkungen - wie im
Streitfall - unterbleibt.
b) Die vom Kläger begehrte Erhöhung des
verbleibenden Verlustvortrags bei den Einkünften aus Kapitalvermögen um den
Betrag der Nachzahlungszinsen setzt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG voraus, dass
ihre Zahlung Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von
Einnahmen aus dieser Einkunftsart sind, d.h. mit dieser Einkunftsart in
wirtschaftlichem Zusammenhang steht (Beschluss des Großen Senats des BFH vom
4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817).
aa) Daran fehlt es schon dann, wenn der
jeweilige Aufwand einen der Tatbestände des § 12 Nr. 1 bis 5 EStG erfüllt
und damit schon nach dem Einleitungssatz des § 12 EStG ("... dürfen weder
bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte
abgezogen werden ...") eine Zurechnung zu den Werbungskosten ausgeschlossen
ist (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 1992 X R 155/90, BFH/NV 1992, 458;
von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rz A 91; Kreft in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 29). Zu den danach gemäß § 12 Nr. 3 EStG
nicht abziehbaren Steuern vom Einkommen gehören nach dem zweiten Halbsatz
der Vorschrift auch die darauf entfallenden Nebenleistungen, zu denen gemäß
§ 3 Abs. 4 AO auch festgesetzte Zinsen gehören (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV
1992, 458 zu Aussetzungszinsen; zu Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO
BFH-Beschlüsse vom 18. Juni 2003 IX B 199/02, BFH/NV 2003, 1326; vom 10.
August 2005 VIII B 324/04, BFH/NV 2006, 47).
bb) Selbst wenn man die Regelung des § 12
Nr. 3 EStG außer Betracht ließe, würde die Abziehbarkeit der streitigen
Nachzahlungszinsen voraussetzen, dass sie zumindest wirtschaftlich als
Zinsen auf ein vom FA gewährtes Darlehen angesehen werden könnten und -
diese Voraussetzung unterstellt - in einem objektiven Zusammenhang mit der
Kapitalüberlassung stünden sowie subjektiv zur Förderung dieser
Nutzungsüberlassung bestimmt gewesen wären (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV
2003, 1326, sowie vom 13. Dezember 2005 VIII B 74/05, BFH/NV 2006, 740).
Maßgeblich dafür ist der Verwendungszweck der Darlehensvaluta (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 19. August 1998 X R 96/95, BFHE 187,
21, BStBl II 1999, 353; vom 1. Juli 2003 VIII R 30/02, BFH/NV 2003, 1560).
Danach besteht ein wirtschaftlicher
Zusammenhang bei Schuldzinsen für ein Darlehen nur, soweit es tatsächlich
zum Erzielen von Einkünften verwendet worden ist (z.B. Beschlüsse des Großen
Senats des BFH in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.2. der
Entscheidungsgründe, und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl
II 1998, 193, unter B.I.1. und 2. der Entscheidungsgründe; BFH-Urteile vom
2. August 1994 IX R 21/91, BFH/NV 1995, 203, und vom 29. Juli 1997
IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772). Ein bloßer rechtlicher
Zusammenhang reicht nicht aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 80, BStBl II
1997, 772, m.w.N.). Auch kann der wirtschaftliche Zusammenhang nicht allein
durch einen bloßen Willensakt des Steuerpflichtigen begründet werden
(BFH-Beschluss vom 22. Februar 1994 IX B 119/93, BFH/NV 1994, 778;
BFH-Urteil vom 24. April 1997 VIII R 53/95, BFHE 183, 155, BStBl II 1997,
682, unter II.1.c der Entscheidungsgründe, jeweils m.w.N.). Dagegen steht
der Annahme einer wirtschaftlichen Veranlassung durch die Einkünfteerzielung
nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige vorhandene Eigenmittel nicht zum
Bestreiten der mit Darlehen finanzierten Aufwendungen eingesetzt hat. Denn
er ist frei, wie er Fremd- und Eigenmittel verwendet; seine tatsächlich
durchgeführte Entscheidung ist der Besteuerung zugrunde zu legen (vgl. dazu
z.B. BFH-Beschluss in BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B.I.2. der
Entscheidungsgründe; BFH-Urteil vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187,
276, BStBl II 1999, 676).
2. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung
hat das FG zu Recht die Abziehbarkeit der Nachzahlungszinsen als
Werbungskosten verneint.
a) Dies folgt schon aus der Regelung in
§ 12 Nr. 3 EStG. Sie schließt einen Abzug der Nachzahlungszinsen i.S. des
§ 233a AO als Werbungskosten aus. Denn sie erstreckt das Abzugsverbot für
die Einkommensteuer auch auf die auf diese Steuer entfallenden
Nebenleistungen, zu denen gemäß § 3 Abs. 4 AO die Nachzahlungszinsen gehören
(vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1326; in BFH/NV 2006, 47) und weist sie
damit der nichtsteuerbaren Privatsphäre zu.
Gegen die Regelung des § 12 Nr. 3 EStG
bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ergeben sich
aus dem Vortrag des Klägers, er habe die aus der Festgeldanlage des Betrages
erzielten Zinsen nur um den Preis der später fällig werdenden
Nachzahlungszinsen erzielen können, auch vor dem Hintergrund des objektiven
Nettoprinzips keine Beanstandungen. Denn das (objektive) Nettoprinzip
gebietet allein den Abzug der mit der Einkünfteerzielung zusammenhängenden
Aufwendungen. Es lässt jedoch den Grundsatz unberührt, dass Vorgänge in der
Privatsphäre des Steuerpflichtigen - wie im Streitfall nach der
ausdrücklichen Regelung in § 12 Nr. 3 EStG die Einkommensverwendung durch
Zahlung von Steuern und Nebenleistungen - einkommensteuerrechtlich nicht
berücksichtigt werden.
b) Abgesehen davon war der zur Erzielung
der Zinseinnahmen angelegte Veräußerungsgewinn Eigenkapital, dessen Einsatz
eine Geltendmachung von Fremdkapitalkosten unabhängig davon ausschließt,
dass der Steuerpflichtige die zur Einkünfteerzielung eingesetzten Mittel
auch durch Fremdfinanzierung hätte aufbringen können (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676 zur Maßgeblichkeit der tatsächlich
gewählten Finanzierungsform für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung).
c) Des Weiteren hatte der Kläger die
Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO unabhängig von der Art der
zwischenzeitlichen Verwendung des Veräußerungsgewinns zu zahlen. Denn nach
der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1997 I R
7/96, BFHE 182, 293, BStBl II 1997, 446) beruht § 233a AO als
Rechtsgrundlage der streitigen Nachzahlungszinsen auf einer zulässigen
gesetzlichen Typisierung, die durch Vollverzinsung des nachzuversteuernden
Betrages im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung
von Wettbewerbsverzerrungen die Folgen der unterschiedlichen
Steuererhebungsformen beseitigt (vgl. BTDrucks 8/1410, S. 4) und nicht
vorrangig Liquiditätsvorteile auf Seiten des Steuerpflichtigen abschöpfen,
sondern vor allem mit Hilfe der Sollverzinsung die Zinsnachteile auf Seiten
des Steuergläubigers ausgleichen soll. Deshalb hat der Gesetzgeber den
auszugleichenden Zinsvorteil und -nachteil im Interesse der Praktikabilität
und der Verwaltungsvereinfachung typisierend auf 0,5 % pro Monat
festgesetzt, ohne dass es darauf ankommt, ob im Einzelfall der
Steuerpflichtige einen Zinsvorteil erzielt bzw. der Steuergläubiger einen
Zinsnachteil erlitten hat (vgl. BFH-Urteile vom 20. September 1995
X R 86/94, BFHE 178, 555, BStBl II 1996, 53, und in BFHE 182, 293, BStBl II
1997, 446). Diese Typisierung ist nach der BFH-Rechtsprechung selbst für den
Fall tatsächlich nicht erzielter Zinsvorteile schon deshalb nicht unbillig,
weil der Steuerpflichtige der Belastung durch die Sollverzinsung ohne
Weiteres durch nachträgliche Anpassung der Vorauszahlungen in Höhe der
erwarteten Nachzahlung ausweichen kann (vgl. BFH-Entscheidung in BFHE 182,
293, BStBl II 1997, 446).
d) Ferner kann der Kläger die streitigen
Zinszahlungen auch nicht deshalb als Aufwand zur Erzielung von Einkünften
aus Kapitalvermögen geltend machen, weil nach ständiger Rechtsprechung zu
diesen Einkünften alle Vermögensmehrungen gehören, die bei wirtschaftlicher
Betrachtung - unabhängig von einer Kapitalüberlassung durch Darlehensvertrag
oder andere Rechtsgründe - Entgelt für eine Kapitalnutzung sind, selbst wenn
es sich um eine vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung oder um die
Vorenthaltung von Kapital handelt (vgl. BFH-Urteile vom 8. April 1986
VIII R 260/82, BFHE 146, 408, BStBl II 1986, 557; vom 31. Oktober 1989
VIII R 210/83, BFHE 160, 11, 15, BStBl II 1990, 532, 533, m.w.N.; vom 8.
November 2005 VIII R 105/03, BFH/NV 2006, 527). Denn die steuerliche
Erfassung der Erträge aus der Verwendung des Kapitals erfolgt nach der
Rechtsprechung völlig unabhängig von der steuerrechtlichen Erheblichkeit der
Auszahlung oder sonstigen Überlassung des Kapitals (vgl. BFH-Urteile vom
12. September 1985 VIII R 306/81, BFHE 145, 320, 326, BStBl II 1986, 252,
255; vom 20. Mai 1980 VIII R 64/78, BFHE 131, 297, 298, BStBl II 1981, 6, 7,
und vom 22. April 1980 VIII R 120/76, BFHE 130, 451, BStBl II 1980, 570).
Dementsprechend hat der BFH die Steuerpflicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG
für Zinsen angenommen, die nach § 44 Abs. 1 des Ersten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB I) für die verzögerte Auszahlung - nicht steuerbarer -
sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche für das unberechtigte Vorenthalten
der Rentenbezüge und zum Ausgleich der mit der verspäteten Zahlung
verbundenen Nachteile geleistet werden und deshalb wirtschaftlich als
Entgelt für die Vorenthaltung von Kapital gewährt werden (vgl. BFH-Urteil
vom 13. November 2007 VIII R 36/05, BFHE 220, 35, BStBl II 2008, 292).
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der
Differenzbetrag zwischen den Einkommensteuervorauszahlungen einerseits sowie
der festgesetzten Einkommensteuer andererseits erst mit der Festsetzung
durch den Steuerpflichtigen geschuldet wurde (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19.
April 2005 VIII R 12/04, BFHE 209, 409, BStBl II 2005, 683) und schon
deshalb nicht im Sinne des Revisionsvorbringens von "vorenthaltenem Kapital"
gesprochen werden kann.
e) Mit der Entscheidung weicht der Senat
nicht i.S. des § 11 FGO von Entscheidungen anderer Senate ab. Soweit die
Frage einer Abziehbarkeit von Nachzahlungszinsen als Werbungskosten in der
Vergangenheit angesprochen wurde, ist sie schon unter Hinweis auf den
fehlenden Zusammenhang zwischen Aufwand und Einkünfteerzielung nicht bejaht
worden; ebenso ist uneingeschränkt auf die Zuordnung der Zinsen zu den kraft
Gesetzes (§ 12 Nr. 3 2. Halbsatz EStG) nicht abziehbaren steuerlichen
Nebenleistungen hingewiesen worden (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003,
1326; in BFH/NV 2006, 47). Soweit der - eine Zulassung der Revision wegen
dieser Frage ablehnende - Beschluss in BFH/NV 2003, 1326 die Frage als
geklärt angesehen und auf die Anwendung der allgemeinen Grundsätze für den
Werbungskostenabzug von Darlehenszinsen hingewiesen hat, handelt es sich
mithin allenfalls um ein obiter dictum, das regelmäßig die Annahme einer
Abweichung i.S. des § 11 FGO nicht indiziert (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23.
Januar 2001 VIII R 71/98, BFH/NV 2001, 894; BFH-Beschluss vom 22. Juli 1977
III B 34/74, BFHE 123, 112, BStBl II 1977, 838).
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