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BFH-Urteil vom 25.6.2009
(IX R 56/08) BStBl. 2010 II S. 202
1. Eine
Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Verfahren über die einheitliche und
gesonderte Feststellung der Bemessungsgrundlagen für Sonderabschreibungen
nach dem Fördergebietsgesetz und für Absetzungen für Abnutzung nicht
klagebefugt.
2. Das FG kann die Zulassung
der Revision wirksam auf die Zulässigkeit der Klage beschränken.
AO § 33 Abs. 1, § 164 Abs. 2,
§ 179 Abs. 2 Satz 1, § 180 Abs. 1, § 180 Abs. 2 (i.V.m. VO zu § 180 Abs. 2
AO); FGO §§ 48, 57, 59, §§ 97 bis 99; ZPO § 59.
Vorinstanz: Sächsisches FG
vom 29. Oktober 2008 2 K 565/06 (EFG 2009, 809)
Sachverhalt
I.
Die K-Immobilien-GmbH
(GmbH)erwarb im Dezember 1998 in Leipzig ein 420 qm großes Grundstück mit
einem sanierungsbedürftigen Mehrfamilienhaus für 440.000 DM. Anschließend
teilte sie das Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum auf und veräußerte
sämtliche Eigentumswohnungen noch im Dezember 1998 an die Mitglieder
(Gemeinschafter) der im vorliegenden Verfahren als Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin) aufgetretenen Wohnungseigentümergemeinschaft,
die von allen namentlich genannten Mitgliedern in diesem Verfahren vertreten
wird. Die GmbH verpflichtete sich überdies zur Sanierung. Die jeweiligen
Vertragsparteien gliederten den Kaufpreis für den Vertragsgegenstand
(sanierte Eigentumswohnung) in Kaufpreise für Altbausubstanz, Sanierung und
Küche auf. Die Gemeinschafter zahlten die bedungenen Kaufpreise noch im Jahr
1998.
Die GmbH erklärte die daraus
entwickelten Werte für die Sanierung (insgesamt 2.551.775 DM nach den
vertraglichen Aufgliederungen), für die Altbausubstanz (300.001 DM) und den
Grund und Boden (Anteil von 40 % der Anschaffungskosten des
sanierungsbedürftigen Mehrfamilienhauses = 199.999 DM) zur einheitlichen und
gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die
Sonderabschreibungen nach § 3 Satz 2 Nr. 3 des Fördergebietsgesetzes (FördG)
sowie die Absetzungen für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 Abs. 4 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)
i.V.m. der Verordnung (VO) zu § 180 Abs. 2 AO. Dementsprechend stellte der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Bemessungsgrundlage
für Sonderabschreibungen/AfA der Gemeinschafter durch unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung stehenden Bescheid einheitlich und gesondert fest und gab
ihn u.a. den Gemeinschaftern nach § 6 Abs. 3 und 4 der VO zu § 180 Abs. 2 AO
einzeln bekannt.
Im Rahmen einer bei der GmbH
durchgeführten Außenprüfung (nach § 7 Abs. 1 VO zu § 180 Abs. 2 AO) änderte
die Außenprüferin die Kaufpreisaufteilung der Gemeinschafter anhand der
Kostenstruktur der GmbH. Das FA machte sich die Auffassung der Außenprüferin
zu Eigen und änderte die Bescheide der Gemeinschafter am 13. Oktober 2003
gemäß § 164 Abs. 2 AO.
Hiergegen legten die
Gemeinschafter je für sich Einspruch ein. Sie beriefen sich für die im
Vertrag getroffene Aufteilung auf ein Verkehrswertgutachten. Auf der Basis
dieses Gutachtens änderte das FA die Kaufpreisaufteilung in den
Einspruchsentscheidungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, indem es überdies dem
Berechnungsschema der Außenprüferin folgte.
Die Klage, welche die
Klägerin, gesetzlich vertreten durch die an ihr beteiligten Gemeinschafter,
einlegte, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah in seinem in
Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 809 veröffentlichtem Urteil die
Klägerin als beteiligtenfähig an, weil sie Subjekt einer einheitlichen und
gesonderten Feststellung sei. Die Klage sei auch begründet; denn das FA sei
nicht berechtigt gewesen, die ursprünglichen Feststellungsbescheide zu
ändern.
Mit der vom FG wegen der
Zulässigkeitsfrage zugelassenen Revision macht das FA geltend, die Klage sei
unzulässig. Die Eigentümergemeinschaft sei nicht rechtsfähig. Da keine
Person i.S. von § 48 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorhanden
sei, sei jeder Gemeinschafter persönlich klagebefugt. Die Klägerin sei auch
nicht Vermieterin. Vermieter seien die jeweiligen Gemeinschafter als
Eigentümer ihrer Wohnungen. Die Klage sei auch unbegründet. Es bestünden
Bedenken gegen die vertragliche Aufteilung, allein schon deshalb, weil sie
keine Steuerfolgen auslöse.
Das FA beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet
und nach § 126 Abs. 2 und Abs. 4 FGO zurückzuweisen.
1. Das FG hat die Zulassung
der Revision wirksam auf die Zulässigkeit der Klage beschränkt.
Beschränkungen der Rechtsmittelzulassung sind wirksam, wenn sie rechtlich
und tatsächlich selbständige Teile des Streitstoffes betreffen, über die in
einem besonderen Verfahrensabschnitt, abgetrennt vom übrigen Verfahren, im
Wege eines Teilurteils (§ 98 FGO) oder eines Zwischenurteils über den Grund
des Anspruchs (§ 99 FGO) oder über die Zulässigkeit der Klage (§ 97 FGO)
gesondert entschieden werden könnte (ständige Rechtsprechung, vgl. das
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. September 1990 VI R 157/89, BFHE
162, 290, BStBl II 1991, 86, unter I., und das Urteil des Bundesgerichtshofs
- BGH - vom 6. Mai 1987 IVb ZR 52/86, Neue Juristische Wochenschrift - NJW -
1987, 3264, m.w.N.). Im Streitfall hätte das FG über die Zulässigkeit gemäß
§ 97 FGO durch Zwischenurteil vorab entscheiden können. Folglich konnte es
die Zulassung der Revision wirksam begrenzen.
2. Im Ergebnis zutreffend hat
das FG die Klage als zulässig angesehen. Die klagende
Wohnungseigentümergemeinschaft ist zwar als solche nicht klagebefugt. Da
jedoch alle Beteiligten des Feststellungsverfahrens geklagt haben, sind sie
Streitgenossen i.S. des § 59 FGO i.V.m. § 59 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Aus diesem Grund stellt sich die Entscheidung, die Klage sei zulässig, nach
§ 126 Abs. 4 FGO als richtig dar.
a) Die als Klägerin
aufgetretene Wohnungseigentümergemeinschaft ist im vorliegenden Verfahren
nicht klagebefugt. Der Senat kann offen lassen, ob sie - wie vom FG und den
Beteiligten problematisiert - beteiligtenfähig ist. Beteiligtenfähig i.S.
von § 57 FGO ist nach der Rechtsprechung des BFH, wer - wenn auch begrenzt -
auf dem steuerrechtlichen Gebiet, das Gegenstand des Rechtsstreits ist,
steuerrechtsfähig ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. November 1985
VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311, unter I. 1., m.w.N.). Dies
ist z.B. im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung bei
einer Grundstücksgemeinschaft der Fall, die nach außen als Vermieterin
auftritt. Sie ist für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als
sie in der Einheit ihrer Gemeinschafter Merkmale eines
Besteuerungstatbestandes verwirklicht, welche den Gemeinschaftern für deren
Besteuerung zuzurechnen sind. Solche Merkmale sind insbesondere die
Verwirklichung oder Nichtverwirklichung des Tatbestands einer bestimmten
Einkunftsart und das Erzielen von Gewinn oder Überschuss im Rahmen dieser
Einkunftsart (BFH-Urteil vom 18. Mai 2004 IX R 49/02, BFHE 206, 168, BStBl
II 2004, 929). Werden Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO i.V.m. § 1
Abs. 1 Nr. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO gesondert und für mehrere Personen
einheitlich festgestellt, so sind an diesem Verfahren nach § 5 der VO zu
§ 180 Abs. 2 VO auch die in § 3 Abs. 1 Nr. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO
genannten Personen beteiligt.
aa) Ob die Klägerin eine bei
einem Gesamtobjekt mit der Verwaltung betraute, nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
der VO zu § 180 Abs. 2 AO erklärungspflichtige und damit auch am
Feststellungsverfahren beteiligte Person ist, mag hier dahinstehen.
Denn sie wäre in ihrer
verfahrensrechtlichen, durch die Erklärungspflicht (hier § 3 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO) vermittelten Steuerpflicht (§ 33 Abs. 1 AO)
und Steuerrechtsfähigkeit nicht betroffen und damit nicht klagebefugt. Sie
hatte keine Feststellungserklärung abgegeben und ist deshalb (§ 6 Abs. 2 der
VO zu § 180 Abs. 2 AO) auch nicht Adressatin des hier angefochtenen
Feststellungsbescheides.
Wendet man § 48 FGO auf
derart verfahrensrechtlich Beteiligte an, die keine Mitberechtigte sind
(a.A. Söhn in Hübschmann/ Hepp/Spitaler - HHSp -, § 180 AO Rz 592, eingehend
zur Problematik, m.w.N.), so lägen die Voraussetzungen dieser Vorschriften
nicht vor. Die Klägerin hat keinen zur Vertretung berufenen Geschäftsführer
i.S. des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO. Da mangels Empfangsbevollmächtigten auch die
Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 FGO nicht vorliegen, sind nach § 48 Abs. 1
Nr. 2 FGO alle Gemeinschafter klagebefugt.
bb) In Bezug auf die im
Bescheid getroffenen Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen selbst sind
nur die jeweiligen Feststellungsbeteiligten nach § 179 Abs. 2 Satz 1 AO
steuerrechts- und damit beteiligtenfähig. Der erklärungspflichtige
Verwalter, der über § 5 der VO zu § 180 Abs. 2 AO bloß verfahrensrechtlich
beteiligt ist, wird durch die in einem Feststellungsbescheid getroffenen
Feststellungen (materiell) nicht selbst beschwert (so auch Söhn in HHSp,
§ 180 AO Rz 592, m.w.N.). Zwar sind alle Gemeinschafter als Eigentümer auch
Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft. Das führt aber nicht dazu,
die Gemeinschaft statt des jeweiligen Gemeinschafters als klagebefugt
anzusehen. Denn materiell-rechtlich wird die Wohnungseigentümergemeinschaft
durch die hier streitigen Feststellungen nicht betroffen. Die festgestellten
Besteuerungsgrundlagen (hier die Bemessungsgrundlage für die
Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz) richten sich in der Sache
nur an die Gemeinschafter als Eigentümer der jeweiligen Eigentumswohnung.
Nur sie können nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FördG die Steuervergünstigung
beanspruchen. Weil die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche nicht
Eigentümerin der jeweiligen Eigentumswohnung ist, tritt sie nach § 1 Abs. 1
Satz 2 FördG auch nicht an die Stelle des Gemeinschafters. Zwar ist die
Wohnungseigentümergemeinschaft zivilrechtlich teilrechtsfähig, allerdings
nur, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am
Rechtsverkehr teilnimmt (BGH-Beschluss vom 2. Juni 2005 V ZB 32/05, BGHZ
163, 154, NJW 2005, 2061). Die festgestellte Bemessungsgrundlage betrifft
aber nicht allein das Gemeinschaftseigentum, sondern vor allem das
Sondereigentum (vgl. § 4 des Wohnungseigentumsgesetzes), da hierauf
ersichtlich der größte Anteil des (festgestellten) Sanierungsaufwands
entfällt.
b) Daraus folgt im
Streitfall: Da die als Klägerin aufgetretene Wohnungseigentümergemeinschaft
jedenfalls nicht klagebefugt ist, sind es nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO alle
Gemeinschafter, gegen die der Feststellungsbescheid ergangen ist und denen
er im Streitfall auch nach § 6 Abs. 4 der VO nach § 180 Abs. 2 AO einzeln
bekannt gegeben wurde. Im Streitfall sind sämtliche Eigentümer als
gesetzliche Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgetreten. Auch
in der Klageschrift wird als Alternative zur Stellung der
Wohnungseigentümergemeinschaft als Klägerin die subjektive Klagehäufung
genannt. Dementsprechend legt der Senat das Auftreten der Gemeinschafter
aus. Sie haben als Streitgenossen i.S. des § 59 FGO i.V.m. § 59 ZPO Klage
eingelegt und sind als solche auch Beteiligte des Revisionsverfahrens
(nämlich Revisionsbeklagte).
3. Soweit das FA hilfsweise
beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen, kann auf diesen
Antrag wegen der zulässigen Beschränkung der Revisionszulassung auf die
Zulässigkeit der Klage (siehe oben zu 1.) nicht eingegangen werden.
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