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BFH-Urteil vom 19.8.2009
(I R 3/09) BStBl. 2010 II S. 249
Rückwirkendes Ereignis:
nachträgliche Herabsetzung des Kaufpreises bei der Veräußerung
einbringungsgeborener Anteile
Der Gewinn aus der
Veräußerung einbringungsgeborener Anteile wird steuerlich rückwirkend
geändert, wenn die Vertragsparteien wegen Streitigkeiten über Wirksamkeit
oder Inhalt des Vertrages einen Vergleich schließen und den
Veräußerungspreis rückwirkend mindern.
AO § 164 Abs. 2, § 168, § 175
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; EStG § 16, § 17; UmwStG 1995 § 21 Abs. 1.
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom
18. September 2008 16 K 2635/07 KE (EFG 2009, 723)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine Stadt, war alleinige Anteilseignerin der
N-GmbH. Die N-GmbH war aus einer Umwandlung des ehemaligen
Stadtwerke-Eigenbetriebs zum Buchwert hervorgegangen, so dass
einbringungsgeborene Anteile entstanden waren.
Unternehmensgegenstand der
N-GmbH war die Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie die Wasserentsorgung.
Die N-GmbH hielt zwei Beteiligungen in der Rechtsform der GmbH (Bäder und
öffentlicher Nahverkehr), die dauerdefizitär waren. Die
Tochtergesellschaften waren über Ergebnisabführungsverträge mit der N-GmbH
verbunden.
Am 23. Januar 2002
veräußerte die Klägerin 49 % der Geschäftsanteile der N-GmbH an die T-GmbH
& Co. KG (T) zum Kaufpreis von 125 Mio. DM (63.911.485 €), der auch
entrichtet wurde. Zugleich trafen die Parteien eine abweichende
Gewinnverteilungsabrede, wonach T grundsätzlich nicht an den Verlusten der
beiden Tochtergesellschaften der N-GmbH partizipierte. Allerdings galt dies
nicht, soweit die Verluste die Durchschnittsverluste der letzten drei Jahre
vor der Veräußerung überstiegen. Insoweit sollte der Verlust auch von der T
in entsprechender Höhe der Beteiligung getragen werden.
Da die Veräußerung eine
Kapitalertragsteuerpflicht auslöste, meldete die Klägerin eine
Kapitalertragsteuer in Höhe von 4.535.898 € an. Dem lag ein Gewinn aus der
Veräußerung des Anteils an der N-GmbH in Höhe von 45.358.988 € zu Grunde.
In der Folgezeit kam es
zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten über die Gewinnverteilung
in Bezug auf die beiden Tochtergesellschaften der N-GmbH. T vertrat die
Auffassung, dass ihr die steuerlichen Verluste der Tochtergesellschaften in
Höhe ihrer Beteiligung zustünden. Die Klägerin beanspruchte die Möglichkeit
des Verlustabzugs dagegen in dem Umfang für sich, in dem sie die Verluste
selbst tragen musste. Dieser Streit führte dazu, dass die Gewinne der N-GmbH
für die Jahre 2002 bis 2004 zwar festgestellt, jedoch nicht an die
Gesellschafter verteilt werden konnten.
Ursächlich für diesen Streit
war folgender Ablauf im Vorfeld des Vertragsabschlusses: Die Klägerin hatte
im Entwurf des Gesellschaftsvertrages unter § 13 formuliert, dass die
Verluste aus dem laufenden Betrieb der beiden Tochter-GmbHs bis zu den
vereinbarten Deckelungsbeträgen ihr zu 100 % zugerechnet werden sollten.
Dieser Vertrag war T zugeleitet worden, die den entsprechenden Passus
strich, ohne dass dies der Klägerin auffiel. Unterzeichnet wurde eine
Vertragsfassung, die die betreffende Passage nicht enthielt, was der
Klägerin jedoch nicht bewusst war.
Zur Streitbeilegung fanden
anschließend diverse Gespräche zwischen den Beteiligten statt. Am
24. Februar 2005 wurde ein Vertrag geschlossen, der mit "Änderung des
Anteilskauf- und Abtretungsvertrages vom 23. Januar 2002" überschrieben war.
In der Präambel heißt es u.a.:
"Um den im Rahmen dieser
Regelung bestehenden Dissens hinsichtlich der Gewinnverteilung (steuerliche
Verluste) zu bereinigen, haben sich die Beteiligten nunmehr darauf geeinigt,
dass (T) die wirtschaftliche Verantwortung für die Tochtergesellschaften
quotal unbeschränkt übernehmen soll. Diese Vereinbarung gilt mit Wirkung ab
dem 1. Januar 2002, d.h. die uneingeschränkte Verlustübernahmeverpflichtung
besteht bereits ab dem Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen
Eigentums auf den Erwerber. Dementsprechend ist der seinerzeit vereinbarte
Kaufpreis anzupassen."
Der geänderte Vertrag sah
eine Minderung des Kaufpreises um 13,8 Mio. € vor. Die Gewinne der N-GmbH
wurden daraufhin im Verhältnis der Beteiligungen auf die Klägerin und T
verteilt.
Im Anschluss an diese
Verständigung reichte die Klägerin am 7. April 2005 eine geänderte
Kapitalertragsteueranmeldung ein, der der geminderte Kaufpreis zu Grunde
lag. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte es ab,
dem gemäß § 168 der Abgabenordnung (AO) zuzustimmen. Das Finanzgericht (FG)
Düsseldorf war im in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 723
veröffentlichten Urteil vom 18. September 2008 16 K 2635/07 KE der
Auffassung, nicht sämtliche mit Vertrag vom 23. Januar 2002 veräußerten
Anteile seien einbringungsgeboren, und gab insoweit der Klage statt. Einen
darüber hinausgehenden Anspruch auf Änderung der
Kapitalertragsteuerfestsetzung hielt es jedoch nicht für gegeben. Die
nachträgliche Herabsetzung des Kaufpreises sei kein rückwirkendes Ereignis
i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
Die Klägerin rügt eine
Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des FG
insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen worden ist, und das FA zu
verpflichten, der geänderten Kapitalertragsteueranmeldung vom 14. März 2006
zuzustimmen.
Das FA beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage. Die
Kapitalertragsteueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 AO). Das FA ist verpflichtet,
der geänderten Kapitalertragsteueranmeldung vom 5. April 2005 zuzustimmen,
da die nachträgliche Herabsetzung des Kaufpreises steuerlich auf den
Zeitpunkt der Übertragung der Anteile rückwirkt.
1. Die Kapitalertragsteuer
knüpft an den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt an. Sie erhöht oder
vermindert sich, wenn dieser Sachverhalt sich im Nachhinein ändert und die
Änderung steuerliche Rückwirkung entfaltet. Dem muss dann durch eine
entsprechende Änderung der Steuerfestsetzung Rechnung getragen werden.
2. Wann ein Sachverhalt in
diesem Sinne steuerlich zurückwirkt, wird im Gesetz nicht näher bestimmt. Es
genügt aber nicht, dass das spätere Ereignis den für die Besteuerung
maßgeblichen Sachverhalt anders gestaltet. Die Änderung muss sich auch
steuerrechtlich in der Weise auswirken, dass nunmehr der geänderte anstelle
des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist.
Ob diese Voraussetzung vorliegt, entscheidet sich nach dem im Einzelfall
anzuwendenden materiellen Steuergesetz (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B.
Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Juli 1993
GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897; BFH-Urteil vom 21. Dezember 1993
VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648). Die insoweit maßgeblichen
Kriterien ergeben sich insbesondere aus der Rechtsprechung zum
"rückwirkenden Ereignis" i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
3. Bei den laufend
veranlagten Steuern wie der Einkommensteuer sind die aufgrund des Eintritts
neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen
regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum
vorzunehmen, in dem sich der maßgebende Sachverhalt ändert (BFH-Beschluss in
BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897). Dieser Grundsatz gilt jedoch nur
insoweit, als die einschlägigen steuerrechtlichen Regelungen nicht
bestimmen, dass eine Änderung des nach dem Steuertatbestand
rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher
Rechtsfolgen führt. Eine solche Rechtslage ist insbesondere bei
Steuertatbeständen gegeben, die an einen einmaligen Vorgang anknüpfen, und
bei denen nachträgliche Änderungen nicht in einer Folgebilanz oder nach den
Grundsätzen des Zuflussprinzips in einem späteren Veranlagungszeitraum
berücksichtigt werden können.
a) Die Rechtsprechung hat
dies zum einen bei Veräußerungsgewinnen i.S. des § 16 Abs. 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG), zum anderen bei solchen nach § 17 Abs. 2
EStG angenommen und eine rückwirkende Korrektur des Sachverhalts unabhängig
davon für geboten erachtet, ob das Ereignis, das für eine Änderung des
Veräußerungsgewinns ursächlich war, erst nach dem Zeitpunkt der Veräußerung
eingetreten ist. Es kommt auch nicht darauf an, welche Gründe rechtlicher
oder tatsächlicher Art zu der rückwirkenden Sachverhaltsänderung geführt
haben; insbesondere ist es unerheblich, ob diese "im Kern" bereits im
ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt waren (BFH-Beschluss in BFHE 172, 66,
BStBl II 1993, 897; BFH-Urteil in BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648; Fischer
in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 41 AO Rz 119; Klein/Rüsken, AO,
9. Aufl., § 175 Rz 62; von Wedelstädt in Beermann/Gosch,
Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 175 AO Rz 65; Bordewin,
Finanz-Rundschau - FR - 1994, 555, 559).
b) Dementsprechend hat der
BFH nach Übertragung einer wesentlichen Beteiligung i.S. von § 17 EStG und
vollständiger Bezahlung des Kaufpreises den Abschluss eines
außergerichtlichen Vergleichs, mit dem die Vertragsparteien den Rechtsstreit
über den Eintritt einer im Kaufvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung
beigelegt hatten, als ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den
Zeitpunkt der Veräußerung beurteilt (Urteil vom 19. August 2003
VIII R 67/02, BFHE 203, 309, BStBl II 2004, 107). Ebenso hat er die
Herabsetzung des Kaufpreises für einen Betrieb aufgrund von Einwendungen des
Käufers über die Berechnungsgrundlage des Kaufpreises durch einen
außergerichtlichen Vergleich (BFH-Urteil vom 23. Juni 1988 IV R 84/86, BFHE
154, 85, BStBl II 1989, 41), sowie die Beilegung eines Streits nach
Betriebsaufgabe über eine Schadensersatzforderung durch einen
außergerichtlichen Vergleich (Urteil vom 10. Februar 1994 IV R 37/92, BFHE
174, 140, BStBl II 1994, 564) als rückwirkende Ereignisse angesehen.
c) Allerdings hat der BFH in
den Urteilen in BFHE 203, 309, BStBl II 2004, 107 und vom 14. Juni 2005
VIII R 14/04 (BFHE 210, 278, BStBl II 2006, 15; krit. Bahns, FR 2004, 317,
324) ausgeführt, dass in Fällen, in denen der Kaufpreis bereits vereinnahmt
sei, eine im Wege des Vergleichs vereinbarte Änderung des Kaufpreises nur
dann ein rückwirkendes Ereignis darstelle, wenn die Änderung auf Gründen
beruhe, die im Kaufvertrag selbst angelegt seien. Er hat daher in einem
Fall, in dem zunächst Vermögen unentgeltlich unter Vorbehalt eines
Nießbrauchs übertragen und später auf das Nießbrauchsrecht gegen eine
Abstandszahlung verzichtet worden war, ein rückwirkendes Ereignis verneint,
weil der Ablösevorgang weder zivilrechtlich noch steuerrechtlich der
ursprünglichen Bestellung des Nutzungsrechts zuzurechnen sei. In dem
entschiedenen Sachverhalt handelte es sich demnach nicht um eine
Rückabwicklung oder Änderung des ursprünglichen Vertrags aufgrund der
Geltendmachung eines Rücktrittsrechts, einer auflösenden Bedingung, des
Wegfalls der Geschäftsgrundlage, eines Anfechtungs-, Wandlungs- oder
Minderungsrechts. Es bestand kein Streit über die Auslegung oder die
Wirksamkeit des ursprünglich abgeschlossenen Vertrages. Vielmehr wurde ein
neuer Vertrag ohne sachlichen Zusammenhang mit dem ursprünglichen Vertrag
geschlossen.
d) Schließen die Beteiligten
jedoch wegen (echter) Streitigkeiten über die Wirksamkeit eines Vertrages
oder dessen Inhalt einen außergerichtlichen Vergleich, bestimmt der Inhalt
des Vergleichs rückwirkend die Höhe des Veräußerungspreises (vgl. auch
Schmidt/Wacker, EStG, 28. Aufl., § 16 Rz 384, m.w.N.). Dies gilt auch dann,
wenn er eine streitige Bestimmung des Vertrages in einer Weise neu regelt,
wie sie im Falle einer gerichtlichen Entscheidung so nicht hätte getroffen
werden können. Das Wesen des Vergleichs besteht darin, durch eine
einvernehmliche neue Regelung den Streit beizulegen. Ist nur die Höhe des
Kaufpreises streitig, werden sich die Beteiligten in der Regel bei einer
gütlichen Einigung dahingehend verständigen, dass beide Parteien von ihrer
ursprünglichen Forderung abrücken und sich auf einen Preis einigen, der
zwischen dem ursprünglich geltend gemachten und dem ursprünglich anerkannten
Preis liegt. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn - wie hier - eine Partei
aus dem Vertrag ein Recht für sich ableitet, das ihr die andere Partei
kategorisch abspricht. In diesem Fall wird sich eine einvernehmliche
Beilegung des Streits nur dadurch erzielen lassen, dass die Beteiligten
andere Klauseln des Vertrages ebenfalls ändern. Wie der BFH im Urteil in
BFHE 203, 309, BStBl II 2004, 107 ausgeführt hat, sind die Vertragsparteien
nicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung gezwungen.
Es kommt auch nicht darauf
an, ob tatsächlich ein Anfechtungs- oder Rücktrittsrecht, ein Sachmangel
etc. besteht. Voraussetzung für die Annahme eines Ereignisses mit
steuerlicher Rückwirkung ist nur, dass die im Vergleich getroffene
rückwirkende Änderung des Vertrages durch eine ernstliche Auseinandersetzung
über Wirksamkeit und Inhalt des ursprünglichen Vertrages veranlasst ist und
die Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt werden.
4. Die zivilrechtlich auf den
Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums der Anteile
rückwirkende Änderung des Vertrages ist danach als rückwirkendes Ereignis
i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu beurteilen.
a) Das FG hat zutreffend
entschieden, dass die von der Rechtsprechung zu § 16 und § 17 EStG
entwickelten Grundsätze auf Veräußerungsgewinne nach § 21 Abs. 1 des
Umwandlungssteuergesetzes 1995 anzuwenden sind, da auch insoweit einmalige
punktuelle Ereignisse vorliegen. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 gilt der Gewinn
aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile als Veräußerungsgewinn
i.S. des § 16 EStG. Daneben ist, wenn es sich um die Veräußerung
wesentlicher Beteiligungen handelt, auch der Tatbestand des § 17 Abs. 2 EStG
erfüllt.
b) Das FG hat jedoch zu
Unrecht angenommen, es liege kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die
Vergangenheit vor.
aa) Die Klägerin und T
stritten darüber, ob der Klägerin die von ihr getragenen Verluste der beiden
Tochtergesellschaften der N-GmbH auch für steuerliche Zwecke zuzurechnen
seien. Während die Klägerin dies auch für die tatsächlich abgeschlossene
vertragliche Fassung unter Vorlage eines Rechtsgutachtens bejahte, war T
demgegenüber der Auffassung, ihr seien die Verluste entsprechend ihrer
Beteiligung anteilig zuzurechnen. Nur deshalb habe sie sich zur Zahlung
eines derart hohen Kaufpreises verpflichtet. Es handelte sich hierbei
unstreitig um eine ernstliche Auseinandersetzung über den Inhalt des
Vertrages, der dazu führte, dass der Gewinn der Jahre 2002 bis 2004 zwar
festgestellt, jedoch nicht auf die Beteiligten verteilt worden war. Zur
Beilegung dieses Streites im Wege des Vergleichs haben die Beteiligten sich
darauf geeinigt, einerseits den Kaufpreis herabzusetzen, andererseits sollte
T die Verluste der Tochtergesellschaften nunmehr auch handelsrechtlich
tragen.
bb) Anlass und Grund für den
geänderten Vertrag war der ursprünglich abgeschlossene Vertrag, der keine
ausdrückliche Regelung darüber enthielt, ob die Klausel, nach der T an den
Verlusten der beiden Tochtergesellschaften nicht partizipierte, auch für
steuerliche Zwecke galt. Ob insoweit ein Dissens, ein Kalkulationsirrtum
oder ein Anfechtungsrecht der Klägerin vorlag, ist ohne Bedeutung. Es kommt
auch nicht darauf an, ob die rechtliche Unsicherheit hinsichtlich der
Auslegung dieser Klausel, das Anfechtungsrecht der Klägerin oder ihre
Drohung, von einem vertraglich eingeräumten Rückkaufsrecht der Anteile
Gebrauch zu machen, die Parteien zum Abschluss des Vergleichs veranlasst
haben. Einmal sind die Motive, die zu einem außergerichtlichen Vergleich
führen, schwer zu ergründen. Häufig werden auch mehrere Gründe ursächlich
für die Beilegung eines Streites sein, so dass fraglich ist, auf welches
Motiv als das für den Abschluss des Vergleiches maßgebliche abzustellen ist.
Überdies stimmen die Motive beider Parteien nicht unbedingt überein.
Ausreichend für die Annahme eines Ereignisses mit steuerlicher Rückwirkung
im Streitfall ist, dass die Klägerin und T sich über die Auslegung des
ursprünglichen Vertrages gestritten haben und zur Beilegung dieses Streites
einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen haben, in dem sie den
ursprünglichen Vertrag dergestalt änderten, dass sich T verpflichtete, die
Verluste der beiden Tochtergesellschaften entsprechend ihrer Beteiligung zu
tragen und im Gegenzug der Kaufpreis um 13,8 Mio. € ermäßigt wurde.
5. Das FG ist von anderen
rechtlichen Grundsätzen ausgegangen. Es hat angenommen, bei einem bereits
vollzogenen Rechtsgeschäft sei ein Vergleich i.S. von § 779 des Bürgerlichen
Gesetzbuches nur dann ein rückwirkendes Ereignis, wenn zivilrechtlich ein
Tatbestand gegeben sei, der zu einer Änderung der dem Veräußerungsgeschäft
zu Grunde liegenden schuldrechtlichen Beziehung führe, und der Vergleich
ursächlich hierauf zurückzuführen sei. Seine Entscheidung ist daher
aufzuheben und der Klage zu entsprechen. Das FA hat die gemäß § 168 Satz 2
AO erforderliche Zustimmung zur geänderten Steueranmeldung zu Unrecht
verweigert. Da die Versagung der Zustimmung mit der Verpflichtungsklage
(§ 40 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) zu verfolgen ist (vgl.
Buciek in Beermann/ Gosch, a.a.O., § 168 AO Rz 50), kann die Klage nicht
unmittelbar zur Änderung der Kapitalertragsteuerfestsetzung führen, sondern
nur zur Verpflichtung des FA, der geänderten Anmeldung zuzustimmen. Der
Tenor der angefochtenen Entscheidung war entsprechend zu ändern.
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