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BFH-Urteil vom 7.5.2009 (VI R 8/07) BStBl. 2010 II S. 194
1.
Umlagezahlungen des Arbeitgebers an die VBL, die dem Arbeitnehmer einen
unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen die VBL verschaffen,
führen im Zeitpunkt ihrer Zahlung zu Arbeitslohn.
2.
Für den Arbeitslohncharakter von Zukunftssicherungsleistungen kommt es
grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherungsfall bei dem begünstigten
Arbeitnehmer überhaupt eintritt und welche Leistungen dieser letztlich
erhält.
3.
Als Arbeitslohn anzusehende Umlagezahlungen des Arbeitgebers an die VBL sind
weder nach § 3 Nr. 62 EStG noch nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.
EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Nr. 62,
§ 3 Nr. 63.
Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom
11. Januar 2007 11 K 307/06 (EFG 2007, 1073)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt ein Krankenhaus. Sie ist Beteiligte
der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) und gewährt ihren
Beschäftigten auf tarifvertraglicher Grundlage eine Zusatzversorgung durch
Gruppenversicherung bei der VBL. In den Arbeitsverträgen wird hinsichtlich
der Zusatzversorgung auf den Tarifvertrag Bezug genommen. Zur Finanzierung
der Zusatzversorgung leistete die Klägerin im Mai des Streitjahres (2005) an
die VBL Umlagen in Höhe von 7,86 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts
ihrer Beschäftigten, welches grundsätzlich dem steuerpflichtigen Arbeitslohn
entspricht. Darin enthalten war ein Eigenanteil der Beschäftigten in Höhe
von 1,41 %, den die Klägerin von dem lohnversteuerten Entgelt der
Beschäftigten einbehalten hatte. In ihrer Lohnsteuer-Anmeldung für Mai 2005
berücksichtigte die Klägerin den Differenzbetrag von 6,45 % des
zusatzversorgungspflichtigen Entgelts als Arbeitslohn; die nach § 40b des
Einkommensteuergesetzes (EStG) pauschal berechnete Lohnsteuer auf
Umlagezahlungen betrug rd. 4.460 € (zzgl. Annexsteuern). Mit Schriftsatz vom
16. Juni 2005 begehrte die Klägerin jedoch unter Beifügung einer
berichtigten Lohnsteuer-Anmeldung für Mai 2005, die Lohnsteuer ohne
Berücksichtigung der Umlagen festzusetzen. Der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA -) behandelte den Schriftsatz als Einspruch, dem er
nicht stattgab.
Das Finanzgericht (FG) gab
der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1073
veröffentlichten Gründen statt.
Mit seiner Revision rügt das
FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das
vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der
Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO -). Es vertritt die Auffassung, dass die
Umlagezahlungen als Zukunftssicherungsleistungen bei den aktiven
Arbeitnehmern zu Arbeitslohn führten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden,
dass die streitbefangenen Umlagezahlungen nicht zu Arbeitslohn führen.
1. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne,
Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine
Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden.
Arbeitslohn ist jeder gewährte Vorteil, der durch das individuelle
Dienstverhältnis veranlasst ist.
a) Zum Arbeitslohn können - sofern es an
einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers an
derartigen Aufwendungen mangelt - auch Ausgaben gehören, die ein Arbeitgeber
leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahe stehende Personen für den
Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes
abzusichern (Zukunftssicherung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
11. Dezember 2008 VI R 9/05, BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385).
Die Arbeitslohnqualität von
Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an
einen Dritten (Versicherer) erfolgt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang -
wirtschaftlich betrachtet - so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem
Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum
Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem
Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die
Beiträge geleistet hat, ein unmittelbarer und unentziehbarer Rechtsanspruch
auf die Leistung zusteht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom
30. Mai 2001 VI R 159/99, BFHE 195, 364, BStBl II 2001, 815; vom
14. September 2005 VI R 148/98, BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532; vom
12. April 2007 VI R 55/05, BFHE 217, 558, BStBl II 2007, 619; vom 5. Juli
2007 VI R 47/02, BFH/NV 2007, 1876; vom 15. November 2007 VI R 30/04, BFH/NV
2008, 550; in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385; jeweils m.w.N.). Erlangt der
Arbeitnehmer einen eigenen Rechtsanspruch gegen den Versicherer, so fließt
im Zeitpunkt der Beitragszahlung des Arbeitgebers Arbeitslohn zu. Der
Lohnzufluss liegt dabei in den gegenwärtigen Beiträgen des Arbeitgebers, mit
denen dieser den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers finanziert (vgl. z.B.
BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 1876, und in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385).
b) Erlangt der Arbeitnehmer aufgrund von
Beitragsleistungen seines Arbeitgebers einen eigenen Rechtsanspruch gegen
den Versicherer bzw. die Versorgungseinrichtung, so fließt mit der
Beitragsleistung Arbeitslohn grundsätzlich unabhängig davon zu, ob und in
welcher Höhe der Arbeitnehmer später Versicherungsleistungen erlangt.
Voraussetzung eines unentziehbaren Rechtsanspruchs ist nicht, dass bei
Prämienzahlung feststeht, ob der Risikofall überhaupt eintritt und der
Versicherer eine Leistung zu erbringen hat (so bereits BFH-Urteil vom
11. Oktober 1974 VI R 173/71, BFHE 114, 50, BStBl II 1975, 275). Auch die
Art des zur Zukunftssicherung angewandten Deckungssystems ist für die
Qualifizierung der entsprechenden Beiträge als Arbeitslohn grundsätzlich
nicht von Bedeutung (vgl. Thomas, Betriebliche Altersversorgung 2008, 490,
492). Denn mit der Finanzierung des Versicherungsschutzes des Arbeitnehmers
wendet der Arbeitgeber die entsprechenden Beiträge und nicht die bei
Eintritt des Versicherungsfalles zu gewährenden Versicherungsleistungen zu
(BFH-Urteil in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385, unter II.1.c).
aa) Steht dem Arbeitnehmer gegen die
Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat,
ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf Leistung zu, so stellt sich dieser
Vorgang - wie zuvor ausgeführt - wirtschaftlich betrachtet so dar, als hätte
der Arbeitgeber die Zahlungen an den Arbeitnehmer und dieser sie an den
Dritten geleistet. Verwendet indes der Arbeitnehmer Barlohn selbst zur
Zukunftssicherung, so kommt es für den Zufluss von Arbeitslohn nicht mehr
darauf an, inwieweit die vom Arbeitnehmer erwarteten Versorgungsleistungen
tatsächlich erbracht werden und die mit der Anlage erhoffte Rendite erzielt
wird. Steht die Leistung der Beiträge durch den Arbeitgeber der Verwendung
von Barlohn durch den Arbeitnehmer bei wirtschaftlicher Betrachtung gleich,
so kommt es auch für die Qualifizierung der Beiträge des Arbeitgebers als
Arbeitslohn, die dem Arbeitnehmer einen eigenen Rechtsanspruch verschaffen,
grundsätzlich nicht darauf an, inwieweit der Arbeitnehmer später tatsächlich
Versorgungsleistungen erlangt.
bb) Dem Gedanken, dass die Bestimmung von
Arbeitslohn bei Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitsgebers grundsätzlich
von späteren Versicherungs- bzw. Versorgungsleistungen zu lösen ist,
entspricht auch die Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass die
geleisteten Beiträge im Zeitpunkt ihrer Zahlung wirtschaftlich nicht genau
Ansprüchen bzw. Anwartschaften des Arbeitnehmers entsprechen müssen. So hat
der Senat etwa für Umlagezahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse
entschieden, dass die in der Erbringung der Umlage liegende Zuwendung an die
Arbeitnehmer und ihre Erfassung als Arbeitslohn nicht davon abhängig ist, in
welcher Höhe der einzelne Arbeitnehmer Ansprüche gegen die Pensionskasse
erwirbt (vgl. BFH-Urteil vom 30. Mai 2001 VI R 178/99, BFH/NV 2001, 1258).
Der Arbeitslohncharakter von Zukunftssicherungsleistungen hängt weiterhin
nicht davon ab, ob verfallbare oder unverfallbare Leistungsansprüche
erworben werden (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1876). Gegen Arbeitslohn spricht
auch nicht, dass Umlagen nicht die individuellen künftigen Ansprüche der
aktiven Arbeitnehmer, sondern lediglich die aktuellen Versorgungslasten
abdecken. Vielmehr genügt es, dass der aktive Arbeitnehmer durch die
Teilnahme an dem kollektiven Finanzierungssystem Anwartschaftsrechte auf
künftige Versorgung erhält; dass zwischen der nominalen Höhe der Umlage und
dem versicherungsmathematisch errechneten Barwert der
Versorgungsanwartschaft keine Deckungsgleichheit besteht, ist unschädlich
(vgl. BFH-Urteile vom 14. September 2005 VI R 32/04, BFHE 210, 447, BStBl II
2006, 500, und vom 15. Februar 2006 VI R 92/04, BFHE 212, 445, BStBl II
2006, 528). Auch steht der Annahme eines unentziehbaren Rechtsanspruchs des
Arbeitnehmers gegen Versicherer bzw. Versorgungseinrichtung und damit des
Zuflusses von Arbeitslohn in Gestalt von Beiträgen des Arbeitgebers zur
Finanzierung von Versicherungsschutz des Arbeitnehmers nicht entgegen, dass
die Auszahlung von Versorgungsleistungen von der Einhaltung von Wartezeiten
und einem bestimmten Lebensalter abhängig ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 114,
50, BStBl II 1975, 275). Weiter erfordert es die Voraussetzung eines
unentziehbaren Rechtsanspruchs nicht, dass Versicherer bzw.
Versorgungseinrichtung letztlich an den Begünstigten eine Leistung erbringen
muss (vgl. BFH-Urteil in BFHE 114, 50, BStBl II 1975, 275, und BFH-Beschluss
vom 25. April 2006 X R 9/04, BFH/NV 2006, 1645). Selbst wenn der
Arbeitnehmer bei vorzeitigem Ausscheiden aus der Versorgungseinrichtung
nichts erlangt, stellt dies die Unentziehbarkeit des Rechtsanspruchs nicht
in Frage (BFH-Urteil in BFHE 114, 50, BStBl II 1975, 275).
cc) Für Beiträge des Arbeitgebers zu einer
Gruppenunfallversicherung, durch die der Arbeitnehmer zwar
Versicherungsschutz, aber keinen eigenen Rechtsanspruch gegen den
Versicherer erlangt, hat der erkennende Senat entschieden, dass bei
Auskehrung einer Versicherungsleistung an den Arbeitnehmer nicht diese
Leistung selbst, sondern im Zeitpunkt der Versicherungsleistung die bis
dahin vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge - der Höhe nach begrenzt auf die
ausgezahlte Versicherungssumme - zum Zufluss von Arbeitslohn führen (vgl. im
Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385). Auch insoweit ist
die Bestimmung des in der Finanzierung des Versicherungsschutzes des
Arbeitnehmers liegenden Vorteils von der Versicherungsleistung gelöst. Von
Bedeutung für den Zufluss von Arbeitslohn sind lediglich der Zeitpunkt einer
Versicherungsleistung sowie die Höhe der Versicherungsleistung, weil der
Arbeitnehmer nur insoweit die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den
Vorteil des arbeitgeberfinanzierten Versicherungsschutzes erlangt.
dd) Kommt es nach den zuvor genannten
Grundsätzen für den Arbeitslohncharakter von Zukunftssicherungsleistungen
grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherungsfall bei dem begünstigten
Arbeitnehmer überhaupt eintritt und welche Leistungen dieser etwa aufgrund
der Umstände des Schadensfalles, aufgrund seiner Erwerbsbiografie oder
aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des entsprechenden
Sicherungssystems (Umlage- oder Kapitaldeckungsverfahren) vom Versicherer
oder von der Versorgungseinrichtung letztlich erhält, so kann im
Ausnahmefall eine andere Beurteilung geboten sein. Wäre nämlich bereits im
Zeitpunkt der Entrichtung der Beiträge die wirtschaftliche Wertlosigkeit des
damit finanzierten Versicherungsschutzes sicher erkennbar, brächten die
Beiträge dem Arbeitnehmer keinen Vorteil. Bei der Bestimmung des Vorteils
ist jedoch zu berücksichtigen, dass sowohl Umlage- als auch
Kapitaldeckungssysteme demografischen, inflationären und
gesamtwirtschaftlichen Risiken ausgesetzt sind, die längerfristig zu einer
wirtschaftlichen Entwertung der eingezahlten Beiträge führen können. Denn
insoweit verhält es sich - wie bereits ausgeführt - regelmäßig nicht anders,
als wenn der Arbeitnehmer mit ihm zugewandten Barlohn selbst
Zukunftssicherung betrieben hätte. Deshalb ist zur Beurteilung der
Werthaltigkeit der Beiträge grundsätzlich ein plan- bzw. regelmäßiger
Versicherungsverlauf zu unterstellen. Erlangt ein Arbeitnehmer aufgrund von
Zukunftssicherungsleistungen seines Arbeitgebers einen eigenen
Rechtsanspruch gegen den Versicherer bzw. die Versorgungseinrichtung, so
führen die Beiträge zu Arbeitslohn, wenn die Einrichtung dem Arbeitnehmer
dient und für ihn bei regelmäßigem Ablauf die Versorgung bestimmt ist (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 114, 50, BStBl II 1975, 275). Eine zunächst als
Anwartschaftsrecht auf künftige Versorgung ausgestaltete Rechtsposition des
Arbeitnehmers muss jedenfalls bei planmäßigem Versicherungsverlauf zu einem
Anspruch auf Versorgung (Vollrecht) führen.
c) Vorteile werden "für" eine Beschäftigung
gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers
veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das
Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne
als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft
des Arbeitnehmers erweist, also als Frucht der Arbeitsleistung für den
Arbeitgeber zu betrachten ist (z.B. BFH-Urteile vom 20. November 2008
VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382; in BFH/NV 2008, 550, und in
BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385). Hingegen sind Vorteile, die sich bei
objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich
als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen
und demnach aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt
werden, kein Arbeitslohn (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11. April 2006
VI R 60/02, BFHE 212, 574, BStBl II 2006, 691, m.w.N.; vom 26. Juli 2007
VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892; vom 17. Januar 2008
VI R 26/06, BFHE 220, 266, BStBl II 2008, 378; vom 12. Februar 2009
VI R 32/08, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2009, 830).
So hat der erkennende Senat für sog.
Gegenwertzahlungen bei Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL entschieden,
dass diese nicht "für" die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gewährt würden,
denn sie könnten als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler
Zielsetzung angesehen werden und glichen ausschließlich eine Verpflichtung
des Arbeitgebers aus, die er gegenüber der VBL eingegangen sei (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 212, 445, BStBl II 2006, 528). Auch bei Sonderzahlungen
des Arbeitgebers an eine Zusatzversorgungskasse im Zusammenhang mit der
Schließung des Umlagesystems hat der Senat angenommen, dass sie
ausschließlich dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers an der
Sicherstellung seiner Versorgungszusage dienten (vgl. BFH-Urteil in BFHE
210, 447, BStBl II 2006, 500). Gleiches hat der Senat für Sonderzahlungen
entschieden, die ein Arbeitgeber beim Wechsel zu einer anderen
umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse geleistet hatte (vgl. BFH-Urteil
in BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532). Erst Sonderzahlungen, die nach dem
23. August 2006 geleistet werden, zählt § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 52
Abs. 35 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006
(BGBl I 2006, 2878) zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit; der
Gesetzgeber geht davon aus, dass auch Schlusszahlungen in Umlageverfahren
wegen der damit bewirkten Sicherung von Zukunftssicherungsleistungen im
Interesse des Arbeitnehmers liegen (vgl. BRDrucks 622/06, 74 f.).
2. Nach diesen Maßstäben hält die Würdigung
des FG, die streitbefangenen Umlagezahlungen führten nicht zu Arbeitslohn,
revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Auf der Grundlage der
Feststellungen des FG kann der erkennende Senat selbst entscheiden, dass die
Umlagezahlungen einen "für" die Beschäftigung gewährten Vorteil darstellen
und damit Arbeitslohn sind. Eine Steuerbefreiung der Zahlungen scheidet aus.
Zu Recht hat es deshalb das FA abgelehnt, die Lohnsteuer für Mai 2005 ohne
Berücksichtigung der Umlagen festzusetzen.
a) Die Arbeitnehmer der Klägerin haben
durch deren Umlagezahlungen einen Vorteil erlangt.
Die Arbeitnehmer erwarben, wie das FG mit
den BFH bindender Wirkung (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt hat, eigene
Ansprüche gegen die VBL; die Zahlungen der Klägerin erfolgten deshalb nicht
lediglich zum Zweck der Rückversicherung gegen von ihr zugesagte
Versorgungsansprüche.
Diese Ansprüche waren auch nicht in einem
Sinne "wertlos", dass im Streitfall nicht mehr von Arbeitslohn ausgegangen
werden könnte. Das FG hat sich zur Begründung seiner Auffassung im Kern auf
einen Grundsatz der "Deckungsgleichheit" von Beiträgen und Ansprüchen gegen
die Versorgungseinrichtung berufen. Ein solcher Grundsatz ist jedoch - wie
ausgeführt und auch vom FG im Ergebnis anerkannt - der Rechtsprechung des
BFH nicht zu entnehmen.
aa) Nach den zuvor ausgeführten Maßstäben
kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob bzw. mit welcher
Wahrscheinlichkeit bei Wahl eines kapitalgedeckten Finanzierungssystems, das
nach den Feststellungen des FG vergleichsweise zur Kalkulation der Umlagen
herangezogen worden ist, andere Versorgungsleistungen zu erwarten gewesen
sein könnten. Wie bei der Verwendung von Barlohn durch den Arbeitnehmer
hängt auch der Arbeitslohncharakter der streitbefangenen Umlagezahlungen
nicht davon ab, ob bei dem gewählten Durchführungsweg der Zukunftssicherung
im Vergleich zu anderen Versorgungssystemen eine niedrigere oder höhere
Rendite zu erwarten ist. Entscheidend ist vielmehr, ob jedenfalls bei
planmäßigem Versicherungsverlauf eine hinreichende Werthaltigkeit der von
den Arbeitnehmern der Klägerin erworbenen Ansprüche bzw. Anwartschaften zu
erwarten ist. Solch ein regelmäßiger Versicherungsverlauf unterstellt,
ergeben sich weder aus den Feststellungen des FG noch aus dem Vortrag der
Klägerin konkrete Anhaltspunkte dafür, dass aus dem Versorgungssystem der
VBL schon zum Zeitpunkt der streitbefangenen Umlagezahlungen keine
substantielle Zusatzversorgung mehr zu erwarten gewesen wäre. Vielmehr
erwarb im Streitfall der aktive Arbeitnehmer durch die Teilnahme an dem
kollektiven Finanzierungssystem hinreichend werthaltige Anwartschaftsrechte
auf künftige Versorgung.
bb) Der Hinweis des FG, dass die
Zuwendungen wirtschaftlich Barlohnzahlungen des Arbeitgebers an den
Arbeitnehmer vergleichbar sein müssten, rechtfertigt nicht die Verneinung
eines Vorteils. Zwar knüpft das FG zutreffend an die Rechtsprechung des BFH
an, nach der es für die Bestimmung des Arbeitslohncharakters von
Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers darauf ankommt, ob sich der
Vorgang wirtschaftlich so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner
Zukunftssicherung verwendet hat. Die Arbeitslohnqualität von Barlohn, den
der Arbeitnehmer selbst zur Zukunftssicherung verwendet, hängt indes - wie
ausgeführt - nicht davon ab, ob die vom Arbeitnehmer erwartete Rendite
tatsächlich erzielt wird. Deshalb ist der wirtschaftliche Ertrag von
Zukunftssicherungsleistungen für deren Arbeitslohncharakter auch dann nicht
von Bedeutung, wenn der Arbeitgeber Beiträge unmittelbar an die
Versorgungseinrichtung leistet.
cc) Ungeachtet dessen, dass die relative
Wirtschaftlichkeit eines Zukunftssicherungssystems für den
Arbeitslohncharakter entsprechender Beiträge grundsätzlich nicht von
Bedeutung ist, führte der vom FG aufgegriffene Vortrag der Klägerin, die von
ihr zugesagte Zusatzversorgung habe nur der Einzahlung von 4 % (statt
7,86 %) des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts in ein kapitalgedecktes
System entsprochen, nicht zu einer Minderung der vom FA als Arbeitslohn
angesehenen Beträge. Denn Kapitaldeckungs- und Umlageverfahren sind
grundsätzlich nicht vergleichbare Alterssicherungssysteme. Entsprechendes
gilt folgerichtig für die jeweilige Höhe der Beitragssätze.
Beide Systeme unterscheiden sich schon
grundlegend darin, dass bei einem Kapitaldeckungssystem nur die in einem
Kapitalstock akkumulierten Beiträge zur Versorgung zur Verfügung stehen,
während ein Umlageverfahren auf eine Versorgung unabhängig von einem
angesparten Kapitalstock und dem individuell erreichten Lebensalter des
Versicherten gerichtet ist (zum Vergleich des Kapitaldeckungsverfahrens mit
dem Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung auch z.B. Urteil des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BVerfGE
105, 73, 91 f., unter A.I.5.b aa). Bei einem umlagenfinanzierten,
solidarisch ausgestalteten Altersvorsorgesystem kann die individuelle
Versorgungsleistung und damit die "Rendite" der Beiträge abhängig vom
erreichten Lebensalter des Versicherten sehr unterschiedlich ausfallen. Dem
Risiko, dass der aufgebaute Kapitalstock an Werthaltigkeit verliert oder für
eine Versorgung bis zum Lebensende des Versicherten nicht ausreicht, steht
bei einem umlagenfinanzierten System das Risiko gegenüber, dass die
Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft, wirtschaftlich getragen von der
jeweiligen Erwerbsgeneration, absolut schwindet oder dass bezogen auf den
einzelnen Leistungsempfänger - etwa in Folge einer gestiegenen
Lebenserwartung der Versicherten - eine niedrigere monatliche Versorgung zu
erwarten ist. Denn der Rentner erwirbt innerhalb des Systems des
Umlageverfahrens keinen Anspruch auf eine bestimmte Rentenhöhe oder ein
bestimmtes Rentenniveau, sondern grundsätzlich nur einen Anspruch auf
relative Beteiligung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der
jeweiligen Erwerbsgeneration (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 91,
unter A.I.5.b aa, m.w.N.). Ein Vergleich beider Systeme ist demnach nur
unter Einbeziehung aller systemprägenden Faktoren möglich; er führte zur
Offenlegung und Bewertung unterschiedlicher Risikostrukturen, nicht aber zu
einer hinreichend gesicherten Aussage über die absolute Vorteilhaftigkeit
und wirtschaftliche Rangordnung beider Systeme. Es ist deshalb nicht
gerechtfertigt, Beiträge für die Bestimmung ihres Arbeitslohncharakters in
Abhängigkeit von dem finanzierten Deckungssystem in unterschiedlicher Weise
zu gewichten.
b) Der Vorteil des durch die
Beitragsleistung erlangten Versicherungsschutzes ist im Streitfall auch
"für" die Beschäftigung gewährt worden. Denn Zukunftssicherung liegt
regelmäßig ganz überwiegend im Interesse des versicherten Arbeitnehmers.
Dass (auch) das von der Klägerin zur Zukunftssicherung genutzte Umlagesystem
finanzielle Risiken birgt, steht einer solchen Würdigung nicht entgegen. Wie
beim Vorteil bestimmt sich das wirtschaftliche Interesse des Arbeitnehmers
an einer Zusatzversorgung nicht allein danach, inwieweit und mit welcher
Wahrscheinlichkeit der einzelne Arbeitnehmer aufgrund der vom Arbeitgeber
finanzierten Versorgung tatsächlich später Leistungen erlangt. Auch sind die
Gründe, die den erkennenden Senat bewogen haben, Gegenwertzahlungen des
Arbeitgebers an die VBL als notwendige Begleiterscheinung
betriebsfunktionaler Zielsetzungen anzusehen, nicht auf reguläre
Umlagezahlungen an die VBL übertragbar. Schließlich treten im Streitfall
eigenbetriebliche Interessen der Klägerin auch nicht deshalb hervor, weil es
sich um eine bloße Rückversicherung des Arbeitgebers gegen Ansprüche seiner
Arbeitnehmer gehandelt hätte. Im Übrigen nimmt die Tatsache, dass die
Klägerin tarifvertraglich zur Zusatzversorgung verpflichtet war, den
Beiträgen nicht ihren Entlohnungscharakter.
3. Die Voraussetzungen der von der Klägerin
begehrten Steuerfreiheit der Beiträge nach § 3 Nr. 62 EStG oder nach § 3
Nr. 63 EStG liegen nicht vor.
a) Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 EStG
setzt voraus, dass der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen
oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher
Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist. Die mit den
Umlagezahlungen finanzierte Zusatzversorgung hat die Klägerin nach den
Feststellungen des FG auf tarifvertraglicher Grundlage erbracht; eine
Verpflichtung aufgrund Tarifvertrags stellt keine gesetzliche Verpflichtung
i.S. des § 3 Nr. 62 EStG dar (vgl. z.B. v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/
Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 62 Rz B 62/34, und Blümich/Erhard, § 3 EStG
Rz 1150, jeweils m.w.N.). Besonderheiten, die im Streitfall eine andere
Beurteilung rechtfertigen könnten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27. Juni 2006
IX R 77/01, BFH/NV 2006, 2242, und vom 13. September 2007 VI R 16/06, BFHE
219, 58, BStBl II 2008, 394), hat das FG nicht festgestellt. Auch sonst ist
insbesondere keine materiell gesetzliche Verpflichtung (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 219, 58, BStBl II 2008, 394) der Klägerin ersichtlich. Im Übrigen ist
weder § 3 Nr. 62 EStG selbst noch dem Einkommensteuerrecht insgesamt die
gesetzgeberische Grundentscheidung zu entnehmen, dass unabhängig von den
tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Nr. 62 EStG Lohn stets insoweit von
der Einkommensteuer zu befreien ist, als er für Zukunftssicherungsleistungen
verwendet wird (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2007 VI R 13/05, BFH/NV 2008,
794). Da § 3 Nr. 62 EStG nur deklaratorische Bedeutung erlangt, soweit der
Arbeitgeber Zukunftssicherungsleistungen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung
und deshalb nicht "für" die Beschäftigung erbringt (vgl. BFH-Urteil vom
6. Juni 2002 VI R 178/97, BFHE 199, 524, BStBl II 2003, 34, zu den
Arbeitgeberanteilen zur gesetzlichen Sozialversicherung), begegnet dieses
Ergebnis keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken. Im Übrigen wäre die
Vorschrift jedenfalls als Sozialzwecknorm (vgl. v. Beckerath, in: Kirchhof/
Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 3 Nr. 62 Rz B 62/27) sachlich gerechtfertigt.
b) Auch eine Steuerbefreiung nach § 3
Nr. 63 EStG scheidet aus. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen - wie
auch die Klägerin nicht bestreitet - nicht vor, weil es sich im Streitfall
nicht um eine kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung handelt. Auch
verfassungsrechtlich kommt eine entsprechende Anwendung der Vorschrift im
Streitfall nicht in Betracht. Denn die Vorschrift erschließt ihre Bedeutung
im Kontext der nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG. Inwieweit
sich der Gesetzgeber für eine vor- oder nachgelagerte Besteuerung von
Alterseinkünften entscheidet, obliegt grundsätzlich seiner gesetzgeberischen
Gestaltungsfreiheit; ein Arbeitnehmer hat deshalb auch verfassungsrechtlich
keinen Anspruch darauf, dass sich der Gesetzgeber hinsichtlich eines
bestimmten Durchführungswegs der betrieblichen Altersversorgung für eine
vor- oder nachgelagerte Besteuerung entscheidet. Allerdings ist es
verfassungsrechtlich geboten, die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für
die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der
Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte
Besteuerung vermieden wird (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 134 f., unter
D.II.). Für das Streitjahr hatte der Gesetzgeber die umlagenfinanzierte
betriebliche Altersvorsorge noch der vorgelagerten Besteuerung zugewiesen;
eine Steuerbefreiung der streitbefangenen Umlagezahlungen in der
"Ansparphase" scheidet deshalb aus. Umgekehrt wäre Voraussetzung für eine
Steuerbefreiung die nachgelagerte Besteuerung in der "Bezugsphase". Das
beigetretene BMF weist in seiner Stellungnahme zutreffend darauf hin, dass
die Regelung des seit 1. Januar 2008 geltenden § 3 Nr. 56 EStG im Grundsatz
der für die kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung bereits in 2002
eingeführten Regelung des § 3 Nr. 63 EStG (Steuerfreiheit der
Beitragszahlungen an Pensionsfonds, Pensionskassen und - ab 1. Januar 2005 -
an Direktversicherungen in der "Ansparphase") entspricht und die durch
steuerfreie Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 EStG erworbenen
Versorgungsleistungen dann - wie bei der kapitalgedeckten betrieblichen
Altersversorgung - gemäß § 22 Nr. 5 EStG vollständig nachgelagert besteuert
werden.
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