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BFH-Urteil vom 20.8.2008 (I R 29/07) BStBl. 2010 II S. 142
1.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8a KStG 2002 führt im Zeitpunkt
der Leistung der Fremdkapitalvergütungen zu einem Beteiligungsertrag des
Anteilseigners i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 (Bestätigung des
BMF-Schreibens vom 15. Juli 2004, BStBl I 2004, 593, dort Tz. 11 ff.).
2.
Von den Fremdkapitalvergütungen ist im Zeitpunkt der Leistung gemäß § 43
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 EStG 2002 Kapitalertragsteuer einzubehalten
und abzuführen (ebenfalls Bestätigung des BMF-Schreibens vom 15. Juli 2004,
BStBl I 2004, 593, dort Tz. 5).
3.
Es ist schuldhaft i.S. von § 44 Abs. 5 Satz 1 letzter Halbsatz EStG 2002,
wenn der abführungsverpflichtete Kapitalnehmer wegen bestehender
Ungewissheiten über die Rechtswirkungen des § 8a KStG 2002 auf
Anteilseignerebene von der ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der
Kapitalertragsteuer absieht. Der Kapitalnehmer kann deswegen gemäß § 167
Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 44 Abs. 5 Satz 3 EStG 2002 durch
Nachforderungsbescheid des FA in Anspruch genommen werden (Anschluss an
Senatsurteil vom 13. September 2000 I R 61/99, BFHE 193, 286, BStBl II 2001,
67).
KStG 2002 § 8a, § 31 Abs. 1; EStG 2002 § 20
Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 5 Sätze 1 und 3; AO
§ 167 Abs. 1 Satz 1.
Vorinstanz: FG Hamburg vom 9. März 2007
6 K 181/05 (EFG 2007, 787)
Sachverhalt
I.
Gesellschafterin der
Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer Geschäftsbank in der
Rechtsform der Aktiengesellschaft (AG), die 2003 aus der Fusion der X-Bank
mit der Y-Bank hervorgegangen ist, war im Streitjahr 2005 mit einer
Beteiligung (vinkulierte Namensaktien) von mehr als 25 v.H. eine
Gebietskörperschaft (Z).
In 1992 und 1997 wurden
zwischen der X-Bank sowie der Z-Beteiligungsgesellschaft, einer 100 %igen
Tochtergesellschaft der Z, Verträge über die Errichtung stiller
Gesellschaften (Verträge I und II) geschlossen. Mit Vertrag I leistete die
Z-Beteiligungsgesellschaft 300 Mio. DM und mit Vertrag II 200 Mio. DM als
stille Einlagen in das Vermögen der X-Bank. Es wurden gemäß § 2 des
Vertrages I und des Vertrages II folgende Gewinnbeteiligungen der
Z-Beteiligungsgesellschaft vereinbart:
§ 2 Vertrag I
"(1) Die
Z-Beteiligungsgesellschaft erhält für jedes Geschäftsjahr eine
Gewinnbeteiligung auf die in § 1 Abs. 1 genannte Einlage in Höhe von sieben
vom Hundert zuzüglich 0,5 Prozentpunkte für jedes Prozent, das die Bank aus
dem Bilanzgewinn auf das Stammkapital an die Z ausschüttet. ..."
§ 2 Vertrag II
"(1) Die
Z-Beteiligungsgesellschaft erhält für jedes Geschäftsjahr eine
Gewinnbeteiligung auf die in § 1 Abs. 1 Satz 2 genannte Einlage in Höhe des
Zinssatzes, zu dem die Z-Beteiligungsgesellschaft die Einlage auf dem
Kapitalmarkt refinanziert, zzgl. eines Aufschlages von 1 von Hundert. ..."
Nach beiden Verträgen
entfällt der Anspruch auf die Gewinnbeteiligung, wenn und soweit durch sie
ein Bilanzverlust entstehen oder erhöht würde. Die danach ausfallenden
Zahlungen sind aber in jedem Folgejahr während der Laufzeit der stillen
Gesellschaften nachzuholen, wenn und soweit dadurch kein neuer Bilanzverlust
entsteht. Im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaften erhält die
Z-Beteiligungsgesellschaft eine Barabfindung in Höhe des Buchwertes der
ausgewiesenen Einlage, höchstens jedoch die mit der Errichtung der stillen
Gesellschaften geleisteten Einlagen.
Die Klägerin leistete am
30. Juni und am 4. Juli 2005 vertragsgemäße Abschlagszahlungen auf die
Gewinnbeteiligungen der Z-Beteiligungsgesellschaft für das Jahr 2005 in Höhe
von 3.834.689,11 € (Beteiligung gemäß Vertrag I) und von 7.260.344,71 €
(Beteiligung gemäß Vertrag II). Dies zeigte sie dem Beklagten und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) an und erklärte, für beide Leistungen
keine Kapitalertragsteuer einbehalten, angemeldet und abgeführt zu haben;
entgegen der Verwaltungsauffassung (Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen - BMF - vom 15. Juli 2004, BStBl I 2004, 593, dort Tz. 5 und
11 ff.) habe die Z keine kapitalertragsteuerpflichtigen Einnahmen i.S. von
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 43a Abs. 1 Nr. 1, § 44
Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) i.V.m. § 8 Abs. 1 und
§ 8a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) vereinnahmt.
Das FA folgte dem unter
Hinweis auf das BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 593 nicht und setzte gegen
die Klägerin Kapitalertragsteuer für die geleisteten Abschlagszahlungen
fest. Die Zahlungen stellten verdeckte Gewinnausschüttungen gegenüber der Z
dar. Die Höhe der Kapitalertragsteuer richte sich nach § 43a Abs. 1 Nr. 1
Alternative 2 EStG 2002 (Übernahme der Kapitalertragsteuer durch den
Schuldner der Erträge). Gemäß § 44a Abs. 8 EStG 2002 sei der Steuerabzug nur
hälftig vorzunehmen.
Die anschließende Klage
blieb überwiegend erfolglos. Ihr wurde nur insofern stattgegeben, als das FA
von der Übernahme der Kapitalertragsteuer durch die Klägerin ausgegangen
war. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 9. März 2007 6 K 181/05
ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 787 veröffentlicht. Das
FA hat die angefochtenen Nachforderungsbescheide nach Maßgabe dieses Urteils
zwischenzeitlich durch Bescheide vom 22. August 2007 geändert und die
nachgeforderten Kapitalertragsteuern entsprechend vermindert.
Mit ihrer dagegen
gerichteten Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt, das FG-Urteil
und die ursprünglich angefochtenen sowie die am 22. August 2007 geänderten
Bescheide über Kapitalertragsteuern für Juni und Juli 2005 aufzuheben.
Das FA beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Das angefochtene Urteil des FG ist aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. An die Stelle der ursprünglich
angefochtenen Bescheide sind während des Revisionsverfahrens infolge des
teilweise stattgebenden FG-Urteils die Änderungsbescheide vom 22. August
2007 getreten. Soweit jenem Urteil nicht mehr existierende Bescheide
zugrunde liegen, kann es keinen Bestand haben (vgl. z.B. Senatsurteil vom
3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20, m.w.N.).
Die Änderungsbescheide vom 22. August 2007
sind gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des
Revisionsverfahrens geworden. Dennoch bedarf es keiner Zurückverweisung der
Sache an das FG gemäß § 127 FGO. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet an
keinem Verfahrensmangel. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen
sind nicht entfallen. Sie bilden unverändert die Grundlage für die
Entscheidung des erkennenden Senats (Senatsurteil in BFHE 210, 398, BStBl II
2006, 20). Diese kann in der Sache selbst ergehen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
FGO).
Die fortgeführte Klage gegen die
Änderungsbescheide ist hiernach als unbegründet abzuweisen. Die Klägerin war
dazu verpflichtet, auf die in Rede stehenden Vergütungen, die sie in den
streitgegenständlichen Zeiträumen an die Z-Beteiligungsgesellschaft
geleistet hat, Kapitalertragsteuern einzubehalten, anzumelden und
abzuführen.
1. Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002
sind Vergütungen für Fremdkapital, das eine Kapitalgesellschaft nicht nur
kurzfristig von einem Anteilseigner erhalten hat, der zu einem Zeitpunkt im
Wirtschaftsjahr wesentlich am Grund- oder Stammkapital beteiligt gewesen
ist, verdeckte Gewinnausschüttungen, wenn die Vergütungen insgesamt mehr als
250.000 € betragen und wenn eine nicht in einem Bruchteil des Kapitals
bemessene Vergütung vereinbart ist. Dies gilt auch bei Vergütungen für
Fremdkapital, das die Kapitalgesellschaft von einer dem Anteilseigner nahe
stehenden Person i.S. des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Besteuerung bei
Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) erhalten hat (§ 8a Abs. 1 Satz 2
KStG 2002). Nicht in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütungen sind
Vergütungen, die von den Erwerbschancen und -risiken der Kapitalgesellschaft
abhängen und keinen - ausschließlichen - rechnerischen (fixen) Bezug zu dem
hingegebenen Fremdkapital aufweisen.
Das FG hat zutreffend angenommen, dass
diese gesetzlichen Voraussetzungen für die Umqualifizierung der
Fremdkapitalvergütungen in Gestalt der geleisteten Abschlagszahlungen auf
die stillen Gewinnbeteiligungen in fiktive verdeckte Gewinnausschüttungen im
Streitfall erfüllt sind. Das betrifft nicht nur die erste, sondern auch die
zweite Vertragsvariante, wonach sich das Entstehen des Vergütungsanspruchs
nach dem bilanziellen Gewinn- und Verlustausweis richtete und der Anspruch
somit (ebenfalls) abhängig vom Unternehmenserfolg ist. Das wird auch von der
Klägerin zwischenzeitlich nicht mehr in Frage gestellt. Im Einzelnen kann
deswegen auf das FG-Urteil Bezug genommen werden (vgl. eingehend auch Prinz,
Finanz-Rundschau - FR - 2007, 561).
2. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002,
für die Körperschaftsteuer i.V.m. § 31 Abs. 1 KStG 2002, werden u.a. bei
inländischen Kapitalerträgen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002
Kapitalertragsteuern erhoben. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002
gehören zu den sonstigen Bezügen aus Aktien auch verdeckte
Gewinnausschüttungen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 liegt im Grundsatz vor, wenn eine Kapitalgesellschaft
ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung
einen Vermögensvorteil zuwendet, diese Zuwendung ihren Anlass im
Gesellschaftsverhältnis hat und der Vermögensvorteil dem Gesellschafter
zugeflossen ist (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Juni
2007 VIII R 54/05, BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830). Das FG hat
angenommen, auch bei der gesetzlich umqualifizierten "unechten" verdeckten
Gewinnausschüttung gemäß § 8a KStG 2002 handele es sich um eine verdeckte
Gewinnausschüttung i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 (i.V.m. § 8
Abs. 1 KStG), auch sie löse infolgedessen Kapitalertragsteuer gemäß § 43
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 aus. Auch diese Annahme ist zutreffend.
a) Sie ist im Schrifttum allerdings
umstritten. Insbesondere Wassermeyer (Deutsches Steuerrecht - DStR - 2004,
749; in Tipke/Söhn [Hrsg.], Gedächtnisschrift für Trzaskalik, 2005, S. 331;
in Schön [Hrsg.], Einkommen aus Kapital, Veröffentlichungen der Deutschen
Steuerjuristischen Gesellschaft, Band 30 [2007], S. 257, 259; anders noch
derselbe in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 20 Rz C 78 [134. Lfg. August
2003]: "mittelbare" Auswirkung des § 8a KStG auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
EStG) und dem folgend Kempf und Schmidt (Deutsche Steuer-Zeitung 2008, 410;
s. auch FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. November 2007 1 K 1865/06, EFG
2008, 1068, zur Vorfassung des § 8a KStG 1999) vertreten die Auffassung,
§ 8a KStG 2002 komme keine Auswirkung auf der Gesellschafterebene zu. Die
Vorschrift sei Gewinnermittlungsvorschrift nur für Kapitalgesellschaften.
Aus diesem Grund könne sie nur die Umqualifizierung der Vergütung bei der
Kapitalgesellschaft zum Gegenstand haben. Weder aus dem Wortlaut des § 8a
KStG 2002 noch aus der Gesetzesbegründung folge ein Hinweis darauf, dass die
Rechtsfolge der Vorschrift sich auch auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002
auswirken solle. Dies wäre aber erforderlich gewesen, wenn man § 20 Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 aus der Sicht des § 8 EStG 2002 auslege und als
Tatbestandsvoraussetzung einen zuzurechnenden Vermögensvorteil verlange. Der
Denkfehler des Gesetzgebers bestehe darin, dass er zwischen einer verdeckten
Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 2002 und einer solchen
i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 nicht unterschieden habe. Da es
sich hierbei aber nach der Aufgabe der sog. Einheitstheorie anerkanntermaßen
um verschiedene Sachverhalte handele, hätte der Gesetzgeber den Tatbestand
des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 im Wege der Fiktion erweitern müssen,
um das von ihm angestrebte Ziel eines Übergreifens der Rechtsfolge des § 8a
KStG 2002 auf den Anteilseigner zu erreichen. Folge des gesetzgeberischen
Unterlassens sei, dass § 8a KStG 2002 im Ergebnis wie eine Norm wirke, die
eine nicht abzugsfähige Betriebsausgabe regelt. Alles andere sei
"willkürlich" (so Wassermeyer in Gedächtnisschrift Trzaskalik, a.a.O.,
S. 331, 342) und ohne Rechtsgrundlage.
b) Der Senat hält diese Überlegungen nicht
für durchgreifend. Er folgt vielmehr der im Schrifttum ganz überwiegend
vertretenen Gegenmeinung (z.B. Gosch, KStG, § 8a Rz 152 f., 162 f.;
Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 8a KStG Rz 7, 101 ff.; derselbe,
DStR 2004, 377, 754; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die
Körperschaftsteuer, § 8a KStG nF Rz 264 ff.; Prinz in
Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Jahresband 2004, § 8a Anm. J 03-18, 20;
derselbe, FR 2007, 561, 562, sowie FR 2008, 765, 766; Rödder/Schumacher,
DStR 2003, 1725, 2057, sowie DStR 2004, 758; Kohlhepp, Verdeckte
Gewinnausschüttung im Körperschaft- und Einkommensteuerrecht, 2006,
S. 258 f., jeweils m.w.N.), der sich auch die Verwaltungspraxis
angeschlossen hat (BMF-Schreiben vom 17. November 1994, BStBl I 1995, 25; in
BStBl I 2004, 593, dort Tz. 11 ff.). Verdeckte Gewinnausschüttungen i.S. des
§ 8a KStG 2002 schlagen auf die Gesellschafterebene durch und führen beim
Anteilseigner zu Beteiligungserträgen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
2002.
Zwar ist es richtig, dass sich aus § 8a
KStG 2002 unmittelbar lediglich Konsequenzen für die betreffende
Kapitalgesellschaft, nicht jedoch "automatisch" zugleich für den
Anteilseigner ergeben. Das ergibt sich aus den jeweiligen Regelungsbereichen
des Körperschaftsteuergesetzes einerseits und des Einkommensteuergesetzes
andererseits und entspricht der prinzipiellen "juristischen" Trennung
zwischen der Körperschaft und ihren Anteilseignern. Die Annahme, damit
verenge sich der Anwendungsbereich der "unechten" verdeckten
Gewinnausschüttungen nur auf die Ebene der Kapitalgesellschaft greift
dennoch zu kurz. Die Umqualifizierungsfolgen des § 8a KStG 2002 sind
vielmehr in ihren systematischen Gesamtzusammenhängen zu sehen, sie sind
danach auch für den Anteilseigner maßgeblich. Das ergibt sich aus den
Gesetzesmotiven, wonach die Fremdkapitalvergütungen den gleichen
steuerlichen Belastungen wie Gewinnausschüttungen ausgesetzt sein sollen.
Das aber lässt sich nur erreichen, wenn auch auf Anteilseignerebene die
entsprechenden Konsequenzen gezogen werden. Dementsprechend bestimmt § 8a
Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 die Fremdkapitalvergütungen zu verdeckten
Gewinnausschüttungen ("sind" oder - in der Vorfassung des § 8a Abs. 1 Satz 1
KStG 1999 mit ebensolcher Wirkung und ohne Unterschied in der Sache -
"gelten") und unterstellt damit kraft Gesetzes pauschal und typisierend die
hierfür ansonsten explizit zu prüfenden Anforderungen einer
gesellschaftlichen (Mit-)Veranlassung des betreffenden Geschäftsvorfalls als
derartigen Vergütungen "inhärent" (so Prinz, FR 2008, 765, 766). So
verstanden schlägt die Tatbestandlichkeit des § 8a KStG 2002 aber auf jene
des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 durch, auch wenn zwischen beiden
Normbereichen keine zwingende materielle Korrespondenz besteht. Beide
Normenkomplexe knüpfen jedoch an dieselben Erfordernisse an: Der Senat
verlangt in ständiger Spruchpraxis, dass die Vorteilszuwendung i.S. des § 8
Abs. 3 Satz 2 KStG 2002 zumindest die objektive Eignung haben muss, beim
empfangenden Anteilseigner Einkünfte i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
2002 auszulösen. Insbesondere die Veranlassungsfrage bestimmt sich deswegen
nach übereinstimmenden Maßgaben (s. zuletzt Senatsurteil vom 23. Januar 2008
I R 8/06, DStR 2008, 865 - zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt -, das
insofern in ausdrücklicher Zustimmung des für die Empfängerseite zuständigen
VI. Senats des BFH ergangen ist). In Einklang damit erfordert § 20 Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 weder einen eigenständigen noch einen auf die
gesetzlichen Vorgaben von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 2002 beschränkten Begriff
der verdeckten Gewinnausschüttung. Er belässt vielmehr durch die
Orientierung an dem "offenen" Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung
entsprechende Beurteilungsspielräume, die es dem Rechtsanwender ermöglichen,
die gesetzlich als gesellschaftlich (mit-)veranlasst typisierte verdeckte
Gewinnausschüttung i.S. von § 8a KStG 2002 auch auf die Anteilseignerebene
durchschlagen zu lassen und dadurch dem Grundsatz der Einheitlichkeit der
Rechtsordnung Rechnung zu tragen. Das ist regelungstechnisch in vielleicht
nicht ganz zweifelsfreier, im Ergebnis aber hinlänglicher Weise umgesetzt
worden. Erfasst werden letztendlich verdeckte Gewinnausschüttungen jeglicher
Art, nicht nur "echte" verdeckte Gewinnausschüttungen, sondern auch
"unechte" verdeckte Gewinnausschüttungen kraft gesetzlicher Anordnung. Wäre
es anders, hätte sich der Gesetzgeber damit begnügen können (und
sinnvollerweise müssen), unter Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip die
steuerliche Nichtabzugsfähigkeit der Fremdkapitalvergütungen bei der
Kapitalgesellschaft zu bestimmen (ähnlich z.B. § 10 KStG 2002); die
Behandlung als "unechte" verdeckte Gewinnausschüttung wäre überflüssig.
c) Das bedeutet aber zugleich, dass dem
Gesellschafter im Zeitpunkt der Auszahlung der Fremdkapitalvergütungen durch
die Kapitalgesellschaft (an die nahestehende Person) ein Beteiligungsertrag
i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 zuzurechnen ist und dass ihm
dieser Ertrag auch zufließt.
Der Klägerin ist einzuräumen, dass diesem
Zufluss bei der Z als Anteilseignerin kein tatsächlicher Vorgang zugrunde
liegt. Nicht der Z, sondern der Z-Beteiligungsgesellschaft als nahestehender
Person fließen die Fremdkapitalvergütungen und damit die umqualifizierten
verdeckten Gewinnausschüttungen zu. Diese und nicht die Z erlangt hierüber
die unmittelbare wirtschaftliche Verfügungsmacht. Dennoch ist auch dieser
Zufluss bei der Z-Beteiligungsgesellschaft der Z als (gemeinsamer)
Anteilseignerin sowohl der Z-Beteiligungsgesellschaft als auch der Klägerin
zuzurechnen. Denn indem das Gesetz die Umqualifizierung der
Fremdkapitalvergütungen in verdeckte Gewinnausschüttung mit Wirkung auf den
wesentlich beteiligten Anteilseigner projiziert, bestimmt es bei diesem
zugleich den Zufluss der umqualifizierten Vergütungen und führt im Ergebnis
dazu, dass sich die tatsächlichen Abläufe als abgekürzte Zahlung gegenüber
der Z darstellen. Dass zwischen der Z und der Z-Beteiligungsgesellschaft
keine zivilrechtlichen Beziehungen existieren und dass die Z die
Z-Beteiligungsgesellschaft auch nicht beherrscht, ist so gesehen
unbeachtlich. Die Klägerin verkennt, dass diese normativen "Defizite" durch
die gesetzliche Sonderregelung "überspielt" werden. Aus letztlich gleichem
Grunde ist es unerheblich, dass die Z-Beteiligungsgesellschaft als
nahestehende Person den erlangten Vorteil auch ohne ihre Beziehung zu der Z
erlangt haben mag; das Gesetz misst dem keine Bedeutung bei, sondern dehnt
die Voraussetzungen und Wirkungen der Umqualifizierung auch insoweit auf die
Z aus.
3. In Konsequenz dieser Regelungslage war
seitens der Klägerin anlässlich der vorgenommenen Abschlagszahlungen gemäß
§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 EStG 2002 Kapitalertragsteuer
einzubehalten und abzuführen (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1995, 25; in
BStBl I 2004, 593 Tz. 5; Gosch, a.a.O., § 8a Rz 152 f., 162 f.; Frotscher in
Frotscher/Maas, a.a.O., § 8a KStG Rz 7, 101 ff.; derselbe, DStR 2004, 377,
754; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 8a KStG nF Rz 264 ff.;
Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 8a Rz J 03-18, 20;
Rödder/Schumacher, DStR 2003, 1725, 2057, und 2004, 758, jeweils m.w.N.).
Die Kapitalertragsteuer entsteht im Zeitpunkt der Auszahlung, im Streitfall
also im Zeitpunkt der Auszahlung der Fremdkapitalvergütungen an die
Z-Beteiligungsgesellschaft (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG 2002). Der
(tatsächliche) Vermögenszufluss löste bei der Z nach den beschriebenen
Systemzusammenhängen den (gleichsam virtuellen) Vermögenszufluss des
korrespondierenden "umqualifizierten" Beteiligungsertrags i.S. des § 20
Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 aus, was wiederum die Entstehung der
Kapitalertragsteuer nach sich zog. Ob die Entrichtung dieser Steuer bezogen
auf die Person der Z als Vergütungsgläubiger schulderfüllend wirkt (vgl.
§ 362 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), ist so gesehen ohne Belang. Dadurch,
dass das Gesetz aus steuerlicher Sicht auch beim Anteilseigner eine
verdeckte Gewinnausschüttung annimmt, kommt es unabhängig von einer solchen
Erfüllungswirkung zum Kapitalertragsteuerabzug, also auch dann, wenn die Z
nicht von einer entsprechenden Schuld befreit wird. Dass es sich nach den
von der Klägerin beschriebenen "allgemeinen Grundsätzen" bei einer "echten"
verdeckten Gewinnausschüttung insoweit anders verhalten mag, erweist sich
deswegen nicht als aussagekräftig. Ausschlaggebend ist allein, dass die
gesetzliche "Bestimmung" der schuldrechtlichen Leistungsvergütungen als
verdeckte Gewinnausschüttungen auf allen Ebenen - der gewährenden
Kapitalgesellschaft, ihrem Anteilseigner, dem Nahestehenden oder
Rückgriffsberechtigten einerseits, der Körperschaftsteuer und
Einkommensteuer einschließlich der Kapitalertragsteuer andererseits - vollen
Umfangs durchschlägt. Dass dies bei Kürzung der zu leistenden Vergütung um
die Kapitalertragsteuer durch den entrichtungsverpflichteten
Vergütungsschuldner (hier der Klägerin) diesem gegenüber Ersatzansprüche des
Vergütungsgläubigers (hier der Z-Beteiligungsgesellschaft) zur Folge haben
kann und diesen ggf. zwingt, sich beim Anteilseigner (hier der Z) schadlos
zu halten, wird vom Gesetz ersichtlich in Kauf genommen. Abgesehen davon,
dass im Streitfall nichts dafür ersichtlich ist, dass die
Kapitalertragsteuerbelastung für die Klägerin tatsächlich definitiv werden
könnte, kann dem im Rahmen der vertraglichen Gestaltungsvorsorge mittels
sog. Steuerklauseln vorgebeugt werden; verfassungsrechtliche Bedenken
gegenüber einer "Überbesteuerung" bestehen angesichts dessen keine. Ohnehin
ist diese Folge im Ergebnis jeglichen Drei- und Mehrecksverhältnissen
zueigen, in denen die Leistung gegenüber dem Nahestehenden erbracht wird,
diese beim Anteilseigner jedoch zum Zufluss von Kapitalertrag gemäß § 20
Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 führt.
4. Das FA durfte die Klägerin deshalb im
Wege der Haftung gemäß § 44 Abs. 5 EStG 2002 oder im Wege der
Steuernachforderung gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m.
§ 44 Abs. 5 Satz 3 EStG 2002 (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. September 2000
I R 61/99, BFHE 193, 286, BStBl II 2001, 67, m.w.N.) in Anspruch nehmen,
nachdem diese ihrer Steuerabzugspflicht nicht nachgekommen war. Das FA hat
sich im Streitfall für den letzteren Weg entschieden. Das ist nicht zu
beanstanden. Das Vorgehen über den Erlass eines Nachforderungsbescheids
ändert zwar nichts daran, dass es sich materiell-rechtlich um die
Geltendmachung eines Haftungsanspruchs handelt; die Steuerfestsetzung nach
§ 167 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 155 AO erfasst denjenigen, der die Steuer als
Entrichtungssteuerschuldner nicht anmeldet, gerade auch in seiner Funktion
als Haftungsschuldner. Das hat zur Folge, dass die tatbestandlichen
Erfordernisse des § 44 Abs. 5 EStG 2002 zu beachten sind (vgl. Senatsurteil
in BFHE 193, 286, BStBl II 2001, 67, m.w.N.). Nach § 44 Abs. 5 Satz 1
letzter Halbsatz EStG 2002 entfällt die Haftung des Schuldners der
Kapitalerträge, wenn dieser nachweist, dass er die ihm auferlegten Pflichten
weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Das FG hat jedoch
zutreffend darauf erkannt, dass von einer derartigen unverschuldeten
Abstandnahme von den Steuerentrichtungspflichten bei der Klägerin keine Rede
sein kann. Gerade angesichts der bestehenden Ungewissheiten über die
Rechtswirkungen, die die gesetzlich bestimmte Umqualifizierung der
Fremdkapitalvergütungen in verdeckte Gewinnausschüttungen gemäß § 8a KStG
2002 auf die Entrichtungspflichten auslösen, wäre es allein pflichtgerecht
gewesen, wenn die Klägerin zur Vermeidung von Haftungsfolgen diesen
Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Wenn die Klägerin darauf bewusst
verzichtet hat, ist dieses Vorgehen nicht unverschuldet; insbesondere
unterlag sie - wie von ihr jedoch angenommen - insoweit keinem
"Verbotsirrtum". Sie musste angesichts der bekannten entgegenstehenden
Rechtsauffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1995,
25; in BStBl I 2004, 593) vielmehr mit ihrer Inanspruchnahme rechnen,
letztlich, um im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens die Rechtsfragen
abschließend zu klären. Das Eintreten für ein abweichendes Rechtsverständnis
führt indes, wie das FG ebenfalls zutreffend entschieden hat, nicht zu einer
Exkulpation des Steuerpflichtigen i.S. des § 44 Abs. 5 EStG 2002.
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