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BFH-Urteil vom 27.10.2009 (VII R 4/08) BStBl. 2010 II S. 257
Rückforderung berichtigter Vorsteuer gegenüber dem Zessionar
Hat
der Unternehmer einen Umsatzsteuervergütungsanspruch abgetreten und das
Finanzamt den Vergütungsbetrag an den Zessionar ausgezahlt, entsteht ein
Rückzahlungsanspruch gegen den Zessionar, wenn und soweit der
Vergütungsanspruch auf einem später gemäß § 17 UStG berichtigten
Vorsteuerabzug beruhte.
Der
Rückzahlungsanspruch setzt die Feststellung voraus, dass die Ereignisse, die
gemäß § 17 UStG die Vorsteuerberichtigung erfordern, diejenigen Umsätze
betreffen, auf deren Besteuerung der abgetretene Vergütungsanspruch beruhte.
Verbleibt nach Abzug der berichtigten Vorsteuern in dem von der Zession
betroffenen Voranmeldungszeitraum noch ein negativer Umsatzsteuerbetrag, so
ist die Rückforderung in Höhe dieses Restbetrags nicht gerechtfertigt
(Fortentwicklung der Rechtsprechung).
AO § 37 Abs. 2, § 124 Abs. 2; UStG 2005
§ 17 Abs. 1 Satz 7, § 17 Abs. 2 Nr. 1.
Vorinstanz: FG München vom 29. November
2007 14 K 1722/06 (EFG 2008, 587)
Sachverhalt
I.
1
Die Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin) führte im Jahr 2004 steuerpflichtige
Lieferungen und sonstige Leistungen an eine GmbH & Co. KG (KG) aus. Die
daraus entstandenen Vorsteuervergütungsansprüche trat die KG teilweise an
die Klägerin ab. Im Rahmen einer Umsatzsteuerprüfung bei der KG stellte der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) fest, dass die KG
gegenüber der Klägerin noch Verbindlichkeiten aus nicht bezahlten
Eingangsrechnungen hatte.
2
Im April 2005 wurde die
vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der KG angeordnet. Das FA
sah die offenen Forderungen der Klägerin damit als uneinbringlich an. Mit
Bescheid vom Mai 2005 machte es den von der KG bereits in Anspruch
genommenen Vorsteuerabzug im Rahmen der Festsetzung der
Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April 2005 rückgängig.
3
Mit Bescheid vom Juli 2005
forderte das FA von der Klägerin die verrechneten bzw. vergüteten Beträge in
Höhe von 258.364,56 € zurück. Mit der Vorsteuerberichtigung bei der KG sei
der Rechtsgrund für die aufgrund der Abtretungsanzeigen vorgenommenen
Verrechnungen mit eigenen Umsatzsteuerschulden der Klägerin entfallen. Die
Verrechnungen seien deshalb rückgängig zu machen.
4
Der gegen den
Rückforderungsbescheid eingelegte Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und hob den
Rückforderungsbescheid auf. Die Rückforderung vergüteter bzw. verrechneter
Vorsteuerbeträge für die Voranmeldungszeiträume März, Mai, Juni und Juli
2004 sei rechtswidrig. Ein Rückforderungsanspruch setze nach § 37 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO) voraus, dass der Rechtsgrund für die Zahlung entweder
von vornherein fehle oder später entfallen sei. Diese Voraussetzung sei aber
im Fall der Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2
Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1999 nicht erfüllt. Zur Begründung
dieser Auffassung bezieht sich das FG auf das Urteil des FG
Berlin-Brandenburg vom 27. September 2007 6 K 5154/04 B (Entscheidungen der
Finanzgerichte - EFG - 2008, 102) und den Beschluss des Bundesfinanzhofs
(BFH) vom 13. Juli 2006 V B 70/06 (BFHE 214, 467, BStBl II 2007, 415).
Aufgrund der abschnittsweisen Entstehung der Umsatzsteuer bereits während
des Besteuerungszeitraums mit Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums
sei der Rechtsgrund für die Zahlung an die Klägerin in dem in entsprechender
Höhe bestehenden Vorsteuerüberschuss aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung der
KG zu sehen, und dieser sei auch nicht weggefallen, weil eine Korrektur der
Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999
für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen sei, in dem die Änderung der
Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Die Berichtigung führe nicht zu einer
rückwirkenden Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung. Das Urteil des
FG ist in EFG 2008, 587 veröffentlicht.
5
Mit seiner Revision rügt das
FA, dass das Urteil von den Entscheidungen des BFH vom 9. April 2002
VII R 108/00 (BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562) abweiche und meint
sinngemäß, dass der Rechtsgrund für die Auszahlung der an die Klägerin
abgetretenen Umsatzsteuervergütungen aus den in der Senatsentscheidung vom
19. August 2008 VII R 36/07 (BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90) genannten
Gründen durch den Berichtigungsbescheid weggefallen sei.
6
Die Klägerin rügt die
mangelnde Zuständigkeit des erkennenden Senats und hält außerdem die
Anrufung des Großen Senats des BFH wegen Divergenz der Senatsrechtsprechung
zu der Entscheidung des V. Senats vom 13. Juli 2006 V B 70/06 (BFHE 214,
467, BStBl II 2007, 415) für geboten. In der Sache schließt sie sich -
zusammengefasst - den Ausführungen des V. Senats an.
Entscheidungsgründe
II.
7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur
Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an
das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der
Senat kann mangels entsprechender Feststellungen des FG nicht abschließend
beurteilen, ob der Rechtsgrund für die Auszahlung an die Klägerin als
Abtretungsempfängerin (Zessionarin) mit der Berichtigung des Vorsteuerabzugs
der Voranmeldungszeiträume März, Mai, Juni und Juli 2004 durch Bescheid vom
13. Mai 2005 über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für April
2005 weggefallen und die Klägerin als Empfängerin der Steuervergütung zur
Rückgewähr verpflichtet ist.
8
1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich
aus Ziff. 4 Buchst. c des Geschäftsverteilungsplans des BFH. Danach ist der
VII. Senat für Streitigkeiten über Bescheide im Erhebungsverfahren, u.a. bei
Rückforderungsbescheiden zuständig, außer wenn zugleich die
Steuerfestsetzung streitig ist. Dieser Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
9
2. Ist eine Steuervergütung ohne
rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die
Zahlung bewirkt worden ist, einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder
zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch, wenn der rechtliche Grund für die
Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 AO).
10
a) Zu den Steuervergütungen gehören auch
die Ansprüche aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen März, Mai, Juni und Juli
2004. Da diese Ansprüche unstreitig (teilweise) an die Klägerin abgetreten
und an sie ausgezahlt bzw. mit ihren Steuerschulden verrechnet worden sind,
richtet sich der Rückzahlungsanspruch, sofern und soweit er besteht, gegen
sie als Abtretungsempfängerin (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil
vom 5. Juni 2007 VII R 17/06, BFHE 217, 241, BStBl II 2007, 738, m.w.N.).
11
b) Der rechtliche Grund für die Auszahlung
der Steuervergütung ist regelmäßig der der Zahlung zugrunde liegende
Steuerbescheid (§ 218 Abs. 1 AO). Für die Leistungen des FA an die Klägerin
waren das die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der KG für März, Mai, Juni und
Juli 2004, in denen jeweils den Abtretungsbetrag tragende
Vergütungsansprüche ausgewiesen waren. Diese Voranmeldungen stehen nach der
- in der Auszahlung liegenden - Zustimmung durch das FA Steuerfestsetzungen
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168 i.V.m. 164 Abs. 1 AO -
Vorbehaltsfestsetzungen -).
12
c) Ob der rechtliche Grund für die
Auszahlung der Steuervergütungen nachträglich entfallen ist, wie es § 37
Abs. 2 Satz 2 AO voraussetzt, lässt sich anhand der vom FG getroffenen
Feststellungen nicht entscheiden.
13
aa) Allerdings sind die
Vorbehaltsfestsetzungen im Streitfall weder durch Aufhebung bzw. Änderung
rückwirkend weggefallen noch ist die Korrektur in einem
Umsatzsteuerjahresbescheid für 2004 vorgenommen worden, der unter bestimmten
Voraussetzungen zu einer Erledigung der Voranmeldungen "auf andere Weise"
i.S. des § 124 Abs. 2 AO führen kann (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1984
V R 146/83, BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370).
14
bb) Nach den Feststellungen des FG hat das
FA aber in der Voranmeldung für den Zeitraum, in dem die in den
Voranmeldungszeiträumen März, Mai, Juni und Juli 2004 begründeten
Forderungen der Klägerin gegen die KG uneinbringlich geworden sind
(Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung über das Vermögen der KG im
April 2005), die förmliche Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorgenommen.
15
(1) Für diesen Fall einer berichtigenden
Steuerfestsetzung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999
(bzw. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG 2005) in der im Streitfall maßgeblichen
Fassung des Art. 5 Nr. 14 des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes vom 9. Dezember
2004 (BGBl I 2004, 3310, BGBl I 2005, 386) hat der Senat bereits
entschieden, dass der umsatzsteuerlichen Rückabwicklung eines bestimmten
Vorgangs durch die Berichtigung eine vergleichbare Wirkung zukommt, wie dem
Jahressteuerbescheid, der die Feststellungen der Voranmeldungen in sich
aufnimmt oder sie hinsichtlich zu Unrecht in Anspruch genommener Vorsteuern
korrigiert (Senatsurteil in BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562).
16
(2) Hieran hält der Senat fest. Er folgt
nicht der Auffassung, die der V. Senat des BFH in einem Verfahren des
vorläufigen Rechtsschutzes vertreten hat (BFHE 214, 467, BStBl II 2007,
415), ohne dass es deswegen einer Vorlage der Sache an den Großen Senat des
BFH bedürfte (BFH-Urteil vom 2. Juli 1997 I R 25/96, BFHE 183, 33, BStBl II
1997, 714).
17
Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 UStG wird dem nach vereinbarten Entgelten besteuerten Unternehmer, dem
die Rechnung gestellt wurde, unter dem stillschweigenden Vorbehalt gewährt,
dass der Umsatz tatsächlich ausgeführt wird. Führt der Vorsteuerabzug zu
einer Steuervergütung, so steht diese - unausgesprochen - unter der
auflösenden Bedingung, dass der Unternehmer das der Steuerberechnung
zugrunde gelegte Entgelt später tatsächlich an den Lieferanten zahlt.
Deshalb hat der Senat den Anspruch, dass dem Steuerpflichtigen eine Steuer
zu erstatten oder zu vergüten oder in anderer Weise wieder gutzubringen ist,
als eine im Zeitpunkt der Steuerentstehung aufschiebend bedingt begründete
Forderung unabhängig von der Art des die Erstattung bzw. Vergütung
auslösenden Ereignisses angesehen, insbesondere bei Uneinbringlichwerden des
Entgelts für eine umsatzbesteuerte Leistung (vgl. Senatsurteil vom 4. August
1987 VII R 11/84, BFH/NV 1987, 707, und Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2005
VII B 309/04, BFH/NV 2006, 369). Der Senat hat in diesem Zusammenhang der
steuertechnischen Frage keine Bedeutung beigemessen, ob das betreffende
Ereignis als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu
einer Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung und zu einem
Erstattungsanspruch führt oder wie in den Fällen des § 17 UStG zu einem
steuerverfahrensrechtlich selbständigen Anspruch, der jedoch gleichsam
kompensatorischen Charakter hat, indem er die ursprünglich vorgenommene
Besteuerung ausgleicht und die damals für ein bestimmtes Ereignis erhobene
Steuer aufgrund eines späteren, entgegengesetzten Ereignisses zurückführt
(Senatsurteil vom 17. April 2007 VII R 27/06, BFHE 217, 8, BStBl II 2009,
589; vgl. auch Senatsurteile vom 4. Februar 2005 VII R 20/04, BFHE 209, 13,
und in BFH/NV 1987, 707).
18
Diese zu § 96 Abs. 1 der Insolvenzordnung
entwickelte Rechtsprechung gilt auch für den umgekehrten Fall der
Kompensation einer Steuervergütung, sei es dass diese durch Rückforderung
des Vergütungsbetrags, sei es dass sie steuertechnisch in anderer Weise
verwirklicht wird. In dem Rechtsverhältnis zwischen dem Finanzamt und dem
Unternehmer wird dies zwar in den Fällen einer Vorsteuerberichtigung nach
§ 17 UStG nicht praktisch, weil insoweit das in § 17 UStG vorgesehene
Verfahren - Hinzurechnung des zu berichtigenden Vorsteuerbetrags bei der
Umsatzsteuerfestsetzung in dem Veranlagungszeitraum, in dem das die
Berichtigung auslösende Ereignis eintritt - Vorrang hat. § 17 UStG ist
jedoch lediglich eine aus Gründen umsatzsteuerrechtlicher Systematik und
Praktikabilität geschaffene verfahrensrechtliche Sonderregelung gegenüber
den ohne die Regelungen in § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG 1999
eingreifenden Änderungsvorschriften des § 164 Abs. 2 bzw. des § 175 Abs. 1
Nr. 2 AO, die zu einer Berücksichtigung später eintretender Ereignisse durch
Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung führen würden. In seiner
Entscheidung in BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90 hat der Senat dargelegt,
dass § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 lediglich zwischen dem steuerpflichtigen
Unternehmer und dem Fiskus den Besteuerungszeitraum der Korrektur festlegt,
wenn sie wegen der erst späteren Rückgängigmachung des Geschäfts nicht
bereits im laufenden Besteuerungszeitraum vollzogen werden konnte. Diese
spezielle Verfahrensregelung erklärt sich aus der materiell-rechtlichen
Besonderheit des Umsatzsteuerrechts, der zeitraumbezogenen Besteuerung nach
dem Sollprinzip, d.h. der Berücksichtigung von Umsatzsteuer und Vorsteuer im
Zeitpunkt der Ausführung der in Rechnung gestellten Leistung ohne Rücksicht
auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung der Gegenleistung (vgl. § 13 Abs. 1
Nr. 1 Buchst. a und § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1999). Daraus folgt aber
auch, dass sich die Wirkung dieser Norm auf die Bestimmung des
Korrekturzeitraums im Steuerrechtsverhältnis zwischen Steuerpflichtigem und
Fiskus beschränkt. Nur in diesem Verhältnis rechtfertigen die
materiell-rechtlichen Besonderheiten des Umsatzsteuerrechts eine Abweichung
von den allgemeinen abgabenrechtlichen Aufhebungs- und
Änderungsvorschriften. Der Zessionar der vormaligen Umsatzsteuervergütung
kann sich nicht darauf berufen, dass die Berichtigung ex nunc nach § 17
Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 (bzw. § 17 Abs. 1 Satz 7
UStG 2005) die Wirksamkeit der vormaligen Festsetzung der
Umsatzsteuervergütung nicht berührt. Denn im Rahmen des Schuldverhältnisses
zwischen dem FA und dem Zessionar, das durch die Leistung auf einen
abgetretenen Umsatzsteuervergütungsanspruch begründet worden ist, spielen
die Besonderheiten des materiellen Umsatzsteuerrechts keine Rolle.
Schuldverhältnisse zwischen Zessionar und Fiskus unterscheiden sich nicht
durch die Steuerart, aus der der abgetretene Anspruch herrührt. Deshalb ist
es nicht gerechtfertigt, die Voraussetzung für die Rückforderung, den
Wegfall des rechtlichen Grundes, gegenüber dem Zessionar einer später
berichtigten Umsatzsteuervergütung anders als im Fall der Rückforderung vom
Zessionar einer anderen Steuererstattung allein wegen der
verfahrensrechtlichen Sonderregelung des § 17 UStG grundsätzlich zu
verneinen. Bei Berichtigung der Vorsteuer gegenüber dem Steuerpflichtigen
tritt im Rechtsverhältnis des FA zu einem Zessionar die auflösende Bedingung
ein, die der auf dem Vorsteuerabzug beruhenden Steuervergütung von Anfang an
anhaftete, so dass der Berichtigung gegenüber dem Zessionar die Wirkung
einer Erledigung der vormaligen Umsatzsteuervergütung "auf andere Weise"
i.S. des § 124 Abs. 2 AO - insoweit ähnlich wie dem Jahressteuerbescheid -
innewohnt.
19
Wie der Senat bereits ausgeführt hat,
gebietet auch das Prinzip der Umsatzsteuerneutralität, dass nach Abtretung
und Auszahlung einer Umsatzsteuervergütung und nachfolgender Insolvenz des
Vorsteuerabzugsberechtigten die berichtigte Vorsteuer dem Fiskus unabhängig
davon zurückerstattet wird, in welchem Voranmeldungszeitraum die
Berichtigung vorgenommen ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 222, 205, BStBl II
2009, 90). Denn es gilt, so umfassend wie möglich zu verhindern, dass zwar
der leistende Unternehmer die bereits an das FA abgeführte Umsatzsteuer im
Wege der Berichtigung, nicht aber das FA die seinerzeit berücksichtigte
Vorsteuer - mangels Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen -
zurückbekommt.
20
Diese Situation kennzeichnet auch den
Streitfall. Nach den Feststellungen des FG ergab sich die Uneinbringlichkeit
der Kaufpreisforderung, die die Berichtigung rechtfertigt, daraus, dass über
das Vermögen der KG die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet war (vgl.
BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 V R 13/04, BFHE 214, 471, BStBl II 2007, 22).
In dieser Situation durfte sich das FA an die Klägerin halten, da es nicht
damit rechnen konnte, mit der Berichtigung gegenüber der KG die Vorsteuern
auf den nun uneinbringlich gewordenen Kaufpreis im wirtschaftlichen Ergebnis
in absehbarer Zeit ganz oder teilweise zurückzubekommen.
21
cc) Die Erledigung und damit der Wegfall
des rechtlichen Grundes für eine vormalige Umsatzsteuererstattung tritt
allerdings durch den Berichtigungsbescheid nur ein, wenn dieser die
Anforderungen erfüllt, die der Senat an einen zur (Teil-)Erledigung eines
Vorbehaltsbescheids führenden Jahressteuerbescheid gestellt hat.
22
(1) Nur wenn sich aus dem
Jahresumsatzsteuerbescheid zweifelsfrei ergibt, dass ein Vergütungsanspruch
in einem Voranmeldungszeitraum nicht bestand - etwa wenn die Jahressteuer
mangels Unternehmereigenschaft bzw. fehlender Vorsteuerabzugsberechtigung
auf 0 DM festgesetzt worden war -, bewirkt der Jahresbescheid den Wegfall
des Rechtsgrundes für die Auszahlung der seinerzeit aus den geltend
gemachten Vorsteuern resultierenden Umsatzsteuervergütung.
23
Allein die Festsetzung einer positiven
Umsatzsteuerjahresschuld oder die Festsetzung einer geringeren negativen
Umsatzsteuerschuld für das Kalenderjahr, als sich bei Zusammenrechnung der
in den Voranmeldungen ausgewiesenen Beträge ergibt, lässt jedoch nicht ohne
Weiteres den Schluss auf eine Änderung der betreffenden Bemessungsgrundlage
und damit auch den Wegfall des Vorbehaltsbescheids als gegenüber einem
Zessionar wirksamer Rechtsgrund für den Vergütungsanspruch zu. Denn es ist
daraus nicht zweifelsfrei erkennbar, in welchem Vorbehaltsbescheid eine
berichtigungsbedürftige Besteuerungsgrundlage berücksichtigt worden ist und
in welcher Höhe sich die zutreffende Berücksichtigung auf die seinerzeit
ausgewiesene (negative) Umsatzsteuer auswirkt (Senatsurteil vom 2. Februar
1995 VII R 42/94, BFH/NV 1995, 853).
24
(2) Übertragen auf einen
Berichtigungsbescheid bedeutet das, dass durch die spätere Berichtigung ein
für einen Voranmeldungszeitraum ergangener Vorbehaltsbescheid seine formelle
Wirksamkeit als Behaltensgrund für die ausgezahlte Steuervergütung nur
verlieren kann, wenn sich die Berichtigung auf eine bestimmte, in jenem
Vorbehaltsbescheid erfasste Lieferung bezieht, so dass der Bezug zu der
berichtigten Voranmeldung und die berichtigte Bemessungsgrundlage
zweifelsfrei feststehen (Senatsurteile in BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562;
in BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90, m.w.N.).
25
D.h., der Ansatz eines Berichtigungsbetrags
in einem nachfolgenden Voranmeldungszeitraum kann für sich genommen den in
einer früheren Vorbehaltsfestsetzung liegenden Rechtsgrund für eine
Vergütungsauszahlung nicht in Frage stellen. Wenn nämlich die Berichtigung
mehrere Umsätze erfasst, die in verschiedenen Voranmeldungen zum Ausweis von
Vorsteuern geführt haben, oder wenn ein teilweise - etwa in Höhe der
Vorsteuer aus einem bestimmten Umsatz - abgetretener Vergütungsanspruch aus
einer Voranmeldung auch auf Vorsteuern beruht, die von der Berichtigung
nicht erfasst sind, fehlt es an dem konkreten Bezug der Berichtigung zu dem
abgetretenen Vergütungsanspruch. Aus der Berichtigung ergibt sich dann
nicht, dass der an den Zessionar ausgezahlte Betrag auf der
korrekturbedürftigen Vorsteuer beruht. Daran ändert auch nichts, wenn - wie
im Streitfall - ausweislich der Abtretungserklärung nicht der
Umsatzsteuervergütungsanspruch aus einer bestimmten Voranmeldung, sondern
der "Vorsteueranspruch" aus einem bestimmten Umsatz abgetreten worden ist.
Denn es gibt keinen abtretbaren "Vorsteuervergütungsanspruch", die
Vorsteuern bilden lediglich unselbständige Bemessungsgrundlagen bei der
Ermittlung der Umsatzsteuer.
26
dd) Dem FA obliegt es, den Zusammenhang
zwischen der Berichtigung und den davon betroffenen Vorbehaltsfestsetzungen
aufzuzeigen. Es muss den Nachweis führen, dass der abgetretene
Vergütungsanspruch in Höhe des dem Zessionar ausgezahlten Betrags
ausschließlich auf berichtigten Vorsteuern beruht. Gelingt dieser Nachweis
nicht oder nicht vollständig, verbleibt also nach Abzug der berichtigten
Vorsteuer noch ein negativer Umsatzsteuerbetrag in dem jeweiligen
Voranmeldungszeitraum, hat sich der Vorbehaltsbescheid als Rechtsgrund der
Zahlung an den Zessionar insoweit nicht erledigt. In Höhe dieses Restbetrags
ist die Rückforderung nach § 37 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht gerechtfertigt.
27
3. Den Feststellungen im FG-Urteil ist
nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Positionen und in welcher Höhe im
Einzelnen sich die Steuervergütungen aus den Voranmeldungen März, Mai, Juni
und Juli 2004 der KG ergeben haben. Ebenso wenig ist festgestellt, auf
welchen Besteuerungsgrundlagen der Berichtigungsbescheid vom Mai 2005
beruht.
28
Aus dem der Berichtigung zugrunde liegenden
Umsatzsteuerprüfungsbericht ergibt sich allerdings, dass sich die
Vorsteuerberichtigung für April 2005 auf 309.830,19 € belief. Das entspricht
dem Betrag sämtlicher Vorsteuern aus Verbindlichkeiten, die nach
Feststellung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei Anordnung der
Insolvenzverwaltung offen und damit uneinbringlich waren. Da aber die Summe
der sich aus den angemeldeten Vorsteuern ergebenden Steuervergütungen in den
Monaten März, Mai, Juni und Juli 2004 deutlich höher ist (1.273.979,99 €)
als der Berichtigungsbetrag, lassen sich die erforderlichen konkreten Bezüge
zu den die abgetretenen Vergütungsansprüche feststellenden
Vorbehaltsbescheiden nicht herstellen. Insbesondere bleibt offen, wie sich
der Berichtigungsbetrag auf die einzelnen Vergütungen verteilt und ob in
diese Vergütungen auch nicht von der Berichtigung betroffene Vorsteuern
eingeflossen sind.
29
4. Dem FG obliegt es im zweiten Rechtsgang
aufzuklären, aus welchen einzelnen Geschäftsvorfällen sich die
Berichtigungssumme zusammensetzt, in welchen Voranmeldungen sich diese
Geschäfte mit welchem Vorsteuerbetrag ausgewirkt hatten und ob rechnerisch
nach Abzug der berichtigten Vorsteuern jeweils noch ein Vergütungsanspruch
verbleibt, der den abgetretenen und ausgezahlten Betrag ganz oder teilweise
deckt. Die Feststellungslast dafür, dass der Rechtsgrund für die
Auszahlungen an die Klägerin ganz oder teilweise entfallen ist, trägt das
FA.
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