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BFH-Urteil vom 25.6.2009 (IX
R 54/08) BStBl. 2010 II S. 124
1. Zeigt sich aufgrund
bislang vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass für das Objekt, so wie es
baulich gestaltet ist, kein Markt besteht und die Immobilie deshalb nicht
vermietbar ist, so muss der Steuerpflichtige - will er seine fortbestehende
Vermietungsabsicht belegen - zielgerichtet darauf hinwirken, unter Umständen
auch durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu
erreichen.
2. Bleibt er untätig und
nimmt den Leerstand auch künftig hin, spricht dieses Verhalten gegen den
endgültigen Entschluss zu vermieten oder - sollte er bei seinen bisherigen,
vergeblichen Vermietungsbemühungen mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt
haben - für deren Aufgabe.
EStG § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1.
Vorinstanz: FG
Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2008 2 K 2541/05
Sachverhalt
I.
Die Beteiligten streiten um
die Vermietungsabsicht in Bezug auf seit ca. 30 Jahren leerstehende
Wohneinheiten.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist Vorbehaltsnießbraucherin eines Wohn- und
Geschäftsgrundstücks, auf dem im Jahr 1976 ein dreigeschossiges Gebäude
errichtet wurde. Im Erdgeschoss, Keller und ersten Obergeschoss sind ein
Ladengeschäft, Lager- und Personalräume seit Fertigstellung des Gebäudes
gewerblich vermietet. Mehrere Wohnungen stehen seit dem Jahr 1976 leer,
ebenso einige Räume in den oberen Geschossen, die im Jahr 1988 für
gewerbliche Vermietungen umgebaut wurden.
Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte die auf die leer stehenden
Räumlichkeiten entfallenden Aufwendungen mangels einer ernsthaften
Vermietungsabsicht bei der Veranlagung des Streitjahres (2003) nicht als
Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung an.
Die Klage blieb erfolglos.
Auch das Finanzgericht (FG) verneinte die Einkünfteerzielungsabsicht der
Klägerin. Zwar habe sie einen Makler beauftragt. Interessenten aus den
Jahren 1989 und 1993 hätten die Lage der Räume in den Obergeschossen ohne
Aufzug im Anwesen als ungeeignet abgelehnt. Dies hätte die Klägerin zum
Anlass nehmen müssen, das Vermietungsobjekt an die Erfordernisse des Markts
anzupassen. Anderenfalls sei ihre Entscheidung, nichts Weiteres zu tun,
ihrem privaten Vermögensbereich zuzuordnen. Sofern ein Wirtschaftsgut aus
diesen Gründen nicht mehr zur Erzielung von Einkünften tauglich sei, seien
die hierauf entfallenden Aufwendungen nicht mehr auf Einkünfteerzielung
ausgerichtet.
Hiergegen richtet sich die
Revision der Klägerin, die sie auf die Verletzung der §§ 9 und 21 des
Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) stützt. Sinngemäß
trägt sie vor, es sei von einem strukturell bedingten Leerstand auszugehen.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 11. Juli 2005 i.d.F. der
Einspruchsentscheidung vom 29. September 2005 zu ändern und bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Objekts in ... weitere
Werbungskosten von 3.690 € zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Nach Auffassung des FA liege
jedenfalls im Streitjahr kein strukturell bedingter Leerstand vor. Es stützt
sich zur Begründung auf Aufstellungen des statistischen Landesamtes
Rheinland-Pfalz.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet
und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
Zutreffend hat das FG die im Zusammenhang mit den seit Jahren leer stehenden
Räumen angefallenen Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften
aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1
EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung
der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1
Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn
sie bei ihr erwachsen und das heißt, durch sie veranlasst sind (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Januar 2008 IX R 45/07, BFHE
220, 264, BStBl II 2008, 572). Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor
mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als
vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend
bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der
Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II
1990, 830; BFH-Urteil vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II
2005, 477).
Aufwendungen für eine leer
stehende Wohnung können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein,
wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, daraus durch
Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese
Entscheidung später nicht wieder aufgegeben hat. Dieser endgültige
Entschluss zu vermieten - die Einkünfteerzielungsabsicht - muss sich anhand
ernsthafter und nachhaltiger Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen
belegen lassen, wobei es sich dabei um Beweisanzeichen handelt, deren
Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz
obliegt (grundlegend zum Vorstehenden BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008
IX R 1/07, BFHE 223, 186). Zeigt sich aufgrund bislang vergeblicher
Vermietungsbemühungen, dass für das Objekt, so wie es baulich gestaltet ist,
kein Markt besteht und die Immobilie deshalb nicht vermietbar ist, so muss
der Steuerpflichtige zielgerichtet darauf hinwirken, unter Umständen auch
durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu
erreichen. Bleibt er untätig und nimmt den Leerstand auch künftig hin,
spricht dieses Verhalten gegen den endgültigen Entschluss zu vermieten oder
- sollte er bei seinen bisherigen, vergeblichen Vermietungsbemühungen mit
Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt haben - für deren Aufgabe.
2. Nach diesen Maßstäben
konnte das FG zu dem Ergebnis gelangen, die Vermietungsbemühungen der
Klägerin hätten nicht ausgereicht, um von ihrem unbedingten und endgültigen
Entschluss auszugehen, die Räume im Obergeschoss zu vermieten. Zutreffend
hat das FG allein den Maklerauftrag zur gewerblichen Vermietung nicht als
ausreichend beurteilt. Es fanden sich in den Jahren 1989 und 1993 nur zwei
Interessenten. Von daher hätte es nahe gelegen, den Kreis der möglichen
Mieter auch auf Privatinteressenten zu erweitern. Überdies zeigte sich nach
den Feststellungen des FG, dass für die Räumlichkeiten - so wie sie waren -
ein Markt nicht bestand und sie ohne weitere bauliche Maßnahmen (z.B. Einbau
eines Aufzugs) nicht vermietbar waren. Weil es die Klägerin unterließ,
hierauf etwa durch bauliches Umgestalten zu reagieren, sie einen Leerstand
der Räume vielmehr weiterhin jahrelang hinnahm, konnte das FG daraus den
Schluss ziehen, sie habe einen (vorhandenen) Vermietungsentschluss wieder
aufgegeben. Die weiteren, mit den leer stehenden Räumen zusammenhängenden
Aufwendungen sind dann der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen.
Der Senat muss nicht
entscheiden, ob - und ggf. wie lange - die Vermietungsabsicht auch dann
fortbestehen kann, wenn das zu vermietende Objekt aufgrund eines
strukturellen Überangebots von Immobilienobjekten wegen ungünstiger
örtlicher Entwicklungen nicht (mehr) vermietbar ist. Denn das FG hat
derartige Umstände nicht festgestellt. Überdies sprechen die vom FA im
Revisionsverfahren vorgetragenen offenkundigen Tatsachen über die örtliche
wirtschaftliche Entwicklung (vgl. § 291 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155
FGO) ersichtlich gegen einen von der Klägerin im Streitjahr nicht zu
vertretenden Leerstand.
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