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BFH-Urteil vom 19.8.2009
(II R 16/07) BStBl. 2010 II S. 236
Mit gekauften Losen gewonnene
Freilose, die ohne weiteren Einsatz zur erneuten Teilnahme an der Lotterie
berechtigen, aber kein Recht auf Rückzahlung des Lospreises gewähren,
beeinflussen die Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer nicht.
RennwLottG § 17 Satz 3.
Vorinstanz: Niedersächsisches
FG vom 27. Februar 2007 3 K 90/06 (EFG 2007, 1273)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin) veranstaltete im Jahr 2004 eine staatlich
genehmigte Losbrieflotterie mit Rubbellosen, deren Preis jeweils einen Euro
betrug. Als Gewinnausschüttung waren 40 v.H. des Spielkapitals vorgesehen.
In den Verkauf sollte eine Serie von 1 Million Losen in Verpackungseinheiten
zu je 250 Losen gelangen. Jedem Lospaket waren jeweils 50 sog.
Promotionslose beigefügt, die dazu berechtigten, ohne nochmalige Entrichtung
eines Entgelts ein weiteres Los zu ziehen. Die insgesamt 200.000 Freilose
waren nicht auf die Gewinnausschüttung anzurechnen.
Bei der Anmeldung der
Lotteriesteuer blieben die Freilose unberücksichtigt. Durch den nach einer
Außenprüfung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung geänderten
Lotteriesteuerbescheid vom 1. August 2005 berücksichtigte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bei der Bemessungsgrundlage der
Lotteriesteuer auch den Wert der Freilose und setzte die Lotteriesteuer auf
200.000 € (16.2/3 von 1.200.000 €) herauf. Der Einspruch hatte keinen
Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab
der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1273
veröffentlichten Urteil statt. Der Wert der Freilose erhöhe die
Bemessungsgrundlage für die Lotteriesteuer nicht, weil der planmäßige Preis
aller Lose insgesamt nur 1.000.000 € betragen habe, nur dieser Geldeinsatz
von den Spielteilnehmern tatsächlich geleistet worden sei und die Freilose
nicht auf die genehmigte Gewinnausschüttung anzurechnen gewesen seien. Die
mit einem Freilos verbundene weitere Gewinnchance sei bereits durch
Bezahlung des ersten Loses abgegolten.
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung des § 17 Satz 3 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG).
Der zusätzlich zu besteuernde Spieleinsatz resultiere aus der objektiv
eingeräumten Gewinnchance durch das gewonnene Freilos. Der Spielteilnehmer
erlange mit dem Gewinn eines Freiloses einen geldwerten Vorteil in Höhe des
planmäßigen Lospreises. Dieser Vorteil fließe als erneuter Einsatz wieder
ab.
Das FA beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet
und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO
-). Das FG hat zu Recht entschieden, dass bei der Bemessungsgrundlage der
Lotteriesteuer der Wert gewonnener Freilose nicht zu berücksichtigen ist.
1. Die von der Klägerin
veranstaltete Lotterie erfüllt die Merkmale einer nach § 17 Satz 1
RennwLottG steuerbaren Lotterie. Eine solche ist eine Veranstaltung, bei der
einer Mehrzahl von Personen die Möglichkeit eröffnet wird, nach einem
bestimmten Plan gegen einen bestimmten Geldeinsatz ein vom Eintritt eines
zufälligen Ereignisses abhängiges Recht auf einen bestimmten Geldgewinn zu
erwerben (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 9. April 1929 II A 608/28, Steuer
und Wirtschaft 1929 Band II, Nr. 748, Mrozek-Kartei RennwLottG, § 17,
Rechtsspruch Nr. 38; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. Februar 1977
II R 11/74, BFHE 121, 534, BStBl II 1977, 495, m.w.N.).
2. Bemessungsgrundlage der
Lotteriesteuer ist gemäß § 17 Satz 3 RennwLottG der planmäßige Preis
(Nennwert) sämtlicher Lose; dieser umfasst alle vom Spielteilnehmer für den
Erwerb des Loses zu bewirkenden Leistungen und insbesondere den von ihm zu
leistenden Einsatz. Als (offener oder versteckter) Einsatz kommt jede
Leistung - bzw. aus der Sicht des Veranstalters jeder Vermögensvorteil - in
Betracht, die bzw. den der Spieler (Teilnehmer) dem Veranstalter einer
Lotterie als Entgelt für die Einräumung einer Gewinnhoffnung gewähren muss
(BFH-Urteile vom 7. Februar 1962 II 182/59 U, BFHE 74, 444, BStBl III 1962,
166; vom 6. November 1968 II 6/64, BFHE 94, 87, BStBl II 1969, 46). Das
Vorliegen und die Höhe eines Einsatzes bestimmen sich nach objektiven
Merkmalen. Die in der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil in BFHE 94, 87,
BStBl II 1969, 46, m.w.N.) für die Frage, ob und inwieweit in einer Leistung
ein Einsatz zu erblicken ist, als entscheidend bezeichnete subjektive
Auffassung der Teilnehmer an der Veranstaltung ist nur bedeutsam, sofern ein
versteckter Einsatz zu erbringen ist. Bei einem - wie hier - offenen Einsatz
in Gestalt des zu entrichtenden Lospreises ist die subjektive Auffassung der
Spielteilnehmer ohne Bedeutung.
3. Nach diesen Grundsätzen
gehört zur Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer nur der planmäßige Preis
der Lose, der vom Teilnehmer als Einsatz zur Teilnahme an der Lotterie
gezahlt wird. Hingegen fehlt es für Freilose, die - wie im Streitfall - als
Gewinn des gekauften Loses ohne weiteren Einsatz zur erneuten Teilnahme an
der Lotterie berechtigen und keinen Anspruch auf Rückzahlung des Entgelts
begründen, sowohl an einem planmäßigen Preis als auch an einem von dem
Spieler insoweit erbrachten (weiteren) Einsatz. Die Klägerin hat im
Zusammenhang mit den als Spielgewinn ausgegebenen Freilosen auch keinen
weiteren Vermögensvorteil erlangt.
a) Dem FA ist zwar darin zu
folgen, dass dem Spielteilnehmer durch die Möglichkeit, aufgrund des
erworbenen Loses ein Freilos zu gewinnen, eine (weitere) Gewinnchance
vermittelt wird. Insoweit hat das Freilos einen Geldwert, der dem ansonsten
zu zahlenden Lospreis entspricht. Der Geldwert dieser Gewinnchance erfüllt
aber nicht die Merkmale eines vom Spielteilnehmer für die Spielteilnahme
erbrachten Einsatzes. Das Freilos ist vielmehr ein Spielgewinn, auch wenn
dessen Geldwert dem eines gekauften Loses entspricht. Nach der eindeutigen
Regelung in § 17 Satz 3 RennwLottG sind jedoch Art und Höhe des
Lotteriegewinns für die Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer ohne
Bedeutung.
b) Eine andere Beurteilung
ergibt sich auch nicht daraus, dass der Spielteilnehmer mit der durch das
Freilos vermittelten erneuten Gewinnchance die Aufwendungen für den Kauf
eines Loses erspart. Der Annahme, der Spielteilnehmer habe mit dem Gewinn
eines Freiloses im Ergebnis seinen Einsatz zurückerhalten und würde diesen
zur weiteren Spielteilnahme verwenden (so z.B. Erlass des Saarländischen
Ministeriums der Finanzen vom 29. August 2005 B/3-2-171/2005-S 4830, Umsatz-
und Verkehrsteuer-Recht 2006, 42), kann nicht gefolgt werden. Der aufgrund
des gewonnenen Freiloses ersparte Aufwand für den Erwerb eines weiteren
Loses erhöht lotteriesteuerrechtlich jedenfalls dann nicht die
Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer, wenn - wie im Streitfall - die
Auszahlung des durch das Freilos ersparten Einsatzes ausgeschlossen ist. In
diesem Fall entfällt die durch das Freilos vermittelte Gewinnchance
ausschließlich auf den für das gekaufte Los gezahlten Einsatz. Ob ein
Spielteilnehmer nach seiner subjektiven Auffassung mit der Einlösung des
Freiloses einen (weiteren) Einsatz erbringt, ist wegen der für die
Bemessungsgrundlage nach § 17 Satz 3 RennwLottG maßgeblichen objektiven
Merkmale (vgl. vorstehend unter II.2.) unerheblich. An dieser Beurteilung
ändert sich auch dann nichts, wenn der Spielteilnehmer das gewonnene Freilos
an Dritte weitergibt oder veräußert.
c) Ohne Erfolg wendet sich
das FA gegen die Ansicht des FG, es müsse bei der Bemessungsgrundlage der
Lotteriesteuer auch der in der ministeriellen Genehmigung vorgesehene
planmäßige Preis der käuflich zu erwerbenden Lose von insgesamt 1.000.000 €
berücksichtigt werden. Bei der Ermittlung des planmäßigen Preises i.S. des
§ 17 Satz 3 RennwLottG ist von dem genehmigten Lotterieplan auszugehen
(Mirre-Baumann, Das Rennwett- und Lotteriegesetz, 2. Aufl. 1934, § 17 Rz 3).
Ein davon abweichender Preis kann allenfalls dann angesetzt werden, wenn -
wofür im Streitfall nichts ersichtlich oder vorgetragen ist - die
tatsächliche Durchführung der Lotterie vom genehmigten Spielplan abweicht.
Demgemäß war auch unter Zugrundelegung der der Klägerin erteilten
Genehmigung der Geldwert der insgesamt 200.000 Freilose nicht zu
berücksichtigen.
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